DuftJunkie

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DuftJunkie vor 10 Jahren 9 5
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Duft
Es Lebe Der Fisch
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Es lebe der Fisch. Doch in diesem Duft: tut er's nisch.
Dieser Duft mag tatsächlich für einige etwas von einem Fisch haben. Ich würde eher sagen: Dieser Fisch, sofern er überhaupt mal da war, ist schon lange tot. Und zwar so tot, daß man ihn zum Glück "kaum" wahrnimmt. Vielleicht ist er in dem Fass Anisschnaps ertrunken, den wir hier vorliegen haben; mit einer Mischung aus 1 Teil Pernod, je 2 Teilen Ouzo und RAKI, 4 Teilen Pastis und 6 Teilen Küstennebel, damit es auch schön den Eindruck von Meer, Küste, Sand und Strand erweckt. Eigentlich kein schlechter Ausgangspunkt für einen Duft, der bewußt abseitig sein will, wäre der erwähnte Fass nicht bis zur Oberkante mit italienischem Sambuca (ca 1000 Teile) aufgefüllt worden.

Dieser Sambuca mag auch der Grund dafür sein, warum sich drei tote Fliegen am Fassrand angesammelt haben. Beim näheren Betrachten dieser Fliegen stellt sich jedoch heraus, daß dies nur drei Teile EINER fliegenden Tierart sind, nämlich: der Motte! Genauer gesagt: der "Berga-Motte", die scheinbar in den Bergen der Apuanischen Alpen beheimatet ist. Diese Berga-Motte, oder ihre unsterbliche Seele sieht dann, was in dem Fass mit dem "Alles-Zudröhnenden-Fenchel-Gebräu" noch so da ist: ein paar Kräuter, die sich zu Basilisken aufgetürmt haben (Basilikum), vom Alkohol eliminierte Harze (Elemiharz), von Bitrex (Denatoniumbenzoat) bis zur Unkenntlichkeit zersetzte Orangen (Bitterorangen) und natürlich ein paar Blüten, die vorgeben irgendwann einmal Teilchen des begehrten "Jasminum Sambac" (indischer Jasmin) gewesen zu sein.

Nach laanger, laaanger Zeit wird dann auch irgendwann dem normalsterblichen "Menschen" erkenntlich, daß zum Schluß noch ein Quäntchen Eichenmoos mitschwingt, ein wenig gesandstahltes Holz (Sandelholz, Zedern) sich in dieses Fass aus Fenchelöl verirrt hat und ein Hauch von Moschus darum kämpft, nicht von einer Tonne Ariel reingewaschen zu werden. Denn wie man weiß, kriegt man mit Ariel ja ALLES rein und weiß, nicht nur mein edles Sakko damals vor etlichen Jahren, das eigentlich Vanillegelb sein wollte/sollte. Wie auch immer: Moschus hat hier das Nachsehen insofern, daß er blass und zugedeckt bleibt, eben wie: "weißer Moschus".

Kurz und schmerzloser Fazit:
Ich würde der Olivia Giacobetti diesen Verriss hier gern ersparen, wo ich doch weiß, daß sie zu ganz anderen Werken fähig ist:

Aber diese Meinung von mir
Kommt ja nicht von Ungefähr
Tote Fische und Ungetier
Die gehören nicht hierher

Was den von mir 'vorerst' angegebenen Duftzwilling "Anice" von Etro angeht: dieser Anice ist nicht nur um Längen besser, er ist/oder war nicht ein Preiswucherer. Zumal man bedenken muß, daß kein billiger Fenchel, sondern echter, feiner Anis verwendet wurde.
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DuftJunkie vor 10 Jahren 10 4
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Duft
Blutrache für Apollonia
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Das Lied:

Der Mond brennt am Himmel
Und ich brenne vor Liebe
Das Feuer ist fast erloschen
So wie mein Herz

Meine Seele schreit auf
Voller Schmerzen
Ich bin nicht in Frieden (mit mir)
Welch eine schreckliche Nacht

Die Zeit vergeht (in der Nacht)
Doch es gibt keine Dämmerung
Es gibt kein Sonnenschein
Wenn sie nicht zurückkehrt

Meine Erde brennt
Und auch mein Herz brennt
Was für sie Durst nach Wasser
Ist für mich Durst nach Liebe

Wem singe ich mein Lied
Wenn niemand da ist
Und sich sehen läßt
Auf dem Balkon ?
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Die Blutfehde:

Bei diesen Zeilen handelt es sich um das sizilianische Lied "Brucia La Terra". Es ist das Lied, das in der Instrumental-Version als das "Liebes-Thema" in den frühen Pate-Filmen bekannt wurde. Als es im dritten Film auch gesungen wurde, flammten nicht nur auf der Leinwand Erinnerungen an eine große Liebe auf. Auch bei den Zuschauern kamen rührende Bilder der bildhübschen, ersten Frau Michael Corleone's in den Sinn. Man erinnerte sich daran, wie sie bei einem Anschlag, der ihrem frisch angetrauten Ehemann galt, das Leben lassen musste. Apollonia war also tot, die Blutfehde um ein Opfer reicher im Corleone-Clan. Würde dieses zweifelsohne hübscheste Opfer in einer "Vendetta" gerächt werden? Im Kino wurde man damals enttäuscht. Gerade Apollonia, die große Liebe Michael's wurde nicht gerächt. Erst später, bei der DVD-Trilogie konnte man die 'verschollenen' Szenen sehen, wo auch die "Vendetta Per Apollonia" vollzogen wurde. 
Es hat durchaus einen Sinn, daß ich dies alles hier beim Kommentar zu "Vendetta pour Homme" anführe. Denn kaum ein anderes Parfum greift das Italia-Thema so gekonnt und virtuos auf, wie eben dieses. Näheres gilt es jetzt zu erkunden.
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Der Flakon:

Als ich kurz nach Erscheinen des Duftes den Flakon in den Schaufenstern sah, war es als würde er mir zuflüstern: "Ich bin hier falsch und lieblos abgestellt worden. Normalerweise ist mein Platz im Bad des Paten, vor dem Spiegel." Ich als Pate-Fan konnte das gute Stück doch dort nicht stehen lassen.
Also, gleich ohne groß zu testen gekauft. Dabei konnte ich aufgrund meiner nicht vorhandenen Italienisch-Kenntnisse gar nicht wissen, wie viel Pate in Duft steckte. Mir gefiel nur der Flakon, der Duft erst viel später. Aber mit dem Flakon ging es nicht nur mir so, wie auch die folgende Anekdote zeigt.
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Die Putzfrau:

Ich wohnte damals in einem Appartement, das vom Betrieb gesponsert wurde. Jeden Morgen kam eine Putzfrau, kurz nachdem ich zur Arbeit ging. Eines Morgens mußte ich zurück, weil ich etwas vergessen hatte. Die Putzfrau war schon da und putzte. Als ich mein Utensil nahm und weg wollte, sprach mich die Putzfrau an und sagte, daß sie jeden Morgen die ganzen Parfums vor dem Spiegel wegräumt um die Abstellfläche zu putzen. Dabei hätte sie eines dieser Parfums ins Herz geschlossen und fragte, ob sie es sich mal kurz aufsprühen dürfte. Ich war neugierig, welches Parfum sie meinte und sagte okay. Aus etwa 20 bis 25 Parfums griff sie sich ausgerechnet Vendetta, sprühte es sich auf, schloss kurz die Augen und sagte lächelnd: "Bella Italia". Paradoxerweise war die Gute eine Philippinin und war nie in Italien, wie sie versicherte.
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Der Duft:

Die Anekdote mit der Putzfrau habe ich erwähnt um zu zeigen, daß man bei diesem Duft nicht unbedingt ein Duftkenner sein muß um die Geschichte zu erfassen, die dieser Duft einem vermitteln will. Hier ist es denn auch das Italia-Thema, das anvisiert war. Wohlgemerkt mit einem Schwerpunkt auf die "Brennende Erde" Siziliens. Dieses Brennen fühlt man schon zu Beginn. Koriander, Kardamom und Pfeffer sorgen für eine Hitze, die mit reichlich Bergamott, anderen Zitrustönen und einer speziellen Grünnote in Grenzen gehalten wird. In der Herznote glimmen die anfänglichen Gewürztöne aus, dafür 
kommen jetzt stärkere Gewürze auf Zimt und Nelken-Basis zum Zug. Nun brennt nicht 'nur' die Erde oder der Mond, sondern das Herz, auch das Herz jedes Teilhabenden. Dieses Feuer des Herzens wird hier mit starken Holznoten und etwas kühlendem Blütenmix auf Geranium-Basis eingedämmt.
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Die Basis:

