Duftsucht
Duftsuchts Blog
vor 6 Jahren - 13.12.2019
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Replik: Weihnachtszeit, schönste Zeit!

Ihr Lieben,

jawohl, das ist ein Outing: Ich LIEBE die Adventszeit und Weihnachten. Adventskranz bestellen und mit der Floristin tratschen, ob dieses Jahr getrocknete Orangenscheiben und Zimtstangen oder doch lieber ein liebevoll ausgesuchtes Stoffband und kleine Winteräpfelchen der Schmuck sind. Den allergrößten Weihnachtsstern, den die Händlerin auf dem Blumenmarkt ergattern kann, für die Freundin nachhause tragen. Das Rezept für den Tee wieder ausgraben, den es nur im Advent gibt. Die erste Mandarine (am ersten Advent, nicht früher!) schälen und den frischen Duft der saftigen Frucht einsaugen.

Das traditionelle Adventliedersingen bei meiner Freundin, das Kultstatus hat und bei dem jedes Jahr mehr Menschen in ihr Wohnzimmer gestapelt werden – alle mit bester Laune und mit einem inzwischen 78 Seiten umfassenden zusammenkopierten Liederheft. Das Adventskonzert des Filius, der zum ersten Mal ein Solokonzert spielen darf.

Die Lebkuchen, die mein Mann von einer Dienstreise nach Nürnberg in einem wunderbar kitschigen goldenen Döschen mitbringt. Die Wünsche der Kinder, die mit gespielter Gleichgültigkeit beim gemeinsamen Abendessen in den Ohren der Eltern platziert werden – doch die hoffnungsvollen Augen verraten auch den hartgesottensten Teenager.

Der Kleine, der auf seiner Trompete schief und schräg Weihnachtlieder übt und beim „Stille Nacht“ genau wie ich beim Singen den höchsten Ton mit schöner Regelmäßigkeit verfehlt.

Der sechste Dezember, Nikolaustag, an dem meine Mitarbeiterin einen voll gefüllten Teller mit allerlei Köstlichkeiten auf den kleinen Tisch vor unserem Büro stellt, eine Amaryllis und einen wundervoll duftenden Tannenzweig daneben. Die Geschwindigkeit, mit der der Teller sich leert und die Kolleginnen und Kollegen, die den Kopf zur Türe reinstecken, nur um schnell fröhlich Danke zu sagen.

In Kochbüchern schmökern, um zu entscheiden, welche zwei neuen Kekssorten dieses Jahr ausprobiert werden. Der Weg in aller Früh zur Roratemesse, die in all den Jahren nichts von ihrem ganz besonderen Zauber für mich verloren hat.

Die jährliche Diskussion, ob der Christbaum wieder selbst geschnitten werden soll und deckenhoch sein muss, das Ausborgen eines Dachträgers, um ihn nachhause zu bringen, das Absägen am letzten Adventswochenende – unweigerlich bei unfreundlichem Wetter mit einer Säge, die ungefähr so gut schneidet wie eine Nagelfeile. Davor der traditionelle Familienstreit um den schönsten Baum, der (gerade noch!) in unser Wohnzimmer passt – immer entschieden durch mein rituelles Ausklappen des Zollstocks und damit dem schlüssigen Beweis, dass die Spitze des Traumbaums leider in der Wohnung über uns stehen würde. Das Anbinden mit zig Kabelbindern am Auto, das von den echten Profis stets mit Amusement beobachtet wird. Die Fahrt nachhause, immer die Angst im Nacken, der Christbaum könnte doch nicht ausreichend gesichert sein. Die Kunst, den Weihnachtsbaum auf der Terrasse in einen Plastikeimer mit Wasser zu bugsieren – keine leichte Aufgabe bei einer frischen 2,80 Meter Tanne! Danach in der Küche das Ritual, sich an der Tasse echter heißer Schokolade die eingefrorenen Finger wieder aufzuwärmen, alle vier Gesichter gerötet von der Kälte und erfüllt von dem Stolz, den Baum gut nachhause gebracht zu haben.

Das manische Keksebacken an zwei Tagen, an denen ich mich in der Küche quasi einsperre und meine Männer sich auf dem Weihnachtsmarkt mit Handbrot und Thüringer Rostbratwürsten vor dem Hungertod retten. Das geduldige Schlichten der zart-mürben Vanillekipferl in die ganz spezielle Dose – die weiße, eckige, mit dem kitschigen Bild drauf von Kindern, die einen Schneemann bauen. Die Schokokipferl mit Orangenzeste, die in die dunkelrote Dose kommen. Jedes Jahr die hoffnungsvolle Frage der Kinder (und meines Mannes), ob etwa eines der empfindlichen Kekse zerbrochen sei? Denn nur diese dürfen vor dem 24. Dezember gegessen werden – den ersten, von meinem Mann liebevoll drapierten Keksteller gibt es natürlich erst nach der Bescherung am 24. Dezember.

