DONAR
DONARs Blog
vor 3 Jahren - 22.06.2022
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Synonym: Schiebfach

Schubladen sind ja per se nichts Schlechtes – sagen auch Schreiner. Sie halten auch gerne als Metapher für Kategorien her. In Kategorien teilen wir beliebige Dinge, Sachverhalte, Themen oder Fragen ein, um einen besseren Überblick zu bekommen / behalten. Das gelingt besonders gut, wenn es eine große Übereinstimmung in der allgemeinen Definition der verschiedenen Kategorien oder Schubladen gibt.
Schwierig wird es meines Erachtens dann, wenn viele unterschiedliche Definitionen einer Kategorie oder Schublade bestehen oder es am Ende nicht wirklich eine Definition gibt.

Genug der Vorrede oder worauf möchte ich eigentlich hinaus?
Wir Duft- und Parfum-Aficionados/-as diskutieren ja allzu gerne über Nischendüfte, den Duft für's Büro oder Date beziehungsweise für die Arbeit oder das Ausgehen. Aber was genau ist denn ein Nischenduft? Kommt man an den nur sehr schwer dran? Oder ist er besonders teuer? Lebt er von erlesenen Inhaltsstoffen oder eher von erlesenem Marketing? Ist MFK Baccarat Rouge 540 kein Nischenduft mehr, wenn ihn jeder Zweite trägt? Nein, natürlich nicht JEDER Zweite, nur jeder Zweite, der sich ein bisschen mehr als normal mit Düften beschäftigt (aber was ist schon normal?).
Was genau ist ein guter Duft für's Büro? Worauf kommt es denn dabei an? Dass man im Büro mit dem eigenen Duft nicht zu sehr auffällt oder aneckt? Was stellst DU – lieber Leser – Dir gerade in diesem Moment unter einem Bürojob und dem adäquaten Duft vor? Einen Bankangestellten im Anzug, der viel mit ganz unterschiedlichen Kunden zu tun hat? Einen Buchhalter mit Ärmelschonern? Oder einen Bademeister in kurzen Hosen mit Flipflops? Ja, auch etliche Bademeister verbringen heutzutage einen nicht unerheblichen Anteil ihrer Arbeitszeit in einem Raum, den man problemlos als ihr Büro bezeichnen kann. Ich selbst habe in meinem Job lange Jahre Anzüge getragen, ja sogar mit Krawatte, bis das immer mehr "aus der Mode" kam und man dem Business-Knigge folgend darauf verzichtet hat, um nicht förmlicher gekleidet zu sein als der eigene Vorgesetzte. Und heute, heute übe ich immer noch den gleichen Beruf aus, allerdings in einem anderen Unternehmen und trage genau heute, an einem Sommertag mit prophezeiten 30 Grad Celsius Schattentemperatur, eine kurze Jeans und T-Shirt. Immer noch ein Bürojob.
Ausgehen…Date…auch darunter versteht wohl jeder mehr oder weniger was anderes. Date ich jemanden im Biergarten oder wird es eher ein Candlelight-Dinner? Heißt Ausgehen Theater, Oper, Kino, Disco oder Essen gehen mit Freunden? Will ich mein Gegenüber oder sonst wen an diesem Abend (oder ist es am Ende gar nicht Abend, weil man sich für ein gemeinsames Frühstück verabredet hat?) mit meinem Duft beeindrucken? Will ich auffallen? Oder geht es mir darum, dass ich den für meine Stimmung zum jeweiligen Anlass passenden Duft auswähle? Das kann und wird an zwei unterschiedlichen Tagen für all die aufgezählten "Events" wohl auch jeweils ein anderer Duft sein.
Vielleicht geht es ja mehr um die grundsätzliche Frage, ob und wenn ja, was für eine Wirkung ich mit (m)einem Duft erzielen will.

Mit den Schubladen Damen-, Herren- und Unisexduft (ich will gar nicht wissen, ob uns diese drei "Dimensionen" noch auf Dauer ausreichen werden) beschäftige ich mich ganz absichtlich nicht. Jeder muss wissen, was ihm gefällt, aber machen wir uns nichts vor: unsere Welt tickt augenblicklich noch so, dass eine Frau locker mal ein Hemd mit Krawatte tragen kann und damit extrem stylish aussieht. Ein Mann mit Bluse und Rock ist für die meisten von uns vielleicht noch eine eher gewöhnungsbedürftige Vorstellung. Frauen greifen gern mal zum Herrenduft, wir Männer fragen bei Unisex-Düften aber gerne nach, ob der dann doch mehr weiblich oder männlich ist, also quasi ein Männer-Unisex-Duft. Wer weiß, vielleicht gibt es ja auch irgendwann mal Damendüfte, die eigentlich für Männer gedacht sind…🤦🏽‍♂️