Dieser Fond verdient einen eigenen Absatz. Denn es ist gerade diese Basis, die sich am längsten auf der Haut hält und dem grandiosen Namen Vendetta alle Ehre macht. Nachdem der Mond, Die Erde und das Herz des Rachewütigen fast ausgebrannt sind, kommt eine Erdigkeit ins Spiel, die man selten in Parfums vorfindet. Es ist nicht wie bei Cool Water die feuchte Erdnote, die wahrscheinlich an den Meeresgrund anspielt, auch nicht die Erdnote aus L'Eau D'Issey, die an den Waldboden nach einem Regenschauer abzielt oder die sehr geschätzte Erdnote aus Terre D'Hermes, die uns an unseren Ursprung, an die trockene aber doch so fruchtbare Erde erinnern soll. Bei Vendetta türmt sich regelrecht Erdreich zu einem Berg auf, der unter der Gluthitze Siziliens brennt. Ohne, daß auch nur ein Fünkchen Feuer zu sehen wäre. Eine besonders hartnäckige Zimtrinde in Verbindung mit Amber sorgt für diese enorme Hitze. Patchouli, Vetiver und Eichenmoos sorgen für die Erdnote.
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Die Blutrache:

Sengende Hitze ohne Feuer, das wird auch dem Verräter und Mörder von Apollonia zum Verhängnis. Dieser Fabrizio kann sich nämlich nach dem Verrat am Corleone-Clan nach "Bella America" absetzen, wo er in einer Pizzeria arbeitet. Das letzte, was er zwischen sengend heißen Pizza-Öfen zu sehen bekommt, ist der Lauf einer Pistole im Halbdunkel. Und eine fremde Stimme sagt ihm die letzten Worte, die er hören soll: "Grüße von Michael Corleone".
Wer weiß? Vielleicht hat der Racheengel von damals eine schöne Lederjacke getragen, wie es auch Hordak, mein Vorkommentator so treffend umschrieb. Denkbar wäre es, denn im gesamten Duftverlauf von "Vendetta pour Homme" kommt diese schöne Ledernote immer wieder mal zum Vorschein.
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Gewidmet der zweifelsfrei schönsten Darstellerin in dem Film "Der Pate":

Apollonia, alias Simonetta Stefanelli
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DuftJunkie vor 10 Jahren 24 8
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Duft
Der Doppelmord Und Das Geständnis
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Die Raucherin:
Cherilyn ist eine Frau Ende 20 und lebt mit ihrem Mann in New Orleans. Eines Tages sehen Sie wie eine dunkel gekleidete Frau in eine große Limousine steigt, von der sie später erfahren, daß sie eine Wahrsagerin ist. Sie hat sogar den Beinamen "Königin des Schicksals".
Weil Cherilyn, wie viele andere Menschen auch, sehr interessiert an ihrem Schicksal ist, sucht sie diese Wahrsagerin mit ihrem Mann auf. Sie beschließen, daß Cherilyn die Dienste der Wahrsagerin für einige Zeit in Anspruch nimmt. Bei dem Gespräch fällt Cherilyn der Duft in den Geschäftsräumen der Zigeunerin auf. Da sie selbst starke Raucherin ist, kann sie nicht genau sagen, ob es ein Parfum ist oder einfach nur ein wohlriechendes Räucherwerk. Dieser Duft hat etwas dunkles und mysteriöses an sich. Ja sogar etwas tabakartiges glaubt Cherilyn wahrzunehmen. Es könnte ja sein, daß die Dame ebenfalls starke Raucherin ist.

Die Wahrsagerin:
Diese Dame stellt sich im weiteren Verlauf als Nichtraucherin heraus. Aber das ist Cherilyn auch egal; denn ihre Beraterin hat ganz andere Besonderheiten. Diese Zigeunerin scheint tatsächlich hellsehen zu können. Bei jeder Séance erkennt Cherilyn, wie viel diese Frau über sie und auch ihren Mann weiß. Zum Teil Dinge, die nur ihr Mann und sie eigentlich wissen dürften. Auch wenn der immerwährende rauchig-süße Duft des Räucherwerks ihr langsam missfällt, denkt sich Cherilyn, daß diese Zigeunerin wirklich ihr Geld wert ist. Da sieht sie schon mal über diesen durchdringenden Duft hinweg, auch wenn sie manchmal das Gefühl hat, dieser Duft würde sie regelrecht verfolgen. Denn mittlerweile glaubt sie, diesen Duft auch andernorts zu riechen; im Kino, beim Shopping oder sogar bei sich selbst zu Hause. Aber solche geheimnisvollen Vorkommnisse sind normal, wenn man sich von einer hellsehenden Zigeunerin in Sachen Schicksal beraten läßt.

