Doppelkorn

Obwohl ich für Marken jenseits des Mainstream große Sympathien hege und mir gern etwas kaufe, was nicht jeder hat und was nicht an allen Orten verfügbar ist, bedeutet dies auf keinen Fall prinzipielle Zustimmung für mich. Und trotzdem würde ich im Falle des Unverständnisses und der unterschiedlichen persöhnlichen Vorlieben nicht von Enttäuschung und Verärgerung sprechen, sondern dennoch schauen, ob ich nicht doch etwas davon mitnehmen könnte, was mir einen Gewinn verschafft. Einen Gewinn an Wissen und Erfahrung, etwas Neues und Überraschendes.

Nasomatto DURO ist genau solch eine Erfahrung. Ich finde, die Marke hat auf dem Parfummarkt unheimlich viel erreicht und bewegt. Nasomatto ist in aller Munde und sicher auch Nase, die Flaschen sind kleine Niedlichkeiten. Gefallen sie mir? Nein, absolut nicht. Das fällt bei mir unter Nippes und insgeheim habe ich den Verdacht, dass hier die Verpackung einen Großteil der Geschäftsidee ausmacht. Warum nicht?

Und der Inhalt? Duro war für mich eines der ersten Oud-Parfums. Gut entsinnen kann ich mich noch an meine Reaktion. Ich zuckte zurück und ich war total irritiert. Das mir ein Duft so wenig gefällt und ich schon bei der Kopfnote mehr erschrocken als wenigstens verwundert war, hatte ich derart noch nie erlebt. Zum Glück hatte ich mich damals nicht gleich angesprüht. Abwaschen wollen wär mein zweiter Gedanke gewesen. Was war das denn? Oud? Bis heute kann ich mit dieser Note und dieser Duftrichtung nichts anfangen. Mir sagt die ganze Duftrichtung nichts. Aber ohne Nasomatto und Duro wüßte ich gar nicht was Oud ist, wie es riecht und ich wüßte auch nicht, dass es nicht so meins ist. Danke Nasomatto. Und interessant ist die Erfahrung immer. Gefällt es mir? NEIN! Gar nicht. Aber ich weiß, dass der Duftstoff gerade im Orient und Asien höchste Wertschätzung erfährt und das muß natürlich respektiert werden. Auch in Worten. Ich hab eine Weile überlegt, ob ich meinem Mißfallen deutlicher Ausdruck verleihen sollte. Könnte ich auf jeden Fall.

Duro selber ist mir als Duft etwas zu klebrig und zu dicht. Nichts, was ich erkennen könnte und mir verschlägt es den Atem. Da ist zwischen den Noten kein Platz und genau so empfinde ich den Geruch. Er engt mich ein und nimmt mir die Luft. Für so eine kleine Flasche ist das ganze ziemlich schwer. Was haben blos die Leute daran gefunden? Ein Gefühl, was ich immer beim riechen von Duro hatte, war diese Enge. Mir schien es, als würde der Duft mir von meinen 1,90 etwas wegnehmen.

Nur gerade weil mir auch diese Marke sympathisch ist, werde ich mit etwas gutem Willen auch alle noch kommenden Düfte testen und da mich Parfum interessiert, bleibe ich neugierig und gespannt. Trotz der persönlichen Kritik. Schließlich bin ich dank Duro und Nasomatto um viele Dufterfahrungen klüger geworden.
Danke du mir nicht gefallendes Parfum.

