DerTom

Im Fernsehen gab es mal eine Doku über italienische Zitronenbauern. Für mich der Höhepunkt war, als sich einer der Männer eine frische Zitrone vom Baum pflückte und ohne zu zögern herzhaft hineinbiss. Ohne das Gesicht auch nur um einen Tick zu verziehen erklärte er schmatzend und mit einem breiten Grinsen, dass seine Zitronen die besten im ganzen Umkreis wären.

An dieses Bild muss ich denken, wenn ich Colonia auftrage. Es macht sich sofort ein kräftiger und frischer Zitronenduft breit. Da ist nichts saures oder stechendes dabei. Schon gar nichts künstliches. Einfach nur frische Zitrone. Die zieht sich aber relativ rasch wieder zurück, der Duft wird breiter und cremiger. Nach ein paar Stunden merkt man von der Zitrone nur noch etwas, wenn man mit der Nase ganz nahe ran geht. Dafür dominiert jetzt leicht eine "körperorientierte" Duftnote - anscheinend der Moschus. Eine interessante Sache.

Für mich ist das ein perfekter Sommerduft. Ein anfangs kräftiger, erfrischender und eigenständiger Duft, mit dem man nicht negativ auffällt. Kann man auch an heißen Tagen tragen.

Gott sei Dank keine süße Fruchtbombe, dafür sorgen schon die würzigen Komponenten. Kirsche kann man wirklich gut wahrnehmen. Der Duft kommt ziemlich trocken und herb rüber. Fast auch ein bisschen rauchig. Obwohl er doch kräftiger und interessanter ist, hat er für mich auch etwas sportliches, dynamisches.

Mich persönlich spricht er nicht an. Für den jungen oder jung gebliebenen, sportlichen Typ ist er aber sicher ideal für den Abend zum Ausgehen.

Anfangs war ich von Kenzo Homme Boisée geradezu begeistert. Diese Mischung aus würzigen und holzigen Noten mit einem kräftigen Schuss aquatischer Frische war etwas, das ich noch nicht kannte. Meinem Empfinden nach hatte der Duft etwas dezent maskulines, das mir gut gefiel. Entsprechend häufig verwendete ich ihn daher auch.
Aber je öfter ich ihn trug, desto mehr änderte sich meine Wahrnehmung des Duftes. Die würzigen und holzigen Noten traten immer mehr in den Hintergrund und machten den aquatischen Anteilen so mehr Platz. Heute ist KHB für mich, trotz mehrmonatiger Abstinenz, "nur" mehr ein aquatischer Duft mit einer holzigen Komponente. Absolut unspektakulär. Wenn ich ihn heute trage, dann nur mehr aus "Vernunftsgründen" und nicht mehr, weil mir danach ist. Denn als Büroduft ist er, sparsam aufgetragen, eine gute Wahl. Er eckt nicht an, ist nicht aufdringlich und hebt sich doch (hoffentlich) positiv von so manch anderen Düften, die sich in die Büros verirren, ab. Aber zu mehr fehlt es ihm meiner Meinung nach an Potential.

PS: Ich stelle gerade fest, dass aquatische Düfte offensichtlich nicht mein Ding sind ... ;-)

Als ich diesen Duft das erste mal roch hat es mich fast umgehauen. Ich war in einer kleinen Parfümerie und hatte bereits ein paar Düfte probiert aber nichts davon sprach mich wirklich an. Ich wollte schon wieder unverrichteter Dinge gehen, als mir die guten Bewertungen von Pour Monsieur hier auf Parfumo einfielen. Naja, was solls - den kann ich abschließend ja auch noch probieren, dachte ich mir. Ich fragte also die Verkäuferin, ob sie auch Pour Monsieur habe. Anstelle einer Antwort zückte sie einen Teststreifen, griff nach einem schlanken Flakon und verteilte darauf - pfft-pfft-pfft - großzügig ein paar Sprühstösse. Noch bevor ich den Teststreifen auch nur ansatzweise in der Nähe der Nase hatte bemerkte ich schon diesen unglaublich würzigen Duft. Das stellte wirklich alles in den Schatten was ich davor probiert hatte. Mir entfuhr ein zufriedenes Grunzen, was von der Verkäufering mit einem breiten Grinsen quitiert wurde. So schnell hatte ich noch nie ein Parfum gekauft...

Die wenigen Duftnoten, die hier verwendet werden, sind perfekt aufeinander abgestimmt und ergeben so einen angenehmen und wunderbar abgerundeten würzig-zitrischen Duft. Wie schon von anderen erwähnt ist es ein Gentleman-Duft. Wobei hier die Betonung auf gentle (sanft, vornehm, leise) liegt. Soll heissen, dass er nicht aufdringlich oder laut ist, kein Macho, kein Aufreisser oder Partytiger. Er hat nichts verspieltes an sich, nichts bubi- oder mädchenhaftes. Er spielt nicht mit den Geschlechtern oder gibt vor, etwas anderes zu sein. Er ist angenehm geradlinig. Ein Gentleman eben.

Einziger Schwachpunkt: die Haltbarkeit. So intensiv der Auftakt auch ist, der Duft zieht sich leider relativ schnell zurück und nach ein paar Stunden nimmt man nur mehr an der Kleidung einen Hauch von Moos und Zeder wahr. Hier ist er sicherlich schon zu viel Gentleman und nimmt sich zu sehr zurück :-) Würde er länger aushalten hätte er 100% verdient.

Nachtrag:
Vor kurzem bin ich über folgende Definition eines Gentleman gestolpert: "Ein Gentleman ist ein Mann, der eine Frau so lange beschützt, bis er mit ihr allein ist." Dieses Bild ist sicher realistischer als das, das ich von einem Gentleman gezeichnet habe. Aber um einen grossartigen Duft zu beschreiben muss man sich manchmal einem idealisierten Weltbild bedienen. Hoffentlich ist dann die Enttäuschung nicht zu gross...

Wenn ich mir den typischen Träger dieses Parfüms vorstellen sollte, dann sieht er so aus: Mitte Vierzig, braun gebrannt, die obersten drei Hemdknöpfe offen, Hemdsärmel etwas aufgekrempelt, Goldkettchen, goldene Armbanduhr, eine (junge) Blondine am Beifahrersitz eines Sportwagens.

Sorry für diese grauslichen Klischees, aber das ist mir tatsächlich durch den Kopf gegangen, als ich diesen Duft zum ersten Mal roch.

Das Parfüm ist würzig, süß - und laut. Und klebrig. Gestern Abend aufgetragen und am Morgen rieche ich es noch deutlich. Nur für Leute, die gerne auffallen wollen. Offen ist dabei nur, ob man positiv auffällt...