Das Parfum:
Am 20. Mai 1974, an ihrem 28. Geburtstag muß Cherilyn sich näher mit diesem Duft beschäftigen. Obwohl sie den ganzen Tag jenen ominösen Räucherduft nicht wahrgenommen hat, ist sie doch beunruhigt als ihr Mann spät von der Arbeit nach Hause kommt und einen Hauch des Duftes in der Wohnung verbreitet. In der Nacht kann sie kaum schlafen, weil sie immerzu an den Duft denken muß. Wenn es tatsächlich so ist, daß ihr Mann diesen Duft mitgeschleppt hat, dann war er vielleicht auch bei der Wahrsagerin. Denkbar wäre es, daß auch er ihre Hilfe braucht, weil er auf der Arbeit ziemlichen Stress hat und in letzter Zeit viele Überstunden schieben mußte. Sie entschließt sich mitten in der Nacht ihren Freund Cio anzurufen. Der kennt sich mit Düften nämlich ein bisschen aus und ist vor einiger Zeit nach Frankreich gegangen um seine Duftkenntnisse weiter auszubauen. Er frühstückt gerade, als Cherilyn ihm vom Duft erzählt und ihn hastig fragt, ob er solch einen Räucherduft kennt. Er sagt, daß er sich mit Räucherwerk nicht gut auskennt, aber daß er ein Parfum kennt, das ähnlich riechen könnte, nämlich: "Habanita".

Der Doppelmord:
Nach dem Gespräch mit Cio ist Cherylin so verwirrt, daß sie am folgenden Abend die Wahrsagerin aufsucht. Die ist gerade dabei, ihr 'Geschäft' zu verlassen, als Cherylin sie abfängt und um eine dringende Sitzung bittet. Nach einer Extra-Vergütung sagt die Dame, Cherilyn soll zu der Privatadresse fahren und dort auf sie warten. Als sie sich vor dem Haus der Wahrsagerin treffen, führt die Dame Cherilyn in einen dunklen Raum, wo sie Kerzen anzündet und die Séance eröffnet. Dann legt sie Karten, woraus hervorgeht, daß Cherilyn von ihrem Mann betrogen wird. Verwirrter als vorher begibt sich Cherilyn nach Hause, wo sie sich plötzlich an den Parfum-Flakon erinnert, den sie beim Hinausgehen aus dem Haus der Wahrsagerin auf einer kleinen Kommode gesehen hatte:
HA
BA
NI
TA
Voller Wut und mit einem Gewähr im Gepäck fährt sie wieder zu der Privatadresse der Wahrsagerin und erwischt ihren Mann mit ihr in flagranti. Sie drückt zweimal ab und wird später ohne Gegenwehr festgenommen. Sie legt ein umfassendes Geständnis ab.

Das Geständnis:
Die Schicksals-Dame von New Orleans bürstete ihre Katze in ihrer schwarzen Limousine. Auf dem Rücksitz waren Kratzer als Zeichen der Männer, die ihr Schicksal für sie gewonnen hatte.
Ich konnte nicht durch das getönte Glas sehen. Sie sagte: ”Nach Hause, James“, und er trat auf's Gas. Ich folgte ihr zu einem verdunkelten Raum. Sie nahm mein Geld und sagte: “Ich werde bald bei dir sein”
Die dunkle Dame lachte und tanzte und zündete Kerzen an, eine nach der anderen. Tanzte zu ihrer Zigeuner-Musik bis ihr Gebräu fertig war. Die Lady vollzog schwarze Magie bis die Uhr zwölf schlug. Sie erzählte mir mehr über mich als ich selber wusste und zog zwei Karten: eine Königin und eine Drei. Und sie murmelte ein paar Worte, die mir so seltsam vorkamen. Dann deckte sie einen zwei-äugigen Buben auf! Was sollte das wohl bedeuten? Meine Augen sahen rot, doch die Karten blieben schwarz.
Sie sagte: "Der Mann, den du liebst hat eine heimliche Beziehung zu jemandem, der dir sehr nahe ist. Mein Rat ist, dass du diesen Ort verlässt, niemals zurückkehrst und vergisst, dass du mein Gesicht je gesehen hast.
Also lief ich nach Haus und kroch in mein Bett. Ich konnte nicht schlafen wegen all der Dinge, die sie gesagt hatte. Doch dann erinnerte ich mich an ihr seltsames Parfum; und daran, wie ich es in meinem eigenen Zimmer einmal gerochen hatte!
Also schlich ich zurück und erwischte sie mit meinem Mann. Sie lachten und küssten sich ... bis sie das Gewehr in meiner Hand sahen.
Das nächste an was ich mich erinnere ist, dass sie tot auf dem Boden lagen. Diese dunkle Frau würde nie wieder eine Karte aufdecken.

