Lilac Roja Parfums 2013
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Top Rezension
Frühlings Erwachen
Roja Dove ist die Diva unter den Parfumeuren. Mit seinem Namen verbinde ich Exklusivität, Eleganz und Glamour, der gelegentlich auf dem schmalen Grat zum Protzigen wandelt. Er ist der Meister der Opulenz und des großen Auftritts. Auch wenn Roja Dove sich selbst als innovativen Geist sieht, würde ich ihn eher als klassischen Parfumeur bezeichnen, denn seine Düfte stehen in der Tradition großer klassischer Kreationen wie Shalimar, Mitsouko und Chanel No. 5. Dabei ist Jasmin sein Lieblingsduftstoff, den er ihn jedem Duft einsetzt. Auf mich wirken Danger, Enslaved, Unspoken & Co. wie Fossile in unserer coolen und an kurzlebigen Trends orientierten Zeit. Daß auch Roja Dove durchaus Dufttrends folgt, zeigen sein Oudkreationen. So ist Amber Oud für mich ein außergewöhnlicher Schmeichler mit einer süßen, reichen und weichen Tiefe; ein Duft, der Ruhe und Exklusivität ausstrahlt. Ja, ich bewundere und schätze Roja Doves Leidenschaft, sein Konzept, sein Können und seine Duftkompositionen aufrichtig. Aber würde ICH sie auch tragen?
Wahrscheinlich bin ich genau der Typ, den sich Roja Dove NICHT für seine Düfte vorstellt. Ich mag es puristisch reduziert, klare und einfache Linien, trage meist schwarz und alles bitte ohne Rüschen, Steinchen und Glimmer. Ich schätze Zurückhaltung mehr als Rampe und Licht - und Jasmin ertrage ich nur in homöopathischen Dosen. Jean Claude Ellena sollte mir mit seinen transparenten Entwürfen deutlich näher sein als Roja Dove - und trotzdem mußte ich mir im letzten Jahr ganz unbedingt das elegante, sinnlich-erotische Danger kaufen. Das Dilemma meines ambivalenten Verhältnisses zu Roja Dove Düften zeigt sich allerdings darin, daß ich an Danger deutlich häufiger nur ausgiebig schnuppere, als daß ich ihn wirklich trage.
Der Meister macht es uns nicht leicht, seine komplexen Düfte überhaupt zu testen. In Norddeutschland gibt es meines Wissens keine Parfümerie, die sie führt. Duftproben zu kaufen, ist sogar auf internationalem Parkett fast unmöglich. Diese Verknappung soll vermutlich die Exklusivität erhöhen und den Kaufanreiz steigern, ich finde sie nur bedauerlich. Darum war ich schnell vor Ort, als das Quartier 206 in Berlin im vergangenen Jahr Roja-Düfte aufnahm und bei meinem letzten Besuch fielen mir die 2013 lancierten Soliflors Gardenia, Vetiver, Neroli, Bergamot und Lilac ins Auge. Nicht, daß die Flakons anders ausgesehen hätten - es sind die üblichen rechteckigen Klarglasflakons, bei denen die Kappe dicht an dicht mit dicken Klunkern besetzt ist. Nein, es war die hellere Farbe des Inhalts, die mich ansprach und die weißen Flakonlabels. Wenn ich eine neue Duftserie ausprobiere, greife ich regelmäßig zunächst zu den fast farblosen Düften, weil ich diese Helligkeit in der Struktur der Düfte wiederzufinden hoffe. Farblos oder hell nehme ich gern als Anhaltspunkt für Leichtigkeit, Frische, Transparenz und eine eher minimalistische Zusammensetzung (ich weiß, die Roja Crystal Parfums sind durch eine spezielle Destillationstechnik farblos und trotzdem üppig). Das wiederum würde mir sehr entgegenkommen, denn eigentlich möchte ich an Düften nicht nur schnuppern, sondern sie auch mit Freude tragen. Da ich Flieder liebe, der Frühling in voller Blüte steht und es authentische Fliederdüfte, die nicht nur Jungmädchensoliflors sind, nur sehr wenige gibt, griff ich direkt zu Lilac. Ist der Name hier Programm oder glaubt man der Duftpyramide, in der Flieder gar nicht aufgeführt ist? Wie geht der traditionelle Bauerngartencharme des Flieders mit den anspruchsvollen Duftkompositionen des Herrn Roja Dove zusammen?
