Armaniac

Ganz zu Anfang muß ich zugeben: ich mag den Inhaltsstoff "Amber" nicht.
Irgendwie hat er mir so manchen vielversprechenden Duft im Verlauf regelrecht verdorben, wenn er sich in Herz-oder Basisnote erdig, brunftig vordrängt und andere, für mich wohlriechendere Komponenten zur Seite drängt.
So hab ich auch nicht gerade begeistert reagiert, als ich heute in meiner Parfümerie ein Pröbchen überreicht bekam. Völlig klar, daß dies nichts sein kann - grusel - und ich habe ernsthaft überlegt, es gar nicht erst zu testen und verachtungsvoll weiterzuverschenken.
Aber: des Weibes Namen ist bekanntlich die Neugier.
Nun, ich habe gelernt, daß man im Leben wirklich nie auslernt. "Ambre gris" ist seeeehr fein und seeeeehr subtil, anfangs rauchig- blumig, aber äußerst zurückhaltend. Hier dringt kein unangenehmer Amber-Brunft-Schrei nach vorn. Ich nehme die Rose leicht und die etwas erdige Geranie sehr deutlich wahr. Die weitere Entwicklung verläuft dann sehr schnell vom Blumig-Erdigen ins Harzig-Rauchig-Würzige. Eine leises, aber rundes und volles Aroma.
Leider (ich kann kaum glauben, daß ich das Wort "leider" im Zusammenhang mit einem Amber -Duft verwende!), leider ist die Sillage auf meiner Haut sehr schwach und auch hinsichtlich der Haltbarkeit lässt das Wässerchen auffallend schnell nach und taucht ab. Nach 45 Minuten rieche ich fast nichts mehr, nur noch eine leise Ahnung bleibt zurück.....
Somit ist diese schöne, ausgewogene Komposition für meinen Kontostand ungefährlich, aber dennoch eine Empfehlung für Amber-Liebhaber, die einen harmonischen Alttagsbegleiter suchen.

Manchmal passieren Dinge im Leben, Begegnungen, die sind so besonders und außergewöhnlich, daß man sie als "magisch" bezeichnen könnte. Man spürt sofort, daß etwas Großes passiert, etwas Unerwartetes, Unerklärliches. Begegnungen mit Menschen, einem Gegenstand, einem Platz.....man war zur richtigen Zeit am richtigen Ort und offen für diese Begegnung.....und auf einmal bleibt die Zeit stehen, das Licht beginnt, etwas heller zu werden, man hört gedämpftere Töne und sieht nur dieses Eine, den Einen, nimmt diesen besonderen Moment mit allen Sinnen wahr und genießt ihn ungläubig und voller Erstaunen.

Diese Momente sind sehr selten und sehr kostbar. Ich habe sie geschenkt bekommen durch die Begegnung mit den verschiedensten materiellen Dingen, Orten und einigen, wenigen besonderen Menschen.

...so war es auch mit Black Orchid. Ich habe diese schwere, dunkle und würzige, fast perverse Süße aufgesprüht und sofort gespürt, wie die Zeit kurz angehalten hat. Zum ersten Mal habe ich einen Duft erlebt, der nicht mehr gasförmig wahrnehmbar zu sein schien, sondern einen Aggregatszustand übersprungen hatte und gerade im Begriff war, sich zu verfestigen. Ein unfassbarer Moment - vergleichbar mit dem Erlebnis eines ersten Tauchgangs, wenn man zum ersten Mal unter Wasser atmet und genau weiß das dies eigentlich völlig unmöglich ist....kurz gesagt, Orchid durfte bei mir einziehen und die kommenden Wochen mich und meine Umwelt süß-würzig betören und betäuben.

Und dann passierte praktisch über Nacht das Unfassbare, als ich plötzlich bemerkt hatte, wie der Zauber zerplatzt und verflogen war. Orchid fing an, mich nach gewisser Zeit, zu nerven ...... Und dies immer früher und immer häufiger. So, wie eine große Liebe manchmal endet - man nicht mehr über die Witze des anderen lachen kann, wie seine Art zu reden, zu gehen, zu atmen nervt und die anfänglich schönen Augen plötzlich "glubschig"/verschlagen/ wässrig dreinblicken.....wo hat man denn damals nur hingeschaut, du liebe Zeit? Wie kommt nur dieser Mensch in mein Leben??

