09.04.2020 - 16:46 Uhr

FvSpee
323 Rezensionen

FvSpee
Top Rezension
63
CoViD-Kommentare, zwangzigstes Stück: ZEN vs. Zen
Um es gleich vorneweg zu sagen: Dieser letzte Kommentar der Corona-Reihe, deren Besonderheiten (für etwaige am Schluss noch neu dazugekommene) darin lagen, dass hier gnadenlos täglich ein Kommentar durchgejagt wurde und dass die Rezensionen meistens auch noch die eine oder andere Seuchen-Abschweifung enthielten, wird jetzt nicht der ganz dicke Knaller, die Supernova, die ich mir bis zum Schluss aufgehoben hätte. Nööö. Schaaaade. Ich bin schon froh, wenn es hier nicht heißt, die ersten Folgen waren ja noch spannend, aber gegen Ende flachte es jetzt doch deutlich ab, man merkt, der Typ braucht jetzt auch mal 'ne Erholungspause!
Ein klein bisschen etwas Besonderes hat der Kommentar aber schon, denn er ist einem der Lieblingsdüfte des Näschens an meiner Seite gewidmet. Der letzte, den ich mir hier vorgenommen hatte, war Un Jardin sur le Nil, und das ist schon länger her, aber sie hat auch gar nicht so viele Lieblingsdüfte. Und wie bei dem Hermès zuvor musste ich zuerst einmal meine Wahrnehmung des Duftes komplett umpolen. Den als "Signatur von Frau von Spee" kann ich ihn hier unmöglich bewerten, da ist er einfach unbeschreiblich (und es gibt auch gar keinen Grund ihn zu beschreiben), weil er einfach da ist, ganz natürlich als Teil ihres Dufts. Und das ist perfekt. Was soll man da für Punkte geben? Zehn? Hundert?
Stattdessen habe ich ihn heute an mir selbst ausprobiert, wie ich das ja auch sonst bei kommentierten Düften in aller Regel handhabe, und versuche es mal ganz kühl-analytisch. Man nimmt also erstmal diesen Flakon in die Hand, und denkt "Och nö!" Breit und eckig, sperrig, nicht zur Funktion eines Flakons passend, nicht ergonomisch, nicht fließend (und somit null Zen). Allerdings schwingt der Deckel schön geschmeidig, fast wie auf einem Kugellager, auf dem Reservoir. Das macht Spaß!
Drei Sprüher auf den Unterarm. Beim ersten Schnuppern Überraschung, weil es nicht zum Gold des Flakons passt, das einen warmen und üppigen Duft erwarten lässt. ZEN ist in der Eröffnung hell, frisch, sanft, lind, sofort voll blumig, aber mit grünen und zitrischen Einschlägen. Das ist sehr schön, und auch sehr feminin. Nicht mädchenhaft, noch weniger madamig, einfach ein schöner runder, feiner, weiblicher Duft. Nach einigen Minuten wirkt ZEN sehr blumig-blütig mit einem starken Freesien-Akzent, weiterhin sehr frisch und leicht, fast ein wenig prickelnd. Zugleich nehme ich jetzt eine ziemlich hell-süße Note wahr und - wie konnte ich das eingangs überriechen - Früchte. Und zuvörderst, jawoll, die Ananas, die geht hier ab, als ob das Zeug Aventa hieße. Gefällt mir aber nach wie vor ausgezeichnet, obwohl ich sonst nicht so der Früchtebär bin. Lustig finde ich, dass laut Duftpyramide hier auch Maiglöckchen verbaut sind. Die hätte ich hier nicht rausgeschnuppert, allerdings ist das Frau von Spees Lieblings-Duftblume (Inflorescence, Diorissimo...). Ich wette, sie weiß auch nicht, dass in ZEN Maiglöckchen sind!
