Antoine:
Mich würde interssieren, was Euch an den Düften von MdO anspricht. Was ist das Besondere? Seht Ihr Gemeinsamkeiten, einen roten Faden, Parallelen zu anderen Dufthäusern?
Hmm, hat Mona di Orio lange genug gelebt, dass sich schon ein roter Faden ausmachen lässt? Ich meine schon, zumindest in Ansätzen.
Bezüglich des Stils - ihre Düfte scheinen eher kompakt zu sein und haben nicht die Luftigkeit der Parfums eines Ellena oder Kurkdjian mit ihren kurzen Pyramiden. OK, ihr weißer Moschus "Les Nombres d'Or -Musc" ist schon irgendwie fluffig, aber für einen weißen Moschus nicht so ausgeprägt wie ich es sonst kenne.
Parallelen zu anderen Dufthäusern oder Parfumeuren sehe ich eher wenig. Ihre Düfte stehen sehr für sich selbst, so wie von Aava beschrieben. Mag Francis Kurkdjian wie ein Jazzmusiker andere Düfte zitieren und weiter entwickeln, mag Jean-Claude Ellena sich bei jedem Duft überlegen, wie er damit die Duftwelt revolutionieren kann (

), mögen die Hausparfumeure der Traditionsmarken ihr Handeln ständig mit der Geschichte abgleichen, so wirkt Mona di Orios Schaffen selten
autark.
Ich habe immer so romantische Vorstellungen, wie ein neues Parfum entwickelt wird, und während in meinen Bildern bei anderen Parfumeurinnen und Parfumeuren grundsätzlich Referenzdüfte mit auf dem Tisch stehen, könnte bei Mona die Orio der Startpunkt der Rohstoff sein. Bei "Les Nombres d'Or – Oud" kann ich es mir gar nicht anders denken, als dass sie am Anfang am Rohstoff Oud schnupperte und sich unabhängig von dem, was es schon an Ouddüften gibt, eine eigenen, neuen Rahmen für diese Note suchte. Was ihr gelungen ist: die Oudinterpretation ist besonders. Das sind nur Mutmaßungen, keine Ahnung, wie die Düfte entstanden sind, aber mit dieser Beschreibung möchte ich erläutern, wie ich die Düfte empfinde.
Dass Mona die Orios Parfums so für sich stehen, erleichtert einerseits den Zugang, weil für das Verständnis nicht die ganze Parfumgeschichte bekannt sein muss, andererseits gibt es auch kein "Koordinatensystem", aufgespannt aus anderen Düften, die einen eine Annäherung erleichternden Startpunkt liefern könnten.
Apropos Zugang - zumindest außerhalb der "Les Nombres D’Or"-Serie machen es einem die Düfte nicht einfach damit: "Chamareé", "Nuit Noire", "Lux", "Carnation" wollen erobert werden, mit ihnen muss gerungen werden. Es sind keine Werke, die beim ersten Schnuppern gefallen wollen. Kein Wunder, dass Luca Turin damit nichts anfangen konnte. Wer nur kurz einen Papierstreifen einsprüht, wird keine Chance haben, die Parfums zu verstehen. Sie offenbaren sich erst nach mehrmaligem Tragen.
Andere sehen es nicht so, aber ich empfinde Mona die Orios Parfums als eher ernst. Selbst das grelle "Lux" ist keineswegs fröhlich, es lächelt nicht. Das ist etwas, was mir oft nicht gefällt und ich denke, dass ist der Grund, warum ich mich mit "Les Nombres d'Or – Cuir" und "Les Nombres d'Or – Ambre" schwer tue. In "Les Nombres d'Or – Vetiver" ist passenderweise nicht nur das grünlich-frische Vetiverylacetat, sondern auch das erdig-rauchig-torfige Vetiveröl enthalten (meine ich zumindest zu riechen). Diese Ernsthaftigkeit passt hervorragend zur Vanille, die mir sonst oft zu gourmandig, süß und beliebig ist. Deswegen ist das dunkle, herbe "Les Nombres d'Or – Vanille" mein Lieblingsvanilleduft. Und auch mein Lieblingsduft von Mona die Orio.