Duftgenuss-Lauf
Am Wochenende, wenn ich Zeit und Muße habe, mache ich ab und an lange, entspannte Läufe kreuz und quer durch den weitläufigen Landschaftspark, der direkt vor unserer Haustüre liegt. Um mit allen Sinnen genießen zu können, laufe ich nur so schnell (oder eher: langsam), dass ich gemütlich durch die Nase atmen kann. Und der wird derzeit einiges geboten:
Die alten, voll erblühten Fliederbüsche schmücken sich in der feuchten Luft mit einer süß-aromatischen Duftglocke, in der man fast meint, die Luft wäre dichter, schwerer und greifbarer als außerhalb. Knorrige Kastanien, deren Äste bis nahe zum Boden hängen, verströmen aus ihren robusten Blütenkerzen den charakteristischen herb-aromatischen Duft, den neuere Züchtungen, die resistenter gegen die Miniermotte sind, leider fast verloren haben. Mein Liebling, die gelbe Duftazalee, ist ebenfalls voll aufgeblüht – und ich laufe noch etwas langsamer, um eine weitere Nase voll des zartschwebenden Dufts mitzunehmen auf meinem Weg. Der kleine Pfad im Schatten zwischen den hohen Bäumen, auf den die Sonne, die mich heute früh geweckt hat, kleine Lichtpunkte durch die inzwischen dunkelgrünen Blätter wirft, duftet nach nasser Erde, nach morschem Holz und altem Laub des vergangenen Jahres.
Ich laufe weiter und denke an die Parfüms, an die mich das wundervolle Duftpotpourri, das die Natur mir heute bietet, erinnert. „En Passant“ von Frédéric Malle, der Duft, der zauberhafterweise einen ganzen, voll erblühten Fliederbusch in einen winzigen Flakon packt, die perfekt eingefangene Seele der gelben Duftazalee in „Azalea“ von Bottega Veneta, und „Sylvan Song“ von Grossmith, der die erdigen, dunklen Töne des kleinen Waldwegs in mir wachruft.
Es ist eine jener Stunden, die den Hunger, die Fülle des Lebens zu spüren, mit beiden Händen und allen Sinnen zu greifen, – und festzuhalten –, zugleich weckt und zu stillen vermag.
Euch allen einen wunderbaren Tag!
Eure Duftsucht