Santalum

Santalum

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11 - 13 von 13
Santalum vor 9 Jahren 4
Der geschenkte Gaul
„Lieber einen guten Freund verlieren, als auf eine Pointe verzichten.“

Diese Aussage wird Oscar Wilde zugeschrieben.
Ich bin nicht annähernd so geistreich wie er, aber auf den Kalauer kann ich trotzdem nicht verzichten.

‚Bang Bang‘ ist mein Gewinn im diesjährigen Weihnachtsgewinnspiel und ich will mich doch zumindest mit einem Kommentar revanchieren.
Also rieche ich ihm mal ins Maul, dem Gratis-Gaul:

Der Flakon ist natürlich Geschmacksache.
Mir ist er zu… zu… avantgardistisch ? Brachial ?
Ich bin ja doch eher Parfumo als Flaconi und meinetwegen könnte jeder Duft in einem simplen Apothekerfläschchen stecken – allerdings passt das zerknautschte Gesicht in diesem Fall zum Namen.

Und wie riecht er ?
Pfeffrig, kühl, gewürzig im Auftakt.
Dabei aber auch indifferent - einzelne Noten sind für mich zunächst nicht erkennbar.
Fenchel und Zitrone schälen sich anschließend ein wenig deutlicher heraus.
Und Kardamom ?
Ja, vielleicht. Zumindest ist da etwas im Spiel, das ich nicht klar benennen kann und mich im Zusammenspiel mit dem Fenchel an Kampher denken lässt. Ätherisch. Leicht kühlend sogar.

Kurz danach wird es dann etwas holziger und sanfter.
Sandelholz. Klar.
Unverkennbar.
Und weiterhin die Zitrone.
Ich liebe Sandelholz und ich mag es auch gern im Duett mit Zitrusfrüchten, aber in diesem Fall ist das Ganze leider recht synthetisch.
Beileibe nicht unangenehm, aber es fehlen komplett die Wärme und Tiefe, die Sandelholz sonst für mich ausstrahlt.
Vermutlich ist dies sogar beabsichtigt, da sich dieses ‚diffus ätherische‘ Frischegefühl aus dem Auftakt durch den kompletten Duft zieht und noch auf meiner Haut liegt, wenn dem Sandelholz längst schon die Puste ausgegangen ist und der Duft sich auf seinem Moschusbett ausruht.

Dementsprechend würde ich Bang Bang auch mehr in die Kategorie ‚frühlingshafte Frischedüfte‘ einsortieren, wobei ich ihn aber auch für alltags- und bürotauglich halte.
Und nach dem Sport fühlt es sich bestimmt auch gut an.
Wenn man der Typ ist, dem dieser Duft behagt.

Er ist würzig, er ist frisch, er ist ein wenig holzig und in seiner gesamten Ausstrahlung definitiv maskulin.
Er ist nicht schlecht komponiert, durchaus markant, und seine Haltbarkeit liegt gerade noch im Rahmen, nach vier fünf Stunden mäandert noch das ein oder andere Duftmolekül über meine Haut, dann wird es Zeit ihn aufzufrischen.

Mir persönlich ist er leider zu ‚kerlig‘.
Natürlich nicht im Sinne der klassischen Testosteron Bomben, die einem das Brusthaar sprießen lassen, sondern mehr in einer modern sportlichen Fitness-Studio Kerligkeit.
Angenehm zu riechen, aber nicht ganz zu mir passend.


Ich möchte mich trotzdem an dieser Stelle nochmal ausdrücklich für das weihnachtliche Gewinnspiel bedanken und bei allen, die es ermöglicht haben !
4 Antworten
Santalum vor 9 Jahren 5
Buy british ! (Part Three)
Rückblende: 1984

Mein zeitgereistes Alter Ego wirft einen prüfenden Blick in den Spiegel.
Streicht sich über das frischrasierte Kinn und zupft das Hemd zurecht, während auf dem Plattenteller das eponyme Debütalbum der Smiths rotiert.
Treibendes Schlagzeug, unverstellte Gitarren und darüber Morrisseys nasale Stimme, die immer so sehnsuchtsvoll verzweifelt und dabei trotzig klingt.
„I'm not the man you think I am. And sorrow's native son…”, singt es mehr schief als eben mit und tänzelt zwei drei Schritte weit durch das winzige Appartement.

Es laues morgendliches Lüftchen bewegt die Gardinen und irgendwo im Hintergrund sind die Geräusche der Stadt zu vernehmen.
Noch zwei Spritzer Dunhill Edtion in den Nacken und ein Hauch von Bergamotte mit scharfwürzigem Muskat mischt sich unter den klaren Spätfrühlingsduft, der zum Fenster hineinweht.

Der Duft ist brandneu.
Und zugleich altvertraut.
Ein eleganter unaufdringlicher Vertreter seiner Art, der den zeitgenössischen Macho-Düften zeigt was Stil bedeutet.
Die Muskatblüte kitzelt die Nase mit einer leichten Pfeffernote, die zugleich staubtrocken als auch verspielt daherkommt.
Die Frische der Zitrusfrüchte macht den Duft im Auftakt sehr belebend, bis ein Teppich herber Blüten auf sie niedersinkt.
Distinguierter Lavendel, ernsthafte Nelke, ein gerrütet Maß seifiger Veilchen und dazu schwere Geranie.
Aber gar nicht so erdrückend wie es sich anhört; die Salbeinote mischt sich auflockernd darunter und die Muskatblüte ist noch längst nicht verflogen.

