Mediocre

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6 - 10 von 24
Mediocre vor 12 Jahren 31 22
7.5
Flakon
7.5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
3
Duft
Anneliese Rothenberger gibt sich die Ehre....
Kennt hier noch jemand Anneliese Rothenberger?
Nein? Sie war eine Opernsängerin mit eigener Sendung,
als das Fernsehen nur ARD, ZDF und die "Dritten" zu bieten hatte.
Sie ist wohl weniger wegen ihres schwanengleichen Gesangs in Erinnerung geblieben,
als wegen ihrer fiesen Frise, einer Beton-Ondulage, die sie mit Leni Riefenstahl und den Frauenarztgattinnen der frühen 70er gemeinsam hatte.
Oft fand man diese fesch-toupierte Lockenpracht in Form von Polyester-Skalps unterschiedlicher Couleur
-vorzugsweise aber in verschiedenen Blondtönen von Platin bis Aschblond -
in den Boudoirs chicer Flachdach-Bungalows liebevoll auf Styroporköpfe drapiert.
Als reaktionäre Antwort auf die Hippies setzte sich die Dame von Welt in den Vorstädten
gerne einen gelockten Mottenfifi auf den Schädel, sobald das Eigenhaar schlaff oder gar fettig war.
Frau durfte ohne Erlaubnis ihres Ehegatten kein Konto eröffnen oder einen Arbeitsvertrag unterzeichnen
und konnte noch schuldig geschieden werden, wenn sie mit dem Postboten schlief.
Die Ungeheuerlichkeit, daß die Vereinten Nationen 1975 zum "Jahr der Frau" ausriefen,
perlte noch einige Zeit an den Haarspray getränkten Zweitfrisuren ab.

Als ich in der Weihnachtszeit beim Zappen den Werbespot von "The One"
mit der armen Scarlett Johansson erstmals gesehen hatte, war ich geschockt!
Trug die hübsche, intelligente Scarlett ebendiese fiese Frise im reaktionären Retro-Style und säuselte Dünnpfiff.
Da fragt man sich schon, weshalb der Duft zuvor recht lasziv (mit Gisèle Bündchen, sowohl als auch
mit Frau Johansson) vermarktet wurde und nun aktuell mit einer unsexy/nichtssagenden/unemanzipierten Scarlett Johansson
beworben wird, die dabei wirkt, als wäre sie dem Film "Die Frauen von Stepford" entsprungen...
Ganz einfach und offenbar, weil es zu diesem Duft paßt??!

Er startet candyshop-mäßig: süß und fruchtig, aber ohne freche Frische.
Die Kopfnote hat keinen Biss.
Mein dickes Näschen wird schnell mit Zuckerwatte, Vanillepuddingpulver und Trockenaprikose verstopft. Trotzdem gelingt es den weißen Blumen sich vorzukämpfen - und auch wenn der Jasmin nicht mit einer urinösen Note hervorsticht - erhöht sich bei mir die Kopfschmerzgefahr.
Entgegen der Erfahrungen von Holly61 (die ich darum beneide, und bei der ich mich 1000x entschuldige!) entwickelt sich bei mir keine Vielschichtigkeit, es ergibt sich bei mir auch kein rauchig-herbes Lüftchen in der Basis.
Holz hat dieser Duft weder vor noch hinter der Hütte.
Die Fruchtnote wandelt sich nun zur Trockenpflaume, ambriert und immer noch mit Vanillin gewürzt.
Das hält auch dank des Moschus zu meinem persönlichen Leidwesen ganz gut.
Dabei hätte der Duft für meinen Geschmack dringend ein Gegengewicht in der Komposition gebraucht,
um nicht wie ein Potpourri oder Duftbaum zu riechen. Echt schade.
Ob es wirklich nur an meiner - und ich traue mich gar nicht das böse Wort zu schreiben - HAUTCHEMIE liegt?!?



Wenn das also "The One" sein soll,
also DER DUFT, der mitsamt seiner Werbung ikonenhaft für DIE FRAU (von heute?) stehen möchte,
und das aktuelle, DAS EINE Frauenideal verkörpern will, bekomme ich Angst!
Gibt es bald wieder spießige, junge Frauen mit Polyesterskalp, die sich zu Bekunis-Tee
und Vanillebuttercremetorte verabreden, heimlich mit hochprozentigem "Frauengold" ihr Leben schöntrinken
und zwecks Verdauungsförderung Trockenpflaumen futtern?
Scheinbar will Dolce & Gabbana mit diesem Marketing die "Stepford-Wives" zu neuem Leben erwecken!!?
BITTE NICHT!
22 Antworten
Mediocre vor 13 Jahren 37 13
5
Haltbarkeit
7
Duft
Erst zurückhaltend grün, dann dezent süß!
Liebe Leser....
diesmal gibt es keine launigen Anekdoten!

