Calliste

Calliste

Rezensionen
Filtern & sortieren
6 - 10 von 45
Calliste vor 11 Jahren 21 10
5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
10
Duft
Ein neuer Stern am Lederduft-Himmel
Die erste Begegnung mit diesen Duft hatte bereits im September auf der „Pitti Fragranze“ in Florenz, einer der wichtigen Parfümmessen in Italien.
Ich hatte dem Städteurlaub ein paar Stunden für meine Parfümleidenschaft abgezwackt. Da ich ahnte, dass die Zeit sehr knapp bemessen war und die Nase bekanntermaßen ja auch irgendwann an ihr Grenzen der Aufnahmefähigkeit stößt, wollte ich mich bewusst nur auf die mir bis Dato unbekannte Marken konzentrieren.

Auf diese Weise lernte ich Naomi Goodsir auf der Messe kenne.
Sie fiel sofort allen Besuchern allein durch ihr besonderes Outfit auf, eine junge, blonde Frau in einen schwarzen Herrensmoking, auf dem Kopf ein kleines Hütchen im Harlekinmuster.
Naomi Goodsir ist ein Gesamtkunstwerk. Sie ist Künstlerin und Modedesignerin, sie kreiert Hüte und Lederwaren, aber dies auf so unkonventionelle, flippige, schräge Art und Weise, dass die Entwürfe eher Kunstwerke zu nennen sind als Modeaccessoires.
Ihre Stücke sind alle von Hand auf das Feinste gefertigt, genäht, verziert, gestylt.
Man merkt an Ihrer unkomplizierten, aufgeweckten Art , dass sie ursprünglich aus Australien kommt, aber sie lebt seit einiger Zeit in Südfrankreich, in der Provence und hat ihre Kontakte zu anderen Kreativen aus dieser Gegend genutzt, um die Idee einer Parfümkreation, die ihre Mode widerspiegelt, umzusetzen.
Ich hätte sie gerne gefragt, wie sie es geschafft hat, gleich zwei bekanntem Namen aus der Duftwelt für ihr Projekt zu gewinnen, aber dazu blieb leider keine Zeit.
Sie gab mir jedoch eine Probe ihrer Düfte in höchst aufwendiger und liebevoller Gestaltung, die Verpackung alles in Handarbeit von ihr selbst mit Nahtstichen verziert.

Da Leder zu ihren wichtigsten Materialien gehört, lag es nahe, einen Lederduft heraus zubringen. Und was Chr. Nagel und Julien Rasquinet da hervorgezaubert haben, gleicht dem weißen Kaninchen aus dem schwarzen Zylinder von Naomi Goodsirs Hutkreationen.
Der Name trifft genau zu: „Cuir Velours“ ist ein samtiges Leder, ein Wildleder, rauh, animalisch und doch sanft, anschmiegsam und anpassungsfähig.
Auf der Skala der Lederduftinterpretation von „Extrem“ (Aoud Cuir d´Arabie, Montale) bis „Zart“(Cuir Cordoba, Mecheri) würde ich CV in der Mitte ansetzten, ganz in die Nähe von Bottega Veneta, jedoch auf der linken Seite davon. Bottega Veneta ist pudriger und femininer, Cuir Velours ist einen Hauch maskuliner, mehr unisex, und klarer, transparenter.
Gourmandige Noten von Rum und Tabak verführen am Anfang, zarter Weihrauch weht am Ende.
Damit ist meiner Meinung nach eine Punktlandung gelungen, besser kann man einen Lederduft nicht machen, er hat alles, was man sich dazu wünschen kann, alle Facetten von Leder sind darin enthalten. Perfekt, klare Sache, Wunschliste, ein Must-have!