Probieren geht über Studieren, also aufgesprüht: FLIEDER - eindeutig. Intensiv, charmant, natürlich und strahlend erweckt er die Vorstellung, daß ich meine Nase dicht an die Dolden des üppig blühenden Fliederstrauches halte und den lieblichen Duft tief einatme. Reines Weiß, gefüllte Blüten, gerade aufgeblüht. Diese perfekte Illusion des Flieders wird durch Jasmin, Rose, Heliotrop, Orangenblüte, Veilchen, Pfirsich und Ylang-Ylang geschaffen. Bergamotte nimmt der Fliedrigkeit das allzu Betörende und frischt sie auf. Es trifft exakt die Stimmung, die ich im Moment in meinem niedersächsischen Dorf erlebe. Alles grünt, sprießt und strotzt vor Lebensfreude. So duftet ein herrlicher Frühlingstag!
Und doch ist es ein geschickter Schachzug, daß der Flieder diese Dominanz nicht länger als zehn Minuten aufrecht erhalten kann. Noch bevor sich ein Überdruß, ein Gedanke an Kitschigkeit oder gar erster Kopfschmerz regt, wird der Duft im schönen Zusammenspiel von grünen, pudrigen, holzigen, balsamischen und (eichen)moosigen Noten beruhigt, verliert das übermütig Strahlende und wird erwachsen. Die Blumigkeit wird gedämpft und der Duft bleibt nun nah am Körper. Mild, sanft und geschmeidig mit deutlich moosigem Unterton zeigt er sich jetzt und bleibt lange in dieser geerdeten, gedimmten Stimmung, aus der nur ab und an doch noch einmal die frischen Fliederblüten hervorlugen. Die Komponenten sind für mich nicht einzeln wahrnehmbar, sondern harmonisch verwoben. Wunderbar gemacht
Lilac ist kein pfiffiger Frühlingsduft für jede Stimmung und jeden Typ. Ich betrachte ihn nur in der Kopfnote als Fliedersoliflor. Sobald diese verflogen ist, entpuppt er sich als echter floraler Roja Dove mit einer großen Zahl feiner Zutaten. Der Jasmin hat keine indolische Tendenz und auch andere "unsaubere" Noten sind Gott sei Dank für mich nicht wahrnehmbar. Der Blumenduft wird, wie gesagt, durch die moosigen Einflüsse vor zu viel Pathos, Geltungsdrang und Madamigkeit bewahrt - allerdings zu Lasten seiner Strahlkraft. Lilac ist rund, aber nicht opulent oder gar erschlagend, er ist hell, nicht süß und vor allem wegen der Kopfnote eher ein Damenduft. DEN trage ich und in dieser Jahreszeit ganz besonders gern. Und zwar ohne das Gefühl, mich damit „verkleidet" zuhaben.
Daß gut gemachte Düfte Ihren Preis haben, ist nicht neu. Ich meine gelesen zu haben, daß Roja Dove seine Düfte am liebsten als Extraits verkaufen möchte. Das mag aus seiner Sicht nachvollziehbar sein, aber Lilac wird auch tatsächlich nur als solcher mit 50 ml für stolze 365,- Euro angeboten. Ob das objektiv gesehen ein angemessener Preis ist, steht - wie bei vielen Luxusgütern - auf einem anderen Blatt.
Wahrscheinlich bin ich genau der Typ, den sich Roja Dove NICHT für seine Düfte vorstellt. Ich mag es puristisch reduziert, klare und einfache Linien, trage meist schwarz und alles bitte ohne Rüschen, Steinchen und Glimmer. Ich schätze Zurückhaltung mehr als Rampe und Licht - und Jasmin ertrage ich nur in homöopathischen Dosen. Jean Claude Ellena sollte mir mit seinen transparenten Entwürfen deutlich näher sein als Roja Dove - und trotzdem mußte ich mir im letzten Jahr ganz unbedingt das elegante, sinnlich-erotische Danger kaufen. Das Dilemma meines ambivalenten Verhältnisses zu Roja Dove Düften zeigt sich allerdings darin, daß ich an Danger deutlich häufiger nur ausgiebig schnuppere, als daß ich ihn wirklich trage.