Denn noch ist kein Kommi zu diesem Duft geschrieben;
der Duft noch nicht von den Parfumos dechiffriert und von einem Kommentar "defloriert" worden.

Und bevor ich es mir noch dreimal überlege, ob ich mit meinem ungepflegten Halbwissen
die Kommiseite verunzieren oder doch lieber diskret zurückrudern soll,
werde ich einfach wacker meine Eindrücke zum Besten geben, in der Hoffnung,
daß mir die versierteren Parfumo-Nasen nicht den Kopf abreißen.

Der Duft ist benannt nach einem Anwesen in Garches bei Paris,
welches 1920 von Gabrielle Chanel erworben wurde, um dort "à la campagne" die Wochenenden
zu verbringen.
Respiro bedeutet Atemzug/Atempause...und in der weiteren Bedeutung Aufschub/Gnadenfrist.
Es war wohl eine Auszeit vom atem(be)raubenden Paris, die Mademoiselle Chanel dort zu finden hoffte.
Es war außerdem ein Symbol dafür, arriviert zu sein, angekommen in einer Gesellschaftsschicht,
in der es eine Selbstverständlichkeit war, einen Landsitz außerhalb von Paris zu unterhalten,
um dort Freunde und Gäste relativ zwanglos empfangen zu können.

Bel Respiro startet grün und frisch, ganz wie es die obengenannten Duftnoten versprechen.
Allerdings nicht mit Krawall, sondern mit vornehmer Zurückhaltung und ohne kräftig nach Kräutern
zu riechen. Auch von zerdrückten Blättern kann ich nichts erschnüffeln,
wie Chanel es im "Les Exclusifs"-Booklet verspricht.
Einmal hatte ich doch kurz den Eindruck, es hätte sich ein wenig Waldmeister im Grünen versteckt.
Chanel und Monsieur Polge sind ja alles andere als auskunftsfreudig, was die Ingredienzen angeht.
Und so meine ich, eine Duftkomponente zu riechen, die bei derzeit aktuellen Düften
als grüner Tee bezeichnet wird. (Wobei ich finde, daß grüner, japanischer Tee dann doch anders riecht)
Dazu gibt es wohl Iriswurzel, die das alles weich überpudert und keine Schärfe in dieser grünen Idylle
mit sanfter Brise zuläßt.
Vom Leder ist nichts, aber auch gar nichts zu riechen.
Das ganze wirkt in seiner schüchternen Dezenz seltsam ätherisch,
weniger wie ein realer Garten im Frühling, sondern vielmehr wie die Idee eines Frühlingsgartens,
den man am Reißbrett olfaktorisch auferstehen ließ.
Dazu gesellt sich - nachdem der grüne Nebel sich sanft senkt- ein Blumenbouquet hinzu,
dessen einzelne Blüten ich nicht genau bestimmen kann, außer einer einzelnen blaue Hyacinthe,
die aber drei Gärten weiter anfängt zu blühen.
Dazu gibt es wie bei dem Eau de Parfum von Cristalle eine Fruchtnote; aber keinen Pfirsich.
Meiner Meinung nach handelt es sich um Birne(?), die zwar leicht überreif ist, aber in der Dosierung ebenso diffus und schwach bleibt, wie die Hyacinthe in der Blumennote. Das Ganze bleibt weiterhin recht fein und zurückhaltend, ohne Wumms, Ecken oder Kanten. In der Entwicklung übernimmt das Blumenbouquet schnell das Szepter, der Duft wird schwachsüß und cremig, was mir persönlich nicht so liegt.
In der Basis wird es dann leicht seifenartig. Aber nicht seifig-unangenehm.
Denn tatsächlich erinnert es mich an die" Thé vert" - Seife von Roger et Gallet in Kombination mit der Seife von Mitsouko.
Ein zarter Duft abseits von allem Lärm,...
aber ich habe - wie auch bei Eau de Cologne aus dieser Reihe, den Verdacht,
daß viele Liebhaber/innen einer frischen, grünen Richtung - ob Schanellen oder Nicht-Schanellen - das EdT von No.19 oder das EdT von Cristalle (nicht schlagen, aber ich mag das EdP nicht!)
und insbesonders Cristalle Eau Verte dem Exclusifs-Duft Bel Respiro vorziehen werden.
13 Antworten
Mediocre vor 13 Jahren 18 6
10
Flakon
10
Sillage
10
Haltbarkeit
9
Duft
Jaja... die 80er!
Als Bel Ami in den 80ern herauskam,
machte es schnell einem meiner Favoriten in meinem Parfum-"Gift"-Schrank Konkurrenz:
Antaeus war erst mal abgeschrieben.

