18.07.2023 - 14:41 Uhr
Floyd
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Floyd
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36
Imagination und Wirklichkeit - Maryon Park, 1966
EINE PHOTOGRAPHIE VOM MARYON PARK
Aus dem hellen Rauch der Grasblüten. Dem Geruch der komplementären Farben. Durch Zweige mit Johannisbeerknospen. Unter silbergrünen Kardamom-Wolken. Eine Fotografie der Liebenden unter den Bäumen auf Sommerwiesen. Wind rauscht leise in trockenen Kräutern.
ERSTES BLOW-UP
Den Ausschnitt vergrößern. Die unscharfen Blätter in den Sträuchern. Nussfarbene Wurzeln, die über Lehmböden kriechen. Eine rauchende Waffe in den Büschen? Ein Körper, den Baumschatten verwischen?
YARDBIRDS
Birkenrauschen eines Verstärkers. Zertrümmert Jeff Becks Gitarrenhals. Entführt in die Nacht aus Labdanumharz. Nichts als Splitter aus Irgendholz. Nutzlos.
ZWEITES BLOW-UP
Dunkle Lakritz-Spuren streunender Katzen. Braungrün flimmern Erde und Wurzeln, hölzerne Späne in ledernen Pixeln. Den Blick auf die Realität verloren. Ein wehendes Tuch der Imagination.
**
Wer, wenn nicht Mark Buxton, ein Meister der transparenten Andeutung, dem Verwischen von Synthetik und Natur, wäre geeigneter gewesen, sich dem Stoff von "Blow Up" anzunehmen, spielt doch auch Michelangelo Antonionis gleichnamige Filmvorlage aus dem Jahr 1966 mit einer Vermengung von Realität und Irrealität, mit Farbsymbolik, den Kontrasten zwischen der bunten Modewelt der 60er und der Natur sowie ihrer Wahrnehmung durch den Protagonisten, einen Mode-Fotografen, dessen subjektive Erzählperspektive man einnimmt.
Der Protagonist hat die künstliche Welt der Modefotografie über und versucht sich an einem Bildband über die soziale Realität Londons. Dabei fotografiert er in einem Park, als er Naturaufnahmen machen möchte, versehentlich einen Mord. Zumindest glaubt er das, denn als er die Aufnahmen im Labor immer weiter vergrößert, um seine Theorie zu bestätigen, werden auch die Pixel auf den Bildern immer gröber, das Rauschen der Körnung zu grob, um Details zu entschlüsseln. Die Interpretation in jede Richtung (Mord oder nicht) bleibt eine Projektion.
Diese Projektion wird unter anderem auch in einer Szene deutlich, in welcher der Fotograf ein Konzert der Yardbirds besucht. Als der Gitarrist, wütend über Störgeräusche aus seinem Verstärker, seine Gitarre zertrümmert und den Hals ins Publikum wirft, fängt der Protagonist die begehrte Devotionalie und flieht vor der neidischen Meute des Publikums damit in die Nacht. Für einen Obdachlosen, dem er das Teil anschließend überreicht, ist der Gitarrenhals nur ein zerstörtes Stück Holz. Er hat eben nicht dieselbe Perspektive. Es fehlt ihm das gesamte Bild.
Der Duft beginnt mit dem Kontrast zwischen dem Geruch von Wandfarbe sowie grün-würzig-krautigen Noten von Kardamom, Anis, Fenchel und Safran, die in Kombination mit dem Weihrauch aus dem Herzen für mich nach Cannabisblüten riechen. Mit etwas Phantasie (!) sind auch die Johannisbeerknospen zu riechen, sind es doch Zweige mit Beeren, die der Fotograf im Film zur Seite biegt, als er ein Liebespaar im Park fotografiert. Eine Einstellung, in der nur das Rauschen der Blätter in den Bäumen zu hören ist, das natürliche Gegenstück zum Rauschen der Schwarz-Weiß-Bild-Vergrößerungen der Szenerie, auf welchen am Ende nichts mehr deutlich sein wird. Dieses natürliche grüne Rauschen ist hier riechbar, verfremdet aber durch die synthetische Farbe.
Im Herzen scheinen zunächst die natürlichen Details in Form des erdig-wurzelig-nussigen Cypriols deutlicher zu werden, rascheln helle Birkennoten, sind Koniferen wahrnehmbar, zoomt man olfaktorisch in die Flora des Parks. Sogar den Rauch eines möglichen Schusses (Cypriol) kann man sich einbilden, bevor eher künstliche Holznoten (die zerstörte Gitarre vielleicht?) die Szenerie verfremden, dunkle Harze (Labdanum, Myrrhe) sich über das Bild legen, die schwer definierbare Basis aus künstlichen und natürlicheren (Zibet-) Ledernoten, weichen Holz- und erdigen Wurzelaromen gleichsam stützen und verwaschen.
Das bleibt von Anfang bis Ende Buxton-typisch transparent, moderat in der Projektion über gute acht Stunden. Tragbar in der Leichtigkeit seiner Abstraktion und doch voller Raum für Imagination.
