Cilly

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11 - 15 von 33
Cilly vor 10 Jahren 26 15
7.5
Flakon
5
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7.5
Haltbarkeit
8
Duft
Sesam gegen die Leidenschaften
Kedu ist der vielleicht ungewöhnlichste Duft, der mir unter die Nase gekommen ist. Sesam als Duft? Ich liebe Sesam, geschält und ungeschält oder sogar schwarz. Geröstet und mit Meersalz zu Gomasio verarbeitet und auf asiatischen Blattspinat gestreut. Auf türkischem Fladenbrot oder zu Tahini vermahlen, der cremigen, nussig-herben Sesampaste, wie sie im Vorderen Orient häufig verwendet wird.

Und jetzt als Duft? Ich war so gespannt, und als er endlich aufgesprüht war, musste ich gar nicht erst ‚Sesam öffne dich’ sagen, und auch nicht auf die Basisnoten warten, denn er war nach einem fruchtigen Grapefruit-Mandarine-Auftakt ganz schnell da. Fein gerösteter, keinesfalls gebräunter Sesam. Der helle, geschälte Sesam. Weich, cremig und nussig, doch ohne die strenge Herbheit, die man im Tahini schmeckt. Sesam-Creme-Duft, umweht von Grapefruit und Mandarine. Und etwas Grünes rieche ich dahinter. Wie unreife Getreidekörner.

Am liebsten würde ich in die Küche laufen, Grapefruits filetieren, mit einem Mandarine-Tahini-Dressing mischen und mit frisch geröstetem Sesam bestreuen... Super Rezeptidee, muss ich mir merken. Aber halt! Nicht vorschnell handeln, denn die Zitrusnoten werden jetzt weicher und machen, teilweise jedenfalls, Platz für einen Blütenakkord, der sich, vermutlich durch Mate, kaum süß hervortut und der zu keiner Zeit den Sesam verdrängt. Auch zur Basis hin verspüre ich kaum eine entscheidende Änderung, da die einzelnen Noten so nahtlos ineinander übergehen, wie bei einer ganz sanften Überblendung im Film. Weicher wird er, und der Moschus verhält sich ganz zahm dabei. Gegen den Sesam kommt er nicht an.

Ratlos bin ich schon ein wenig. Ist das jetzt ein Gourmand-Duft? Zumindest ein sehr untypischer Gourmand. Nicht die üblichen Zutaten zwischen Mandel, Karamell und Schokolade. Kedu gibt mir Rätsel auf. Ich weiß noch nicht einmal, wie ich ihn einstufen soll. Er ist kein eindeutiger Duft, keiner, der mich sofort begeistert und umhaut. Aber ich habe da so die Ahnung, dass er mich mit jedem Tragen mehr erobern wird. Ich fange mal mit 70% an.

Auf der Website von Memo kann man die Idee hinter Kedu erfahren. Kedu ist eine Landschaft auf Java, mit fruchtbarem Boden, die einem immer noch aktiven Vulkan zu verdanken ist. Ich hatte das Glück, diese Insel zu bereisen, die fruchtbaren Reisterrassen zu sehen, die Dörfer, wo am Straßenrand Kaffeebohnen trocknen. Und als absoluter Höhepunkt der buddhistische Tempel Borobudur. Ein atemberaubender und unvergessener Eindruck. Hier wird Sesam zusammen mit Blumen und Weihrauch verbrannt, für jede Leidenschaft der Menschen ein Sesamkorn, um ihn von diesen Leidenschaften zu befreien, seine Seele zu reinigen...

Das habe ich damals verpasst. Einfach aus Unkenntnis. Dumm. So bald komme ich da nicht hin. Und nun? Lebe ich immer noch mit meinen Leidenschaften... - Ach, eigentlich lebe ich gerne mit ihnen. Besonders mit meiner Leidenschaft für Düfte. Und für Sesam.

Nachtrag, 4 Monate später:
Kedu ist ein Duft, der sich mehr und mehr ins Herz und in die Nase schleicht. Ich erhöhe auf 80%.
15 Antworten
Cilly vor 10 Jahren 38 9
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9
Duft
MON NOM EST ROUGE – Personifizierte Farbe eingefangen in einem Duft
Dieser Duft beschäftigt mich seit Monaten, treibt mich um, geht mir immer wieder durch den Kopf, bringt mich dazu, mitten am Tag, mitten in der Arbeit diesen Duft aufzusprühen, mich in ihn hinein zu schnuppern, hinein zu fühlen, gedanklich abzudriften, meine Arbeit zu vergessen...

Es begann, wie so oft, dass mir die liebe Belle eine großzügige Abfüllung schickte. Ich war diesem wunderschönen Rosen-Duft spontan verfallen, und gleichzeitig ließ er mich ratlos zurück. Was hat der ungewöhnliche Name mit dem eigentlichen Duft zu tun?

