Black Orchid 2006 Eau de Parfum

AlexanderBe
24.04.2019 - 06:56 Uhr
24
Top Rezension
10
Flakon
8
Sillage
9
Haltbarkeit
10
Duft

Vom Brechmittel zum Signaturduft - Ich liebe dich, du schwarze Orchidee.

Es war wohl der Duft, der meine Vorliebe für Parfüms auf ein anderes Level katapultiert hat. Und das ausgerechnet … bei ‚Black Orchid’? Der Odeur, welcher die Gemüter scheidet und sowohl für Un- oder Wohlbehagen sorgt, ist jetzt mein Signaturduft?

Ich kann die Trennung in zwei Lager absolut nachvollziehen. Noch viel eher als bei Düften, wie Alien aus dem Hause Mugler (,welcher im Gegensatz zur schwarzen Orchidee wirklich gefällig und massenkompatibel riecht). 
Denn auch in der Liebe zwischen Black Orchid und mir, wurden einige Steine in den Weg gelegt - ausgerechnet von meiner eigenen Nase!
Das erste Mal roch ich den Duft nach einer sehr ausführlichen Beratung bei Douglas, in welcher mir verraten wurde, dass dieses Duftwasser sehr schwer und absolut beliebt bei arabischen Frauen sei, die damit gerne Duftschleppen hinter sich herziehen. Ungeachtet der ethnischen Kategorisierung fiel der Duft allein von seiner Beschreibung absolut in mein Beuteschema - so liebe ich doch orientalische, schwere und tiefschwarze Düfte. Vorher ging ich relativ achtlos am Tom Ford Regal vorbei und assoziierte damit (ohne je ein Parfüm davon gerochen zu haben) mit Oma bzw. alter Herr.
Eh ich mich versah, landete der Duft also auf meinem linken Handgelenk und wurde umgehend rezensiert: „Der ist beliebt? Der riecht doch total komisch“. Aus heutiger Sicht würde ich behaupten, dass ich gewisse Duftakkorde bzw. Bestandteile einfach noch nicht kannte oder an sie gewohnt war. Solltet ihr euch also beim Lesen mit dieser Aussage definieren können, so solltet ihr dem Duft noch weitere Chancen einräumen. So, auch ich!

Am selben Abend roch ich immer wieder am Handgelenk und meine Meinung pendelte zwischen: „Wer trägt sowas?“ und „es geht, aber dafür gibt man doch wohl kein Geld aus“.
Danach geriet der Duft nie wirklich in Vergessenheit - aber um Gottes Willen nicht im positiven Sinne. Ein weiteres Mal benutze ich ihn dann auf Rhodos im Duty Free Shop - erneut: „Nö, irgendwie ist es das nicht“.

Doch dann begann der Lauf der Dinge! Ich machte mich im Internet auf die Suche nach schweren Düften und begegnete ‚Black Orchid‘ - „den hast du doch eigentlich schon gerochen, aber gib ihm doch noch mal eine Chance - vielleicht hat sich ja was geändert“. Meiner Intuition vertraut, stampft ich fast 2 Jahre später in den Douglas und roch erneut an ihm. Und siehe da: „immer noch komisch, aber schon irgendwie crazy so ein Duft“. Wie bereits erwähnt - er ließ mich nie in Ruhe.
Dann entdeckte ich die Seite éclat (oh Gott ja, ich habe da mal Parfümzwillinge bestellt - das würde ich heute nicht mehr tun) und kaufte den Duft, welcher Black Orchid ähneln soll. Kaum ist dieser bei mir eingetroffen - die große Überraschung und der damit verbundene Fall in mehreren Stufen: „Heiliger Bimbam, das riecht genau so, wie das Original“ -> „Mag es aber trotzdem nicht - aber zurückschicken, ich weiß nicht“ -> Die letzte Stufe schlich sich langsam aber sicher in meine Magengegend, als ich immer mal wieder am Duft roch. Das, was ich so müde belächelt habe, wenn ich las, dass einigen Leuten schlecht wird bei gewissen Düften, traf auf einmal bei mir zu. Mir wurde plötzlich ganz übel und ich musste den Reiz des Erbrechens wirklich unterdrücken. Sodann war es erledigt - ich gab ihn auf!
Eine Woche nach diesem Ereignis betrat ich auf einem Kurztrip in London das Harrods. Ich war kaum im Vorflur des Eingangs und vernahm einen Duft, der mir wirklich gut gefiel und ich wusste sofort: „Ey, das ist Black Orchid“. Kaum durch die zweite Tür im Flur: der Tom Ford Counter. Alles klar!
Als ich zu Hause war, musste ich erproben, ob mir von dem Duft immer noch schlecht wurde. Und siehe da, ich war schockverliebt, trug den Duft und kaufte mir umgehend das Original. Seitdem verbindet mich einen große Liebe mit diesem Duft, der meinen Dufthorizont um einiges erweiterte. Plötzlich kann ich viele Parfüms gerne haben, die ich vor einiger Zeit grausam fand. Insofern: „Danke Herr Ford für diese Erweiterung meiner Sinne“.

