Bobby

Bobby

Rezensionen
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6 - 10 von 30
Bobby vor 3 Jahren 20 9
8
Flakon
5
Sillage
8
Haltbarkeit
9
Duft
Lieblingsmoschus
Nein, dieser Duft ist nicht spektakulär, wenn man darunter heftige Haltbarkeit, Sillage, Entwicklung, Projektion etc. versteht. Er ist nach einer knappen Stunde linear, und er ist fast von Beginn an körpernah.
Der Innovationspokal wird auch knapp verfehlt, man hat nicht das Gefühl, dass die einzelnen Komponenten jetzt noch nie gerochen wurden.
Aber die klare, stringente, unaufgeregte Durchführung des Moschusthemas ist für mich dennoch spektakulär gelungen. Nun ist Moschus ein weites Feld, daher muss erstmal eingegrenzt werden, WELCHER Moschus hier zu finden ist: kein orientalischer, kein echter sowieso und auch kein schwülstig-blumiger. Sondern ein matt-salziger, Haut, Wind und Wellen ähnlicher würzig-hellgrüngrauer Luftmoschus, der mir mitten in der Stadt den Geruch auf die Haut zaubert, den sie nach einem windigen Tag am Meer annimmt. Der dezent holzig-frische Unterton erinnert an Bvlgaris "Pour homme", die Eröffnung an die Bergamotte in "Oolang Infini" von Atelier Cologne. Und der Tee, den beide genannten Düfte gemeinsam haben, den hat Musk irgendwie auch. Hat mich fast beruhigt, dass diese Note hier weiter unten schonmal erwähnt wurde...
Für einen selbst ist Musk, wie oft bei Moschus, dann doch ziemlich gut wahrnehmbar, wenn auch in Wellen und nicht durchgängig. Und für alle, die einem sehr nahe kommen, auch. Ich mag das so.
Für mich schafft Musk das, was ich bei Moschusdüften so selten finde: eine perfekte Symbiose mit der Haut zu einem seifig-zitrischen, fluffig-kühlen Meeresschaum-Aroma. Absoluter Suchtfaktor.
9 Antworten
Bobby vor 3 Jahren 9 4
8
Flakon
7
Sillage
6
Haltbarkeit
7
Duft
Expedition abgebrochen
Ist es das Wort sibirische Zirbelkiefer, das mich wilde Natur erhoffen lässt? Ist es der Weihrauch, der mich ätherisch-entrückten Rauch vermuten lässt? Ist es das Eichenmoos, das mich herbe Männlichkeit erwarten lässt?
Nichts davon wird jedenfalls eingelöst.

Es ist aber auch manchmal ein Fluch, wie Alltagsgerüche unsere Nase framen: Da wäre zum Beispiel die Zitronen-WC-Reiniger-Falle, die es so schwer macht, bei zitrischen Düften nicht an Reinigungsmittel zu denken, da ist die Kiefernnadel-Badezusatz-Falle, die viele Versuche, natürliche Walddüfte zu gestalten, an Assoziationen zu Badewannengeplätscher scheitern lässt (was natürlich jeweils beides verrückt ist, weil diese Alltagsgerüche der Natur ja wiederum nachempfunden wurden. Etwa so verrückt wie ein Opernbesucher, der in einer Verdioper aufspringt und ruft: "Das ist doch aus der Pizza-Werbung!").

Tribute to cortina jedenfalls scheitert für mich an der Eukalyptus-Bonbon-Falle.