Ein Ü-Wagen ist eine große Sache. Ein schwerer Truck, endlos Technik, Monitore, Mischpulte, gespannt Ruhe, aufmerksame Leute. Die Klimaanlage rauscht, überall Lüfter und flimmernde Bilder. Die Handgriffe sitzen. Hier arbeitet nur, wer Ahnung von der Materie hat. Ich beobachte die Kameras, gebe Anweisungen für das Licht und lege Bildausschnitte neu fest. Mit leisem Zischen öffnet sich die Tür in meinem Rücken und der Tonassi kommt rein. Ich rieche es. Den erkenne ich am Geruch und bevor er es sich auch nur in der kleinen Sitzecke gemütlich machen kann, schicke ich ihn wieder raus, weil ich ein weiteres Micro vorne rechts will. Das ist zwar nicht nötig, aber ich mag sein Parfum nicht und ich mache hier die Ansagen. Knize Ten ist für diesen Arbeitsplatz einfach zu stark und es paßt nicht zu diesem Jüngelchen. Er kann tragen was er will, aber wenn er sich so einnebelt, dann finde ich es störend und wir arbeiten hier konzentriert auf engstem Raum. Meine Abneigung gegen Knize Ten rührt aber auch aus ganz persönlichen Erfahrungen. Ein Onkel, der sich immer für etwas besseres hielt und meinen liebenswürdigen Vater zeitlebens wie einen Diener behandelte, nutzte diesen Duft und ich habe es gehaßt. Ich haßte dieses gekünzelte Auftreten. Hut, Mantel, sehr vornehm und so überheblich wie Graf Koks. Das Benehmen sprach eine andere Sprache und seitdem ist mir Knize Ten verhaßt.
Der Duft ist mir zu raumgreifend und wenn ich alle Abneigung außen vor lasse, dann finde ich persönlich ihn zu plump. Das ist duftende Effekthascherei. Laut und mit wenig Entwicklung. Die Basis dominiert den ganzen Duft und so bekommen selbst die Agrumennoten dieses schwere Leder um die Kopfnote geknallt. Feinheiten kann (oder will) ich nicht erkennen und ab der Herznote wird es für mich ein Einheitsbrei der mir in der Nase sticht.
Ich überlege, ob vorne links nicht noch ein Micro nötig wär. Kamera 2 hat den Tonassi eingefangen wie er auf dem Rückweg ist. Die Cutterin lächelt gespannt und ihre Lippen formen little man syndrome. Ja, vorne links brauchen wir noch ein Micro.

Der Duft vom Escentric 02 begleitet mich schon seit einigen Jahren. Genau dann, wenn ich mit dem privaten Auto unterwegs bin. An mir selber mochte ich den Duft nach einigen Tagen nicht mehr, doch immer wenn Beifahrer einstiegen erntete ich Komplimente für den angenehmen Geruch in meinem Auto, welcher von einem Schal herrührte, der einige Sprüher 02 zu viel abbekommen hatte und deshalb ins Auto verbannt worden war. Der Geruch von Hollunder und diesem Ambroxan-Zeugs paßt für mich perfekt zum Leder und den dicken Polstern. Gelassen lehne ich mich zurück und freue mich, wenn ich den Privatwagen ausführen kann. Es gibt keinen wirklichen Grund für fast 600 PS und auch wenn die B&W Lautsprecher, die ich mir hab einbauen lassen, den heimischen Konzertsaal transportabel gemacht haben, so ist die Anschaffung wohl doch nicht wirklich nötig gewesen. Seitdem das Spielzeug aber so gut riecht, ertappe ich mich öfters bei Überlegungen, ob ich nicht diesen oder jenen Weg mit dem Auto ...
Einsteigen, Musik an und schon ist Frühling. Escentric 02 ist für mich der Frühling zum sprühen. Ich sehe mich, wie ich im Garten sitze und ein Glas Hugo trinke. Almdudler empfand ich nicht so frisch. Eher der zitronig süße Hugosirup. Für mich riecht die Kopfnote genau nach diesem Erfrischungsgetränk. Erst danach kommt diese beschwipste Ginnote und dann ist es an der Zeit nach den E-Mail zu schauen. Baumärkte und Computerläden ziehen mich magisch an und Apple ist Pflicht. Herrlich, wie das duftet.
Der Duft lebt für mich durch seine Kopfnote und weil ich nicht wußte, was ich mir unter Ambroxan vorzustellen hatte, bin ich neulich dorthin gefahren, wo man solche Sachen kennenlernen kann. Sieht aus wie Salz, riecht kaum nach viel und gibt doch dem Parfum seine Wirkung. Na mir soll es Recht sein. Ich greife ins Handschuhfach und sprühe neben mir auf die Fußmatte. Herrlich, Frühling, Garten und dennoch mit der Welt verbunden. In Gedanken klappe ich das Notebook zu. Nicht ablenken lassen. Träumen.