Die Auflösung:
Alles an dieser Geschichte ist natürlich frei erfunden, oder fast. Fast, bis auf das Geständnis. Dieses Geständnis existiert nämlich tatsächlich. Es wurde sogar seit 1974 tausendfach vorgetragen. Und zwar von einer gewissen Cherilyn Sarkisian, geb. 20. Mai 1946. Einer Frau, die geheimnisvoller ist als die meisten Wahrsagerinnen es jemals sein werden und somit "Habanita" eher verkörpert als die 'Dark Lady' aus New Orleans.

Gewidmet einer der größten Künstlerinnen aller Zeiten (auch wenn ich nicht so sehr ein großer Fan von ihr bin):

Cher
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DuftJunkie vor 10 Jahren 23 7
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Duft
Der Karitol-Komplex
Wirbelwind:
Es ist Hochsommer und die Straßen sind leer
Noch stehen Bäume, doch kein grüner mehr
Der Wirbelwind hat alles zerstört
Darunter auch was mir hat gehört
Dies zu vergessen vermag ich nicht mehr

Parfums verduften in ein paar Ebenen
Blumen verwelken und Menschen sterben
Die Mutter Natur bestimmt die Zeit
Alles Geschichte, Vergangenheit
Die Erinnerung bleibt, an mein Ebène

Der Karitol-Komplex:
Irgendwann in ferner Zukunft, so in etwa 8097 Jahren, machen Archäologen in Enerwien eine Entdeckung. Sie finden einen Glasflakon, der eine grüne Flüssigkeit enthält. Eigentlich kein großer Fund, wäre da nicht der Fachmann Cio. Er denkt an den anderen Fund ein Tag zuvor. Ein Stück Papier, wo etwas von einem Wirbelwind, Parfums und Ebène geschrieben stand. Und dieser Glasflakon sieht nach einem Parfum aus. Er untersucht das Glas und kann nur folgende Worte entziffern: COMPLEXE KARITOL. Bei der Untersuchung fällt ihm beim Öffnen das Glas fast aus der Hand und ein Teil der Flüssigkeit tropft ihm auf den Unterarm. Es macht sich sofort ein Wohlgeruch breit. Die zwischenzeitlichen Eiszeiten haben den Duft wohl vor dem Kippen bewahrt. Der Rest der Flüssigkeit wird ins Labor geschickt und Cio zum medizinischen Check. Zum Glück fehlt ihm nichts, doch die Auswertungen vom Labor sind nun umso interessanter für ihn. Was hat es bloß mit dem Karitol-Komplex auf sich?

Die Auswertung:
Als Cio am nächsten Morgen aufwacht bemerkt er, daß sein Unterarm an der Stelle, wo das Parfum darauf tropfte, von Ekzemen geheilt ist. Auch die Medizin des 11. Jahrtausends hatte nichts gegen die Ekzeme ausrichten können. Was steckt in diesem Parfum? Die Antwort gibt ihm die Analyse des Labors, die auf seinem TK-Bildschirm erscheint. Demnach ist diese Flüssigkeit kein Parfum, sondern ein Rasierwasser. So etwas benutzten die Menschen im 2. und 3. Millenium, als Parfum noch nicht verboten war. Parfums wurden Mitte des 3. Milleniums verboten, weil der Mensch auf der Suche nach immer neuen Düften erst Tierarten ausrottete, danach irgendwelche pilzbefallenen Bäume dezimierte und schließlich bestimmte Baldriangewächse des Himalaya aussterben ließ. Die Grenze war erreicht als ein Chemie-Riese auf die Wahnsinnsidee kam, einigen Orten in Maine wortwörtlich die Luft auszusaugen, um es in flüssiger Form als Parfum anzubieten. Dieses "Air Of Derry" war nicht nur bei Fans des historischen Autors Stephen King beliebt, was dazu führte, daß die Bewohner jener Orte in Maine wegen Atemnot die Kliniken überfüllten. Daraufhin wurden Parfums endgültig verboten. Doch zurück zu der Auswertung des Labors.
Cio richtet seinen Blick auf die Zusammensetzung des Duftbaums um nachzuvollziehen, was seine Ekzeme geheilt haben könnte. Dort liest er von Noten, Akkorden und Komplexen, aber der ominöse Karitol-Komplex ist nicht dabei.