Aus dem hellen Rauch der Grasblüten. Dem Geruch der komplementären Farben. Durch Zweige mit Johannisbeerknospen. Unter silbergrünen Kardamom-Wolken. Eine Fotografie der Liebenden unter den Bäumen auf Sommerwiesen. Wind rauscht leise in trockenen Kräutern.
ERSTES BLOW-UP
Den Ausschnitt vergrößern. Die unscharfen Blätter in den Sträuchern. Nussfarbene Wurzeln, die über Lehmböden kriechen. Eine rauchende Waffe in den Büschen? Ein Körper, den Baumschatten verwischen?
YARDBIRDS
Birkenrauschen eines Verstärkers. Zertrümmert Jeff Becks Gitarrenhals. Entführt in die Nacht aus Labdanumharz. Nichts als Splitter aus Irgendholz. Nutzlos.
ZWEITES BLOW-UP
Dunkle Lakritz-Spuren streunender Katzen. Braungrün flimmern Erde und Wurzeln, hölzerne Späne in ledernen Pixeln. Den Blick auf die Realität verloren. Ein wehendes Tuch der Imagination.
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Wer, wenn nicht Mark Buxton, ein Meister der transparenten Andeutung, dem Verwischen von Synthetik und Natur, wäre geeigneter gewesen, sich dem Stoff von "Blow Up" anzunehmen, spielt doch auch Michelangelo Antonionis gleichnamige Filmvorlage aus dem Jahr 1966 mit einer Vermengung von Realität und Irrealität, mit Farbsymbolik, den Kontrasten zwischen der bunten Modewelt der 60er und der Natur sowie ihrer Wahrnehmung durch den Protagonisten, einen Mode-Fotografen, dessen subjektive Erzählperspektive man einnimmt.
Der Protagonist hat die künstliche Welt der Modefotografie über und versucht sich an einem Bildband über die soziale Realität Londons. Dabei fotografiert er in einem Park, als er Naturaufnahmen machen möchte, versehentlich einen Mord. Zumindest glaubt er das, denn als er die Aufnahmen im Labor immer weiter vergrößert, um seine Theorie zu bestätigen, werden auch die Pixel auf den Bildern immer gröber, das Rauschen der Körnung zu grob, um Details zu entschlüsseln. Die Interpretation in jede Richtung (Mord oder nicht) bleibt eine Projektion.
Diese Projektion wird unter anderem auch in einer Szene deutlich, in welcher der Fotograf ein Konzert der Yardbirds besucht. Als der Gitarrist, wütend über Störgeräusche aus seinem Verstärker, seine Gitarre zertrümmert und den Hals ins Publikum wirft, fängt der Protagonist die begehrte Devotionalie und flieht vor der neidischen Meute des Publikums damit in die Nacht. Für einen Obdachlosen, dem er das Teil anschließend überreicht, ist der Gitarrenhals nur ein zerstörtes Stück Holz. Er hat eben nicht dieselbe Perspektive. Es fehlt ihm das gesamte Bild.
Der Duft beginnt mit dem Kontrast zwischen dem Geruch von Wandfarbe sowie grün-würzig-krautigen Noten von Kardamom, Anis, Fenchel und Safran, die in Kombination mit dem Weihrauch aus dem Herzen für mich nach Cannabisblüten riechen. Mit etwas Phantasie (!) sind auch die Johannisbeerknospen zu riechen, sind es doch Zweige mit Beeren, die der Fotograf im Film zur Seite biegt, als er ein Liebespaar im Park fotografiert. Eine Einstellung, in der nur das Rauschen der Blätter in den Bäumen zu hören ist, das natürliche Gegenstück zum Rauschen der Schwarz-Weiß-Bild-Vergrößerungen der Szenerie, auf welchen am Ende nichts mehr deutlich sein wird. Dieses natürliche grüne Rauschen ist hier riechbar, verfremdet aber durch die synthetische Farbe.
Im Herzen scheinen zunächst die natürlichen Details in Form des erdig-wurzelig-nussigen Cypriols deutlicher zu werden, rascheln helle Birkennoten, sind Koniferen wahrnehmbar, zoomt man olfaktorisch in die Flora des Parks. Sogar den Rauch eines möglichen Schusses (Cypriol) kann man sich einbilden, bevor eher künstliche Holznoten (die zerstörte Gitarre vielleicht?) die Szenerie verfremden, dunkle Harze (Labdanum, Myrrhe) sich über das Bild legen, die schwer definierbare Basis aus künstlichen und natürlicheren (Zibet-) Ledernoten, weichen Holz- und erdigen Wurzelaromen gleichsam stützen und verwaschen.
Das bleibt von Anfang bis Ende Buxton-typisch transparent, moderat in der Projektion über gute acht Stunden. Tragbar in der Leichtigkeit seiner Abstraktion und doch voller Raum für Imagination.
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