Dauerländer

Dauerländer

Rezensionen
Dauerländer vor 3 Jahren 11 2
6
Flakon
5
Sillage
6
Haltbarkeit
7.5
Duft
Gemässigte Männlichkeit mit Vielseitigkeitsgewinn
Das ursprüngliche Quorum von 1982 steht, auch in seiner heutigen, ausgedünnten Formel, für die staubtrocken-grüne Krautigkeit eines soliden Männerdufts mit vielen Ingedienzen, aber mit einer Stimme sprechend, einen Akkord rufend.

Quorum Silver lässt nur ganz kurz einen Hauch dieser Urigkeit riechen und legt sich dann in ein Feld nieder mit Ingwer-Kardamom-Mandarine-Lavendel auf einer - aus den Duftnoten herauslesend - Zedernbasis. Aha. Zeder also.

Lecker, ohne zu süss zu sein. Etwas Kratziges ist auch drin, aber immer nur als Basis, nie in den Vordergrund tretend. Dies unterscheidet ihn von vielen leichten modernen Düften: Es hat eine solide Basis, auf deren sich die leckere Holz-Fruchtigkeit entfalten kann. Das Ganze luftig, leicht, und dann über mehrere Stunden fast unverändert bleibend. Die Farbe der Flüssigkeit passt hervorragend. A propos Flakon: Wirkt auf mich zerbrechlich. Vielleicht ein Symbol für die heutige Art der Männlichkeit, bzw. ihre Infragestellung. Das Quorum Silver hat etwas davon, passt aus meiner Sicht durchaus auch für eine androgyne Frau. Wie auch beim Mann weniger ein Duft für Body-Builder im Muscle-Shirt, sondern eher für einen Anzug-Träger. Eher Pierce Brosnan als Sean Connery.

Die Haltbarkeit ist ganz okay, ein paar Spritzer mehr brauchts schon für eine Tagesration. Die Sillage ist schon zu Beginn bedächtig, bleibt dann aber für lange Zeit gleich und wird nicht so rasch zum Skin-Scent.

Was ihn auszeichnet, ist seine Vielseitigkeit und die saisonale Unbestimmtheit: Macht sich gut in einem pollendurchströmten Frühlings-, einem sonnendurchfluteten Sommer-, einem regnerisch-windigen Herbst- und einem neblig-kalten Wintertag.

Ist das jetzt eine modernere Variante des Klassikers? Meiner Meinung nach: Nein. Es ist etwas Eigenständiges. Wenn ich nicht wüsste, dass es sich Quorum nennt, würde ich nicht darauf kommen.
Einen wirklichen Duftzwilling kann ich nicht benennen. Meine Zedern-Düfte (mindestens die mit dieser im Namen) sind nicht vergleichbar: Lagerfelds Bois de Cèdre ist viel herber, keinerlei Süße, eher pfeffrig-seifig; Ferraris Cedar Essence geht in Richtung einer leicht pudrig-crèmigen Waschmittel-Sauberkeit (?) und Armanis Eau de Cèdre hat zwar auch eine ähnliche Süße wie das Quorum Silver, aber eher wie gesüßter Schwarztee mit Salbeizusatz.

Kurz: Ein Duft, der nicht so leicht aus der Zeit fällt. Passte 2005, passt 2021.
2 Antworten
Dauerländer vor 3 Jahren 6 5
5
Flakon
7
Sillage
7
Haltbarkeit
5.5
Duft
Die deutsche Einmannshow
Vor etwa zwei Jahren gekauft, habe ich Marbert Homme (MH) nach erstmaligem Riechen, ziemlich perplex, beiseite gelegt und erst kürzlich wieder hervorgekramt.

Durch die Kommentare und Statements hier könnte der Gedanke aufkommen, MH sei ein geschmeidiger Zitrusduft mit holzig-warmen Noten und floral angehaucht. Der aktuell durchsichtige Flacon lässt eine solche Interpretation durchaus zu. Und die Duftpyramide nennt Jasmin, Vanille und Zedernholz.

So weit so gut. Doch ich rieche etwa völlig anderes.

