Duftsucht
Duftsuchts Blog
vor 6 Jahren - 03.08.2018
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Mit Hermès und Roja zu Besuch bei Erni und Zenzi

Wieviel Zeit habe ich nicht damit verbracht, zu überlegen, welche (und vor allem: wie viele!) meiner Lieblinge mich in meinen Urlaub begleiten dürfen! Ein bisschen eigenartig eigentlich, denn unser Sommerurlaub ist eine recht sportbetonte Angelegenheit an einem Bergsee. In der Früh, wenn alle anderen noch friedlich schlafen, springe ich in den See und schwimme einige Kilometer – genau zu der Zeit, wenn die Sonne die umliegenden Berge übersteigt und schließlich auch den See erwärmt. Ein geliebtes Überbleibsel aus der Zeit, als die Kinder noch klein waren und das die einzige Zeit des Tages war, die ich vollkommen ungestört für mich hatte.

Danach Frühstück mit der Familie und entweder ab auf den Berg oder wieder hinein in den See. Segeln und Rudern, Radfahren und Stand-up-Paddling stehen auch noch zur Auswahl. Nicht gerade das Umfeld, in dem man unbedingt als Allerwichtigstes ein Parfum vermuten würde. Aber was so ein richtig manifester Parfumsüchti ist, den juckt auch nicht, dass die einzigen Bewunderer der Düfte möglicherweise Erni und Zenzi sind. Für alle, die sie noch nicht kennen, darf ich vorstellen: Erni und Zenzi, die Kühe auf der Alm…… die, von denen mein 15Jähriger behauptet, er kenne sie schon mit Namen, weil wir dort so oft Urlaub machen….

Dieses Jahr wurden die beiden und ihre Artgenossen verwöhnt oder vielleicht auch eher verblüfft mit Hermessence Osmanthe Yunnan am ersten Urlaubstag und mit Gardenia/Roja am zweiten. Und dann merkte ich, dass ich mich in dieser wundervollen ursprünglichen Umgebung mit Parfüm nicht wohl fühle. Ich will das warme Harz der Bäume riechen, die sattfeuchte Erde des Waldbodens, die würzige Krautigkeit der Almwiesen, den charakteristischen Geruch des Schilfs am See. Ich will schwitzend auf den Berg steigen und danach in den See springen, mich im Wald auf den Boden setzen und mein Wurstsemmerl essen und danach wieder in den See springen :)) Am Abend dann duschen und zum unfassbar guten Abendessen in unserem Hotel eine Spur feiner anziehen – und auch hier stelle ich fest: Absolut keine Lust auf Duft.

Nach zwei Wochen Erholung und kompletter Duftabstinenz gab ich mir dann das Kontrastprogramm: einige Tage alleine in Wien, Freunde und Patenkinder besuchen. Und siehe da: Kaum in der Stadt angelangt, erwacht die Lust auf Düfte wieder und für mich, die ich normalerweise in einer Stadt mittlerer Größe mit - olfaktorisch und nischendufttechnisch gesehen - erheblichem Entwicklungspotenzial wohne, ist Wien der Dufthimmel. Das, wonach ich zuhause mühsam suche, steht hier (fast) in jedem größeren türkisen Feld-Wald-Wiesen-Parfümladen. Und „Le Parfum“ (gehört glaube ich zu Aus Liebe zum Duft und Nägele und Strubbell) und insbesondere „Maison de Parfum“ versetzten mich geradezu in extatische Verzückung! Unglaublich kompetente und nette Beratung, fachsimpeln mit anderen Duftverrückten über Duftvorlieben und Abneigungen und viele Erkenntnisse darüber, was Männer an Frauenparfüms anziehend und was abstoßend finden und Sprühen und Testen, was das Zeug hält. Herzlichen Dank an dieser Stelle an den unbekannten Kunden im „Maison de Parfum“, mit dem ich so eine äußerst lustige Zeit verbrachte bei der Suche nach neuen Schätzen!

Die Tage waren minutiös durchgeplant, schließlich wollte ich ja die mitgebrachte und sorgfältig ausgewählte Liste mit ca. einem Dutzend Düften abarbeiten. In Betracht ziehen musste ich natürlich auch meine sozialen Aktivitäten – schließlich kann man auf keinen Fall ein neugeborenes Baby besuchen und dabei nach irgendwelchen Oud-Bomben riechen! Wer weiß, welch frühkindliches Duft-Trauma man da auslösen könnte….Und auch meine Verantwortung als Patentante nehme ich sehr ernst: denn wie soll ich einer 13jährigen jungen Dame glaubwürdig die Vorzüge einer etwas sparsameren Dosierung nahebringen, wenn ich selber angedampft komme mit einer Duftbugwelle von plusminus 3 Metern 47???!! Die sich noch dazu zusammensetzt aus mehreren Düften, vorwiegend in Parfum-Konzentration und das bei mehr als 30 Grad im Schatten?

Da trifft es sich gut, dass ich gerne Schwimmen gehe. Und so legte ich zu strategischen Zeitpunkten einen Duft-Boxen-Stopp im Freibad ein – und nach eineinhalb Stunden Schwimmen ist auch der letzte Hauch von Parfüm verschwunden. Ihr könnt mir vertrauen, ich habe es getestet: es funktioniert bei Roja, Guerlain und Chanel-Extraits gleichermaßen! :))

Und jetzt fragt ihr euch vielleicht: Was habe ich denn nun mit Nachhause gebracht von dieser Duft-Probier-Orgie? Ihr werdet staunen: Nichts! Kein einziger neuer Duft ist in meine Sammlung eingezogen!

Aber nein, das kann ich so auf keinen Fall stehen lassen, denn es stimmt ganz und gar nicht: Mitgebracht habe ich wunderbare Erinnerungen an luxuriös duftende Tage, an Treffen mit meinen Freunden, an nette Zufalls-Begegnungen, an das Gefühl, etwas vollkommen Sinnbefreites ganz allein nur für mich zu machen und es aus vollen Zügen und mit allen Sinnen zu genießen!!!

Und die Erkenntnis, dass auch Düfte und ihr Genießen für mich ihre ganz besondere Zeit und Stunde haben.

Eure Duftsucht

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