Avantgardist

Avantgardist

Rezensionen
1 - 5 von 42
Avantgardist vor 9 Monaten 9
6
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
8.5
Duft
Tausendgesichtiger Underdog lädt zum Entdecken ein
Es ist mir unerklärlich, wie mir dieses Meisterwerk so lange entgehen konnte, wo ich doch die bdk-Düfte kenne. Vielleicht hat sich ja eine neue Synapse gebildet, ist ja auch egal - was zählt : ich habe ihn endlich entdeckt.

Ambre Safrano spielt dermaßen breit auf, dass man eine Duftpyramide wie bei Dubai - Turath erwarten würde, doch weit gefehlt. bdk holt hier das Maximum aus den Inhaltsstoffen.

Eine ambriert-süße Pflaume ist hier tonangebend, hat im Opening noch leicht pfeffrig-medizinische Begleitung. Die Pflaume bleibt über den ganzen Verlauf erhalten, Safran und Pfeffer machen langsam einer ledrigen Note im Zusammenspiel mit einer langsam erblühenden Rose Platz (eigentlich sollte die in die Basisnoten) - und das obwohl ich keine Rose mag. Also ... eigentlich.

Eigentlich sollte auch Weihrauch enthalten sein, von dem ich nichts bemerke - ich vermute aber eher, dass er mir deshalb entgeht, weil er so gut verwoben wurde, dass er zwischen Safranfäden und Lederfasern nicht mehr auffällt.

Vanille, Hölzer? Ja, mag sein. Ich bin nur überrascht, dass kein Amber gelistet ist. Für mich ist der jedenfalls eindeutig vorhanden - nicht zuletzt im Namen.


Zwei Dinge kann Ambre Safrano nicht : grün und blau.

Hingegen süß, fruchtig, dunkel, elegant, leger, würzig, people pleaser und Spezialist, unisex, und sogar am Wochenende : der Ambre Safrano ist eine sichere Bank und liefert immer ab.

Dabei ist er nie beliebig - aber auch nie ein Schreihals.

Vielleicht fiel er mir auch deshalb so lange nicht auf : weil er eben kein One-Trick-Pony wie z.B. ein Herod , Ombré Leather (2018) Eau de Parfum oder "Naxos | XerJoff" (alles tolle Düfte!) ist. Stattdessen wird hier so virtuos ein so breites Spektrum an Duftnoten kombiniert, dass die einzelnen Töne in der Gesamtkomposition aufgehen und man die jeweiligen Spitzenmusiker nicht separat heraushört.

Haltbarkeit top, Sillage oberes Mittelfeld ohne übergriffig zu werden. Man sollte nur mit der Dosierung aufpassen : Ambre Safrano ist sehr potent! Ein, zwei Sprüher und er ist ein wundervoller Begleiter. - Ein, zwei Sprüher zu viel jedoch und er könnte zum Kopfwehkandidaten mutieren.

Den bdk-Flacon finde ich furchtbar hässlich. Etwas mehr Noblesse darf man schon erwarten. Gleiches gilt für den Sprühkopf. Tut seinen Dienst.

Meines Erachtens ein absoluter Geheimtipp und Preis-Leistungs-König. Man erhält hier die Performance der höheren Weihen des Nischensegments zum Preis eines Designerduftes. (Wenn man die Augen aufhält, kriegt man ihn für 150-100 €)

Nehmt euch etwas Zeit für diesen tollen Duft. Er bietet so viel zu entdecken!

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Avantgardist vor 9 Monaten 14 1
8
Flakon
7
Sillage
7
Haltbarkeit
7.5
Duft
Blanche Bête
... rieche ich hier sicher nicht raus. Dazu ist Her Confession zu jasminig (ist das überhaupt ein Wort?) und ich meine auch eine deutliche, nicht gelistete Fliedernote wahrzunehmen. Gebettet ist das Ganze auf Moschus und Aldehyde, die sich nicht zurückhalten, sondern ab Start Präsenz zeigen. Tonka (wie gelistet) ... Ja, mag sein. Weihrauch und Zimt hingegen? Zimt mit viel Phantasie, Weihrauch rieche ich kein Stück.

Ansonsten milchig-pudrig, aber mit genug Power, um nicht als "zart" zu gelten.

Im direkten Vergleich mit dem Blanche Bête fehlt - neben den o.g. Unterschieden - die unbeschwerte Leichtigkeit. Ein bisschen wie Lehrling und Meister. Für die gleiche Aufgabe muss Her Confession deutlich mehr ackern - und das Resultat ist nicht so elegant wie das aus Meisterhand. Dafür hat der Lehrling jedoch deutlich mehr Power und verlangt nur ein Viertel des sonst üblichen "Arbeitslohnes"

Projektion und Haltbarkeit sind ok, aber keine Dampfhämmer - was dem Naturell dieses Dufts auch nicht so gut gestanden hätte. Insofern: H/S sind keine Qualitätsmerkmale, sondern Charakteristika.