Dieses Scheitern kann man sich in etwa so vorstellen:
Ein Nordpolarforscher verlässt an einem klirrend-kalten sibirischen Wintermorgen hochmotiviert seine Forschungsstation. Der Hund wird an den Schlitten gespannt, es soll auf eine ausgedehnte Expedition gehen, um Gesteinsproben zu nehmen, Messgerät zu warten und das Abschmelzen der Eisdecke durch den Klimawandel an der etwa 20 km entfernten Temperaturstation zu dokumentieren.
Alles ist bereit, der Himmel ist blau, die würzige Frische von Kiefern, Pfeffer und wildem Thymian liegt in der Luft. Es kann losgehen.
Eigentlich.
Denn beim Griff in die Außentasche seiner Funktionsjacke ertastet unser Frischluftfan unerwartet ein klebriges Eukalyptusbonbon.
Ohne nachzudenken wickelt er es aus und schiebt es sich in den Mund.
Ein Fehler, denn durch diese eigentlich beiläufige Handlung wird eine Kausal-Kette in Gang gesetzt, an deren Ende das Scheitern der Expedition stehen wird: Der Mann wird unversehens wieder zum Jungen, weil er sich in seine Kindheit zurückversetzt fühlt, in der seine Mutter immer im Flur auf dem Telefontisch eine Schale mit eben diesen Bonbons platziert hatte. Die Erinnerung kommt unvermittelt und heftig. Tränen steigen ihm in die Augen. Plötzlich ist ihm nicht mehr nach Kälte und Abenteuer, sondern nach Gemütlichkeit, Wärme und Geborgenheit. Ihm ist nicht mehr nach rauem Abenteuer, sondern nach heimischer Behaglichkeit.
Der Hund, obschon protestierend, wird wieder abgeschirrt, unser Forscher knirscht durch den Schnee zurück zur Station. Die Expedition ist abgeblasen. Koalabär statt Eisbär.
Wieder drinnen angekommen (seit Beginn sind gerade einmal 20 Minuten vergangen), empfängt den verhinderten Helden ein zunehmend muffiger Geruch von nassem Hund, ein kampferartiges, unrundes Gemüffel. Dieses legt sich zum Glück bald und es wird, nach Auflegen einiger Holzscheite im offenen Kamin, schließlich ein gemütlicher, durch Tonka und Amber geprägter, leicht süßlicher Duft, der den Raum erfüllt. Aromatisch-ätherische Krautigkeit lässt Hund und Herrchen vorm Kamin von Abenteuern träumen, die ein anderes Mal erlebt werden dürfen. Heute jedenfalls nicht.

Und sonst? Anwendungszeitraum am ehesten Winter, Kostenpunkt 1,50 € pro ml, recht schöner Flakon (der Deckel!), anständige Sillage, geringe Haltbarkeit
4 Antworten
Bobby vor 4 Jahren 7 1
9
Flakon
8
Sillage
8
Haltbarkeit
9
Duft
Herb in den Herbst
Offensichtlich bin ich nicht der erste, der bezüglich Royal Oud seine Meinung geändert hat.
Bei der ersten Testung vor einigen Jahren fand ich die bittere, humorlose Eröffnung Grund genug, einen Bogen um das Ding zu machen. Besonders abweisend und unattraktiv wirkt er vor allem auf dem Duftstreifen. Auf der Haut aber, um zu meinem Sinneswandel überzugehen, kommt direkt die Ahnung der Basis mit rüber (gab hier kürzlich eine super Erklärung dazu, die ich nicht im Detail wiedergeben kann, bei der es aber um die Schwierigkeit ging, die schwereren Duftnoten, im Vergleich z.B. zu den Zitrusnoten, übers Papier zu "transportieren"), was den Auftakt zumindest von "abweisend" zu "interessant" verschiebt.
Was bleibt: für mich ist das keine zitrische Kopfnote. Dafür gibt es schlicht zu wenig Säure. Das Bittere dominiert.
Damit ist er für mich kein Frischeduft für den Sommer. Dafür aber ein hervorragender Herbstduft, da er an die bitter-süße Note von gefallenem Laub erinnert.
Die Basis hatte mir schon damals gefallen - kuschelig, wohlig, warmsüß und gemütlich.
Und ebenfalls schon immer war der Herbst meine liebste Jahreszeit, zu der ich jetzt endlich ein passendes Parfum gefunden habe.
1 Antwort
Bobby vor 4 Jahren 13 1
8
Flakon
5
Sillage
7
Haltbarkeit
8
Duft
Unspektakulär perfekt
Es ist so schwierig und gleichzeitig so einfach, den richtigen Sommerduft zu finden.

Nicht zu schwer, nicht zu leicht, nicht zu komplex, nicht zu seicht, nicht zu hart, nicht zu weich, nicht zu dunkel, nicht zu bleich, nicht zu billig, nicht zu reich, nicht zu Büro, nicht zu Scheich...