Nachdem ich mir seit etwa zweieinhalb Jahren eine große Palette verschiedenartiger Düfte gekauft habe, kann ich MH nun besser einordnen, was mir damals als Neuling schlicht noch nicht gelang. MH ordne ich eher einer Kategorie "old Powerhouse" zu (so viel zu den Begriffen, die man nach youtubesker Dauerberieselung mit englischer Sprache in sein Grundvokabular aufnimmt), also moosig, sehr bitter, äusserst grün, aromatisch, keinerlei Süße.

Um einen Duftzwilling zu finden, habe ich mir Bogarts "Bogart" und das One Man Show (OMS), Puigs Quorum und Cartier Santos aufgesprüht und die Verläufe beobachtet, bzw. berochen. Von den vieren kommt OMS dem MH am nächsten. Santos ist am Anfang recht weit entfernt, nähert sich beim Verlauf aber dem MH etwas an. Quorum und Bogart sind dunkler, wärmer, etwas gefälliger, weniger bitter. MH ist im Vergleich dazu sehr "krautig", leicht seifig und eher "hellgrün" (der grüne Farbton der Kartonverpackung trifft es gut). Auf seine Art schlackenloser, entschlossener, konkreter und kerniger. Und so bleibt er auch nach einigen Stunden, wo hingegen sich OMS zahmer entwickelt.

Die Duftpyramide oben kann daher nur in Teilen stimmen. Es hat sicher "Zitrusfrüchte" drin, doch nicht die frischen Bergamotte- oder Limettennoten, sondern eher die Bitterstoffe einer Grapefruit. Rose - vielleicht. Jasmin - falls ja, dann geht es für mich unter. Und der Duftpyramide fehlen Noten wie Nelke, Moos, Pinie, oder was auch immer in Kombination dieses "Krautige" hervorruft (vielleicht kann mir da jemand helfen).

Wie gefällt mir das? Den OMS mag ich so einigermaßen (die Gold und Ruby Edition sagen mir mehr zu und den Oud finde ich richtig toll). Bogart und Quorum trage ich ab und an, als Klassiker der Kategorie und mir am ehesten entsprechend. Für den OMS finde ich nicht arg viele Gelegenheiten, an denen ich mir den zumute. Und der MH? Nun, einerseits hat MH den Vorteil, in allen Jahreszeiten zu gehen, für den Tag und am Abend. Ich glaube, für den passenden Mann kann MH ein Signaturduft sein. Er ist handwerklich gut gemacht, hat eine ordentliche Haltbarkeit, wirkt sehr männlich und ist preislich unschlagbar.
Aber eben nicht meins.
5 Antworten
Dauerländer vor 4 Jahren 7 2
6
Flakon
5
Sillage
7
Haltbarkeit
5
Duft
Schwülstige Fruchtigkeit
Er führte nicht gerade meine Wunschliste an, der Versace Man Eau Fraîche. Doch bei so vielen, teilweise geradezu euphorischen Rezensionen hier und auf YT wollte ich mich überraschen lassen und bestellte blind.
Von der Farbe des Flacons und der Werbung schließe ich auf einen aquatischen, sehr frischen, leichten Duft. Eine sommerliche Brise, Wasser, Gischt, leicht salzig. Eine kühle Erfrischung nach zu heisser Sonne.

Nix da!

Gleich nach dem Aufsprühen finde ich den Duft am angenehmsten, ein wenig frisch, leicht zitrisch und floral. Was jedoch nach etwa einer Minute hervortritt und für die nächsten Stunden gleich bleibend anhält, ist eine matt riechende Brühe von künstlichen Fruchtaromen, zur Hauptsache wohl Sternfrucht (ich hatte noch nie das Vergnügen, eine echte solche zu riechen). Süsslich, etwas bitter, etwas sauer, und nicht wirklich frisch, eher an der Schwelle zu überreifen Früchten, die zu lange an der heissen Sonne lagen. Von aquatisch fehlt jede Spur. Meeresgischt riecht auch anders. Immerhin ist ein Hauch von Würze und später im Verlauf etwas Dunkleres wahrnehmbar. Nach etwa vier Stunden wird's dann doch noch frischer und versöhnlicher.