Nach einer Stunde wird es herb-blumiger, weniger süß und dafür holziger; in dieser Phase finde ich ZEN jetzt nicht übel, aber auch nicht so spannend. Nach drei Stunden schau ich mal nach, ob wir schon in der Basis sind und stelle fest, huch, wir drehen uns ja im Kreis, das wird ja wieder frischer, was geht denn jetzt ab. Ich habe dann schon Angst, dass ich die Basis ganz verpasse, denn der Duft ist jetzt schon ganz schön hautnah, aber ab der vierten Stunde geht es dann nochmal richtig ab und bleibt dann mindestens weitere volle vier, fünf Stunden da. Ein cremiger, fast ein bisschen vanilliger, aber trotzdem nicht schmuseweicher, sondern immer noch auch sehr frischer (wie haben die die aquatischen Noten in die Basis gepresst? Hydraulisch?) Hautveredler. Eigentlich eine der schönsten Langstreckenläufer-Basisnoten, an die ich mich erinnern kann.
Fazit: Ein ziemlich femininer, eher heller und leichter, entwicklungsstarker Duft mit einem wunderbaren ein- bis zweistündigen blumig-fruchtigen Auftakt, einer ebenso wundervollen sehr langgezogenen cremigen und zugleich frischen Basis, und das dazwischen wird mit einer sehr netten Leichtholzkonstruktruktion irgendwie überbrückt. Schön! ZEN schafft es, schöne Kontraste und Entwicklungen zu schaffen ohne ein irgendwie fieses, stinkiges Kontrastmittel einzubauen. Hier wird schön mit schön kombiniert und es klappt trotzdem.
Was hat das jetzt mit Zen zu tun? Nix. Und deshalb gibt es für den Namen auch nur vier Punkte. Ikonisch ist der Name ja. Aber er passt halt wie die Faust aufs Auge. Der Begriff Zen wird nämlich im Westen (und, da Shiseido eine japanische Firma ist, auch in Japan) für alles mögliche ge- und missbraucht, was mit Zen so viel zu tun hat, wie eine Tüte Gummibärchen mit der Ausgabe der zehn Gebote an Moses auf dem Berg Sinai. Meistens wird das dann aus unerfindlichen Gründen in Großbuchstaben ZEN, oder, noch absurder, mit Pünktchen, Z.E.N. geschrieben. Warum auch immer. Wie F.D.P. vielleicht.
Ursprünglich ist das Wort Sanskrit und heißt "dhyana", und es wird oft mit "Meditation" übersetzt, was aber etwas ungenau ist, denn "Meditation" bezieht sich oft auf etwas konkretes wie ein Bild oder einen Gedanken oder Text, den man geistig so richtig durchkauen will, "dhyana" meint aber eher eine objektlose Versenkung, in der alle Gedanken hinter sich gelassen werden. Die Praxis des Dhyana war von Anfang an im Buddhismus von größer Bedeutung, und als dieser von Indien nach China wanderte, übernahmen die Chinesen den fremdsprachigen Begriff und sprachen ihn "Chan" aus. Als sich innerhalb des Buddhismus verschiedene Schulen bildeten, gab es eine, die Wert darauf legte, man solle nicht so viel rumlabern und rumstreiten, welches jetzt die richtige Auslegung der heiligen Schriften ist, sondern, wenn man wirklich den Dingen auf den tiefsten Grund gehen will, einfach auch mal die Klappe halten und lieber mal ein paar Stunden (oder Monate) auf dem Sitzkissen meditieren, also Chan machen. Und das waren dann die Chan-Buddhisten. Und als Chan nach Korea und Japan wanderte, wurde aus Chan Seon und Zen. Und das ist die Geschichte des Begriffes. Es ist ein zutiefst die religiöse Praxis und die Suche nach dem nach dem allerletzten Sinn und der höchsten Wahrheit betreffendes Wort und hat nichts mit Wellness und Aromatherapie zu tun. Definitiv nicht.
An sich wollte ich hier noch mehr über Zen schreiben, aber dafür ist jetzt keine Zeit und kein Platz mehr, und vielleicht ist hier auch nicht der Ort. Und vielleicht ist es auch besser so, denn über Zen rumzulabern, insbesondere wenn man selbst kein Zen-Meister ist, sondern von der Melone wie jemand redet, der nur von außen an ihrer Schale geleckt hat, ist ja eigentlich ohnehin gegen seine Gründungsstory. Probiert Zen am besten (unter guter Anleitung) selbst aus!
