Duftsucht
Duftsuchts Blog
vor 4 Jahren - 12.04.2020
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Der Duft des Osterfests

Ostern ist für mich – ebenso wie Weihnachten – untrennbar verbunden mit Ritualen, Familientraditionen – und Gerüchen.

Beginnend am Palmsonntag, der für mich immer im Garten beginnt auf der Suche nach Zweigen, die noch schnell vor dem Gottesdienst zum Palmbusch gebunden werden. Mitunter ist es- wie in diesem Jahr, schon ein warmer Frühlingstag, ich lasse mir Zeit, schlendere durch den Innenhof und bleibe an der einen oder anderen schon blühenden Pflanze stehen, um ihren Duft zu genießen. In diesem Jahr war es die Schlehe, die in voller Blüte stand und die mit ihrem süßen zarten Honigduft eine Menge summender Insekten anlockte. Ein Zweiglein musst da auch noch mit – vorsichtig die sehr spitzen Stacheln mit der Rosenschere entfernend.

Weiter geht es für mich am Gründonnerstag, nach der Messe, die meine Freundin mit ihrer hellen klaren innigen Stimme beendet mit der Mahnung und dem Auftrag „Wachet und betet!“. Die Stimmung in unserer Familie ist nach diesem Gottesdienst, in dem zum letzten Mal mit voller Kraft das Gloria erschallt und alle Glocken läuten und die mit dem harten Bruch durch das Abräumen des Altars und dem ersten Einsatz der Ratschen anstelle der Glocken schon zum Karfreitag hinführt, immer nachdenklich. Untrennbar seit meiner Kinderzeit ist aber mit dem Gründonnerstag auch der Geruch von Spinat und Spiegelei verbunden, das gemeinsame Schälen der Pellkartoffeln ebenfalls ein Brauch, den ich mit meinen Kindern fortgeführt habe.

Der Karfreitag bringt in unserer jetzigen Gemeinde einen schönen Brauch. Zur Kreuzverehrung bringt jeder eine einzelne Blume mit und legt sie vor dem ausgestellten Kreuz nieder – aus diesen Blumen wird dann der überströmende üppige Blumenschmuck für die Osterkerze und den Altar am Ostersonntag gemacht. Viele Mitglieder der Gemeinde bringen gerade erblühte Hyazinthen, Rosen, Duftnarzissen – und so trägt der Karfreitag auch in dieser Symbolik schon das Versprechen der Auferstehung am Ostersonntag in sich. Und auch der Karfreitag ist mit ganz bestimmten kulinarischen Gerüchen verbunden. Bei uns sind es Nudeln mit Tomatensoße und frischem Basilikum, die ich seit den Kindheitstagen meiner Söhne an diesem strengen Fasttag als einzige Mahlzeit des Tages koche.

Der Karsamstag ist bei uns schon mit der Vorbereitung auf das Osterfest verbunden. Und so duftet es in der Wohnung nach der Hefe, Butter und Vanille des Osterstriezels. Angeschnitten wird er natürlich erst am Ostersonntag, aber da unsere Gemeinde die Auferstehungsmesse mit Sonnenaufgang am Sonntag feiert, wird er bereits am Tag zuvor zubereitet. Ebenso wie der Brotteig für den Schinken in Brotteig, den wir am Ostersonntag zu Mittag gemeinsam mit Freunden teilen werden. Das säuerliche Aroma des schweren Roggenteigs vermischt sich mit kleingehacktem Rosmarin und abgerebeltem Thymian, mit denen ich immer den Schinken einreibe, um ihm ein besonderes Aroma zu geben. Die Ostereier werden gefärbt und auch hier entsteht ein charakteristischer Geruch, den es nur einmal im Jahr gibt. Cumberlandsauce mit dem scharfen Aroma von Ingwer und Worcestersauce und dem fruchtigen Duft nach Orangenzeste und pikantem Senf mischt sich darunter. Mein Mann sitzt in der Zwischenzeit mit einer duftenden Honigkerze am Küchentisch und schneidet aus dünnen Wachsplatten die Verzierungen der diesjährigen Osterkerze für unserer Familie. Eine Freundin kommt vorbei und legt uns große Kirschzweige vor die Türe, die in diesem Jahr unseren Osterbuschen bilden werden, üppig behängt mit Ostereiern, die wir im Lauf der Jahr gesammelt, geschenkt bekommen oder mit den Kindern gemeinsam gebastelt haben.

Der Ostersonntag beginnt mit der Auferstehungsmesse, danach wird der Festtisch gemeinsam vorbereitet. Mein erster Gang ist in den Garten, wo ich aus Frühblühern und jungen Blättern wähle, um den Blumenring um die Osterkerze zu füllen. Duftveilchen, Waldmeister und Vergissmeinnicht blühen und duften um die Wette, Zweige von Kräutern sind auch stets dabei – in diesem Jahr von Salbei und Rosmarin, der in einer wind-und wettergeschützten Ecke der Terrasse schon neue Triebe gebildet hatte.

Wie auch zu Weihnachten ist meine Art der Vorbereitung auf das Osterfest eine tätige, in Rhythmus gebracht durch die Gottesdienste, die Bräuche und Rituale, mit denen ich selber groß wurde und die wir nun unseren Kindern weitergeben. Vieles war in diesem Jahr anders, die wundervolle Stimme meiner Freundin am Gründonnerstag klang über den Fernseher matt und spröde, der Osterschinken wird von uns alleine gegessen und die Osterwünsche, die wir sonst nach der Auferstehungsmesse austauschen, kommen per whatsapp oder sms hereingeschneit. Und trotzdem kann ich sie bewusst begehen, diese Tage und diesen Ostersonntag mit seinem prachtvollen blauen Himmel, den blühenden Bäumen und dem jungen Grün, in dem sich laut zwitschernde Vögel versammeln, aus vollem Herzen genießen. Und das gleiche wünsche ich euch allen da draußen: Frohe Ostern!

Eure Duftsucht

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