Nun zum Duft, dessen Beschreibung ich hier relativ kurz halten werde, denn die Komplexität hinter dem Wässerchen zu zerbröseln, fällt mir unglaublich schwer.
Black Orchid hat beim Aufsprühen eine tiefschwarze Seele, die sie im gesamten Duftverlauf nich verliert. Es ist förmlich eine schwarze, blumige, rauchige Wand, der man sich entgegenstellen muss.
Einzelne Duftkomponenten nehme ich in dem Parfüm kaum wahr - er ist ein toll verblendeter Duft, der als Gesamtkomposition ein Meisterwerk darstellt. Er hat definitiv etwas blumiges, was womöglich durch Ylang-Ylang und der schwarzen Orchidee kommt. Dabei erhält das zutiefst dunkle Gebräu aber eine schwüle Note, die seinesgleichen sucht. Hierfür übernimmt wohl der Weihrauch die Verantwortung, welcher die ganze Zeit über gut wahrnehmbar ist und eine Bekannte von mir, beim Betreten des Zimmers den Kommentar entweichen ließ: „Hat hier jemand Räucherkerzen angemacht?“.
Patchouli, wie man es im Engel von Mugler vorfindet, sucht man hier vergebens. Aber er wird dieser dreckigen, erdigen und leicht muffigen Note sein Übriges zutragen. Es riecht aphrodisierend und hüllt einen förmlich in einen Panzer ein, der nicht zuletzt durch Balsam so wirkt, als würde man sich in einer schwarzen Messe befinden und Hail Satan schreien.

Erstaunlicherweise kann ich den Kommentar eines anderen Parfumo-Mitgliedes beipflichten: Der Duft (Duft klingt eigentlich zu lieb: eher Gebräu) gibt einem den Schutz, wenn man ihn braucht, man fühlt sich mit ihm noch selbstbewusster, als man schon ist und verleiht einem eine gewisse Hochnäsigkeit, die wahrscheinlich viele Leute an diesem Duft hassen. Denn er ist sehr raumeinnehmend und überdeckt alles, was sich ihm in den Weg stellt.

Die Sillage und Haltbarkeit sind nicht von dieser Welt. Selbst am Handgelenk aufgetragen, kann man den Duft überall wahrnehmen und muss seine Nase nicht ans Handgelenk pressen, um irgendwas riechen zu können. Parfümiert man sich in einem Raum, so kann man den Duft über Minuten in ebenjenem wahrnehmen.
Es ist eines der wenigen Parfüms, die ich an mir sehr sehr intensiv wahrnehme und der sich mit seiner mächtigen und opulenten Kraft den Weg in die Nase bahnt - ob man nun will oder nicht.

Um es kurz zu machen: Ich liebe dich, du wundervolle schwarze Orchidee!
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