Bel Ami wurde mit einer nackten Schönen beworben,
die sich schlafend, in wollüstiger Pose mit gespreizten Beinen dem Betrachter präsentierte.
(eine Zeichnung von Gustav Klimt)
Wäre es ein Foto gewesen, Frau Schwarzer hätte bestimmt auf der Stelle einen Pfl*menkoller bekommen!
Auch bezweifle ich, daß eine solche Kampagne heute überhaupt in Erwägung gezogen würde.
Der elegante Flakon aus facettiertem, braunen Glas versprach Wärme und Luxus,
ohne eine mit der Farbe braun sonst assoziierte "Gemütlichkeit" auszustrahlen.
Der Duft war beim Aufsprühen zitrisch (mit deutlicher Mandarine) und gekräutert,
und zwar meiner Meinung nach eher mit Muskatellersalbei als mit der Sorte Salbei,
den wir bei Halschmerzen zum Gurgeln benutzen. Der Auftakt wurde jedoch `au galop`
von den ledrigen und rauchigen Inhaltsstoffen schnell im Sturm verwirbelt. Im Drydown trat die Vanille
aus dem Patchouli und den Spices wunderbar hervor und bescherte die nach einem Sturm so schöne Ruhe.
Bel Ami war also definitiv kein gefälliges "All-Purpose-Seasoning" um jeder beliebigen Gelegenheit
pikante Würze zu verleihen.
Mit diesem Leder-Kracher zeigte man olfaktorische Präsenz, nach dem Motto: love me, or leave me.
Infolgedessen war man auch entsprechend gut beraten, seiner Umwelt Fluchtwege offen zu lassen
- im Büro war er schlichtweg ein No-Go.

Unzählige Jahre später war ich bei Hermès, in dem charmanten "Dorf" am Rhein.
Auf der KÖ, der niedlichen, kleinen Einkaufsstraße,
die überregional bekannt ist für überschwenglich-freundliches Verkaufspersonal
und einem Publikum, dem es bei Schlechtwetter schnell auch mal in die Nase reinregnet.
Dort mußte ich feststellen, daß die Filiale zwecks Renovierung mit Brettern vernagelt war
und so trabte ich schnell zur Baustellen-Filiale in einer Seitenstraße.
Dank jahrzehntelanger Erfahrung im Geschmeidigmachen arroganter Verkäufer,
die mit dieser Masche oft nur versuchen, der Dummdreistheit ihrer snobistischen Kundschaft
nicht völlig schutzlos gegenüber zu treten, enterte ich frohen Mutes die abgespeckte Filiale
des noblen Pariser Hauses mit Krefelder Wurzeln zwecks zweier Reparaturwünsche.
Nachdem sich das -wie eigentlich immer bei Hermès- überraschend schnell
durch einen Austausch bewerkstelligen ließ, inspizierte ich den Duft-Counter.
Dort wurde ich von einer apart-kühlen, brünetten Französin ungefragt beraten,
die mir schnell und unverblümt klarmachte, daß Bel Ami ein ziemlich scheußlicher Duft sei
und sprühte mir resistent gegen meine Wünsche einige andere Düfte auf.
Ich jedoch wollte (des neuen Flakons wegen) endlich Gewißheit haben, ob sich der Duft geändert hat.
Ich beschied ihr streng, daß ich diesen Duft bereits das erste Mal gekauft hätte,
als Hermès noch auf dem Schadowplatz residierte, und da habe Sie wohl noch im Sandkasten gespielt.
Dabei gewann ich den Wettbewerb im Augenbrauenhochziehen.
Zum Glück kam dann die mit dem Umtausch betraute Verkäuferin und diese sprühte mir Bel Ami auf.
Endlich!

Um es kurz zu machen: der Duft wurde in der Reformulierung gerundet und ist nicht mehr der Wummser,
der er mal war. Für jemanden aber, der die alte Formula nicht kennt, ist es immer noch eine Herausforderung,
ein Duft mit WOW-Effekt, der polarisiert und den man mögen muß, oder schlichtweg ablehnt.
...wie eben diese etwas unprofessionelle, aber sehr hübsche, französische Dame bei Hermès,
der es von Null auf Hundert gelang, mich mit meinem sonnigen Gemüt zu einem zickigen Kunden zu machen.
*lol*
In der heutigen Zeit erzielt man wohl mit der neuen Formulierung den Effekt,
der in den 80ern eine gehörige Portion mehr "Wumms" gebraucht hat.
Insofern könnte man sagen, die Wirkung wäre erhalten geblieben...
Den alten Flakon fand ich persönlich zwar wesentlich schöner und luxuriöser, aber der neue entspricht mehr der heutigen Ästhetik ...und ist unaufwendiger und damit billiger in der Herstellung.
Ich habe noch einen großen Flakon OVP tief verbuddelt in meiner Schatzkiste
und einen winzigen Rest von der Vintage-Version in Gebrauch... aber ich werde mir zum Herbst den "neuen" kaufen!
6 Antworten
Mediocre vor 13 Jahren 13 6
7.5
Haltbarkeit
6
Duft
70`s Herrencologne de luxe mit Nischen-Appeal
Zuerst einmal stellt man sich die spannende Frage,
wozu braucht die Welt einen Duft, der nach gegrilltem Fleisch riecht?
Und vor allem, wann ist die beste Gelegenheit ein solches Grill-Odeur zu tragen?