12 Antworten
MonsieurTestMonsieurTest vor 3 Jahren
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Umso mehr man / frau sich mit einer Sache befasst (sei es Musik Parfumos, Kunst oder Essen), umso mehr werden Crossovers, feine Unterschiede oder Genüsse jenseits von strikten Genres oder Schubladen interessant - glaube ich.
Feiner Blog!
DONARDONAR vor 3 Jahren
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Genial formuliert. Genauso ist es.
Vielen Dank dafür 🙏🏼
FegefeuerFegefeuer vor 3 Jahren
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Ich weiß noch, wie ich früher erfolglos aus einem Textilgeschäft ging, weil Männer- und Damenabteilung nicht klar gekennzeichnet waren. Heutzutage bin ich neidisch, wieviel mehr Auswahl Frauen genießen und ich auf teure Designer ausweichen muss, wenn ich eine Hose mit hoher Taille oder ein interessant geschnittenes T-Shirt will.
Ich weiß noch, wie ich mich als Jugendlicher nicht getraut habe, auf ein Fahrrad zu steigen, dem die Herrenrad definierende horizontale Strebe fehlt. Heutzutage ärgere ich mich über den Spagat, den man in der Luft machen muss, um über diese Strebe zu steigen.
Ich weiß auch noch, wie ich dachte, Blumensträuße gehören nicht in eine Männerwohnung, Kosmetik sei für mich irrelevant und Rosendüfte ausschließlich für Frauen.
Ich bin froh, dass ich es heute besser weiß. Jeder soll machen, was ihn oder sie glücklich macht und dabei ignorieren, aus welcher Schublade man sich bedient hat.
Sehr gut geschrieben und gutes Thema.
PoesiefannyPoesiefanny vor 3 Jahren
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Genau das finde ich auch. Wir Frauen laufen ja auch in Hosenanzügen und Pyjamas herum, haben kurze Haare und Holzfällershirts an...das interessiert doch seit Jahrzehnten niemanden mehr, wozu welcher Schnitt gehört. In anderen Ländern gehören seit je Röcke und Gewänder zur Herrenmode. Ich finde das Fantasievolle viel lustiger und bunter als enge Grenzen zu setzen. Warum denn auch ?
BehmiBehmi vor 3 Jahren
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Wie immer grandiose Fragestellungen! Und wie immer gern gelesen :-) Dufte Grüße ,ich sinniere nun über die ganzen Fragen bis ich meine Antworten habe 😁
DONARDONAR vor 3 Jahren
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Vielen lieben Dank für Dein nettes Feedback.
Und viel Erfolg beim Gewinnen und vermehren von Einsichten.
Da bin ich auch noch mitten drin 😉
KovexKovex vor 3 Jahren
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Grundsätzlich habe ich natürlich auch meine Schubladen im Kopf. Am Ende ist es mir aber egal aus welcher Schublade der Duft kommt, den ich tragen möchte. Gefallen muss er mir, nur darauf kommt es an.
FriedmanFriedman vor 3 Jahren
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Grundsätzlich trage ich was mir gefällt. Wenn es dann ein Damenduft ist, dann ist es halt eben dieser. Dass deklarieren hat mich noch nie vom Tragen abgehalten. Aber ja, das Nachfragen trifft auf mich auch zu. Wahrscheinlich liegt es an der Erziehung und die daraus entstandene Prägung.
Toller Beitrag. Läd zum reflektieren ein.
DONARDONAR vor 3 Jahren
Finde ich gut, dass es Dich dann letztendlich doch nicht interessiert, wie ein Duft gelabelt ist. Was Erziehung und Prägung betrifft, kann ich das nur unterschreiben, damit hast Du vollkommen Recht.
Vielen Dank für's nette Kompliment zum Blog
PollitaPollita vor 3 Jahren
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Kenne ich gut von meinem Mann. Für ihn muss ein Duft auch immer ein bisschen maskulin sein. Zumindest für sein Verständnis. Ich sehe das schon lange anders. Ein Duft hat einfach gar kein Geschlecht.
DONARDONAR vor 3 Jahren
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Solange sich das auch in seinem Geschmack widerspiegelt, ist das ja auch völlig ok. Erst wenn ihm was entgeht, weil ihm ein Duft sehr gefallen würde, er ihn aber nur deswegen nicht trägt, weil er ihm nicht maskulin genug ist, wird es schade.
PoesiefannyPoesiefanny vor 3 Jahren
Hier ein Gutelaunesong dazu :-)
https://www.youtube.com/watch?v=t8Hs7VuZLvo

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