Chilly55

man liebt diesen Duft oder nicht. Wie sagt man höflich: sonderlich sympathisch ist er mir persönlich nicht. Mein Riechorgan vermittelt mir ein schwülstig -süßes klebriges Duftgebräu mit einer leichten Schärfe im Hintergrund.

Zwei große K's verleiden mir den Wohlgeruch: Karamell und Kokos. Und überhaupt: wo hat sich die Bergamotte versteckt, wo die Mandarine und wo is'n der Pfirsich? Kaum zu glauben, sie hocken ganz klein und verängstigt hinter den Rosen! Aaah, da also. Na, dann...

Die wiederum verstecken sich aber hinter den Blüten so im Allgemeinen. Diese allgemeinen Blüten nun werden verdeckt von Zeder, Sandelholz und Moschus. Doch auch die sind nicht zu finden, weil die Tonkabohne und die Vanille mit dem Benzoe gemeinsame Sache machen und alle anderen nicht ans Licht der Sonne lassen.

Vor allen anderen steht jedoch unverrückbar ein Riesenkaramell. An dem kommen sie alle nicht vorbei und wenn sie sich auf den Kopf stellen. Nee, das geht partout nicht.

Ich hab' ja die Vermutung, daß dieser Riesenkaramell leicht größenwahnsinnig ist. Und der muffelige Kokos quengelt die ganze Zeit zu allem Überfluß auch noch dazwischen.

Kaum zu glauben, ich besitze einen fast vollen Flakon. Was mach' ich jetzt mit dem, erlöst mich jemand? Bitte!!!

...der Firma "Blick in die Vergangenheit" oder umgangssprachlich "Réminiscence". Tatsächlich muß ich mich bemühen, mich an diesen Duft zu erinnern, so schnell ist er bei mir wieder weg.

Erster Eindruck: Zimt. Muß vom Cumarin kommen. Glaube ich. Cumarin soll ja in vielen Pflanzen enthalten sein. Die können doch nicht alle nach Zimt duften? Nee, das glaub' ich nicht. Also Waldmeister riecht doch nun ganz anders und 'ne Dattel auch... Aber ich schweife vom Thema ab: "zimtiger Cumarin" also, meinem Empfinden nach.

Nun soll der ja eigentlich in der Basisnote sitzen, seis's drum. Danach, oder fast gleichzeitig (aber nur fast) marschieren Ylang-Ylang und weiße Blütelein auf. Sie sagen kurz hallo und verziehen sich postwendend ins Nirwana.

Nun müßten die Blüten schon mit der Mandel korrespondiert haben, die antwortet aber nicht. Na sowas, ist sie im Urlaub? Ausgewandert? Ihr Anrufbeantworter spricht: "ich bin zur Zeit nicht erreichbar, bitte hinterlassen Sie eine Nachricht nach..." Will ich aber nicht, entweder ist sie jetzt erreichbar oder sie soll bleiben wo sie ist. Hauptsache ihr geht's gut!

Moschus kommt bei mir überhaupt nicht durch - der hat sich mit der Mandel wohl gleich abgeseilt. Oder er hat einfach keine Lust. Zurück bleibt bei mir ein geamberter Cumarin-Zimtduft. Und das auch nur für kurze Zeit. Nach einer Stunde huscht er einfach von dannen.

Bei mir ist das so, zur Zeit jedenfalls. Wer weiß, was die berühmte Hautchemie wohl noch alles so vorhat mit mir. Vielleicht habe ich morgen eine ganz andere? Dann soll der Moschus aber auch kommen!

... kann überhaupt nicht genug davon bekommen. Was bin ich nur für ein Parfum-Banause, ich Anfänger, ich. Kopf-, Herz-, Basisisnoten kann ich kaum erahnen, geschweige denn erriechen, keine Pyramide erschließt sich mir. Warm, weich und geschmeidig würzig kommt der Moschus um's Eck. Und das von Anfang an.

Sogleich entschuldige ich mich bei allen Parfümeuren dieser Welt für meine erschröckliche Unkenntniss, die mir ein Dufterlebnis der wunderbarsten Art beschert.

Ich kämpfe mich hier nicht durch Kopfnoten die sich erstmal mit der Herznote anfreunden sollen oder müssen aber evt. gar nicht wollen. Geliebter würziger Freund, Du bist einfach sofort zur Stelle mit Deiner Basis aus warmen Moschus. Nicht süßlich angehaucht, sondern hübsch gewürzt mit Kreuzkümmel und ein bißchen Zimt. So ist es recht!

Komplimente? Ja, ja, ja - alle die Dich an mir wahrnehmen hauchen nur noch verzückt: "Du riechst so gut" oder "Sie duften aber gut". Ich bin schon angesprochen worden von Unbekannt: "darf man mal fragen wonach Sie so herrlich duften?"

