CdG

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6 - 10 von 39
CdG vor 13 Jahren 13 6
10
Haltbarkeit
10
Duft
Comme ci, comme ça, Comme de Garçons.
Ach, es ist schon amüsant, wie viele sich hier über ein Anti-Parfüm echauffieren, also über ein Parfüm, das nicht einmal den Anspruch hat, eines zu sein. Man sollte nicht vergessen, dass der Hersteller seine fünf Düfte umfassende Synthetic-Reihe bewusst als „sozial inkorrekt“ betitelte.

Was „Tar“ anbelangt, so halte ich es gemeinsam mit „Garage“ für die besten Düfte der Serie. „Garage“ ist krasser und männlicher, „Tar“ fast ein wenig zu weiblich für einen Unisexduft. Geruchlich erinnert mich „Tar“ an eine Mischung aus Babypuder, PVC und Birkenteer (letzteren kennt man z. B. aus einigen Tauer-Parfüms).

Es ist ein schwerer, pudrig-aromatischer Duft seltsamster Ausprägung, durch und durch artifiziell, phenolig und plastikhaft. Vorsichtig dosiert, ist „Tar“ wie jedes andere Parfüm der Serie durchaus tragbar. Es hält den ganzen Tag durch und besitzt keine klassische Duftpyramide, obgleich es sich zum Drydown hin natürlich ein wenig ändert.

An manchen Tagen ist es mir eindeutig "too much", und dann wiederum gibt es Tage, an denen ich richtig Lust darauf habe. Comme ci, comme ça.

Einigen meiner Freunde gefällt der Duft ausgesprochen gut, manche finden ihn unmöglich, ohne aber genau sagen zu können, weshalb. Die häufigste Antwort ist: "So riecht man einfach nicht!" … Ein interessanter Punkt. Nach was soll man denn riechen? Ha, erwischt! Ich glaube nämlich, dass genau das die Frage ist, die Kawakubo-sama den Trägern ihrer Synthetic-Düfte stellt.

Wie dem auch sei: Ich liebe das Zeug! Schade, dass die gesamte Serie inzwischen nahezu überall ausverkauft ist. … Sie kam wohl nicht so gut an. ;)
6 Antworten
CdG vor 13 Jahren 13 1
10
Haltbarkeit
9
Duft
Der Pelzmantel im Hochsommer
Wir schreiben das Jahr 1889. Die französische Revolution feiert ihren 100. Jahrestag und in Paris ragt der frisch vollendete Eiffelturm am Fuße der Exposition universelle empor. In der Rue de Rivoli kreiert Aimé Guerlain sein fabelhaftes Parfüm Jicky, während ein paar Straßen weiter das Moulin Rouge zum ersten Mal seine Pforten öffnet.

111 Jahre und viele bedeutende Ereignisse später ist es Histoires de Parfums, die dem weltbekannten Pariser Varieté an der Place Blanche mit dem Duft "1889 – Moulin Rouge" eine olfaktorische Hommage widmen.

Die Kopfnote des Eaux lässt sich am besten mit einem Obstbrand vergleichen: alkoholisch und brutal. Fest hatte ich mir vorgenommen, an dieser Stelle meines Tests etwas zerschmetternd Negatives zu schreiben. Doch wenn ich es mir noch einmal genau überlege, ist dieses fulminante und fanfarenartige Intro für eine sensorische Varieté dieses Kalibers ausgesprochen passend.

Im Herzen rieche ich den Duft der Belle Époque: süße Pflaumen, Vanille und ein Meer von Rosen, staubtrockenen Zimt und ledriges Patschuli. Ich sehe leichtbekleidete, dafür umso mehr geschminkte Damen Cancan tanzen, höre sie hinter der Bühne kichern, rieche ihr pudriges Make-Up und sehe die schummrig glühende Tischleuchten an den Publikumstischen…

Ich rieche ein gelungenes Parfüm. Eines, das zu laut für jeden gesitteten Anlass ist. Eines, das mit Pauken und Trompeten und schon hundert Meter im Voraus die Ankunft eines großen Theaterstars ankündigt – eines weiblichen, wohl gemerkt. Der Unisexgedanke ist wahrlich das Einzige, was ich an diesem großartigen Duft nicht 100 %-ig nachvollziehen kann. Wobei am Theater ja bekanntlich so einiges möglich ist… und sei es ein Pelzmantel im Hochsommer.
1 Antwort
CdG vor 13 Jahren 9 3
7.5
Haltbarkeit
8
Duft
Eine avantgardistische Parabel auf das moderne Leben
Das neue Jahrtausend begann man im Hause Comme des Garçons mit dem zweiten Teil einer avantgardistischen Parfüminterpretation. Der Nachfolger des mit der Nr. 53 betitelten, weltersten als solches ausgewiesenen Anti-Parfüms, stellt die Fortführung eines äußerst ungewöhlichen Duftkonzepts dar.

