Unterhalb der Gürtellinie

Vor einiger Zeit stand ich in einer Parfumerie und testete mich durch meinen Merkzettel, als ich bei einem Duft das Wort Katzenpisse zur Beschreibung der Kopfnote in den Mund nahm. Die Verkäuferin zog die Stirn in Falten, musterte mich und meinte, ich könnte wohl auch ohne sie die weiteren Düfte testen. Ihr würde es keine Freude machen, über schöne Düfte zu sprechen, wenn die Beschreibungen so grob klingen würden. Ich stand etwas benommen da, hab mich umständlich entschuldigt und bin erstmal aus dem Laden gestolpert. Seit diesem Tag achte ich mehr auf meine Worte. Ich versuche es, was nicht immer gelingt, da mir oft die passenden Worte für die Beschreibung fehlen. Was nicht bedeutet auf Kritik zu verzichten. Bei Mißfallen finde ich es durchaus ok, etwas durch den Kakao zu ziehen. Nur der verbale Griff ins Klo, den registriere ich inzwischen auch mit Falten auf der Stirn.

Welche Worte wollen wir finden, wenn wir einen Duft beschreiben der uns nicht gefällt? Das wollen scheint nicht ganz unwichtig zu sein.

Als Parfumverkäufer hätte ich wohl ähnlich reagiert, denn wer ernsthaft sagt, dass auch nur irgendein Parfum nach "Katzenpisse" riecht, der hat mMn einfach per se eine beschissene Nase.

Hallo Adan, ich habe nicht ohne Grund von mir gesprochen. Ich wollte nicht mit dem Finger auf andere zeigen und ich habe einen Moment beschrieben, den ich heute, durchaus selbstkritisch als Fehler bezeichnen würde. Bist Du sicher, dass Deine Reaktion in dieser Form absolut korrekt ist?

Mein Beitrag endet mit einer gezielten Frage und daraus könnte und sollte sich ein Thema entwickeln. Ist Dein Beitrag dazu geeignet?

Vielleicht hat es ja nach Katzenpisse gerochen. Dann seh ich da kein Problem. Einer (netten) Verkäuferin gegenüber könnte man auch einfach mit "Das ist mir etwas zu herb." urteilen.

Nicht irritiern lassen. Das nenne ich unfähiges Personal, wenn man nach nur einer "besonderen" Bemerkung nichts mehr verkaufen möchte. Ein Verkäufer mit Berufserfahrung sollte härtere Kunden gewohnt sein...auch wenn dort auch nicht jeder Tag gleich ist. War es wenigstens was mit "Zibetkatzensekret," denn als Parfumverkäuferin sollte man von animalischen Noten gehört haben.

Die Beschreibung der Begebenheit sollte nur der Einstieg in ein Thema sein, was mir durchaus wichtig erscheint.

Meine Frage ist, ob es wirklich ein Ausdruck von Leidenschaft ist, wenn man sprachlich tief ins Klo und unter die Gürtellinie greift um einen Duft zu beschreiben.

Oder sind, auch bei Kommentaren, solche derben Worte so etwas wie die breite Brust des Kenners, der den Dreck einfach runterspült? Was machen solche Worte, Sätze, Kommentare mit uns? Als was stellen sie uns dar?

Die Verkäuferin hatte volkommen recht!!!!

Ich wollte dich nicht angreifen, falls das so rüberkam.



Ja, denn es zeigt, dass das Thema "Parfum" eigentlich eine Gratwanderung zwischen Wissenschaft/Chemie und Kunst ist. Und genau das begreift niemand. Man trägt Parfum, um gut zu riechen. Und durch die Medien (oder genauer Werbespots) bekommt man reingeprügelt, dass das andere Geschlecht keinen Sex mit dir haben will, wenn deine Zähne nicht geputzt, geflosst und anschließend alles mit Mundwasser gespült wird, deine Beine rasiert sind, die Haare seidig glänzen. Und sowas wie Parfum und Deo verspricht, dass sich das andere für einen interessiert.

Und dadurch wird man automatisch von allem Animalischen in einem Parfum abgeschreckt.

"Da kann ich auch einfach 3 Tage lang nicht duschen!"

Wäre ja widersprüchlich, sich mit einem Parfum einzunebeln und dann aktiv danach zu riechen wovon man sich täglich mit Wasser und Seife distanziert.

Und weils nicht in unser Denken passt, fällt sowas wie "Katzenpisse" mal eben unreflektiert.
Aber hier würde dann der Biologe in mir aufschreien, denn es gibt kein Parfum, in dem Katzenpisse drin ist. Also kanns auch nicht danach riechen.

Bei Ambre Topkapi hat kaum jemand geschrieben, dass er würzig ist (Kardamom) und eventuell nach Schweiß riecht (Kardamom kann durchaus nach Schweiß riechen, beim Verzehr von Kardamom sind es auch genau die Moleküle, die wir ausschwitzen, wodurch der Schweiß dann unangenehmer riecht als sonst. Also streng genommen finden wir, dass Kardamom nach Schweiß riecht, weil der Schweiß nach Kardamom riecht wenn wir viel davon gegessen haben).
Und ein anderer User ist der felsenfesten Überzeugung, Colonia Intensa Oud würde derbst nach altem Schweiß STINKT (tut er definitiv nicht).

