Kürzlich – genauer gesagt, am 20. März um 22:59 - ist es bei uns in Wien Frühling geworden. Zeit, sich umzuschauen, was jetzt puncto Mode so im Trend liegt, und einen passenden neuen Duft zu finden, mit dem man in die noch junge Jahreszeit starten kann.
Ich wünsche mir etwas Frisches, Leichtes, Zitrisches. Grapefruit vielleicht. Damit fühlt man sich so beschwingt. Angeblich soll Grapefruitduft uns ja jünger erscheinen lassen. Ich kann mir das gut vorstellen. Aus der Aromatherapie ist jedenfalls die euphorische Wirkung der Grapefruit, wenn man ihr olfaktorisch begegnet, schon lange gut bekannt. Vielleicht liebe ich deshalb diesen hellen, fröhlichen Duft. Daher finden sich auch Aqua Allegoria Pamplelune und Aqua Allegoria Pera Granita, beide von Guerlain, unter meinen Parfüms und werden oft von mir verwendet.
Irgendwie bin ich dann auf 4711 Pink Pepper & Grapefruit gestoßen. Aufgrund seiner Frische erfreut sich dieses Eau de Cologne offenbar großer Beliebtheit, wie ich mehreren Rezensionen im Internet entnehme. Zufällig findet sich bei Müller noch dazu gerade ein Angebot für ein Set, bestehend aus dem Eau de Cologne und einem Duschgel im gleichen Duft. Diese Kombipackung erscheint mir sehr reizvoll. Also auf zum Müller …
Bevor ich mich zum Kauf entschließe, probiere ich das Parfum sicherheitshalber noch mittels Tester aus. Ich kenne es ja noch nicht.
Da stehen sie also alle, die derzeit gängigen 4711 Eau de Colognes. Die Aufmachung ist bei sämtlichen Düften sehr ansprechend. Das Pink Pepper & Grapefruit etwa kommt in einer hübschen, blassgrünen Box, auf der Zweige mit rosa Pfeffer zu sehen sind. Der Glasflacon, der geschliffenem Kristallglas nachempfunden ist, gefällt mir weniger. Diese Art von geschliffenem Kristall wirkt auf mich einfach zu altmodisch. Wie aus den 50er Jahren, wo dieser Schliff in Mode war.
Abgesehen vom Set mit dem Duschgel ist das EdC als Spray in einer 170-ml-Flasche zu haben. Der Preis für Letztere bewegt sich zwischen wohlfeilen € 20,99 und weniger preisgünstigen € 47,95 im Internet.
Ich beginne meinen Test. Pink Pepper & Grapefruit stelle ich mir erfrischend vor. Urban, ein wenig frech vielleicht, trendig, jung und zitrisch. Ein idealer Duft für warme Tage. Doch genau das finde ich hier leider nicht. Frisch kommt mir dieses Kölnisch Wasser nur im Moment des Aufsprühens vor. Das erhoffte zitrische Feuerwerk hält sich von Anfang an in Grenzen. Leider. Dafür ist der Pfeffer mit seinem würzigen Aroma sofort sehr präsent.
Die Kombination von würzig und fruchtig finde ich nicht schlecht. Aber bei mir funktioniert sie einfach nicht. Der Duft entwickelt bei mir sehr schnell etwas Herbes, Dumpfes – anders kann ich ihn nicht beschreiben. Wie gesagt, die gewünschte muntere Helligkeit und spritzige Frische der Grapefruit finde ich hier nicht oder zu wenig.
Der Duft verändert sich auch nicht. Ich stehe eine Weile herum, schnuppere immer wieder am Handrücken. Das Einzige, was passiert, ist, dass der Duft auffallend rasch schwächer und schwächer wird. Ein Parfum, dessen Duft so schnell vergeht, ist mir noch kaum je untergekommen. Okay, es ist ein Eau de Cologne. Aber auch aus dieser Gruppe kenne ich viele Düfte mit guter Haltbarkeit – nicht zuletzt den Klassiker von 4711.
Pink Pepper & Grapefruit könnte in meinen Augen bestenfalls als Body Mist durchgehen. Es kann mich jedenfalls nicht überzeugen. Der Gedanke, es zu kaufen, rückt in immer weitere Ferne. Ich hatte eine ganz andere Vorstellung von diesem Duft. Ich kenne auch keinen Grapefruitduft, der so dunkel daherkommt.