Ich hätte diese Hymne schon viel früher geschrieben und Euch besonders ans Herz gelegt, wenn dieser Nischenduft irgendwo in Deutschland oder Europa als erhältlich verzeichnet gewesen wäre. In den USA wird er bereits äußerst positiv beschrieben.
Seit ein paar Tagen taucht er jedoch auf der Internetseite von ALzD auf.
Endlich, vielen Dank, Herr W., auf Sie ist doch Verlass.
10 Antworten
Calliste vor 11 Jahren 19 7
5
Flakon
7.5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
5
Duft
„Glykole aller Düfte, vereinigt Euch!“
Klar, ohne Süßes und Vanille scheint in diesem Weihnachtsgeschäft gar nichts mehr zu laufen.
Fast alle großen Mayor-Dufthäuser setzen in diesem Jahr voll auf den tröstenden Lecker-Effekt, um den Kunden trotz Krisen allerorten doch noch zum Luxusgut Parfüm verführen zu können.
So auch „Manifesto“.
Dabei verspricht der wirklich schöne Flakon mit der hübschen Anspielung an die typische YSL-Robe mit der großen Schleife im Rücken eher große Couture als putzigen Teenagergeschmack. Aber der manifestiert sich in diesen Duft zunächst leider nicht.
Auch hier stürmen die proletarischen Vanille-Massen die Paläste.
Direkt von Beginn an wird man von einer geradezu revolutionär massiven Ladung "Süß" befeuert, anscheinend aus schierer Angst, der potentielle Kunde würde sonst eventuell doch noch von der Zuckerstange gehen.
Das ist schade, denn „Manifesto“ hat mehr zu bieten.
Hinter dieser fest verkrusteten Krokantwand aus Candy und Karamell verbirgt sich nämlich ein wirklich schöner, cremiger Blumen-Fruchtakkord, der es wert wäre, entdeckt zu werden.
Im Charakter bleibt er natürlich süß, aber er ist viel ausgewogener balanciert als die Kopfnote.
Und hier löst YSL dann auch sein Robenversprechen ein:
Der Duft entwickelt sich elegant, feminin, selbstbewusst und strahlend.
Man muss nur Geduld haben mit dem Duftmanifest: der Fortschritt ist halt eine Schnecke.
7 Antworten
Calliste vor 12 Jahren 27 18
7.5
Flakon
7.5
Haltbarkeit
4
Duft
Der Geruch der Bücher
Paper Passion ist ein Konzeptduft, eine Auftragsarbeit von Geza Schön.
Dahinter steckt die Idee des Verlegers Gerhard Steidl, der neben vielen hervorragenden Kunstbüchern, auch einige literarische Belletristiktitel verlegt, so unter anderem auch die Bücher von Günter Grass und ebenso die Edition LSF von Karl Lagerfeld.
KL wurde oft in den Medien mit dem Duft in Verbindung gebracht wurde, ist aber in ganz anderer Hinsicht an dem Projekt beteiligt,

Steidl liebt seinen Beruf über alles, für ihn ist die liebevolle handwerkliche Gestaltung und hochwertige Materialausstattung einen Buches mindestens genauso wichtig wie dessen Inhalt.

Und für diesen Buch-Passionisten ist der schönste Geruch nun mal der seiner Werkstatt, in der sich Berge von Papieren stapeln und in der alt-erwürdige Druckmaschinen stehen. Gemeinsam mit Geza Schön sollte nun diese spezielle Aura in die Flasche gebannt werden.
Somit stellt PP eben keinen schmückenden Duft dar, sondern er interpretiert den spezifischen Geruch einer fast ausgestorbenen Lebens- und Arbeitswelt.

Allein schon die viel sagende Beschreibung des Inhalts mit „fetten Noten“ lässt bereits ahnen, dass es sich hierbei nicht um ein gefälliges, nettes Parfüm handelt.
Es riecht in der Tat fett: fettig, ölig, nach ölschmierigen Maschinen aus Eisen, nach mit Reinigungsbenzin getränkten Baumwolllappen.
Erst dahinter liegen dann die mächtigen Blöcke von Papier, holzig, trocken, warm und gelassen. Ein Stück konzentrierter Natur, noch unberührt und scheinbar neutral.
Und so können wir uns mit Hilfe der kleinen Flasche in die Werkstatt des Meisters Gerhard zaubern und hören die Maschinen rattern, Wir schneiden uns an den scharfen Kanten der Papierstapel die Finger wund, denn die reine Unschuld eines unbeschrieben oder unberührten Blattes Papier fasziniert doch irgendwie immer.

Diese haptische Komponente wird durch die besondere Verpackung unterstrichen.
Karl Lagerfeld hat ein wahres kleines Buchkunstobjekt entworfen.
Eine grobe Kartonschachtel, darin, in feines rotes Seidenpapier eingeschlagen, ein Buch mit ein wenig Text zum Konzept „Paper Passion“.
Der Buchblock hat in der Mitte genau in den Maßen des Flakons eine Ausstanzung.
Er bildet sozusagen das Herz des Buches, eine schöne Symbolik.

