Louce

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126 - 130 von 132
Louce vor 14 Jahren 11 5
7.5
Flakon
5
Sillage
10
Haltbarkeit
9
Duft
Der Menhir von Kerloas
Als ich Lann Ael schnupperte, wusste ich bereits, dass Lostmarc´h ein bretonisches Label ist, deshalb mag vielleicht mein Assoziationsszenario ein klein wenig in Bahnen gelenkt worden sein.. aber nur etwas :-).

Ich besuchte den riesigen Menhir von Kerloas bei einem wunderbaren Bretagneaufenthalt im Spätsommer. Er ist mit 9,5 m einer der höchsten der Bretagne und man sagt ihm nach, dass er die weibliche Fruchtbarkeit signifikant fördern könne, wenn eine Frau mit Kinderwunsch ihn mit möglichst viel Körperkontakt umarmt.
Den sagenumwobenen Hinkelstein aufzusuchen wurde zu einem kleinen Abenteuer für sich: Er steht völlig unpretentiös und zufällig anmutend abseits von Straßen oder sogar Wegen am Feldrand. Man muss also entlang des Feldes etwas gehen und suchen, um ihn zu finden.
So.. jetzt krieg ich die Kurve zum Duft:
Wenn man nämlich bei warm-lauer Spätaugustbrise dort durch die Felder läuft, ein wenig typisch bretonischen, leicht salzigen Meerwind im Haar und eine Mischung aus Getreide, sandig-lehmiger Erde und dunklem Klee in der Nase hat, dann kommt das SEHR in die Nähe des Dufteindrucks von Lann Ael. Auf dem Grünfleckchen am Feldrand, wo der Menhir von Kerloas monumental und trotzig in den Himmel zeigt, steht auch ein knorriges, uraltes Apfelbäumchen, das tapfer noch wenige Früchte treibt. An diesem Ort tief, ganz tief eingeatmet ist BEINAHE EXAKT der Dufteindruck von Lann Ael. Ein wenig Süße und Milch (entrahmt, nicht sahnig!), und Hintergrundvanille dazu und der Duft ist genau an seinem Platz: Dort kommt er her. Dort führt er hin. Genau dort.

Sehr warm, rund, Geborgenheit duftend. Lecker, süßmilchig ohne klebrig zu sein. Und das bei gleichzeitiger Weitläufigkeit, Freiheit, Luftigkeit. Die meisten Gourmand-Düfte empfinde ich als "indoor", dieser ist definitiv "outdoor". Er hat weiten Himmel über sich und sonnenbeschienenen Feldboden unter sich. Wunderschön.

EDIT: Inzwischen lernte ich Lann Ael auch bei weniger sommerlichem Wetter kennen. Und er ist NOCH besser! Wenn die Luft feucht und regenschwer ist, der Himmel dicht bewölkt und grau und der Wind mehr als nur ein zartes Pusten, bekommt dieser Duft eine fast tragische Komponente. Das, was ich als "outdoor"-Aspekt beschrieben habe, also die Weite und Offenheit, kommt noch mehr zum Tragen. Die Süße wird schwermütiger. Hach! Ich bin ziemlich und nachhaltig verliebt!
5 Antworten
Louce vor 14 Jahren 13 2
5
Flakon
7.5
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7.5
Haltbarkeit
8
Duft
Chypre Rouge -> Chaperon rouge
Rotkäppchen irrt nicht planlos durch den Wald, sondern schlendert selbstbewusst, nach einem schmucken Wolf Ausschau haltend, über Moos und Pilze und isst dabei Lakritzschnecken. Meine Güte, ist sie gefährlich!

Absolut wunderbar, dieser Duft! Tief, warm, abgründig aber nicht glitschig. Auf meiner Haut sehr lakritzig, aber zum Glück mit genügend Wald, um das Lakritzige einzufangen. Dieser Wald ist dunkel... keine frisch-hellen Lichtungen, sondern schmale Trampelpfade durch wildes Gestrüpp bei einbrechender Dunkelheit und leicht schwüler, stehender Luft.
Was wird es in diesem Wald wohl für Wölfe geben?
2 Antworten
Louce vor 14 Jahren 11 4
5
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5
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5
Haltbarkeit
9
Duft
Marrakesch
Vor 2 Jahren war ich in Marrakesch.
Seitdem bin ich fanatische Tajine-Köchin, verwende nur noch Pulver der Zimtblüte (und nicht -rinde), verbrauche ein Vermögen an Safran, öle mich mit Argan-Rosenöl ein, nachdem ich schwarze Seife benutzt habe und träume von einem Tadelakt-Putz auf Wänden und Boden meines Bades.
Der Gang über den Souk (manchmal stinkend, manchmal duftend, immer laut), danach der Minztee mit frischer Pfefferminze und unglaublich viel Zucker, die drakonisch-wohltuende Massage im Hammam und der phänomenale Blick aufs Atlasgebirge, wenn ich morgens meine dunkelholzigen Balkontüren öffne...

.. das alles ist in diesem Duft!
Komplett. Hundertprozentig. Marrakesch. Genauso riecht es da!