Um den Duft besser verstehen zu können, habe ich mir nicht nur den Flakon sondern auch das Buch ‚Rot ist mein Name’ von Orhan Pamuk bestellt. Zumindest wollte ich eine Ahnung bekommen, warum man sich im Hause Bekkali an diesem Buchtitel orientiert hatte. Doch um die ganzen 550 Seiten zu lesen, brauche ich Ruhe und mehr Zeit als ich gerade habe. Es soll laut Klappentext „ein farbenprächtiges orientalisches Märchen, ein spannender Krimi und eine hinreißende Liebesgeschichte“ sein.

Aber dann fand ich auf Seite 251 diesen Satz:

„Und wie glücklich bin ich, Rot zu sein! Mein Innerstes brennt. Ich bin stark; ich weiß, dass ich wahrgenommen werde, und auch, dass ihr mir nicht widerstehen könnt.“

Auch wenn es nur das eine Text-Bruchstück ist – genau dieses lässt die richtigen Bilder entstehen. Ich will die ‚Lady in Red’ nicht bemühen, komme aber nicht umhin, einen dunkel-roten Samtstoff zu sehen, elegant um eine weibliche Gestalt drapiert, die geradezu königlich dahinschreitet, Duftschleier mit sich ziehend und hinter sich lassend.

Ist schon klar, dass ICH das nicht bin. Man muss ja auf dem Boden bleiben. Aber der Satz beschreibt, was der Duft mit mir macht. Ich fühle mich stark und – ja - unwiderstehlich. Mit oder ohne roten Samt.

Nach einer zitronig-pfeffrigen Ouvertüre zeigt sich eine gerade aufblühende Rose, umspielt von herrlichen orientalischen Gewürzen, angeführt von einem deutlichen Kardamom. Metallische Noten kann ich beim besten Willen nicht wahrnehmen, obwohl sie in Form von erlesenem Schmuck zur Samtgekleideten passen würden. Je mehr sich die Rose öffnet, desto dunkler und glutvoller wird die Farbe wie der Duft. Weihrauch umweht diese Prachtrose, nicht so stark, wie ich ihn dann doch schon gerne hätte, aber klar und zart und niemals rauchig. Bis schließlich die Holznoten hineinschweben, süßlich-fein-herb und wie zu Puder zerrieben. Die Rose bleibt bis zum Schluss. Rot ist mein Name.

Irgendwann werde ich Zeit haben, das Buch ganz zu lesen. Und ich werde mir eine ausreichende Menge des Duftes aufheben, um ihn mir aufzusprühen, bevor ich in die Geschichte eintauche. Vielleicht ist ja auch alles ganz anders...
9 Antworten
Cilly vor 10 Jahren 7 1
7.5
Sillage
7.5
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1
Duft
ONE – Oh...... Oh, neeee...
Nachdem mir der THREE richtig gut gefällt, habe ich mich optimistisch an ONE getraut, ermuntert auch durch Coutureguru’s Kommentar. Denn alles, was für Frauen eigentlich gar nicht geht, ist – bis auf ein paar heftige Ausreißer - genau richtig für mich. Also direkt und ohne Umwege auf die Haut gesprüht... Und erschrocken zurückgezuckt.

Nach dem ersten Schock – ja, Hermessenz, der Vergleich mit der Tanke trifft diese Attacke auf meine Nase perfekt! Also nach dem ersten heftigen Schock versuche ich den sich weiter entwickelnden Duft zu verstehen. Aber weder die angegebene Kopfnote noch die Herznote erfüllen nur annähernd meine Erwartungen.

Wer hat meine heiß geliebten Gewürze in derart stinkende Plastikbeutel gefüllt? Und diese tagelang beim Straßenbau oder neben der Tanke stehen gelassen. Offen versteht sich... Und das langsam sich entwickelnde ‚Leder’ erinnert mich fatal an den heute frisch ausgepackten Hartschalenkoffer. Plastik, Kunststoff, Kunstleder, Kunstgummi...

Ich bin kurz davor, dieses Duftmonster abzuwaschen. In der Musik nennt man das, was die Ohren schmerzhaft quält, Kakophonie. Und ONE ist für mich das Pendant für die Nase: eine olfaktorische Zumutung. Auf dem Weg zum Badezimmer kommt ein Anruf dazwischen. Der sich länger als gewünscht hinzieht und mich zwischendrin auch ablenkt...

... bis ein ganz anderer Duft in meine Nase steigt: Puder! Süßlicher, seltsam altmodischer Puder. Meine Großmutter vererbte mir eine silberne Puderdose mit Resten von Puder vergangener Zeiten. Schweinchenrosa und etwas ranzig mit einem penetranten Vintage-‚Duft’. Nein! Das ist kein Leder! Das ist kein Oud! Und schon gar kein Duft für Männer. Für mich ist One einfach nur gruselig...

- PAUSE -

So! Hände gewaschen. Lange und gründlich. An Kaffeebohnen gerochen. Mir geht es besser. Möchte jemand meine Abfüllung haben? Gerne! Sogar geschenkt. Echt! Ihr könnt Euch bewerben.
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Cilly vor 10 Jahren 13 6
7.5
Flakon
5
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10
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9
Duft
LE VETIVER - GRÜNES GLÜCK
Ende Februar, der Vorfrühling liegt in der Luft, lässt alle Sinneszellen des Körpers auf Grün umschalten, schärft den Blick für erste Knospen in verheißungsvollem Grün und für ahnungsvolles, sanft-grünes Schimmern in den Büschen.

