Louce:
Ich sehe noch keine OT-Gefahr am Horizont.
Und würde mich auch interessieren für den vielleicht möglichen Brückenschlag. ...
Gibt es eine Art Zuordnung von Tonarten und Stimmungen? ...
Gab es mal. Sachlich begründet kann man von solch einer Zuordnung aber nur bis zum Frühbarock sprechen; für die Epoche also, als die moderne temperierte Stimmung der Instrumente noch nicht erfunden war. In solch einer Klangwelt - die Leute von der historischen Aufführungspraxis haben das wieder lebendig gemacht - hört sich z. B. C-Dur oder G-Dur wesentlich "reiner" und "heller" an als irgendeine Tonart mit ganz vielen Vorzeichen. F-moll oder Ähnliches wurde von den damaligen Komponisten denn auch nur eingesetzt, wenn sie einen speziellen, besonders intensiven, oft abgedunkelten Ausdruck erreichen wollten.
Vielleicht als Erklärungsversuch für Nicht-Musiker: "Temperierte" Stimmung - genauer: gleichschwebend temperiert - bedeutet, dass der Abstand von Halbton zu Halbton jeweils exakt gleich ist, wenn man die Schwingungen physikalisch misst. Dadurch kommt es, dass alle Intervalle ein Tickchen "schräg" klingen. Dieses "schräg" wiederum misst sich an der so genannten Obertonreihe (instrumentale oder vokale Töne sind komplexe Gebilde, neben dem Grundton schwingen - leiser - weitere Töne in bestimmter natürlicher Abfolge mit). In der Obertonreihe gibt es "reine" Quinten oder Quarten - temperierte Quinten sind um wenige Schwingungen kleiner, Quarten ein paar Schwingungen größer. Und das nivelliert ganz gewaltig den Unterschied z. B. zwischen G-Dur und Fis-Dur, der in älteren Stimmsystemen groß war.
Ein winziger Rest der alten Parallele von Tonart und Stimmung ist bei den Blechblasinstrumenten geblieben, die "stehen" in B oder in Es oder sonstwas. Aber das wirklich nur ein Mini-Restchen. Und je perfekter die Musiker ihr Instrument beherrschen, desto mehr schwindet auch dieser Rest dahin.
Louce:
... Wie ist das mit Musik, die nicht europäisch tradierten Tonarten entspricht (Afrika, Asien)? Und wie mit solcher, die bewusst aus der Harmonik ausbricht (Jazz)? ...
Eben. Gute Frage (wobei Jazz ja nicht generell "aus der Harmonik ausbricht", sondern nur einzelne Sparten das tun, etwa Free Jazz).
Dannyboy:
... Inwieweit kann man einer Tonart pauschal einen bestimmten Charakter beimessen?
Gar nicht. Tonartensymbolik ist eine völlig überstrapazierte Angelegenheit, siehe oben. Tonarten sind ein in unserer Kultur überliefertes System, Klänge zu organisieren. Eine Konvention, nicht mehr.
Von daher finde ich ausgerechnet Tonarten ungeeignet, wenn man Parallelen zu Duft ziehen will.
Parallelen zwischen
Musik und Duft sind eine ganz andere Sache: Die gibt es gewiss, schon weil beides Ereignisse in der Zeit sind und beide flüchtig, ungreifbar, nicht "dinglich". Aber da wird's dann verflixt kompliziert...
edit: Ungenauigkeit korrigiert