Jetzt bin ich aber nicht so naiv, dass ich meine subjektiven Assoziationen diesem Parfum andichten muss. Deshalb habe ich Gott und die Welt daran schnuppern und es benutzen lassen.
Das Ergebnis meiner Feldstudie: Es geht auch allen anderen so. Wenn man nicht die Bilder eines Marokko-Urlaubs hat, beschreibt man diesen Duft weniger privat-entblößend, aber dafür treffend:

Zuerst kommt ein regelrechtes Wirrwarr aus Würzigkeit und unmittelbarer Fruchtsüße, dann klärt sich das spannende Durcheinander und gibt einer weichen, tiefen Note Raum, die erst unbestimmt "natürlich" anmutet und dann zwischen Weihrauch und Oud hin und her schillert. Nach und nach wird sie unterlegt von arabisch-öligen Düften, die Schwere und eine dunkelrote Pudrigkeit bringen.

Ein wunderbarer Duft, der mich nach Marrakesch bringt...
... kein Alltagsduft und leider auch nicht so der ultrarichtige Duft für eine blonde, hellhäutige Frau bei unter 20° Celsius.

Aber zu einer Salzzitronen-Tajine mit Minztee an einem warmen Sommerabend rieche ich nach "Al Oud".
4 Antworten
Louce vor 14 Jahren 14 3
5
Flakon
5
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7.5
Haltbarkeit
6
Duft
Hochgotik
Wachs. Dieses spezielle Wachs von Kirchenkerzen auf einem Kerzentisch mit schmiedeeisernen Haltedornen vor einem Andachtsbild, das dem Gebet ein Ziel gibt: gradlinig-klar, nicht süß-warm-wohlig wie Bienenwachs, sondern etwas kühl und weiß. Viiieeel von diesem Wachs. Sehr viel.
Dazu Weihrauch (obwohl ich den nicht unter den Noten finden kann, ist er überdeutlich und dominant bei diesem Duft) und Myrrhe.
Der Geruch von Weihwasser. Im kalten Steinbecken an der Säule.
Das Ganze mit einem sehr hohen, hallenden Raum. Nicht die Seitengänge und vielleicht staubigen Kapellen mit Kreuzdeckengewölbe, sondern das imposante Mittelschiff, das zielstrebig zum Höhepunkt, dem Altar führt.
Marmor. Riecht Marmor? Wenn Marmor einen Geruch hat, dann ist er hier drin: Schön, gemasert, schimmernd, kalt und alt.
Der Chor mit seinem uralten, leicht knarrenden, aber stabilen Holz duftet gegen den Marmor an, während man, durch die große Wachs-Duftwolke voran schreitet.
Wenn der Altar erreicht ist, macht sich zum ersten Mal ein Gefühl von Wärme und Weichheit bemerkbar. Aber nur leicht... entfernt. Viel stärker ist der Eindruck von Größe. Erhabene Größe, die zum Niederknien bringt.

Der Name "Messe de Minuit" wurde nicht von ungefähr gewählt.
Die Riesenkathedrale ist hochgotisch, der Träger dieses Duftes hat ihn auferlegt bekommen... er ist nicht der Protagonist dieses Stücks, sondern nur Transporteur von Wahrheit und Größe. Verkünder einer Botschaft, die ihn nicht meint.

"Messe de Minuit" kann erdrücken und nicht zum Knien bezaubern, sondern zwingen. Geradlinige, hallende Kälte und ein ungeheures Alter lasten schwer auf der Haut.

Wer das tragen kann und dabei die kant´sche Erhabenheitserfahrung erlebt/erleben lässt, hat einen ganz besonderen, unvergesslichen Duft.
(Kants Erhabenheitserfahrung -> Der Sternenhimmel ist übergroß und macht mir meine Kleinheit deutlich. Aber, weil ICH diese Übergröße erkennen und spüren kann, muss in mir etwas sein, das der Größe und Göttlichkeit antwortet, ihr im Wesen entspricht.)

Wer (so wie ich selbst) ohne kantianische Erhellung untergeht in all dieser Erhabenheit, sollte sich eine schöne, romanische Kirche aus braunem Stein suchen und darin eine Bienenwachskerze entzünden, die tatsächlich Licht macht.
3 Antworten
Louce vor 14 Jahren 7 1
7.5
Flakon
7.5
Sillage
10
Haltbarkeit
8
Duft
Rund...
Das treffendste Wort, um Moschino zu beschreiben ist simpel: rund.
Es ist ein runder Duft.
Ganz viele Blumen, trotzdem ist er nicht vorrangig blumig.
Ganz viel Holz, Vanille und Gewürze auf Amber, trotzdem ist er nicht überdeutlich orientalisch.
Rund.
Pudrig.
Extrem sanft, schmeichelnd, warm, dunkel.
Die goldgefasste Perle auf dem Flacon-Deckel ist nicht einfaches Parfumflaschendesign, sondern taugt hervorragend als Metapher für diesen Duft:
Rund und opak ist hier Schönheit kostbar eingefasst, damit sie nicht ausufert oder nach außen greift, sondern geschlossen in sich schimmert.
Dies ist auch der einzige kleine Haken, den ich an diesem Duft, der jahrelang mein Hauptduft war, finde: Eine gewisse Selbstgenügsamkeit. Dieser Duft ist null flirty oder extrovertiert. Er angelt keine Aufmerksamkeit, er irritiert und verblüfft nicht, er ist geschlossen rund und abgepudert egozentrisch.
Rund eben.

EDIT: Nachdem meine Nase etwas mehr Dufterfahrung und Vergleichswerte hat, mag ich die Einschätzung "nicht überdeutlich orientalisch" ändern in "schon ziemlich orientalisch". *g* Ich hab den so lange ohne die Duft-Vokabel "orientalisch" im Kopf an meiner Haut getragen, dass ich das erstmal gar nicht assoziierte, aber tatsächlich ist er es.
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