Und ZEN von Shiseido ist zwar eine ganz andere Sache, aber auch sehr schön. Am schönsten - natürlich - an Frau von Spee.
P.S.: Darf man eigentlich vor Karfreitag schon "Frohe Ostern" sagen? Egal, ich tu's. Das schöne ist ja, man weiß, dass Ostern nach Karfreitag kommen wird!
Ein klein bisschen etwas Besonderes hat der Kommentar aber schon, denn er ist einem der Lieblingsdüfte des Näschens an meiner Seite gewidmet. Der letzte, den ich mir hier vorgenommen hatte, war Un Jardin sur le Nil, und das ist schon länger her, aber sie hat auch gar nicht so viele Lieblingsdüfte. Und wie bei dem Hermès zuvor musste ich zuerst einmal meine Wahrnehmung des Duftes komplett umpolen. Den als "Signatur von Frau von Spee" kann ich ihn hier unmöglich bewerten, da ist er einfach unbeschreiblich (und es gibt auch gar keinen Grund ihn zu beschreiben), weil er einfach da ist, ganz natürlich als Teil ihres Dufts. Und das ist perfekt. Was soll man da für Punkte geben? Zehn? Hundert?
Stattdessen habe ich ihn heute an mir selbst ausprobiert, wie ich das ja auch sonst bei kommentierten Düften in aller Regel handhabe, und versuche es mal ganz kühl-analytisch. Man nimmt also erstmal diesen Flakon in die Hand, und denkt "Och nö!" Breit und eckig, sperrig, nicht zur Funktion eines Flakons passend, nicht ergonomisch, nicht fließend (und somit null Zen). Allerdings schwingt der Deckel schön geschmeidig, fast wie auf einem Kugellager, auf dem Reservoir. Das macht Spaß!
Drei Sprüher auf den Unterarm. Beim ersten Schnuppern Überraschung, weil es nicht zum Gold des Flakons passt, das einen warmen und üppigen Duft erwarten lässt. ZEN ist in der Eröffnung hell, frisch, sanft, lind, sofort voll blumig, aber mit grünen und zitrischen Einschlägen. Das ist sehr schön, und auch sehr feminin. Nicht mädchenhaft, noch weniger madamig, einfach ein schöner runder, feiner, weiblicher Duft. Nach einigen Minuten wirkt ZEN sehr blumig-blütig mit einem starken Freesien-Akzent, weiterhin sehr frisch und leicht, fast ein wenig prickelnd. Zugleich nehme ich jetzt eine ziemlich hell-süße Note wahr und - wie konnte ich das eingangs überriechen - Früchte. Und zuvörderst, jawoll, die Ananas, die geht hier ab, als ob das Zeug Aventa hieße. Gefällt mir aber nach wie vor ausgezeichnet, obwohl ich sonst nicht so der Früchtebär bin. Lustig finde ich, dass laut Duftpyramide hier auch Maiglöckchen verbaut sind. Die hätte ich hier nicht rausgeschnuppert, allerdings ist das Frau von Spees Lieblings-Duftblume (Inflorescence, Diorissimo...). Ich wette, sie weiß auch nicht, dass in ZEN Maiglöckchen sind!
Nach einer Stunde wird es herb-blumiger, weniger süß und dafür holziger; in dieser Phase finde ich ZEN jetzt nicht übel, aber auch nicht so spannend. Nach drei Stunden schau ich mal nach, ob wir schon in der Basis sind und stelle fest, huch, wir drehen uns ja im Kreis, das wird ja wieder frischer, was geht denn jetzt ab. Ich habe dann schon Angst, dass ich die Basis ganz verpasse, denn der Duft ist jetzt schon ganz schön hautnah, aber ab der vierten Stunde geht es dann nochmal richtig ab und bleibt dann mindestens weitere volle vier, fünf Stunden da. Ein cremiger, fast ein bisschen vanilliger, aber trotzdem nicht schmuseweicher, sondern immer noch auch sehr frischer (wie haben die die aquatischen Noten in die Basis gepresst? Hydraulisch?) Hautveredler. Eigentlich eine der schönsten Langstreckenläufer-Basisnoten, an die ich mich erinnern kann.