Es ist teilweise echt die eigene Wahrnehmung, aber letztendlich zeigt eine Reaktion wie "Bäh Katzenpisse!" eher, dass man nicht genug Respekt oder Verständnis für Parfum hat.
Soll kein Vorwurf sein. Aber man wird dann in anderen Parfümerieen dann ziemlich schief angeschaut.

Sowas wie "ist mir etwas zu fäkal" würde ich persönlich akzeptieren und auch anerkennen, gibt ja manche Parfums mit 'ner guten Dosis Zibet oder Castoreum.

Die Verkäuferin scheint genau die Art Verkäuferin zu sein, die sich hier alle so sehnlichst wünschen: Eine echte Liebhaberin. Wie könnte man ihr das zum Vorwurf machen?

Hätte ich die Szene miterlebt, ich hätte wohl die starke Vermutung gehabt, dass diese Kundin nur ein Parfumo-Mitglied sein kann - gewisse Dinge hinterlassen halt Spuren. *g*

Vielleicht hätte sie sagen sollen: "Zoohandlung zwei Straßen weiter!" ?

Zunächst einmal ist sie nur die Verkäuferin und nicht die, die den Duft kreiert hat. Was daran sollte sie kränken oder verletzen?

Dass "Katzenpisse" etwas unschön gewählt ist, das kann jeder einsehen...und dennoch hätte ich mich beschwert, weil dir eine Beratung zusteht. Das wäre für sie eine Möglichkeit gewesen, serviceorientiert weiter zu beraten, indem man beispielsweise etwas ganz anderes zeigt.

Ich weiß nicht wie es euch geht, aber ich kenne keine vergleichbaren Düfte oder Worte, die an "Katzenpisse" heran kommen, wenn man genau das riecht. Dass einem das herausrutscht, kann ich verstehen. Und zumindest gibt es der Verkäuferin einen besseren Anhaltspunkt als 20 mal hintereinander: "Nein, das gefällt mir nicht".

Es geht "nur" um Düfte, man sollte kein Fass aufmachen, wenn jemand seine subjektive Meinung zu einem äußert. Oder vielleicht bin ich auch nur weniger empfindlich.

Wenn ich "Katzenurine" riechen wuerde beim Testen mit der Verkaeuferin, wuerde ich sie fragen: "Kann es sein, dass in diesem hier indolische Noten sind? Oder vielleicht Zibet? Oder vielleicht Oud?"

Das Verkaufsgespraech wird dann technisch. Der Ton macht die Musik.

Dannyboy schrieb es schon: Wenn es der Verkäuferin / dem Verkäufer nicht egal ist, was verkauft wird, sondern Interesse, Identifikation und Leidenschaft für das Produkt besteht - ist es dann nicht verständlich, ja logisch, dass sie / er verletzt ist? Für Verkaufspersonal ohne diesen Bezug zum Produkt gibt es auf Parfumo äußerst beliebte Threads, wo sich Parfumonasen stundenlang das Maul zerreißen über dessen Inkompetenz (um das eigene Halbwissen zum Spezialistentum zu verklären).

Etwas mehr Respekt für Menschen und - um den Bogen zum Eingangspost zu ziehen - etwas mehr Respekt für das Kulturgut Parfum?

P.S. Zibet riecht ganz anders als Katzenexkrete. Wein aus Sauvignon Blanc Trauben allerdings erinnert etwas an das, was Katzen hoffentlich nicht auf dem Teppich verteilen. Ich muss das wissen, so mit Katze, Weinkeller, Jicky und Eau d'Hermès ...

so würd ichs auch halten
vermutlich bin ich gottseidank für verbale ausrutscher ohnedies zu scheu, mir wäre das so peinlich...
nein, ich bin nicht in der pubertät

Eine gute Verkäuferin trägt auch eine Spur Humor in sich und hätte diese Aussage eher mit Humor nehmen können.....so wie einige hier auch.

Es ist doch eigentlich nur das Wort "Pisse" , was etwas unschön klingt. KatzenPipi hätte euch und die Verkäuferin wahrscheinlich gar nicht so sehr aufgeregt, oder?

Auch hier kann ich nur sagen, es gibt schlimmeres. Die Verkäuferin hätte einfach nur sagen brauchen " Junge Frau, also so etwas finden Sie hier bestimmt nicht.....aber vielleicht finden wir etwas für Sie, was nicht nach Pipi riecht?"

Wurde eigentlich der Duft selber erwähnt? Hab bisher nur den Original Duft "Eau de Piss" kreiert von Le Tom et La Tam bei mir zu Hause.....