Der hellblaue, transparente Flacon führte mich also auf eine falsche Fährte. Farblich passend fände ich ein mattes, dunkleres Gelb, nicht kräftig, eher in Richtung beige. Womöglich muss ich aber meine Farb-Assoziationen überdenken, da offenbar auch andere "blaue" Flacons stark ins künstlich-fruchtige tendieren, wie z.B. der Myrurgia Yacht Man Blue, der auch nichts mit aquatisch am Hut hat.
Und "sommerlich" wird von vielen wohl weniger mit kühlen Bergseen oder einer steifen Meeresbrise in Zusammenhang gebracht, als mit Urlaub am Mittelmeer und auf belebter Strasse ausgeleerte und an der Sonne eingetrocknete, klebrige Limonade.

Für einen Sommerduft sind Haltbarkeit recht gut und Sillage ganz ok (heisst: etwa in der persönlichen Zone wahrnehmbar).

Mein Hauch-Test bringt etwas Auffälliges zutage: Sonst erschnüffle ich fast immer eine konzentrierte Dosis der Basis, des Kerns eines Duftes. Bei diesem Versace riche ich fast nichts, so als bestünde er nur aus Kopf- und Herznoten, ohne wahrnehmbare Basis.

Die anderen Versaces sagen mir mehr zu, wie der gefällige (leider schwächliche) Oud Noir, der minzig-leckere Eros, der kirschig-tabakige Dreamer und einer meiner Lieblingsdüfte: L'homme.

Mit was ist er vergleichbar? Einem aus meiner Sammlung ist er ähnlich: Salvador Dali Silver Sun, wobei diesem die Zitrusnote fehlt. Doch diese starke, matte Fruchtigkeit ist beiden eigen.
Von den hier angegebenen Duftzwillingen besitze ich nur einen: Banderas' Blue Seduction for Men. Und ja, eine Ähnlichkeit ist nicht abzusprechen. Ist aber auch nicht mein Lieblings-Banderas.

Heisst das nun, dass ich Versace Man Eau Fraîche nicht mehr tragen werde? Nein. Ich werde ihn ab und zu auflegen, wenn die 30-Grad-Marke geknackt wird, trockene Hitze, Saharastaub. Dann kann ich mir diese schwülstige Fruchtigkeit durchaus vorstellen.
Ausserdem wird er ja von fast allen hochgeschätzt. Also werde ich mich mal so richtig damit eindieseln, Menschenansammlungen suchen und hoffen, dass ich endlich eines dieser "ungefragten Komplimente" bekomme, die scheinbar so viele Männer andauernd einheimsen ;)
2 Antworten
Dauerländer vor 4 Jahren 4 3
6
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
6.5
Duft
Pulverwaschmittel. Ein Ehrenrettungsversuch
Die "Story" Linie von Bogart kommt hier nicht gut weg.
Da er online sehr preiswert zu erstehen ist, mir die bisherigen Bogarts gut bis sehr gut gefallen haben und ich die Kontroverse suche, habe ich ihn mir letzten Winter bestellt und ein paar Monate kühl gelagert. Dann im Frühling der erste Test. Sofort nehme ich diesen charakteristischen Bogart-Grundakkord wahr, wie er z.B. auch Silver Scent, Story Red, sogar in Riviera Nights auftritt. Er ist hier nur sauberer, grundsätzlicher, glatter. Bald nach dem Aufsprühen meine über den gesamten Duftverlauf (welcher Duftverlauf? Linear wie nur irgendwas!) gleich bleibende Assoziation: Waschmittel. Eindeutig Waschmittel. Ich kann keine bestimmtes Marke dingfest machen, aber es ist eindeutig Waschmittel. Angereichert mit einem Mix aus künstlichen Kirschen-, Trauben- und Lavendelaromen.

Zitrisch? Fehlanzeige. Höchstens für ein paar Sekündchen nach dem Aufsprühen. Wobei ich von einem Riechen in den ersten 30 Sekunden sowieso absehen würde.
Aquatisch? Ein Arm-zu-Arm-Vergleich mit DEM aquatischen EdT, Cool Water, zeigt: Ja, da ist etwas. Während Cool Water für mich echter, natürlicher, "Wiese am Wasser" oder eher noch: "Bäume an einem See" riecht, habe ich bei Story Blue ein Comic einer Uferszene vor mir. Plastikoberflächenhaft.