Vor der Nase bauen sich Flaschen auf. Kleine, große, Pipetten hier und Riechstreifen dort. Vetiver aus verschiedenen Regionen, von unterschiedlichen Produzenten und Vetiver unterschiedlicher Gerüche. Der Verkäufer strahlt über sein ganzes Gesicht. Ich muß zwar los, doch das scheint nicht so wichtig, in Anbetracht von Vetiver. Riechen sie mal das hier und schnuppern sie den mal. Ich schrecke entsetzt zurück und der Verkäufer lacht schallend los. Das ist der Stoff aus dem die Parfumträume mit Vetiver sind? Ne, ich denke nicht, mein mein gesprächspartner und verschwindet kurz um mit zwei weiteren Flaschen zurückzukommen. Was ist da drin, will ich wissen, weil mir noch der Räucherofen der letzten Flasche in der Nase hängt. Keine Panik, die Flasche ist voller Eleganz und bringt sogar die Spur einer Grapefruitnote mit. Er strahlt und hält mir Vetiverylacetat unter die Nase und nun endlich wird mir klar, warum einer meiner Lieblingsdüfte, der doch der Werbung nach nur aus einem chemischen Stoff bestehen soll, nach so viel mehr riecht, als nur nach diesem einen Stoff namens Vetiverylacetat. Und das da? Was haben sie in der zweiten Flasche? Vetiverylacetat für Arme. Schauen sie mal, selbst die chemischen Substanzen riechen nicht alle gleich. Puh, der hat eine leichte Essignote. Genau. Ist der alt? Nein, nein. Nur billig. Auch hier gibt es riesige Unterschiede. Aber das Zeug aus dem Molecule 03, das ist cool. Ein einziger Stoff mit so viel Reichtum und viele Leute behaupten immer, das diese künstlich hergestellten Duftbausteine den natürlich immer unterlegen wären. Dabei riecht das Molecule 03 nach Holz, es hat etwas Wurzeliges, dann ist da die Grapefruit und wenn man länger wartet, entpuppt es sich für mein Dafürhalten als leicht schwebender Hautduft. Das war das Stichwort. Wollen sie noch einen neuen Moschus riechen? Nein, ich muß doch los.
Aber ich werde neugierig bleiben. Versprochen, fragt er mich zum Abschied. Versprochen.

Es war ein Weihnachtsgeschenk meiner Frau und ganz sicher auch ein Fingerzeig. Schon lange waren wir nicht mehr in Spanien, zu lange schon gingen wir nicht mehr zwischen schattenspendenden, blühenden Zitrusbäumen in der Gluthitze des Sommers spazieren. Zu lange schon. Der leicht bittere, betörend fruchtige, typische Zitrusduft, verströmt von zehntausenden Blüten, erfrischt auf unbeschreibliche Art die Sinne und versöhnt im nächsten Moment auf liebliche Arte. Wenn das Neroli ist, dann liebe ich es und ich liebe den August.

Inzwischen hat die Flasche das neue, schlichte Design. Rot wie ein Feuerwehrauto, markant und stilistisch reduziert, wie alles, was Herr Kormann macht. Oder besser der Herr Zarth, der wohl für die Gestaltung verantwortlich zeichnet.

Der August wirkt frisch und spritzig. Im Auftakt für einen kurzen Moment wie ein Rasierwasser, was in der Nase kribbelt. Danach folgt diese grandiose Nerolinote, die zitrisch, fruchtig immer zwischen herb und lieblich schwingt. Ganz so, als könnte sie sich nicht entscheiden. Was dann folgt ist ein unglaublicher Wechsel. Ein Kontrast der mich immer wieder fasziniert, weil der August nach rund einer halben Stunde sich für meinen Geschmack fast schon in einen kuscheligen Sonnencremeduft verwandelt. Plötzlich wird es ein weicher, fruchtiger und dezent blumiger Hautduft, der zum Ende fast cremeartig ausläuft.

Vielleicht ist dies eine Folge des kormannschen Minimalismus. Ich weiß es nicht. Auf jeden Fall ist auch der August abwechslungsreich, ich vermag Kopf, Herz und Basis gut zu erkennen, und unterhaltsam für meine Nase.