Chrissy

Liebe Frau Blume,
ich hätte es vielleicht nur ein wenig anders ausgedrückt, des Pudels Kern aber hätte ich genau so widergegegeben, wenn ich den Duft in diesem Moment so wahrgenommen hätte.
"Entschudigen Sie bitte, mir fällt kein passenderes Wort für den Duft ein, als Katzenpipi...Ich sage das nur deshalb so deutlich, damit sie verstehen, wie ich den Duft rieche, empfinde, wahrnehme. Wenn Sie meine Wahrnehmung kennen, können Sie mich doch ganz anders beraten."
Man kann nicht von allen Verkäuferinnen erwarten, mit Begriffen wie indolische Note, etc. etwas anfangen zu können.
Gräme dich nicht wegen einer vermeintlichen, verbalen Entgleisung. Du kannst es nicht ändern....

Ich hatte eine ähnliche Begebenheit in einer Berliner Douglasdependance. Ich war schon diesen ganzen Tag nicht gut drauf, und egal, was ich sagte, es kam immer irgendwie dumm rüber. Ich habe das Gespräch an diesem Tag dann abgebrochen und bin am nächsten Tag, gut gelaunt, mit einer nett verpackten Tafel sehr guter Schokolade noch einmal hin, habe mich für meinen Ton entschuldigt und seit dem ist sie meine Lieblingsverkäuferin, mit der ich auch das eine oder andere perönliche Gespräch führe.
Auch manche Verkäuferin in dieser Parfumkette freut sich über ein nettes Wort der Ansprache, welches über ein normales Verkaufsgespräch hinaus geht.

FrauBlume wollte - denke ich mal - weniger Ihren verbalen Fehlgriff hier zur Diskussion stellen, sondern nach geeigneten Umschreibungen für mißfallende Gerüche suchen

so denn...

Pisse >- urinös (darf mann ja sagen, wenn's doch so ist, empfinden scheinbar viele bei sehr indolischem Jasmin so)

Du hast leider nicht konkret gesagt, dass der Auslöser für Deinen Thread dieser (meiner Meinung nach gute) Kommentar ist:
http://www.parfumo.de/Parfums/Issey_Miyake/L_E au_d_Issey_pour_Homme#review_48413

Diesen Mumm hättest schon haben müssen, damit die Diskussion in die von Dir gewünschte Richtung geht. Und damit jeder versteht, um was es geht.

Ein paar Vorschläge:
Nicht ganz mein Geschmack!
Hui, interessant!
Kann ich jetzt nicht ganz zuordnen!
Woher kenn ich den? Ach, komm grad nicht drauf!
Duftet animalisch!

Ein Sinnspruch fällt mir gerade ein:
Sage nicht immer was du denkst, aber wisse immer was du sagst! (oder so ähnlich)

Es schadet m. E. grunsätzlich nie, sich um die eigene Wortwahl Gedanken zu machen und nicht unbedingt bei jeder Gelegenheit in die Fäkalsprache oder andere verbale Grobschlächtigkeiten zu verfallen. Und sei auch noch so viel Leidenschaft im Spiel.

Wenn ich mich als zivilisierter Mensch ein wenig mit Sprache und dem, was sie bewirken kann auseinander setze (empathische Fähigkeiten sind dafür natürlich Grundvoraussetzung), fallen ganz zufällig auch einige andere Umschreibungen für z. B. "Pisse" ab. Und unser Hirn ist sogar in der Lage, sich diese Worte zu merken.

So steht einer reibungslosen Kommunikation (meist) nichts im Wege. Was nicht heißen soll, dass man immer einer Meinung ist. Aber eine ordentliche Streitkultur ist wieder ein anderes Thema...

FrauBlume wollte den betreffenden User beee-stimmt nur schonen.

Mir drängt sich langsam der Verdacht auf , dass bewusst gestänkert wird

Sowas machen wir Schöngeister nicht. *g*

Hallo, ich finde es gut, dass du über deine Sprache reflektierst.

Manche Düfte beinhalten durchaus Noten, die an Fäkalien erinnern, besonders die Orientalen.
Ich kann mich an zwei Gespräche in Parfümerien erinnern, in denen ich das auch im Gespräch ausgedrückt habe,und es war überhaupt kein Problem. Im Gegenteil, die "guten" Verkäufer kennen diese Noten durchaus und wissen, dass sie nicht jedermanns Geschmack sind. Ich denke, hier macht der Ton die Musik. Nicht nur die Wortwahl, sondern auch das Wie sind erheblich. Wenn man sachlich und neutral bleibt, wird auch das Gespräch so verlaufen. Legt man allerdings seine ganze Abscheu in seine Worte, wird eine "sensible" Verkäuferin vielleicht ähnlich reagieren.

Gerade, wenn man Kritik übt, ist es wichtig zu betonen, dass es sich um eigene Eindrücke handelt, und man damit die Sache nicht allgemein abwerten will.

Noch entscheidender als das tatsächlich gesprochene Wort ist für mich die Haltung, aus der heraus es gesprochen wird. Insofern hat sich Frau Blume die Eingangsfrage mit Ihrer Antwort auf obigen Kommentar doch eigentlich schon selbst beantwortet