Zurück zu meinem Alter Ego.
Ein ernsthafter junger Mann, der nicht zufällig eher die Smiths hört statt Wham!.
Der eher ein einfarbiges Hemd trägt und keine bunten T-Shirts.
Und wenn schon Polo Hemden, dann Ben Sherman und eben nicht Lacoste mit aufgestelltem Kragen.
Eher in sich gekehrt und vielleicht sogar ein wenig versnobt ob der lauten Banalität der modernen Welt.
Ein wenig aus der Zeit gefallen.

So wie sein Duft, der auf einer klassischen Basis ruht, sehr ausdauernd, mit genau der richtigen Andeutung mildernder Süße, um ihn wirklich rund werden zu lassen, und dem gewissen Etwas - einer delikaten, leicht säuerlichen Pfeffrigkeit, die sich durch den kompletten Verlauf zieht.
Kein ganz typischer Vertreter seiner Zeit, aber man muss ja nicht immer mit der Zeit gehen; so wie Stil eben auch erst dort beginnt, wo Mode bereits zuende ist.
5 Antworten
Santalum vor 9 Jahren 2 3
Leichtes Holzfällerhemd (100% Polyester)
Der Duft stand zwar nie auf meiner Wunsch- oder Merkliste und auch sonst ist Dsquared² als Marke eher an mir vorbeigegangen, aber da er gerade billig verschleudert wurde und ich noch ein wenig Füllmaterial bis zum portofreien Versand benötigte, fand ein kleines Fläschchen den Weg in meinen Parfumschrank.

Im 30ml Format ist der Flakon nicht so rustikal hölzern wie die großen Brüder, sondern klargläsern und bloß obendrauf mit einer Platte aus Red Alder versehen – Farbe und Maserung des Holzes erinnern an Buche.
Die Flüssigkeit schimmert bläulich grün.
Nicht gerade extravagant, aber hübsch, schlicht und dabei auch ein wenig speziell.

Denke ich an seine Heimat Kanada, habe ich natürlich diverse Klischees im Kopf: endlose Urwälder, die berühmten North Shore Trails British Columbias, Bären sowie kantige Typen in rustikalen Flanellhemden.
Zusammen mit dem Namen INTENSE He WOOD ergibt sich da bei mir eine gewisse Erwartungshaltung beziehungsweise Voreingenommenheit.
Man kann es dem Duft nicht ankreiden, wenn man vorurteilsbeladen an ihn herantritt, aber die Überraschung, die den ersten Sprühstößen folgte, war schon frappant:
Sythetik pur, statt bodenständigem Flanell.

Leicht aquatisch im Auftakt – zum Glück nicht so stark, daß es mich gestört hätte – und von Beginn an mit dem bereits angesprochenen Veilchen. Und davon viel.
Die aquatische Brise ist rasch verweht, das Veilchen hingegen bleibt. Dazu mischt sich eine Anmutung von – ja wovon – ist das der aufgeführte Weihrauch, der hier an die Oberfläche drängt ? Ich bin mir nicht sicher, zumal sich das ganze Gemisch, wie schon gesagt, ziemlich synthetisch anriecht.
Es klingt negativ, wie ich es beschreibe, aber im Grunde ist der Duft sehr gefällig. Und auch mir behagt er. Vor allem, da sich nach dem ersten Stirnrunzeln langsam der hölzerne Unterbau zu zeigen beginnt.
Ein angenehmer, warmer, aber etwas undefinierbarer Holzton , der sich ja aus mehreren Hölzern zusammensetzen soll, und wirklich bloß nach Holz riecht. Keinesfalls nach Wald und auch nicht nach Natur, eher wie in einem Möbelgeschäft, oder wie im IKEA SB-Lager, wo sich rohe Hölzer mit Kunststoffen, Lacken und Lasuren mischen.
Und dabei auch eher süß.

Kein trockener Holzduft, sondern ein süßlich warmes Gemisch, in dem wahrscheinlich Amber eine gewisse Rolle spielt und vielleicht noch ein übriggebliebenes Veilchen.
Ich kann keines der angegebenen Gehölze prominent herausriechen, am ehesten vielleicht noch die Tanne zum Schluß und zwischendurch ein wenig bleistiftige Zeder neben dünn waberndem Vetiver, aber immerhin wird der Duft an der Basis seinem Namen gerecht.

Allerdings nicht meinen vorangegangenen Assoziationen. Die endlosen Wälder verforstet, die beeindruckenden North Shore Trails zu Waldautobahnen planiert und die kantigen Typen haben einen Bären höchstens mal im städtischen Tierpark besichtigt.

Alles in allem dennoch ein sympathische Duft von solider Haltbarkeit – auf meiner Haut übersteht er locker einen Arbeitstag – und mit guter Ausstrahlung. Die Sillage ist wahrnehmbar, drängt sich aber nicht zu sehr auf, und wird meinen Erfahrungen zufolge eher wohlwollend aufgenommen.
3 Antworten
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