Duftrebellen

Duftrebellen

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Duftrebellen vor 4 Jahren 19 6
10
Flakon
10
Sillage
10
Haltbarkeit
10
Duft
Das Meisterwerk des Konzeptduftes
Ich kenne mich kaum bis gar nicht mit Fledermäusen aus. Sie fliegen mir manchmal während der Autofahrt - oder auf dem Dachboden - durchs Sichtfeld. Ich mag auch nicht wirklich Batman. Andere Assoziationen kann ich zu Fledermäusen nicht ziehen. Aber diese Bat vermittelt mir olfaktorisch den Eindruck, der mir in meinem Leben bei echten Fledermäusen bisher entgangen ist: Dreck, Höhle, Dunkelheit & feuchte Erde im Wald.

Auf dem Papier klingen diese "Duftnoten" sehr abenteuerlich. Aber genau deshalb liebe ich diesen Duft so sehr. Er spiegelt ein Abenteuer in einem dunklen Wald wieder, in dem ich eine verlassene Höhle finde. Bei jedem Schritt, den ich auf diese Höhle zu gehe, steigt dieser feuchte Geruch des Waldbodens in meine Nase. Er wird nach einer Zeit so einnehmend, dass nur ein Schritt in diese verdammte Felsgrotte die Rettung bringt.

Endlich betrete ich dieses düstere und klaffende Loch. Die Reste des Waldbodens, die an meinen Schuhen haften, werden abgetreten. Diese Kombination aus modriger Nässe und Dreck wabern ständig um mich herum, gleich der Korona einer Sonnenfinsternis.

Ich durchstreife langsam diese dunkle Grotte und sehe nichts. Ich rieche nur Dunkelheit, aufsteigend aus den schier endlosen Tiefen der Höhle.

Langsam, ganz langsam steigen süßliche Duftmoleküle in meine Nase. Aber nicht die Art, die angenehm ist, sondern eine verrotende, vergorende, mit der Farbe Braun assoziierende Süße. Ich gehe weiter hinein.

Irgendetwas magisches, anziehendes hat dieses Machwerk an Duftstoffen, die eigentlich mich das Weite suchen lassen sollten. Jeder normale Mensch sollte hier umdrehen. Aber Normalität hat hier nichts zu suchen.

Nachdem diese Reise schon gefühlt 6 Stunden dauert, projeziert dieser Geruch so stark, wie beim Betreten. Die einhüllende Präsenz lässt mich nicht mehr los.

Es verändert sich die nächsten Stunden nichts an der Intensität oder Strahlkraft. Ich bin fast da.

Nachdem ich den beschwerlichen Weg über Stolperfallen wie Bananenschalen(?) und feuchtes Moos gemeistert habe, sehe ich ein schwaches, gedimmtes Licht, das durch ein kleines Loch in der Höhlendecke fällt.

Es strahlt einen kleinen, edel anmutenden Parfum-Flakon an, der auf einem Podest steht. Eine Fledermaus in aristokratischer Garderobe ist auf dem Etikett zu sehen. Ich nehme den Flakon in die Hand, sprühe sachte etwas auf meinen Handrücken und rieche diesen Duft, der mich die ganze Zeit begleitet hat. Ich werde diese Höhle nie mehr verlassen. Du und ich. Wir beide. Wir werden die Ewigkeit überdauern. Auch, wenn du der letzte Flakon deiner Art bist. Ich gebe dich nie wieder her.

J.
6 Antworten
Duftrebellen vor 4 Jahren 9 3
Die böse Dame will es egoistisch. Ich auch.
Chanel Égoiste - damals von einer lieben Freundin empfohlen, heute von bösen Fremden Damen wahrgenommen. Wie viele diesen Duft auch mögen oder nicht, kaum zu leugnen ist: Er fällt auf. Verdammt, und wie er das tut. Kein Duft, der gleichzeitig so "mainstreamig" und doch so "anders" riecht, kam mir in den letzten Jahren unter die Rübe, wie dieser Égoiste.

Als ich den Duft vor knapp einem Jahr als Abfüllung kaufte und ausprobierte, war ich erstaunt, wie verschiedenartig ein Duft riechen kann, dessen Entstehungsgeschichte genau 30 Jahre zurück liegt. Für mich besaß dieses Eau de Toilette etwas böses, wie eine Schlange, wie die Farbe Giftgrün und wohlmöglich auch wie ihr Biss.
Die Haltbarkeit ist überdurchschnittlich gut, die Sillage haftet angenehm stark. Die Kopfnote überrascht zu Beginn des Auftragens mit einer Vielzahl von frischen Duftnoten, die dennoch den bösen Hauptcharakter nicht übertünchen, vielmehr mit ihm einhergehen, ihn höchstens noch etwas zurück halten. Nach einer halben Stunde ist die Herznote an der Reihe, diese offenbart nun mehr das wahre Gesicht des Égoistes – die Noten werden dunkler, würziger, allerdings immer noch frisch. Diese Note riecht sich meiner Empfindung nach am angenehmsten und hält einige Stunden.
Dass sich die Herznote irgendwann zur Basisnote herausschält, bekommt man gerade wenn man unterwegs ist und im Alltag steckt, garnicht mehr mit. Riecht man dann bewusst die Basisnote heraus, dann erkennt man immer noch sehr deutlich, welches Eau de Toilette man aufgetragen hat, allerdings möchte man wieder gerade den angenehmen Biss erleben, welcher die ersten Stunden andauerte, was einen bereits überlegen lässt, ob dieser Duft auch morgen wieder zum Einsatz kommen wird. Wahrgenommen wird der Duft, selbst in der Basisnote, noch von Personen. Ob im positiven oder im negativen ist wohl von jedem Charakter selbst abhängig. Zu meinem erstaunen wurde der Duft in den wenigen Tagen, in denen ich ihn trug, mit zwei Komplimenten von weiblichen Personen wertgeschätzt (drei Komplimente, wenn man das bloße wahrnehmen eines Duftes ebenfalls als Kompliment werten mag).

Mich hat dieser Duft stark überrascht. Er zählt zu dem bislang einzigen Duft in meiner Sammlung, dessen Entstehung noch im letzten Jahrtausend begann – zumindest nach meiner Recherche. Wer gerne Düfte mag, die auffallen. Wer Düfte mag, die anders sind. Wer Düfte mag, die kein Problem damit haben, als egoistisch wahrgenommen oder eben so genannt zu werden – für den ist von Chanel dieser Égoiste.

A.
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