Mit sicherem Griff angele ich eine bisher nicht beachtete Probe aus meiner Sammlung, sprühe sie auf den Arm und fühle mich von einer herb-fruchtig-frischen Brise wachgeküsst. Vor allem herbsüße Grapefruit und bittersüße Orangenschalen wirbeln um mich herum, dazwischen blitzt frische, süß-säuerliche Mandarine auf.

Neroli leitet mit seinem holzig-herben Unterton fast unmerklich in die gewürzbetonte Herznote über, die sich dann fast schlagartig breit macht. Mit dunkler, warm-würziger, süßlich-pfeffriger Gewürznelke, vielschichtigem Piment und harzig-süßer Muskatnuss fühle ich mich wohl und geborgen, als müsse ich gegen den noch frischen Frühlingswind einen warmen Schal umlegen. Und während ich noch glaube, einen wundervollen Gewürzduft um mich zu haben, verwandelt er sich wieder...

... und jetzt wird er einfach nur wunderschön! Es ist nicht das frische, helle Grün des Vorfrühlings, sondern ein weiches, dunkles Moosgrün. Das Erdig-Herbe von Vetiver erlebe ich warm und tief. Zeder und Tabak schaffen holzige, weiche und würzige Ebenen, ohne den Vetiver zu überlagern. Auch Nelke und Muskatnuss machen immer mal wieder auf sich aufmerksam. Und ein gerade zu ahnender Weihrauch gibt dem Duft ein Strahlen und Schweben.

Ich schwebe auch. Glücklich über den richtigen Griff zum perfekten Duft. Auch wenn er alles andere als ein typischer ‚Frühlings-Duft’ ist, so lässt er im Kopf unendlich viele Bilder aufkommen, gemalte Natur in allen erdenklichen Moos-, Schilf-, Blatt- und Erdtönen.

Le Vetiver ist ein Duft, der hält und hält und hält. Und das bei einem Eau de Toilette! Und das bei mir...! Le Vetiver ist ein Duft, den ich im Vorfrühling, an einem verregneten kühlen Sommertag, an einem erdig-duftenden Herbsttag, einem nebligen Tag im November oder an einem Februartag wie heute trage. Und den ich an einem Mann riechen möchte, dem ich nahe bin.
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Cilly vor 10 Jahren 16 4
7.5
Flakon
7.5
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7.5
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9
Duft
Aus der Finsternis - Der düstere Tom Ford
Tobacco Vanille war meine erste ganz große Liebe, seit ich die Nischendüfte für mich entdeckte. Ich war ihm von Anfang an verfallen und bin es heute noch. Fast hätte ich ihm zuliebe das Rauchen wieder angefangen... Meine Liebe zu ihm hinderte mich aber nicht daran, mich wieder und wieder zu verlieben, mich von anderen Düften verzaubern, faszinieren und hinreißen zu lassen.

Ich gebe zu, meine Moral hält sich diesbezüglich in offenen Grenzen, und ich betrachte all meine Duft-Lieben und Duft-Liebhaber mit Wohlgefallen, wende mich einmal diesem, einmal jenem zu und fühle mich in meinem olfaktorischen Harem ausgesprochen wohl. Auch echte Außenseiter sind dabei, die mich provozieren und die zu entdecken mir ganz besonderen Spaß machen.

Und dann kam er, der Dunkle, der Rauchige, der Undurchschaubare. Tobacco Oud.

Wie ein tief-dunkelgrauer Nacht-Schatten breitet sich Oud aus. Ein Schattenduft wie Holzkohle kurz vor dem Verglimmen, umweht von feinstem tonka-aromatisiertem Tabak und erdig-holzigen Tönen wie gerösteter und frisch gemahlener Koriander mit einem Hauch von Bitterorange. Nach langer, wirklich langer Zeit lichtet sich der rauchige Nebel ein wenig, der Duft wird wärmer und gleichzeitig würziger. Weiche Ambernoten spielen hinein, geben dem Duft Opulenz und Wärme, die von erdigem Patchouli untermalt werden. Dazwischen ist auch eine Honignote wahrzunehmen, doch nicht der süße Honig von Tabacco Vanille, sondern ein dunkler, herber Tannenhonig.

Es gibt viele Düfte, die sich mit dem Beinamen ‚black’ oder ‚dark’ schmücken, ohne auch nur ansatzweise dunkel zu sein. Tobacco Oud hat dieses Prädikat verdient, gerade sein Auftakt ist dunkel-dunkel-wunderschön. Und danach warm-würzig und immer noch schön.

Ob er Eintritt in meinen Duft-Harem bekommt? Hm... Ich weiß noch nicht. Aber er hat etwas. Er verbindet vertraute Elemente zu etwas gänzlich Neuem. Eigentlich möchte ich ihn an einem Mann riechen, an den ich mich nachts im Dunklen anlehnen und gut aufgehoben fühlen kann.
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