Schenkt man den offiziellen Angaben Glauben, so besteht „Odeur 71“ (gesprochen etwa: „odöhr suasohntheohns“) aus 71 Komponenten. 95 % hiervon seien anorganische, dem täglichen Leben entstammende und entsprechend synthetisierte Gerüche, der Rest natürlichen Ursprungs.

Die Liste der Geruchsstoffe nennt u. a. Staub auf einer heißen Glühbirne, warmes Fotokopierpapier und heißes Metall, aber auch den Geruch eines Toasters, frisch geschweißtes Aluminium, Tinte, Bleistiftspäne, moosiges Holz, Lorbeerblatt und Salatsaft. Die anorganischen Geruchsanteile in „Odeur 71“ sind dabei weniger als tatsächliche Duftessenzen zu verstehen, vielmehr als synthetische Formeln und abstrakte Ideen.

Die Vermutung liegt nahe, in der Zusammensetzung dieses Anti-Parfüms eine avantgardistische Parabel auf unser modernes Leben zu verstehen, welches zusehends synthetischer und unnatürlicher wird.

Einzelne Geruchsbestandteile aus „Odeur 71“ lassen sich selbst mit einer einigermaßen trainierten Nase nur schwer ausmachen; wahrscheinlich bräuchte man hierzu wiederum einen technischen Apparat wie einen Gaschromatographen. Wie dem auch sei, am ehesten lässt sich der Geruch mit Nagellackentferner oder einem sehr chemischen Zitrusduft beschreiben. Aber da ist noch etwas: eine holzig-metallische Komponente und etwas, das mich an den Geruch von königsblauer Tinte erinnert.

„Odeur 71“ riecht jedenfalls ungemein synthetisch und künstlich – ich, technikverliebt und ein CdG-Fan, mag es! Der Duftablauf ist für ein synthetisches Parfüm typisch linear, die Haftung auf der Haut recht langlebig.
3 Antworten
CdG vor 13 Jahren 4 10
10
Haltbarkeit
4
Duft
„Been there, done that“ – the new fragrance by Kilian
Ein (völlig überteuerter!) Angel/A*Men-Verschnitt. Beileibe keine Kopie, aber eben ein ziemlich dreister Abklatsch. Meiner Meinung nach jedenfalls.
10 Antworten
CdG vor 13 Jahren 17 4
10
Haltbarkeit
9
Duft
Ein untypischer Lutens-Duft … und weitaus besser als sein Ruf!
Sheldrakes Komposition beginnt mit einem prägnanten Cumarin-Akzent grüner Pflanzensäfte, die an frisch geerntetes Heu erinnern. Eine Spur karamellisierter Honig, Rum und modrig-moosige Zeder begleiten die Kopfnote und leiten das trockene, erdig-holzige Herz des Duftes ein.

Zu meiner großen Überraschung wurden die warmen, süßen Anteile des Dufts für ein Lutens-Pafrüm untypisch sparsam dosiert, vermutlich um die Glut des holzigen Feuers nicht zu ersticken und es über Stunden hinweg am Glimmen zu halten. Dieser wohl balancierte, unaufdringliche und irgendwie auch bodenständige Duftcharakter ist es, der „Chêne“ zu einem ausgesprochen gut geeigneten Herrenparfüm mit substanziellem Körper macht; der typische Grundakkord aus gekochten Früchten fehlt gänzlich. Vermutlich ist dies auch der Grund, weshalb „Chêne“ in den mir bekannten Besprechungen eher nicht so gut abgeschnitten hat.

Fans der Serie „Les Salons du Palais Royal Shiseido“ vermissen vielleicht das gewisse Etwas beim ersten Test, trotzdem – oder gerade deshalb – gehört „Chêne“ zu den Düften, die erst den Weg in die Nase ihrer Liebhaber finden müssen und ihre künstlerische Schönheit nicht gleich auf den ersten Blick preisgeben. Wie sooft entscheidet immer auch ein wenig die Persönlichkeit des Trägers über die Wirkung des Duftes auf andere und einen selbst.

Unstrittig dürfte sein, dass es handwerklich gesehen nichts an „Chêne“ zu bemängeln gibt. Der Duftablauf ist sanft und gleichmäßig, die Haftung auf der Haut exzellent. „Chêne“ lässt sich überdies gut mit floralen oder zitronigen Düften kombinieren. Fleurs de Citronier zum Beispiel (einer der langweiligsten Lutens-Düfte wie ich finde) gewinnt durch ein darunter gelayertes „Chêne“ an Schönheit und Elleganz.

Für mich ist „Chêne“ ein wunderbar gelungener Duft, mächtig und behaglich zugleich – ganz so wie die in vielen Liedern und Gedichten besungene Eiche.

Wer eine Alternative oder Variation zu „Chêne“ sucht, sollte sich Untitled von Maison Martin Margiela einmal näher ansehen, beide Düfte beginnen ähnlich, schlagen im Herzen jedoch anders.
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