Und am 24. dann das Richten des Weihnachtssalates, den es schon in meiner Kindheit ausschließlich zu Weihnachten gab, das Aufstellen der Krippe auf einem ganz bestimmten Tischchen, einige mit Bedacht ausgewählte Kerzen darum gestellt, damit mein Mann später genug Licht hat, um das Weihnachtsevangelium für uns zu lesen.

Das (inzwischen gemeinsame) Schmücken des Baumes, wobei der Kleine wohl auch in diesem Jahr erneut nach langem Überlegen beschließen wird, dass er den Baum doch lieber erst sehen will, wenn das Weihnachtsglöckchen läutet, das nur einmal im Jahr seine Stimme ertönen lässt und am Baum die Honigkerzen angezündet ihren goldenen Schein verschenken und Honigduft verströmen.

Alles Rituale, Kleinigkeiten im Advent und zu Weihnachten, für die wir uns bewusst entschieden haben, eine Mischung aus den Traditionen und liebgewonnenen Gewohnheiten zweier Familien, inzwischen ergänzt durch die Dinge, die unseren Kindern ans Herz gewachsen sind. Und so kann es für mich bei allem Stress, Hektik und Abscheu vor ausuferndem Konsum niemals das Negative sein, das die Vorweihnachtszeit und die Feiertage bestimmt, sondern wird immer dieser zauberhafte Schatz an Erinnerungen, Ritualen und tätigem Innehalten sein, aus dem ich in jedem Jahr wieder schöpfen darf.

In diesem Sinne – euch allen eine schöne Vorweihnachtszeit!