Der Duftbaum:
-Kräuter-Komplex
-Grün-Komplex, Grüne Minze
-Citrus-Akkord

-Koniferen-Holz-Komplex
-Rosen-Komplex, Gewürz-Akkord
-Schwarze-Hölzer-Komplex

-Erdiger Komplex
-Leder-Komplex, Rauchige Noten
-Amber, Moschuskörner

Die Zeitreise:
Cio ist entschlossen dem Karitol-Komplex nachzugehen. Er erhofft, der Medizin neue Erkenntnisse erschließen zu können. Er beschließt eine Zeitreise in die 1960er Jahre zu unternehmen, um weitere Nachforschungen anstellen zu können. Er will die Entwicklung des Karitol-Komplex 'hautnah' miterleben und dokumentieren. Trotz der Gefahr einer Reise ohne Rückkehr wird ihm die Expedition vom Weltkongress bewilligt. Er wird daran erinnert, daß die Forscher, die die Rätsel um Area 51 aufdecken wollten, nie aus Roswell zurückgekehrt sind. Wahrscheinlich hätten sie eine Bruchlandung mit der einem Wetterballon ähnlichen Zeitmaschine erlitten. Nichtsdestotrotz: mit den kompletten Auswertungen des Labors und einigen Berichten zu der 'antiken' Parfumeurskunst' im Gepäck kann die 'Expedition Karitol-Komplex' starten.

Die Bruchlandung:
Durch eine falsche Berechnung der Koordinaten landet Cio in den USA. Seine Zeitmaschine löst sich quasi in Luft auf, doch er selbst überlebt. Er wird von zwei jungen Musikern mit den Namen Denny Zager und Rick Evans aufgefunden. Sie halten Cio für einen Junkie, als er irgendwas von 'Jahr 2525' oder 'in 10000 Jahren' faselt. Nachdem sie diesen 'schrägen' Junkie aufgepäppelt haben, trennen sich ihre Wege. Sie verarbeiten die 'Erinnerung an die Zukunft' des Junkie's in einem Lied mit den Zeilen:
"Now it's been ten thousand years, man has cried a billion tears
For what, he never knew, now man's reign is through
But through eternal night, the twinkling of starlight
So very far away, maybe it's only yesterday"

Der Neuanfang:
Nachdem Cio seine 'Erinnerung an die Zukunft' zurückerlangt, kann er sich eine neue Identität mit den Initialen C. I. O. zulegen. Ende der 1960er bis Ende der 1970er Jahre eignet er sich Fachwissen in der Olfaktorik an, um dem Karitol-Komplex auf die Schliche zu kommen. Ein richtiger Parfumeur wird er dennoch nicht. Er begibt sich Ende der 70er Jahre nach Paris, um Beziehungen zu Nasen in der Haute Parfumerie aufzubauen. Er freundet sich mit einigen Nasen an und kann schließlich mit der einen Nase, deren Namen er nicht einmal erfährt, endlich über 'seinen Duftbaum' sprechen. Die Nase ist von der Rezeptur fasziniert, weil sie auf geniale Weise Fougère und Chypre miteinander verbindet. Minze in der krautig-frischen Kopfnote eines Fougère über zahlreiche Akkorde und Komplexe mit der ledrigen Basis eines Chypre kombiniert. Minzleder, oder doch Lederminze? Wie auch immer; neuartig wäre es auf jeden Fall. So kommt es, daß Cio mit der Nase den Grundstein für ein neues Parfum legt.

Die Zeitschleife:
In einem Gespräch beschließen Cio und die Nase, eine hautpflegende Komponente in das Parfum einzubauen. Sie soll die Bezeichnung 'Karitol-Komplex' erhalten und auf pflanzlichen Auszügen diverser Ebenhölzer basieren. Vielleicht mit einem Schuss 'Nardostachys Jatamansii', weil nur dieses ätherische Öl die Fähigkeit besitzt, sowohl in die tiefsten Hautschichten einzudringen, als auch in die psychischen Ebenen, wo es dann das biologische und/oder seelische Gleichgewicht wiederherstellt. Zudem würde der eigenwillige Duft in das Fougère-Chypre Konzept passen. Als letztes fragt die Nase, welcher Name für das Parfum Cio vorschwebt. Cio muß an die letzten Worte aus dem Schriftstück 'Wirbelwind' denken und sagt: "Ebène". Cio wiederum fragt, für welches Unternehmen die Nase arbeitet. Die Nase antwortet daraufhin: "Balmain".