Als Parfüm ist PP meines Erachtens untragbar, aber für mich als Buchhändler und Parfümliebhaber, zusätzlich sehr an den Arbeiten von G. Schön interessiert, ist es fast schon eine Sammelpflicht, der ich dann ja auch brav nachgekommen bin.
18 Antworten
Calliste vor 12 Jahren 10 3
7.5
Flakon
7.5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
9
Duft
Alte Bekannte?
Heute kam mein Pröbchen aus Frankreich an! Endlich, ich glaubte nicht mehr, dass es noch klappen würde. Der neue Serge Lutens musste natürlich sofort getestet werden.
Hier mein erster Eindruck:

Ein neuer Santal, da liegt der Vergleich mit dem älteren "Santal Blanc" nahe.
Und in der Tat sind die Parallelen direkt nasenfällig. Lutens überrascht uns nicht mit einer komplett andersartigen Facette des Sandelholzes.

Ob die angegebenen Noten für die Rezeptur wirklich ausreichen, darf bezweifelt werden, aber halten wir uns ruhig daran.

Immerhin weisst der Titel das Sandelholz als Hauptthema aus, auch wenn es hier nur als Kopfnote angegenwird, aber zu holzig samtig geht es nicht zu. Trotzdem, schön warm, als Farbe assoziere mittelbraun.
Sehr ähnlich der Rose in Santal Blanc gibt sie hier auch eine gewisse Schärfe und Bissigkeit, in Verbindung mit dem Sandelholz hat sie fast etwas mentholartiges.
Die Gourmandnote Kakao im Herzen kommt mir auch bereits recht bekannt vor:
Da rieche ich eindeutig die cremige Anschmiegsamkeit von "Jeux de Peau".
Ist damit "Santal Majuscule" als Gourmand einzustufen?
Jein, ich würde ihn eher als eine Art Zwitter bezeichnen.
Um es ganz platt auszudrücken: Der neue "Santal majuscule" verhält sich wie eine gelayerte Kombination aus "Santal Blanc" und "Jeux de Peau".
Da ich beide Düfte gerne mag, gefällt mir der Majuscule auch recht gut.
Ein klein weing enttäuscht bin ich aber doch. Ich hätte mir vom Haus Serge Lutens eine gewagtere und entschiedenere Neuinterpretation des Sandelholzes erhofft.
Aber vielleicht hat man nach dem innovativen, aber schwierigen " Virtriol OEillet" zu Altbewährten gegriffen und eine marktfreundlichere Neuerscheinung für die Saison 2012/2013 gewählt.
Oder vielleicht soll es doch das alte Santal Blanc ersetzen, um irgendwelchen Bezugsproblemen mit Inhaltsstoffen aus dem Weg zu gehen. In diesem Fall hat man gut daran getan, dieser Variante einen neuen Namen zu geben.
3 Antworten
Calliste vor 12 Jahren 17 13
7.5
Flakon
7.5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
7
Duft
Besuch im Zoo
Gleich drei meiner nicht gerade Favoriten zu nennenden Bestandteile sind hier enthalten: Ich mag weder Heliotrop noch Kokos, noch die vulgäre Tuberose sonderlich.
Ist mir alles zu schwülstig, zu tropisch-fruchtbar.
Trotzdem schafft es dieser Tuberosenduft, daß ich mich nicht angeekelt abwende, sondern wie verhext immer wieder die typische Handgelenksbewegung zur Nase mache.
Irgendwie fazinierend, aber wie geht das? Ist es der rosa Pfeffer, der den gefährlichen Mix ablenkt oder die Benzoe-Moschusbasis, die einfach stärker ist und die Peitsche schwingt? Keine Ahnung! Das ist eben das Geheimniss eines besonderen Parfumeurs wie Mona di Orio, dass sie wie eine Dompteuse, diese wilde Kraft zu bändigen weiß.
Die drei Übeltäter werden fein säuberlich wie Löwen in einen Käfig gesperrt, da können sie zwar noch ordentlich brüllen, aber sie sind nicht mehr gefährlich.
Im Gegenteil, die gezähmte Bestien kann man nun lange beobachten und bestaunen.
Mal präsentiert sicht die Tuberose am Käfiggitter, mal die Kokosnote; Heliotrop scheint eher im Hintergrund ein faules Nickerchen zu halten.

Les Nombres d'Or Tubéreuse ist ein sehr expressiver und kräftiger, aber wirklich gelungener Duft. Vielleicht doch eher für Damen, aber ich lasse mich da gerne belehren.
Ich finde übrigens, daß er große Ähnlichkeit mit "Volo AZ 686" von Profumum Roma hat.
13 Antworten
6 - 10 von 45