Eure Duftsucht

23 Antworten
ScentinaScentina vor 6 Jahren
Dein Blog zeigt einem immer wieder, wie schön es sein kann. Leider ist mir persönlich dieser Zauber abhanden gekommen, Weihnachten kommt immer "viel zu schnell" und zu plötzlich. Schuften bis zur letzten Minute, abends schnell ein Klick für die Geschenke. Hab ich alles und jeden bedacht? An den Weihnachtstagen hin und herfahren.
Jeder will die Enkelchen sehen und ach, die 90 Jährige Oma muss auch besucht werden. Ich hoffe, dass es irgendwann wieder so ist, dass ich mich freuen kann...
GschpusiGschpusi vor 6 Jahren
Toll.... danke fürs "an früher erinnern".... Wunderbar.
Schöne Weihnachtszeit
PinkdawnPinkdawn vor 6 Jahren
Das ist Weihnachten, wie ich es als Kind erlebt hab. Ich selbst hab keine Familie und bin ehrlich gesagt froh, wenn der ganze Zauber vorbei ist. Kekse backen, war nie so meins. Heuer hat mich ein alter Freund eingeladen. Wir werden am 24. Pizza Hawaii vom muslimischen Pizzalokal essen und von alten Zeiten reden. - Das Jesuskind in der Krippe tut mir leid. Es wird schon zu Ostern für uns Menschen schrecklich leiden und sterben müssen. Ich finde es unendlich traurig, dass das alles sein musste.
0815abc0815abc vor 6 Jahren
Jaaaa,ganz genau!
So darf es sein.
Frohe Weihnacht!
GoldGold vor 6 Jahren
Das hast Du zauberhaft geschrieben und beschrieben... ich kann mir alles so richtig gut vorstellen, sehe Dich förmlich in Mitten Deiner Vorbereitungen und Deiner Freude. Toll, wenn Du und Deine Familie und Freunde so viel positive Energie aus dieser besonderen Zeit des Jahres ziehen könnt. Dein Blog strahlt förmlich vor good vibrations! Liebe Grüße!!!
EstefaniaEstefania vor 6 Jahren
Ich verschenke Zeit, zuhören und denke daran, dass die meisten Menschen auf unserer Erde kein sauberes Wasser und viele leere Teller haben.
Denise1410Denise1410 vor 6 Jahren
Wie wunderbar du diese Zeit beschreibst...zwar aus deinen eigenen Erfahrungen, aber ich kann sie voll und ganz teilen. Ich wünsche dir von ganzem Herzen, dass du dir diesen Zauber der Weihnachtszeit für immer beibehälst :)
SerafinaSerafina vor 6 Jahren
Weihnachten (und alles was zuvor dazu gehört) wird natürlich auch von Menschen (wie mich) gefeiert, die aus der Kirche ausgetreten sind oder die sich nicht zum christlichen Glauben bekennen. ist das so schlimm?
BlauemausBlauemaus vor 6 Jahren
Ein wirklich lesenswerter Blog. Ich finde Rituale auch schön, gerade zur Weihnachtszeit.
VerbenaVerbena vor 6 Jahren
Selten hat mir ein Blog soviel innere Freude bereitet. Lieben Dank und genieße diese Tage immer wieder neu!
SeeroseSeerose vor 6 Jahren
Mir fehlt hier sofort das, warum wir eigentlich Weihnachten feiern? In unserem so oft betont verteidigten christlichen Abendland? Zum Keksbacken, Weihnachtbaumschmücken ( Brauch aus der Romantik des 19, Jahrhunderts). Advent ist die kleine Passionszeit, die Zeit der Erwartung Advent: Ankunft! Von wem? Die stille Zeit - für mich und viele Christen. Das andere braucht für mich alles nicht sein. Mir fehlt die Adventsmusik, die sich von Weihnachtsmusik unterscheidet.
RenataRenata vor 6 Jahren
Ein wundervoller Blog von Dir und Deine Weihnachtsrituale stelle ich mir total schön vor.
Ich wünsche Dir und Deiner Familie eine wundervolle Adventszeit.........
Melisse2Melisse2 vor 6 Jahren
Eure Weihnachtsrituale klingen wunderbar! Vielen Dank für diesen sehr persönlichen Blick auf die Weihnachtszeit. Ich bin berührt.
ChaiTeeChaiTee vor 6 Jahren
Das Rezept für den Tee hätte ich auch gern.
SinioerkelSinioerkel vor 6 Jahren
Genauso liebe ich es auch.
BookieBookie vor 6 Jahren
Mich würde ja jetzt brennend interessieren was ein „Weihnachtssalat“ ist? :-)
GGaukeleyGGaukeley vor 6 Jahren
Ein schöner Blog, auch ich mag die Vorweihnachtszeit sehr. Nur ist man leider oft viel zu sehr fremdbestimmt, in meinem Job ist der Dezember meist einer der stressigsten Monate. Und Weihnachten richtet sich nach den Schwiegereltern, inkl. langer Anfahrt, schwerem Essen und obligatorischem Familienstreit ;) Insofern kann ich beide Seiten verstehen, die die Weihnachten lieben und die denen es davor graut.
In diesem Sinne euch allen eine wunderschöne Adventszeit!
AolaniAolani vor 6 Jahren
Und wie herrlich alles duftet - der Baum, die Platzerl, der Tee....
Ich bin sonst kein Deko-Fan, aber im Advent mag ich einen Adventskranz und auch ein Adventskalender - natürlich mit Schokolade - darf nicht fehlen. Und ich mag Deko - gerne auch a bisserl kitschig..
Im Advent fühle ich mich immer wohl...trotz der Hektik...liegt wohl daran, dass meine Mutter das immer so schön gezaubert hat - obwohl meine Schwester und ich auch noch im Dezember Geburtstag haben und sie bestimmt viel Stress hatte.
SerafinaSerafina vor 6 Jahren
Vielen Dank! Dein Blog findet viel mehr meine Zustimmung als der andere zum Thema. Auch wenn bei mir selbst vieles, was mit weihnachtlichen Familienaktivitäten zu tun hat, wegfällt - ich habe mir nach dem Tod meiner Mutter 2013 eine Ersatzfamilie gesucht (eine geschiedene Schulfreundin mit 2 Söhnen), die ich immer 24/25. besuche - ist die Adventszeit auch eine meiner liebste Jahreszeiten (nach dem Frühherbst)!
Rosie88Rosie88 vor 6 Jahren
Das ist wahrlich eine zauberhafte Zeit :-) *+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+
YataganYatagan vor 6 Jahren
Ich schließe mich an und wünsche auch dir eine schöne Adventszeit und ein frohes Weihnachtsfest!
TurbobeanTurbobean vor 6 Jahren
Liebe Duftsucht. Ich würde mich gerne bei Euch einladen, falls das keine Umstände macht ;-) Eine wunderbare Schilderung Deiner Weihnachtsrituale ist das.
FinestineFinestine vor 6 Jahren
Rituale können so wertvoll sein. Toll klingt das, dein Weihnachten!

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