Ich bin eine enthusiastische Birnenduftjüngerin.
Ein paar Parfums fallen mir zur Frage nach zentral wirkender Birnennote ein, allerdings nicht in der Basis... denn das geht gar nicht. Birne ist eine Fruchtnote und dann auch noch eine wenig dominante.
Das heißt, sie ist prädestiniert für Anfänge und frühe Mitten, ähnlich ist das beispielsweise bei Zitrusnoten (da noch deutlicher): Die eigentliche, direkte Fruchtnote will sich sofort verflüchtigen, nur ein paar Kniffe, wie der Akkord gebaut wird und welche anderen Akkorde "drangehängt" werden, können es schaffen, sie länger zu halten, sie eine gewisse Zeit lang zu "erden".
Mit Pfirsich dürftest Du da mehr Glück haben: Es gibt diverse pfirsichartige Akkorde, die für eine Fruchtgeschichte ziemlich haltbar sind und sich z.B. mit ein bisschen Moschus gut "unten festmachen" lassen.
Aber die Frage nach Kopf, Herz, Basis ist gar nicht so wichtig, finde ich.
Es geht um einen möglichst birnigen Charakterzug und wenn das Duftspektakel schneller vorbei gehen muss, als bei einem Duft, wo es z.B. um einen möglichst amberigen Charakterzug geht... na und? Dann ist das halt so und man sprüht nach. Entweder man freut sich an einer birnigen Birne oder man freut sich an einem schön langhaftenden Grundduft... aber gleichzeitig und in einem geht das meiner Erfahrung und meines Wissens nach nicht.
Schöne Birnendüfte, die ich kenne:
- "Assenzio" von Borsari 1870
Da ist die zweite (und auch in einem EdC sehr haltbare) Hauptkomponente Weihrauch. Dieser wird von einer schönen Birne geprägt, die am Anfang freilich deutlicher ist, aber bis zum Ende als Fruchtkick in der Weihrauchnote erhalten bleibt.
- "Myrrhe & Délires" von Guerlain
Sehr, sehr schöne, sanfte, süße Edelbirne, die eher cremefruchtig und ein bisschen orientalisch daher kommt, aber trotzdem erfrischend und leicht bleibt (ist logisch passend auch ein EdT). Der Birnenaspekt wird zur Mitte hin aprikosig-blumig, bleibt aber immer auch birnig dabei.
- "al02" von Biehl Parfumkunstwerke
Hier taucht die Birne nicht mal in der Pyramide auf, aber die totale, dekadente, volle Fruchtdusche, die das gute erste Drittel bestimmt, ist zutiefst birnig. Es ist ein Frucht-Potpourri, das im Gesamtmix etwas saftiges, frisch-süß-säuerliches Abstraktes ergibt, das irgendwo zwischen Apfel und Birne liegt. Wer Spaß an Birne hat, sollte das unbedingt mal riechen.
Birne ist für die Parfumerie generell eine schwierige Sache, weil ein Birnenakkord nicht natürlich gebastelt werden kann. Blatt, Blüte, Frucht, Holz.. der ganze Birnenbaum bietet sich nicht an für Parfum, so wie z.B. Feige und Feigenbaum, die förmlich danach schreien, als Duft verarbeitet zu werden.
Pierre Guillaume erzählt in
diesem Interview auf Französisch, wie er mit "Ciel d'Airain" versucht hat, genau das auf der Birnen-Schiene zu machen, was sonst auf der Feigen-Schiene gemacht wird. Zwischen 6:09 und 7:28 beschreibt er die Birnen-Herausforderung.
"Ciel d´Airain" ist übrigens riechenswert! Es geht weniger um die fruchtige Birne allein, als um das ganze Spektrum von Frucht über Blatt bis Holz. Ist ihm gelungen.