....und dann geht die Sucherei los.....die Suche nach dem verlorenen Hochgefühl, nach der Begeisterung, eine Suche, wie nach einem verlegten Auto-Schlüssel. Nanu, wo habe ich ihn denn hingetan? Wo ist er denn bloß? Er muß doch da irgendwo sein....ich WEISS, daß ich ihn habe....!!!

Dieses Erkennen war bitter und es war für mich schwer zu glauben, daß Orchid über Nacht in diese gewaltige Abneigung gekippt ist - und ich diesen Duft einfach nicht mehr ertragen konnte. Ich habe mich noch eine Weile "gezwungen", ihn gut zu finden und habe ihn getragen, bis es vor Übelkeit (!) nicht mehr ging!

Er steht noch bei mir, im Bad, Stück für Stück ins Dunkel verräumt, immer weiter nach hinten. Gnadenhof. 1-2mal im Jahr hole ich ihn vor und teste, ob ich das alte begeisterte Hochgefühl reanimieren kann, ob es wieder langsam spriesst?? Bisher ohne Erfolg. Ganz Abschied nehmen will ich nicht, daher darf er bleiben, denn noch immer halte ich ihn für einen ganz großartigen, schweren, sehr intensiven und ausgesprochen lange haltbaren Duft - eben für etwas ganz Besonderes - und mit diesem Kommentar danke ich ihm für die außergewöhnlichen Duft-Erlebnisse, um die er mich eine ganz bestimmte Zeit bereichert hat.

Manche Verkäuferinnen haben es einfach im Blut, eine gute Intuition, Können, Hellsichtigkeit oderwiemandasauchimmernennenmag: Parisienne war eine erste Empfehlung einer Counter-Dame, als ich mal wieder im Flakon-Dschungel auf der Jagd war.

Mag es an meinen Kate-Moss-Augenringen oder der zerknautschten Undone-Frisur in Kombi mit abgewetzter Jeans gelegen haben: sie muß wohl gedacht haben, Hui, DIE passt zum Testimonial!!

Nun, ich liebe Kate. Schon immer. Zum Duft passt sie übrigens perfekt, finde ich.....Nichtsdestotrotz kaufe ich keinen Duft, weil mir das Gesicht dazu gefällt.....die Tage sind passe....

Tja, wie fange ich an: mit der säuerlich-süßen Himbi-Beere im Auftakt? Wundervoll! - kein kitschiger Bonbon-Duft, sondern floral-rosig untermalte rote Beeren, das hier zurückhaltende "Insolence-Veilchen" mit-untergehakt, schwungvoll über Kopfsteinpflaster tänzelnd. Der Patchouli hält sich vornehm zurück und lässt freundlicherweise meinen beiden Favoriten Moschus und Sandelholz den Vortritt. Eine angenehme Frische bleibt bis aber zum Ende erkennbar und verhindert, daß das Gesamtkunstwerk zu sehr Bodenhaftung bekommt und eine gewisse genießerische Leichtigkeit behält. So stelle ich mir La France vor: coole Lässigkeit gepaart mit umwerfender Selbstverständlichkeit und beiläufiger, treffsicherer Stilsicherheit. Dies ist kein intellektueller oder schwieriger Duft, den man sich erschließen oder gar er-arbeiten muß - dieser gut aufgelegte Hin-Riecher kam mir geradewegs entgegen und gewann meine Sympathie quasi "im Vorbeigehen" und auf Anhieb. Die Haltbarkeit ist klasse und dauert bis zum Nachmittag, die Sillage ist angenehm - Parisienne bleibt bei mir und belästigt trotz gewisser Intensität nicht mein Umfeld.

Vom beschriebenen Vinyl rieche ich übrigens nix. Gar nix. Stört mich aber auch nicht.....braucht kein Mensch.....