Der Duftverlauf ist linear - ich bemerke keine Entwicklung, was auch sicher kein Nachteil ist.

Der Flakon und die Verpackung sind nicht nur angesichts des Preises absolute Knaller - der Deckel (der Kopf der Skulptur) ist jedoch aus Plastik, was (kostenbedingt) absolut ok ist - sich aber leichter und "billiger" anfühlt als die Optik es vermuten lässt und den wertigen Eindruck somit ein bisschen schmälert. Das ist aber wirklich auf seeehr hohem Niveau gemeckert und findet sich auch bei Tom Ford oder manchen Amouage-Düften, die ein Vielfaches kosten. Insofern kein fairer Kritikpunkt :-)

Insgesamt ein toller Duft und absolut großartiges Gesamtpaket sowie eine starke Ansage an die Konkurrenz aus dem "Nosetablishment".
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Avantgardist vor 10 Monaten 5
8
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
9
Duft
Heilige Vaterfigur auf dem Motorrad
Ein spannungsgeladener Widerspruch, der einfach viel zu gut funktioniert.

Man nehme :

- einen hartgesottenen Biker, der aber seine wilden Tage schon ein paar Jahre hinter sich hat
- einen etwas unkonventionellen Pfarrer
- einen gütigen, fürsorglichen Vater

Diese drei Typen waren in Kindheitstagen beste Freunde. Ihre Leben haben sich total unterschiedlich entwickelt und nun sitzen sie nach langen Jahren endlich wieder beisammen. Trinken, lachen, rauchen, erzählen Geschichten von gestern, vorgestern und von heute und es ist, wie es bei den richtig guten Freundschaften eben so ist : als wäre nie ein Tag vergangen. Manchmal wird das Lachen leiser und es bleibt auch Platz für Stille. Nie unangenehm. Beredtes Schweigen.

In diesen Kreis aus Vertrauen, Nähe, wohliger Freundschaft wird man mit Encens Precieux einfach aufgenommen und gesellt sich dazu, als wäre es das Natürlichste der Welt.

Das Opening : sofort stark pfeffrig, mit süßer Ledrigkeit. Warm, angenehm - mit dem Weihrauch und Tabak als begleitende Würznoten im Hintergrund und Amber, Myrrhe und Vanille zum Wohlfühlen. Nicht direkt aufdringlich, aber einnehmend.

Mit der Zeit nimmt die Pfeffrigkeit etwas ab, wodurch mehr Platz für die Süße geschaffen wird. Die Würzigkeit bleibt. Erst gegen Ende haucht der Encens Precieux sanft-süß-tabakig und verabschiedet sich auf leisen Sohlen.

Geht eigentlich das ganze Jahr über - außer im Sommer. Da sollte man ihn besser nur spätabends tragen, sonst wird's too much.

Haltbarkeit und Sillage sind etwas besser als von Van Cleef & Arpels sonst gewohnt und durchaus ordentlich. Kein übles Powerhouse, aber auch sicherlich nicht schwach auf der Brust. Für mich : genau richtig.

Der Flakon : schlicht, elegant, zeitlos. Kein Eyecatcher oder Aushängeschild der Glasblaserei.

Preislich : UVP sind aktuell (Ende 2024) 165 €, wenn ich mich recht erinnere. Das wäre mir ehrlich gesagt nicht zu teuer für einen Seelenduft wie diesen. Straßenpreis : 125 €. Immer noch kein Schnäppchen - und jeden Cent wert.


Fazit : manche Düfte flashen einen sofort nach dem Aufsprühen. So ein Kamerad ist der Encens Precieux nicht. Kein Schreihals, kein Leisetreter. Er ruht in sich selbst und heißt Dich mit viel ruhiger, gemütlicher Herzlichkeit bei sich willkommen, ohne Dich einzulullen. Du fühlst Dich sofort zuhause und empfindest etwas Besseres noch als Glück : Zufriedenheit.
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Avantgardist vor 10 Monaten 5 1
8
Flakon
7
Sillage
7
Haltbarkeit
7
Duft
Frisches Patchouli? Neuer Ansatz, der mir gut gefällt!
Bei Patchouli denke ich automatisch an Goths mit schweren Moderdüften oder etwas ausladende Damen mit Räucherstäbchen und einem Hang zur Esoterik. Dunkle Düfte, erdig, schwer, oft mit Rose und dergleichen...

Doch es geht anders und das zeigte mir gerade Lattafa.



Der Duft :

Ein Zusammenspiel aus.... Patchouli (eh klar), auf interessante Weise frisch - ist das Menthol oder Thymian? Dazu noch ein starker erdiger Vibe, der aber nicht finster ist, sondern cremig-pudrig : Ganz klar Iris, nicht subtil.