Mir fallen spontan nur wenige passende Momente im Leben ein...

Vielleicht, wenn man mit einem Vegetarier Schluß machen will?
Oder wenn man "Lady Gaga" heißt und zu den nächsten MTV-Awards zur Abwechslung
mal einen Bikini nebst passender Coiffure aus angekokeltem Schweinespeck tragen möchte?
Ein bevorstehendes Rendezvous mit Dr. Hannibal Lecter?
Für Xtrem-Perfumistas und deren männliche Pendants - die dem Wahn verfallen sind,
in jeder Lebenssituation mit dem richtigen Duft aufwahrten zu können -
wären dann wohl noch der hoffentlich unwahrscheinliche Fall eines Wohnungsbrandes
oder eines Flugzeugabsturzes anzuführen.


Aber leider müssen wir uns noch weiter in engelsgleicher Geduld üben,
bis es der "Haute Parfumerie" gefällt, uns mit dem fragwürdigen Privileg zu beschenken,
uns in von fleischlichen Gelüsten inspirierten Duftschwaden von gebackener Hammelhaxe
bis angebrannte Rindsroulade hüllen zu dürfen.

Denn um es kurz zu machen:
gegrilltes oder gar verbranntes Fleisch ist bei "Flame" von Burger King nicht zu riechen.

Es erinnert mich vielmehr an 70er Jahre Herren-Colognes.
Der Duft hat eine prägnante Ledernote mit einem darunter verborgenen Gewürzbouquet,
ohne daß einzelne Gewürze für mich unterscheidbar sind.
Dazu eine leichte Frische, die aber nicht von einer Zitrusfrucht kommt,
sondern in Kombination mit den Gewürzen an eine frisch gemörserte Kardamomkapsel erinnert.
Das mir der Duft persönlich nicht gefällt, heißt ganz und gar nicht, daß er schlecht komponiert ist.
Im Gegenteil.
Er ist recht gut gemacht und hat sogar ein gewisses Potential, um in einer "Blindverduftung" als Nischenduft nicht gleich durchzufallen.
Es wäre für mich sehr interessant zu erfahren, wer hinter dieser Kreation steckt.

Wer allerdings schon heute zum Anbeißen nach Fleisch riechen möchte,
muß sich entweder mit gebrauchtem Frittenfett einreiben, in Wurstwasser baden
oder ein bißchen hausgemachte Gänserillette hinter`s Ohr tupfen....
Doch das sind alles nur unzulängliche Kompromisse!

So werde ich also noch warten müssen, bis das passende Parfum für ein Rendezvous mit Dr. Hannibal Lector auf den Markt kommt... dazu serviere ich mir dann Fava-Bohnen und einen ausgezeichneten Chianti.
6 Antworten
Mediocre vor 13 Jahren 6 5
5
Haltbarkeit
5
Duft
...gar nicht so schlimm wie befürchtet
Diesen Review schreibe ich kurz und knapp, muß mich von dem OPIUM-Kommi noch erholen ;-)


... wie hieß es vor kurzem noch so schön:
Dank Ed Hardy erkenne ich Idioten schon auf 200 Metern Entfernung!

Mittlerweile trägt keine Sau mehr Ed Hardy.....selbst in den Ghettos mittlerer Kleinstädte ist ein T-Shirt
von Ed Hardy verpönt (Bist du schwul, oder was?)
Kein Glitzer, keine Pailletten...., aber auch kein Totenkopf.

Ich gebe es zu, ich hatte vor dem Selbstversuch schon gehörige Zweifel:
Tu ich`s, tu ich`s nicht?

Ich hab`s getan!

Und zu meiner Beruhigung....
Zumindest riecht "Mann" mit Ed Hardy nicht wie ein Idiot.


Nette Mandarine, leicht gekräutert...
und bei mir hat es auch trotz der Moschus-komponente nicht gerade ewig gehalten.
Ganzjahrestauglich, tut nicht wirklich weh, universell einsetzbar und es ist günstig.
Aber ein Bein ausreißen oder gar mit dem Schwanz wedeln braucht man nicht... dafür hat der Tiger auf dem Flakon dann doch zu wenig im Tank.
5 Antworten
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