Hier passt mir alles! Duft, Flakon, Werbung,....und ich werde diesen alltagstauglichen Ganzjahres-Duft sicher noch mehrmals nachkaufen. Chapeau!!

...ich habe keinerlei Assoziationen zu Poison und meiner Teenie-Zeit. Entweder hats damals keine getragen oder ich bin doch älter als ich dachte oder in weitaus abgelegeneren Regionen groß geworden, als vermutet. Nun gut.....an Poison bin ich völlig unbelastet herangetappt, und zwar über die rote Schwester "Hypnotic". Na, dachte ich, versuchs halt mal - und vom ersten Sprüher an war dann "die Rote" abgemeldet.

Der Auftakt medizinisch-würzig und voll, sehr eigenwillig - (heissa! Jajaja,) - dann die würzig-blumige Weiterentwicklung mit Opoponax, Tuberose, ein warm-balsamisches Ende mit Hölzern und Moschus! WOW - in Großbuchstaben!

Die Intensität ist zum Niederknien, die Haltbarkeit den ganzen Tag gegeben, ohne ins "seifig-dusch-gelige" abzukippen. Für mich ist Poison DER Duft für die gewissen Tage, an denen ich bereits mit einer durchaus wohlwollenden Grundarroganz im Gesicht gegenüber der ganzen Welt aufwache und hellwach selbstüberzeugt ins Bad schreite, wo dann bereits ein riesengroßes "JA" über dem Spiegel hängt. Das sind Bikerjacken-und-knallenge-Röhrenjeans-Tage mit dickem schwarzem Lidstrich und Kippe im Mund ....( äh, Letzteres bitte streichen.....mach ich ja schon seit Jahren nimmer) ....Tage, an denen man etwas Großes, Kraftvolles erwartet oder jede Minute dazu machen möchte.... Poison gibt mir dann noch den Unterstrich dazu und macht die ganze Packung perfekt, um positiv-erwartungsvoll den Alltag anzupacken.

.....und wenn das Aufwachen nicht ganz so perfekt ist, die Laune hängt, und über dem Badezimmer-Spiegel ein großes, schwarzes "Montag" hängt, hilft mir Poison manches Mal, mich an die "andere" Stimmung zu erinnern. Was kann ich von einem Duft mehr verlangen?

...ich habe entweder eine gekippte Probe erwischt oder meine Riechschleimhaut hat heute mittag einen neuronalen Kollaps erlitten. Ich bin beim ersten Schnuppern tatsächlich fassungslos zurückgezuckt und hatte das Gefühl, man habe mir das Gesicht gewaltsam in einen riesigen,staubtrockenen Blätterhaufen gedrückt. Die staubige Note sticht mir die Nasenlöcher entlang, Trost suchend lese ich die fast durchweg positiven Kommentare und bin überrascht! Da muss doch noch was nachkommen??

Vor meinem geistigen Auge taucht ein maschinenölverschmierter Straßenarbeiter auf, der von einer Dampfwalze steigt, mit der er soeben noch ein Schlagloch mit dampfendem Bitumen gefüllt und eingeebnet hat.
Die Mandeln und die Rosenblüten hat er plattgewalzt und mit-eingeteert....ich rieche sie nicht. Den Sellerie hat er leider verschont und zur Zeder auf den staubigen Blätterhaufen geworfen.
Moschus? Tonka? Hallo, ist da wer? Neben der stechend-staubigen, erdigen und wurzeligen Endstufe rieche ich nun tatsächlich noch irgendwas Florales. Zuordnen kann ich es leider nicht mehr....Maggi schwirrt auch noch herum...(.ohjeh, ich werde aus dem Forum fliegen.....)

Ein zweiter, mutiger Riech-Versuch, heute war nicht ganz so schlimm, da ich vorbereitet war. Das Staubige ist geblieben, allerdings mit mehr würzigen Anteilen. Freunde werden wir dennoch in diesem Leben nicht mehr.
In diesem Sinne: Buenas Noches.