Irgendwie bin ich jedenfalls bei 40 Grad im Schatten schneller genervt von Kleinigkeiten, die bei einem Duft stören könnten, als im Winter, wo ich tolerant und entspannt die unterschiedlichsten Gewürze, Getränke und Hölzer auf meine Haut schütte...

Meine "Aber-ja-aber-nein-einerseits-andererseits" der letzten Sommer:
Yuzu von Issey Myake - langweilig, eindimensional. Yuzu von Acqua di Parma - zu unisex, zu brav. Dior cologne Sport - nicht schlecht, etwas zu schwach, aber einer meiner Lieblinge, vielleicht nächstes Jahr wieder. Chanel Sport eau extreme dingsbums - zu tonkasüß, da schämt man sich ja fast. Bvlgari pour homme - ziemlich, ziemlich gut, übertrieben viel Moschus, kann nerven.

Oder eben der hier.
Frisch, direkt, präsent, eindeutig männlich, gut ausgewogen, in keinem Raum aufdringlich, aber für mich lange wahrnehmbar. Fruchtig, aber ein bisschen komplex durch die Lederandeutung.
Mach ich nix mit falsch, wenns jetzt wieder heiß wird.
Und das ist eben schon ziemlich viel, für einen Sommerduft...
1 Antwort
Bobby vor 5 Jahren 18 2
5
Flakon
5
Sillage
7
Haltbarkeit
8.5
Duft
Heja Glockengasse
Zwei Grundgedanken zu Geza Schöns erneuter Auftragsarbeit für die Kölner, einer zögerlich, einer euphorisch.

Erst das Zögern:
Wenn, dann stören nur Nuancen am Duft, die eine ist die Erinnerung an das Original 4711 (zu traditionell, zu unisex, zum Glück nur minimal), die andere die Nähe zu einschlägigen Badezusätzen. Das mit dem 4711 wäre für mich kaufhindernd, wenn es stärker durchkäme... Es handelt sich zum Glück um einen klar eigenständigen Duft.
Für meine Badezusatz-Assoziation kann der Duft wirklich nichts, denn bei dem Thema lässt sich so etwas gar nicht vermeiden.
Genau so geht es jedem Zitrusduft, der immer auf schmalem Grat an WC-Reinigern vorbeibalancieren muss. Das heißt nicht, dass jeder Zitrusduft wie Meister Propper riecht, aber es gibt halt eine thematische Nähe. Und es gibt nun mal hunderte Badezimmerprodukte zum Thema Nadelwald, für deren schlechte Vertreter man diesen Duft hier nicht verantwortlich machen kann, nur weil er das Thema aufgreift. So viel zu meinen Bedenken, die sich aber, wie zu erkennen, in Grenzen halten.

Die Ursache für meine Euphorie lässt sich auf den Sommer 2018 zurückverfolgen.
Das erste Mal in Schweden, hatte ich beim verlassen des Fliegers in Stockholm eine überwältigende Duftwolke aus würzig, grünem, holzig, harzig, waldigem Nadelgeruch in der Nase, der mich bis zum Abflug überallhin begleitete. Dieses Land riecht so. Daher Kompliment an die thematische Umsetzung. Absolut getroffen. Weg mit den künstlichen Dsquared-Hölzern, die ich testete, bevor der hier rauskam. Weg mit dem lächerlichen "wood wood" von Miyake, für den sogar einmal "wood" eins zuviel ist.
Ab in die Kölner Innenstadt, Erinnerung aufsprühen für wenig Geld und jede Jahreszeit.

Fürs Protokoll:
Flakon nix Dolles, sehr eng angelehnt ans Original, langweiliger Aufkleber, dieser Duft hätte den Flakon von He wood cologne verdient... Man kann leider nicht alles haben.
Sillage leise, Haltbarkeit beachtlich.

Fazit:
Natürlich, nadelig, gemütlich, unaufdringlich aber anhaltend, direkt gekauft. Leichte, nicht unangenehme Nähe zu Kiefernnadeln-Badezusatz. Tiefe Nase Skandinavien.
2 Antworten
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