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Die Erinnerung (an die Vergangenheit:-):
Meine Bekanntschaft mit Ebène ähnelte der Cio's in gewisser Weise. Es war vor 22 Jahren, als ich plötzlich Probleme mit der Gesichtshaut bekam. Es waren keine allgemeinen Beschwerden der Jugend; die Zeiten hatte ich schon längst hinter mir. Es war vielmehr ein Problem bedingt durch Umwelteinflüsse. Jedenfalls halfen keine teuren Cremes oder vom Arzt verschriebene Salben. An After-Shave oder ähnliches war gar nicht zu denken. Die bloße Rasur wurde zu einer Qual. Als ich zufällig in einer Parfümerie die Verkäuferin auf mein Leiden aufmerksam machte, zeigte sie mir das "Ebène After Shave Treatment Spray". Was soll ich sagen: In der Not frisst der Teufel Fliegen! Ich kaufte das Zeug. Bei der ersten, wohlgemerkt sehr behutsamen Anwendung bemerkte ich, das es nicht brannte wie sonst immer. Es prickelte und kühlte die Haut. Schon nach kurzer Zeit fühlte sich die Gesichtshaut schön gepflegt und glatt an. Eben wie Holz, Ebenholz.
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DuftJunkie vor 10 Jahren 21 10
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Duft
Mensch (Einblicke In Das Leben Einer Frau)
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"Die meisten Menschen legen ihre Kindheit ab wie einen alten Hut. Sie vergessen sie wie eine Telefonnummer, die nicht mehr gilt. Früher waren sie Kinder, dann wurden sie Erwachsene, aber was sind sie nun?
Nur wer erwachsen wird und ein Kind bleibt, ist ein Mensch."

Erich Kästner
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An diese Worte Erich Kästner's mußte ich in letzter Zeit oft denken in Zusammenhang mit "Nilang".
Mir ist nämlich aufgefallen, daß viele Menschen ein Problem damit haben, diesen Duft irgendwo einzusortieren. Das ging mir bis vor einigen Jahren genauso. Dann dachte ich mir irgendwann: „Will dieser Duft denn (von mir) irgendwo einsortiert werden? Oder will er mich einfach nur herausfordern wie eine Frau, die nicht in eine Kaste gesteckt werden will und einfach nur als 'Mensch' verstanden werden will?" Aber bevor das ganze in Philosophie ausartet, möchte ich euch meine Gedanken und den Duft mit folgender Geschichte näher bringen. Sie handelt eben von jener 'Frau', die einfach nur 'Mensch' sein will.

Sara ist eine junge Frau. Eigentlich noch ein Mädchen. Sie lebt irgendwo in einem Land, in einer Gegend zwischen Orient und Okzident. Sie ist 19 Jahre alt. Man schreibt das Jahr 2000. Anfang April bereitet sie sich auf die Zulassungsexamen für einen Studienplatz an einer Universität vor. Sie unterhält sich mit ihren ehemaligen Schulkameradinnen über die Vorbereitung auf die Examen. Sie träumt davon, einen Studienplatz an einer Musik-Akademie erhalten zu können. Sie hat nämlich eine sehr schöne Stimme und singt für ihr Leben gern. Ihre ganze Aufmerksamkeit gehört den Vorbereitungen auf die Tests und ihrer Familie. Ihr Bruder, der fünf Jahre jünger ist, hat seine rebellische Phase, weshalb es in der Familie öfter mal Probleme gibt. Sara versucht immer die Wogen zwischen den Eltern und ihrem Bruder zu glätten. Das beansprucht neben dem Prüfungsstress ihre ganze Zeit und Kraft. Einen Freund hat sie nicht und kann vorerst auch an keine Beziehung denken. Was sie nicht weiß ist, daß das Leben manchmal Überraschungen mit sich bringt, auf die man überhaupt nicht vorbereitet ist. Wie an jenem Nachmittag.

Am 4. April kommt nachmittags die Nachbarin zu Besuch. Zwei ihrer Brüder, von denen der jüngere ledig ist, begleiten sie. Sara legt sich schnell noch ihren Duft "Caldion for Women" auf. Beim ersten Anblick schon ist der jüngere Bruder der Nachbarin, nennen wir ihn John, von der natürlichen Schönheit Sara's fasziniert. Er ist zwar sehr schüchtern, denkt sich aber, viele Gelegenheiten Sara anzusprechen wird er nicht haben. Kommt er doch aus einem tausende Kilometer entfernten Land. Er fasst seinen ganzen Mut zusammen und geht bei einer kurzen Gelegenheit Sara in die Küche nach. Er nimmt ihren Duft wahr, einen heiter beschwingten, fruchtig blumigen Geruch. Noch frisch und lieblich, wie Sara's zarte Gesichtshaut. Er stellt sich nochmal vor und sagt ihr, daß er sie gern näher kennenlernen würde. Sara sagt offen, daß sie an eine Beziehung gar nicht denken mag. Sie führt ihre Argumente an; die Verbundenheit zu ihrer Familie, den Wunsch nach einem Studienplatz und die Ängste vor dem Leben in einem weit entfernten Land betreffend. Doch dann bemerkt sie, wie vorurteilsvoll das klingt. Sie kennt diesen Mann ja noch gar nicht. Wie oft hat ein Mädchen die Chance, den Traumprinzen zu finden? Was wäre, wenn eben dieser Mann ihr Traumprinz ist, auch wenn er nicht nach einem Frosch aussieht? Deshalb willigt sie auf ein Treffen am Tag darauf ein um ihn doch wenigstens ein bißchen kennenzulernen.

