Dodo 2019

Version von 2019
NuiWhakakore
30.04.2021 - 11:51 Uhr
42
Top Rezension
6
Preis
8
Sillage
8
Haltbarkeit
7
Duft

Die letzten ihrer Art

Zuerst war es so schön! Wie das große Floß in der Sonne strahlte und sich näherte. Riesige Bäume standen auf dem Floß und in weißen Wolken fing sich der Wind. So etwas hatten sie noch nie gesehen. Schließlich war das Floß ganz nah und die Wolken verschwanden. Kleinere Flöße kamen an Land mit lustig aussehenden Wesen auf zwei Beinen. Genauso wie wir, dachten sie und freuten sich.

Doch dann fing es an. Die fremden Wesen erschlugen sie und kochten sie über Feuern und aßen sie auf! So etwas hatte es noch nie gegeben und das verwirrte sie und da schauten sie erst mal zu. Nur bei einem, der oben am Waldrand stand, regte sich ein kleiner Gedanke im gefiederten Kopf: das ist doch unerhört, Gefahr, ich muss die anderen warnen!

Langsam drehte der Dodo, nennen wie ihn Dronte, sich um und stapfte über feuchte Farne ins Unterholz. Sofort umfing ihn das grüne Dämmerlicht des Dschungels. Feucht und süß roch es nach überreifen Früchten und ehrlicher weise auch stark nach Vogel. So schön, dachte sich Dronte. Und ups, jetzt wäre er doch fast auf einer Litschi ausgerutscht. Leicht säuerlich und süß drang der Geruch von der zermatschten Litschi zwischen seinen Krallen nach oben. Es war die Zeit des Überflusses im Jahr, wo alle Früchte reif waren, zu Boden fielen und dort langsam vor sich hingärten. Wie alle Dodos liebte Dronte diese Zeit. Die leicht vergorenen Früchte waren das Schönste im ganzen Jahreslauf. Da war es nicht verwunderlich, dass er kurzzeitig nicht mehr wusste, was er eigentlich wollte. Er ahnte, es war etwas wirklich wichtiges, aber es wollte ihm einfach nicht mehr einfallen. Vielleicht nach einem kleinen Snack, da kommt die Erinnerung sicher wieder, dachte er sich. Die leicht vergorenen Früchte schmeckten ausgezeichnet, ein warmes Gefühl machte sich breit und seine Stimmung hellte sich gleich merklich auf. Blütenduft lag schwer und süß in der feuchtwarmen Luft. Ach, was war das Leben doch schön!

Ziellos wanderte der kleine, dicke Dronte mehrere Stunden umher. Immer wieder knabberte er ein paar Früchte, immer schön auf Pegel, die schönste Zeit des Jahres. Er rieb sich das Gefieder am Sandelbaum, legte sich unter die Büsche ins Moos, machte ein kleines Nickerchen und träumte wieder mal vom Fliegen. Was er wichtiges vorgehabt hatte, daran erinnerte er sich schon lange nicht mehr. Nach seinem Nickerchen würde er noch mal an den Strand runter gehen, da war es um diese Zeit immer so schön…

------------------

Der Dodo wurde mutmaßlich im Jahr 1598 auf Mauritius von niederländischen Seefahrern entdeckt. Die Insel war unbewohnt, er kannte keine natürlichen Feinde und hatte daher von den Niederländern auch keine Angst. Hätte er von den Essgewohnheiten der Niederländer gewusst, wäre er vielleicht nicht ganz so zutraulich gewesen. Hätte aber wohl nicht viel an seinem Schicksal geändert, denn fliegen konnte er nicht. Evolution kann echt fies sein. Tragischerweise wird der Dodo noch nicht mal als besonders wohlschmeckend beschrieben. Wenn man wochenlang auf See ist, sieht man das aber vielleicht anders. Spätestens im Jahre 1690 war das Thema Dodo jedenfalls gegessen.

Jetzt aber zum ebenfalls schon wieder ausgestorbenen Dodo (2019) von Zoologist:
Der Start ist grün, erschreckend grün. Regennasse Farne, feuchtes Unterholz, Urwald kommt in den Sinn. Dazu süßliche Früchte, sehr reif aber noch nicht vergoren. Einzelne Früchte kann ich da nicht raus riechen, sie sind aber neben einer gewissen Süße auch säuerlich. Durch all das deppert ein fülliger, flugunfähiger Vogel und zermatscht es zwischen seinen Krallen. Und der Vogel riecht etwas streng, animalisch, man wähnt sich in einer exotischen Vogelvoliere. Guanonoten in schwülwarmer Luft. Dazu kommen dann noch schwere Blumen. Die Rose ist hier erkennbar. Da muss man erst einmal durch.
Nach einer halben Stunde wird es zum Glück angenehmer. Die anfänglich heftige Silage geht etwas zurück und alles wird weicher. Könnte am Tannenbalsam liegen, den ich aber nicht explizit raus rieche. Das ist dann soweit ganz angenehm, bis der Moschus cremig um die Ecke kommt und alles wieder etwas süßer und schwüler macht. Amber ist hier wohl auch schon beteiligt.
Schöner und würziger wird es dann erst, wenn Patch und Moos sich dazugesellen und komischerweise nehme ich erst dann eine leicht vergorenen, alkoholische Fruchtnote wahr, die andere bereits zu Beginn entdecken. Finde ich jetzt aber gar nicht so unangenehm, wie es sich vielleicht anhört. Sandelholz und Moschus cremen und fluffen um die Wette und Amber kommt auch noch dazu. Die Basis ist nett und sogar tragbar.
Den Duft an sich würde ich aber nicht tragen wollen. Viel zu anstrengend und ich will auch nicht wie ein Vogel riechen, ausgestorben oder nicht.

Dank an die Schalkerin!

Kleiner Literaturtip: Douglas Adams, Last Chance to See / Die Letzten ihrer Art
.
35 Antworten