Er hält lange durch, nicht extrem lange, aber für ein EdT für die wärmeren Monate schon richtig gut. Die Sillage ist auf etwa Armlänge über lange Zeit konstant.

Der Hauch-Test (etwas 1h nach Aufsprühen - ich mache es auf dem Handrücken - anhauchen und dann gleich ganz nahe daran riechen): Keine Änderung des auch sonst wahrgenommenen Duftes.

Das Dunkelblau des Flacons stimmt gut mit meinem Duftempfinden überein. Aufgrund der Waschmittel-Assoziation empfinde ich ihn auch weisslich-pulverig, die Farbe von Waschmittelpulver. Ja, Pulver. Nicht Flüssigwaschmittel. Das riecht anders: Crèmiger, dickflüssig, Jasmin.

Ein bestimmtes Alter anzugeben, für welches er besonders geeignet ist, fällt mir schwer. Womöglich gefällt er jüngeren Männern weniger, da ihm sowohl die intensive Süsse und diese aktuell so beliebte (Ananas-)Fruchtigkeit fehlt. Und er ist sicher kein sehr sophistizierter Duft. Er ist weder ein Crow-Pleaser noch ein Geheimtipp für Sucher nach dem aussergewöhnlichen Duft. Er riecht einfach synthetisch, sauber, blau, glatt, Bogart-isch und anders als die meisten Sommerdüfte.

Für mich von Frühling bis Spätsommer als Abwechslung zu zitrischen, aquatischen oder fruchtigen Düften, besonders bei eher feuchtem Wetter und wenn ich unterwegs bin und nicht nach 2 Stunden schon wieder nachsprayen möchte.

Und gerade eine Backup-Flasche bestellt und kühl eingelagert.
3 Antworten
Dauerländer vor 4 Jahren 15 5
9
Flakon
8
Sillage
10
Haltbarkeit
9.5
Duft
Zitrisch-pudrig-harzige WUCHT
Es ist gerade Weltdufttag 2020 und ich musste einfach mein liebstes, noch produziertes Parfum aufsprühen, obwohl die Saison die falsche ist. Ein Spray in die linke Armbeuge, morgens um ca. 9 Uhr. Jetzt ist es 19 Uhr und es riecht und projiziert immer noch stark. Ich werde morgen früh duschen und weiss, ich werde es danach immer noch riechen können. Einer meiner ganz wenigen Düfte, die so lange anhalten. Und dabei ist der Duft sanft, trotzdem männlich, ohne auch nur eine Spur animalisch zu sein. Ziemlich linear. Überaus gut gemixt. Elegant. Erwachsen. Die Sillage ist über viele, viele Stunden praktisch gleichbleibend gut, nicht raumfüllend, eher auf 50cm bis 1m beschränkt.

Ich trage ihn sehr gerne an einem Tag, den ich zuhause verbringe. Morgens aufgetragen, 2 Sprühstöße reichen, verfolgt mich eine dezente, aber stets gut wahrnehmbare Duftwolke bis in den späten Abend hinein. Wenn ich ihn draussen trage, dann mindestens mit Hemd. Eigentlich gehören Krawatte und Anzug dazu, was nun nicht so mein Ding ist und keine Pflicht bei der Arbeit. Da würde ich eher auffallen und Sprüche einheimsen wie "hast wohl ein Vorstellungsgespräch ;)".

Er passt gut zum Winterhalbjahr, also für unsere Breiten von ca. Mitte September bis etwa Ende März, Tag oder Abend.
Die Farbe der Flüssigkeit passt sehr gut, ich nehme ihn als gelb und leicht crèmig wahr.

Mit seiner enormen Performanz und der Seltenheit, mit der ich solche Top-Düfte verwende, werden meine zwei 100ml-Flacons wohl noch ein paar Jahrzehnte halten und besonderen Tagen eine spezielle Note verleihen.

Wenn ich (aus unerfindlichen Gründen, wie immer bei diesen Gedankenspielen) alle Düfte bis auf zwei weggeben müsste, dann würde ich genau diesen - und die von mir noch höher geschätzten 2012-er Version - behalten.
5 Antworten