Am Tag darauf erklärt John, daß ein Mensch sich im Falle einer Ehe immer vom Elternhaus löst. Ob man dann im Haus gegenüber wohnt, oder in ein anderes Land zieht spiele keine große Rolle. Er führt auch an, daß ein Mensch in anderen Ländern auch dazulernen kann. Musik gibt es schließlich überall. Was die Angst vor dem Leben in einem fremden Land angeht, habe der Mensch immer eine gewisse Angst vor dem Leben, egal wo. Entscheidend sei der Partner an der Seite, mit dem man diese Ängste durchstehen muß. Als Sara daraufhin hoffnungsvoll lächelt bemerkt John, wie die fruchtigen Noten vom Vortag zugunsten von verheißungsvoll aufblühenden Blumen wie Jasmin und Lotus weichen. Vor allem aber Narzissen, der Lieblingsblume von Sara, wie John später erfahren wird. An den folgenden Tagen kommen sich Sara und John emotional so nah, daß sie eine Woche nach ihrer ersten Begegnung, am 11. April, eine wichtige Entscheidung treffen; sie verloben sich. Nur drei Monate später sollte der wichtigste gemeinsame Tag ihrer beider Leben folgen.

Anfang Juli 2000 muss John überstürzt nochmals in das entfernte Land zwischen Orient und Okzident fliegen. Sara und ihre Eltern konnten bei den dortigen Standesämtern nur einen ganz bestimmten Termin für die Trauung vereinbaren. Am 11. Juli lassen sich Sara und John amtlich trauen. Ja, Sara traut sich wirklich etwas zu. Jetzt auch in Sachen Beziehung. Sie bleibt aber vorerst im Elternhaus bis die offizielle Hochzeitsfeier, die aus organisatorischen Gründen später, in drei weiteren Monaten erst stattfindet. Bei dieser Hochzeitsfeier kann John eine weitere olfaktorische Entdeckung um Sara machen. Die schönsten Blumen kann er an ihrem zarten Gesicht sehen. Sie sind ganz aufgeblüht und strahlen in voller Pracht. Nur an ihrem Lächeln gibt es eine schöne Erinnerung an die fruchtigen und lieblichen Düfte ihrer Jugend und Kindheit. An ihren Augen aber, an ihrem tiefen und freudigen Blick ahnt er schon die schwereren Gerüche. Die Gerüche wie Amber, Moschus und Sandelholz, die sie reifer erscheinen lassen. Aber auch Noten von Vanille und Schokolade, die sie stets an ihre so belebte Vergangenheit erinnern.

Während John in die Augen Sara's schaut, träumt er von einem Parfum. Es soll das Leben dieser schönen Frau erzählen, von der Kindheit an bis zum reifen Alter. Es soll an Melonen, Pfirsiche und Beeren aus ihrer Kindheit erinnern; an aquatische Blumen wie Lotus und Seerose, die sie in ihrer Jugend schätzte; an Jasmin, Rosen und Narzisse, ihrer Blume des Erwachsenenalters. Ferner muß dieses Parfum beim Ausklang an das Leben erinnern, das ihnen noch bevorsteht und welches sie fortan gemeinsam verbringen wollen. Klein wenig Moschus würde bis in alle Ewigkeit reichen. John konnte sich nicht erklären warum, aber seine innere Stimme sagte zu ihm: "Nilang". Es würde Sara ein Leben lang begleiten. Und so kam es auch. Er schenkte ihr dieses Parfum. Sara war von Anfang an fasziniert von dem Duft. Erzählte dieser Duft doch ihr Leben. Auch nach Jahren würde sich daran nichts ändern.

In einigen Tagen ist Jubiläum. Der Jahrestag ihrer Trauung naht. Am 11. Juli ist es soweit. Dann wird sie nunmehr 14 Jahre an der Seite John's verbracht haben. Ob sie an dem Tag nochmal "Nilang" auflegen und ihr Leben Revue passieren lassen wird?
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Gewidmet der schönsten und liebevollsten Frau der Welt:

Mrs. DuftJunkie ;-)
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