Der Meister macht es uns nicht leicht, seine komplexen Düfte überhaupt zu testen. In Norddeutschland gibt es meines Wissens keine Parfümerie, die sie führt. Duftproben zu kaufen, ist sogar auf internationalem Parkett fast unmöglich. Diese Verknappung soll vermutlich die Exklusivität erhöhen und den Kaufanreiz steigern, ich finde sie nur bedauerlich. Darum war ich schnell vor Ort, als das Quartier 206 in Berlin im vergangenen Jahr Roja-Düfte aufnahm und bei meinem letzten Besuch fielen mir die 2013 lancierten Soliflors Gardenia, Vetiver, Neroli, Bergamot und Lilac ins Auge. Nicht, daß die Flakons anders ausgesehen hätten - es sind die üblichen rechteckigen Klarglasflakons, bei denen die Kappe dicht an dicht mit dicken Klunkern besetzt ist. Nein, es war die hellere Farbe des Inhalts, die mich ansprach und die weißen Flakonlabels. Wenn ich eine neue Duftserie ausprobiere, greife ich regelmäßig zunächst zu den fast farblosen Düften, weil ich diese Helligkeit in der Struktur der Düfte wiederzufinden hoffe. Farblos oder hell nehme ich gern als Anhaltspunkt für Leichtigkeit, Frische, Transparenz und eine eher minimalistische Zusammensetzung (ich weiß, die Roja Crystal Parfums sind durch eine spezielle Destillationstechnik farblos und trotzdem üppig). Das wiederum würde mir sehr entgegenkommen, denn eigentlich möchte ich an Düften nicht nur schnuppern, sondern sie auch mit Freude tragen. Da ich Flieder liebe, der Frühling in voller Blüte steht und es authentische Fliederdüfte, die nicht nur Jungmädchensoliflors sind, nur sehr wenige gibt, griff ich direkt zu Lilac. Ist der Name hier Programm oder glaubt man der Duftpyramide, in der Flieder gar nicht aufgeführt ist? Wie geht der traditionelle Bauerngartencharme des Flieders mit den anspruchsvollen Duftkompositionen des Herrn Roja Dove zusammen?
Probieren geht über Studieren, also aufgesprüht: FLIEDER - eindeutig. Intensiv, charmant, natürlich und strahlend erweckt er die Vorstellung, daß ich meine Nase dicht an die Dolden des üppig blühenden Fliederstrauches halte und den lieblichen Duft tief einatme. Reines Weiß, gefüllte Blüten, gerade aufgeblüht. Diese perfekte Illusion des Flieders wird durch Jasmin, Rose, Heliotrop, Orangenblüte, Veilchen, Pfirsich und Ylang-Ylang geschaffen. Bergamotte nimmt der Fliedrigkeit das allzu Betörende und frischt sie auf. Es trifft exakt die Stimmung, die ich im Moment in meinem niedersächsischen Dorf erlebe. Alles grünt, sprießt und strotzt vor Lebensfreude. So duftet ein herrlicher Frühlingstag!
Und doch ist es ein geschickter Schachzug, daß der Flieder diese Dominanz nicht länger als zehn Minuten aufrecht erhalten kann. Noch bevor sich ein Überdruß, ein Gedanke an Kitschigkeit oder gar erster Kopfschmerz regt, wird der Duft im schönen Zusammenspiel von grünen, pudrigen, holzigen, balsamischen und (eichen)moosigen Noten beruhigt, verliert das übermütig Strahlende und wird erwachsen. Die Blumigkeit wird gedämpft und der Duft bleibt nun nah am Körper. Mild, sanft und geschmeidig mit deutlich moosigem Unterton zeigt er sich jetzt und bleibt lange in dieser geerdeten, gedimmten Stimmung, aus der nur ab und an doch noch einmal die frischen Fliederblüten hervorlugen. Die Komponenten sind für mich nicht einzeln wahrnehmbar, sondern harmonisch verwoben. Wunderbar gemacht
Lilac ist kein pfiffiger Frühlingsduft für jede Stimmung und jeden Typ. Ich betrachte ihn nur in der Kopfnote als Fliedersoliflor. Sobald diese verflogen ist, entpuppt er sich als echter floraler Roja Dove mit einer großen Zahl feiner Zutaten. Der Jasmin hat keine indolische Tendenz und auch andere "unsaubere" Noten sind Gott sei Dank für mich nicht wahrnehmbar. Der Blumenduft wird, wie gesagt, durch die moosigen Einflüsse vor zu viel Pathos, Geltungsdrang und Madamigkeit bewahrt - allerdings zu Lasten seiner Strahlkraft. Lilac ist rund, aber nicht opulent oder gar erschlagend, er ist hell, nicht süß und vor allem wegen der Kopfnote eher ein Damenduft. DEN trage ich und in dieser Jahreszeit ganz besonders gern. Und zwar ohne das Gefühl, mich damit „verkleidet" zuhaben.
Daß gut gemachte Düfte Ihren Preis haben, ist nicht neu. Ich meine gelesen zu haben, daß Roja Dove seine Düfte am liebsten als Extraits verkaufen möchte. Das mag aus seiner Sicht nachvollziehbar sein, aber Lilac wird auch tatsächlich nur als solcher mit 50 ml für stolze 365,- Euro angeboten. Ob das objektiv gesehen ein angemessener Preis ist, steht - wie bei vielen Luxusgütern - auf einem anderen Blatt.
11 Antworten
Nur die Haltbarkeit lässt leider zu wünschen übrig bei mir...
Egal, ich lasse einen Fliederpokal da:)