Da ich aber nun schon vor dem Regal mit den 4711 Acqua Colonias stehe, probiere ich noch das Eau de Cologne Blood Orange & Basil aus sowie Mandarine & Cardamom. Beide erscheinen mir sehr interessant von ihrer Zusammenstellung her. Doch auch sie enttäuschen letztlich.
Es ist, wie jemand sinngemäß in einer Rezension geschrieben hat: Du kriegst, was draufsteht. Und ich ergänze: Aber mehr auch nicht … Vielleicht hat sich 4711 von der Guerlain Serie Aqua Allegoria inspirieren lassen, in der es ja ebenfalls Düfte gibt, die fruchtige Noten mit Gewürzpflanzen verbinden - z. B. Mandarin Basilic, das sich sogar in meiner Sammlung befindet.
Doch was für ein Unterschied! Auch im Preis, klar. Im Flacondesign sowieso. Doch vor allem im Duft.
Es gibt vieles, was Deutsche ausgezeichnet können. Dichten und Denken, nützliche Dinge erfinden, Komponieren, Literatur schreiben, Malen, technische oder physikalische Präzisionsgeräte konstruieren und vieles mehr. Die Kreation subtiler Düfte scheint allerdings nicht ihre größte Stärke zu sein – verglichen etwa mit den Franzosen.
Und so ist das Dufterlebnis bei 4711 eben recht eindimensional, fast derb. Man kriegt, was draufsteht. Mehr nicht. Soll heißen, mir fehlt bei dem Ganzen die Raffinesse, das Spiel mit Aromen, mit Kopf-, Herz- und Basisnoten, der Reiz des Wandels eines Dufts, an dem man immer neue Facetten entdeckt.
Rosa Pfeffer und Grapefruit – was hätte das für reizvolle Nuancierungen und Kontraste geboten? Doch der Duft bleibt von Anfang bis Ende wie er ist. Und das Ende kommt wie erwähnt so schnell, dass man es kaum glauben kann.
Von den drei von mir getesteten 4711ern hält das „Pink Pepper“ am wenigsten lang, und zwar mit Abstand. Für den für ein Eau de Cologne gar nicht einmal so niedrigen Preis, hätte man da schon mehr erwarten können.
„Pink Pepper“ gilt als Unisex-Duft. Ich hab wenig Erfahrung mit derartigen Parfüms. Ich bevorzuge normalerweise feminine Duftnoten. Möglicherweise ist der Duft deshalb so herb ausgefallen. Mir wäre mehr zitrisch und weniger herb lieber gewesen.
Es tut mir leid, wenn ich im Gegensatz zu anderen dieses Parfum nicht als den großartig erfrischenden Duft für heiße Sommertage empfinde. Da gibt es bessere – wie eben das Pamplelune von Guerlain, das zwar auch kein Wunder an Haltbarkeit ist, aber bei dem man nicht das Gefühl hat, alle 2 Minuten nachsprühen zu müssen, wie es bei „Pink Pepper“ ist.
Der Duft ist eher würzig als frisch. Doch auch die herbe Note hat meinem Geschmack nach zu wenig Raffinement und Subtilität. Man hätte aus dieser Kombination mehr machen können. Vielleicht noch etwas Bergamotte im Auftakt, Lemongrass, Verbene und Zeder, eventuell sogar Minze, dann hätte das sicher besser funktioniert mit der Sommerfrische.
Ich hab kein Problem mit der Marke 4711. Das klassische Eau de Cologne mit viel Bergamotte bietet nach wie vor eine angenehme Erfrischung und ist heute durchaus noch gut tragbar, finde ich. Die Acqua Colonias, die ich gestern getestet hab, sind jedoch meinem Geschmack nach etwas bieder und uninspiriert. Das muss man mögen – oder eben nicht.
Fazit: Diese Düfte sind meiner Meinung nach etwas für eher Anspruchslose, die möglicherweise wenig Erfahrung im Vergleich mit interessanteren Düften dieser Art haben. Mit den vom Konzept her ähnlichen Guerlain Düften der Serie Aqua Allegoria können sie meiner Meinung nach in keiner Weise mithalten.
Wie immer gilt auch hier: Probieren geht über Studieren …