Man darf. Lässig erwähne ich Deinen Namen: "Musc Provocant aus dem Hause Varens, Paris." Das muß doch einfach beeindrucken ;-)

Und komisch, komisch, dieser herrliche Wohlgeruch will mich gar nicht recht verlassen und bleibt schön nahe bei mir. Er muß mich wohl so mögen, wie ich ihn mag. Wenn das nicht Freundschaft ist!

Und jetzt muß ich einfach mal perönlich werden: Ulric, Du alter Haudegen, weniger neue (scheußliche) Düfte, aber die guten nicht gleich wieder aus dem Programm nehmen, wie wär's?

Ulric, ich würde Dir ja sogar mehr bezahlen als die 4,99€, die von mir zum Erwerb dieses Fläschchens verlangt wurden. Nu' sei doch nicht so und mach'!

... und Akohol. Klar, Alkohol muß sein, wo soll der Duft sonst rein. Oder in ein Trägeröl, okay. Egal, drin ist drin und hier eben in Alkohohl. Aber ich muß ein klaren Kopf behalten, sonst schreibe ich nur noch Unsinn.

Nun gut, irgendwann verzieht sich dieser miese Parfümhelfer und macht Platz für einen würzigen Plastiktütenduft mit leicht stechender Anmutung. Plastiktüte? Wirkt jetzt etwa der Alkohol? Du meine Güte, jetzt reiß dich mal zusammen, Chilly.

Okay, ich nehme die Plastiktüte zurück und ersetze sie mit Würze aus... Maggie vielleicht? Himmel, ich kann's nicht definieren.

Das Moschusle mischt von Beginn an mit. Es pudert und süßelt recht heimelig, aber es hat seine Liebe Not der Tütenwürze.

Und das war's? Ooch Mensch, ich hatte mich so auf den Duft gefreut und nun dies... Bei mir passiert einfach gar nichts mehr, es möschelt tütig pudrig und hintergründig seifig vor sich hin und das über Stunden.

Schade, Du Mazzolari, Du... das wird nichts mit uns beiden. Obwohl, wenn Du mal ein bißchen mehr aus der Tüte und die Hufe kommst, gefällst Du mir schon besser. Aber leider habe ich einfach nicht genug Zeit für Deine Umwege. Gib's zu, so'n bißchen tütig bleibste trotzdem noch.

...der erste Eindruck: lecker zimtig. Ja, das gefällt. Im Hintergrund wähne ich aber schon das Unheil. Und das nähert sich rasant. Noch zimtelt es heimelig und schön und dann kommt die Touberose angerast und das im vollen Galopp!

Schwer und süß drängt sie alles beiseite und macht sich breit wie nichts Gutes. Unterstützt wird sie kräftig von ihrer honigsüß verkappten Curry-Begleiterin, dieser unsterblichen Immortelle (doppelt hält besser - die unsterbliche Unsterbliche...). Zwei Amazonen auf ihren hohen Rössern. Gemeinsam metzeln sie mit klirrenden Schwertern Bergamotte, rosa Pfeffer und Tagetes hinfort. Die hatten sich ja eh schon kaum getraut auch nur um die Ecke zu schauen. Schnell ziehen sie sich in den hintersten Winkel zurück, damit sie von den beiden Damen bloß nicht bemerkt werden.

Der Zimt aber ist tapfer, er kämpft immer noch, schon erstaunlich für ein so zerbrechliches Bürschlein. Er hat wirklich meine volle Sympathie.

Im Hintergrund machen sich ganz langsam die letzten Recken bereit. Es sollen derer vier sein. Eilig haben sie's nicht. Sie schauen erstmal herzlos dem Desaster zu. Sie könnten dem armen Zimt doch nun wirklich mal zur Hilfe kommen. Aber nein, sie warten arrogant und träge ab, bis der Zimt endgültig einknickt.

Nur Styrax läßt sich allmählich an vorderster Front blicken: schwer-süßlich und behäbig watschelt er zum Scharmützel, gefolgt von Guajak, dem veilchenduftenden hölzernen Gesellen. Amber versteckt sich bouquethaft mit mieser Laune hinter seinen beiden Kollegen. Und der pudrige Moschus düftelt derweil ein wenig abseits der Szene einsam vor sich hin. Ihm ist ja wohl alles egal - dabei könnte er doch, wenn er nur wollte. Er will aber nicht.

Letztlich einigen sich Immortelle und Touberose mit Styrax und Guajak auf ein Unentschieden. Zurück bleibt ein süßliches, wenig würziges, aber immens haltbares vanille-zuckriges Konglomerat, das sich mit meiner Hautchemie einfach nicht vertragen will.

Ambre Gris entwickelt sich bei mir viel zu süß und wird deshalb niemals nicht mein Begleiter sein können. Aber wie sagt der Engländer: "it's all a matter of taste".