Fazit: Ein ziemlich femininer, eher heller und leichter, entwicklungsstarker Duft mit einem wunderbaren ein- bis zweistündigen blumig-fruchtigen Auftakt, einer ebenso wundervollen sehr langgezogenen cremigen und zugleich frischen Basis, und das dazwischen wird mit einer sehr netten Leichtholzkonstruktruktion irgendwie überbrückt. Schön! ZEN schafft es, schöne Kontraste und Entwicklungen zu schaffen ohne ein irgendwie fieses, stinkiges Kontrastmittel einzubauen. Hier wird schön mit schön kombiniert und es klappt trotzdem.
Was hat das jetzt mit Zen zu tun? Nix. Und deshalb gibt es für den Namen auch nur vier Punkte. Ikonisch ist der Name ja. Aber er passt halt wie die Faust aufs Auge. Der Begriff Zen wird nämlich im Westen (und, da Shiseido eine japanische Firma ist, auch in Japan) für alles mögliche ge- und missbraucht, was mit Zen so viel zu tun hat, wie eine Tüte Gummibärchen mit der Ausgabe der zehn Gebote an Moses auf dem Berg Sinai. Meistens wird das dann aus unerfindlichen Gründen in Großbuchstaben ZEN, oder, noch absurder, mit Pünktchen, Z.E.N. geschrieben. Warum auch immer. Wie F.D.P. vielleicht.
Ursprünglich ist das Wort Sanskrit und heißt "dhyana", und es wird oft mit "Meditation" übersetzt, was aber etwas ungenau ist, denn "Meditation" bezieht sich oft auf etwas konkretes wie ein Bild oder einen Gedanken oder Text, den man geistig so richtig durchkauen will, "dhyana" meint aber eher eine objektlose Versenkung, in der alle Gedanken hinter sich gelassen werden. Die Praxis des Dhyana war von Anfang an im Buddhismus von größer Bedeutung, und als dieser von Indien nach China wanderte, übernahmen die Chinesen den fremdsprachigen Begriff und sprachen ihn "Chan" aus. Als sich innerhalb des Buddhismus verschiedene Schulen bildeten, gab es eine, die Wert darauf legte, man solle nicht so viel rumlabern und rumstreiten, welches jetzt die richtige Auslegung der heiligen Schriften ist, sondern, wenn man wirklich den Dingen auf den tiefsten Grund gehen will, einfach auch mal die Klappe halten und lieber mal ein paar Stunden (oder Monate) auf dem Sitzkissen meditieren, also Chan machen. Und das waren dann die Chan-Buddhisten. Und als Chan nach Korea und Japan wanderte, wurde aus Chan Seon und Zen. Und das ist die Geschichte des Begriffes. Es ist ein zutiefst die religiöse Praxis und die Suche nach dem nach dem allerletzten Sinn und der höchsten Wahrheit betreffendes Wort und hat nichts mit Wellness und Aromatherapie zu tun. Definitiv nicht.
An sich wollte ich hier noch mehr über Zen schreiben, aber dafür ist jetzt keine Zeit und kein Platz mehr, und vielleicht ist hier auch nicht der Ort. Und vielleicht ist es auch besser so, denn über Zen rumzulabern, insbesondere wenn man selbst kein Zen-Meister ist, sondern von der Melone wie jemand redet, der nur von außen an ihrer Schale geleckt hat, ist ja eigentlich ohnehin gegen seine Gründungsstory. Probiert Zen am besten (unter guter Anleitung) selbst aus!
Und ZEN von Shiseido ist zwar eine ganz andere Sache, aber auch sehr schön. Am schönsten - natürlich - an Frau von Spee.
P.S.: Darf man eigentlich vor Karfreitag schon "Frohe Ostern" sagen? Egal, ich tu's. Das schöne ist ja, man weiß, dass Ostern nach Karfreitag kommen wird!
26 Antworten