Viel gefälliger als es das viele Patch in den Duftnoten vermuten ließ. Ließe sich vermutlich großartig mit einem Lederduft layern, um ihn maskuliner zu machen - oder eben mit etwas floralem, um ihn weiblicher zu machen! So ist er hervorragend unisex zu tragen, im Prinzip ein Sommerpatchouli mit frisch-grünem Einschlag, wenn man so will. Obwohl keine der Duftnoten (Lavendel, Eichenmoos, Geranium, Bergamotte) eines Fougère enthalten ist, erinnert der Vintage Castle im Charakter durchaus daran.

Eine großartige Duftentwicklung findet nach den ersten paar Minuten nicht mehr statt, er bleibt recht linear, was ich gut finde.

Insgesamt solide gemacht, aber auch weniger raffiniert und hochwertig als ich das erwartet hatte. Da kenne ich billigere und hochwertigere Düfte von den Arabern.


Sillage und Haltbarkeit :

...sind im Mittelfeld anzusiedeln. Sicher nicht schwach, aber auch nicht stark.


Der Flacon :

Ungewöhnlich, unhandlich, ein wenig schräg-kitschig. Mir gefällt er nicht, aber die Präsentation ist ein Hingucker - da könnten sich andere Marken eine grooooße Scheibe abschneiden!


Preis :

Niche Emarati ist ja die "Luxuslinie" von Lattafa. 60 € sind aber für so einen Duft in so einer Aufmachung halt einfach mal nix.


Fazit :

Klare Empfehlung, wenn man Patchouli mag. Man kann im Grunde genommen nix falsch machen. Ein Erweckungserlebnis sieht jedoch anders aus. Dennoch sei gesagt, dass selbst mir als jemandem, der eigentlich keinen Patchouli mag, die frische Interpretation des Themas sehr gut gefiel. Mal was anderes. Dafür großes Lob!
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Avantgardist vor 12 Monaten 6 2
7
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
9
Duft
Khal Drogo ist entspannter geworden
Im Gegenzug zum oben genannten nomadischen Kriegsfürsten MACHT Saddles of the Silk Road doch Gefangene - und wirft sie sich gleich über den Pferderücken, um dann loszupreschen.

Mächtig, ledrig, würzig, warm, ein Hauch animalisch, cremig süß, tiiiiief und dunkelbraun-patchouliartig. Warm und beschützend ohne die teilweise stechende Note, die man manchmal bei Lederdüften findet.

Doch lasst euch nicht täuschen : der Wahnsinnige galoppiert auch gleich in irrwitzigem Tempo los! Ab der ersten Sekunde ist die volle Präsenz vorhanden - als würde Khal Drogo eine kleine Jurte betreten. Zum Glück ist er aber ein wenig ruhiger, ja vielleicht sogar entspannter geworden und metzelt nicht mehr so viel - das Handwerkszeug und die Stärke dafür hätte er aber noch, das spürt man sofort.

Wenn er einen ein bisschen kennengelernt und etwas Achtung vor einem hat, zeigt er sich auch ein bisschen nahbarer : eine schwere Süße tritt zutage - vielleicht der Kakao im Zuzsammenspiel mit dem Amber. Allerdings ist das keine klassische Süße wie von Vanille - sondern eher würzig-warm wie ein heißer Ledersattel nach langem Ritt über die Steppe.

Sexy, tief, dunkel, stark - ohne plump zu sein. Ganz bestimmt kein Clubduft. Vom aufgeführten Safran und Moos merke ich persönlich nichts - kann aber auch sein, dass diese Duftnoten zu gut eingewoben sind, um aufzufallen. Sozusagen die Verzierungen auf dem Sattel, die man erst bei näheren Hinsehen entdeckt.


Insofern muss ich hier dem Statement von Ergoproxy widersprechen - ich finde den Saddles of the Silk Road unter den Lederdüften absolut einzigartig und sehr raffiniert. Absolutes Signature-Potential ist gegeben!

Die Haltbarkeit ist ziemlich gut - die Sillage dankenswerterweise ein bisschen reduziert, aber dennoch kräftig. Ein kraftvoller Auftritt ohne übergriffig zu sein, aber nah an der Grenze. Bitte nicht überdosieren, ein paar wenige Sprüher sind genug - die reichen bei diesem in die Jahre gekommenen Krieger vollkommen aus, um gerade so noch keine Angst und Schrecken zu verbreiten.

Der Flakon : toll! 1920er Feeling vom ersten Moment an - auch die Verschlusskappe aus Metall fühlt sich sehr wertig an. Die Schwachstelle ist der Sprühkopf, der zum Verkanten neigt. Dafür gab's leichten Abzug.

Der Preis ist für einen Duft mit dieser Potenz und mit diesem Profil mehr als in Ordnung. Andere Häuser würden für die halbe Menge den gleichen Preis aufrufen. Zum Glück ist Mystikum gerade dieses Jahr wieder aus der Asche empor- und in den Sattel gestiegen. Auch finde ich es positiv, dass die Marke nur von sehr wenigen Parfümerien geführt wird. Exklusivität ist einem somit absolut sicher. Den wird man nicht in der Straßenbahn, im Club oder im Büro an jemand anderem riechen.

Let's ride!
2 Antworten
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