ElfeLotta

ElfeLotta

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1 - 5 von 10
ElfeLotta vor 6 Monaten 5 6
8
Haltbarkeit
7.5
Duft
Lederjagd mit verbundenen Augen
In meiner Notiz zu diesem Duft stand lange Zeit "--> Als potentiell besonders guten Lederduft testen". Von einer lieben Parfuma bekam ich mal ein Pröbchen, welches zunächst in meinem Kästchen für Blindtests landete. (Machen wir uns nichts vor: Ich bin durchaus suggestibel, weshalb ich mir diesen Trick zugelegt habe, um vielen Düften erst einmal die Chance zu geben, mir frei von Bildern, Namen und Erwartungen zu begegnen.)

Ich griff also an einem Herbsttag bei fast 20 Grad und regnerisch-windigem Wetter in das Blindtest-Kästchen, sprühte mit schielendem Auge um bloß keinen Namen zu erhaschen auf meinen Unterarm - und freute mich, dass ich offenbar einen Duft erwischt hatte, der durchaus zu dem heutigen Tag passen könnte.

Schöne, leicht kühle Harznoten lassen mich gleich an Weihrauch denken. Da ist kurz etwas Fruchtiges in der Eröffnung, eher süß als säuerlich, eher „flach“ als „voluminös“… Eine kühle Birne? Unreife Banane? Geschmacksschwache Himbeere? Papaya??
Mit der Zeit wird das Harz ein kleines bisschen wärmer. Bei den typisch opulenten Ambernoten bin ich noch lange nicht [Spoiler: auch bis zum Schluss nicht], aber es ist auch nicht mehr so kühl und kurz vor stechend wie zu Beginn. Es hält sich wunderbar dazwischen in einer ganz schmalen Balance. Mmh, da habe ich wohl einfach einen richtig schönen, unaufgeregten Weihrauchduft erwischt.
1,5 h rum und ich frage mich, ob da Vanille im Spiel ist... Hin und wieder gibt es noch dezente Fruchtanflüge. Insgesamt bleibt es aber beim Harz.

Dann schaue ich nach... Scrolle zu den Duftnoten...
Und reiße die Augen auf.
Ok, die verschiedenen Harze sind definitiv bei mir angekommen, aber -
Ich sehe meine Notiz... "--> Als potentiell besonders guten Lederduft testen"
Wie bitte was? Leder? Darum sollte es hier eigentlich gehen?
Ich schnüffle und schnüffle, drücke irgendwann panisch die Nase gegen meinen Arm, fürchte bereits akute olfaktorische Dysfunktion meines Riechorgans... Ich kriege kein Leder.
Schließlich laufe ich los und halte mir alles unter die Nase, was ich auf die Schnelle an Leder finden kann: Gürtel, Tasche, Jacke, Hut, Schuhe, Handschuhe, Rucksack, Portmonee - alles riecht unterschiedlich, manches sehr intensiv ledrig, anderes kaum wahrnehmbar. Nichts scheint vergleichbar mit Oro 1920.

Puh, also, wenn ich hier Leder denken SOLL, dann kommt mir am ehesten frisch eingewachstes Außenleder etwas spröde gewordener Wanderschuhe in den Sinn. [Schau an: da ist sogar Bienenwachs als Basisnote aufgeführt.] Aber auch das ist irgendwie weit hergeholt.
Aber ruhig Blut. Wir sind hier ja noch nicht am Ende der Fahnenstange…
Je länger die Haut Zeit hatte, das Ganze ein bisschen anzuwärmen, umso eher klappt das mit der Lederassoziation: Ein Ledersessel, dessen kühle Oberfläche es mir nicht so recht gestatten will, in die Entspannung zu sinken, die seine Form mir vielleicht anbieten würde. Oder der Geruch einer Lederschürze, der vom kühlen Wind während unbestimmter Waldarbeiten zwischen leicht harzigen Stämmen hin und wieder zu mir herüber geweht wird.
Wenn ich die Wärme so richtig aufdrehe – sprich: mich mit dem besprühten Arm eine Weile neben die Heizung setze – taucht plötzlich eine fast schon animalische Note auf. Da bin ich mit der Nase mal im Fell, mal auf verschwitzter Haut – und schließlich kommt die Vanille so richtig durch.
Bei all dem, was ich da so assoziiere und entdecke: Die harzigen Noten bleiben in meiner Nase omnipräsent.

Nun gut, Leder ist ja nichts, dessen Geruch destilliert und einem Parfüm als Ingredienz hinzugefügt wird. Und die Palette von Ledergerüchen "in natura" ist auch eher gigantisch. Auf meiner Suche nach Ingredienzen, die üblicherweise zur Erstellung eines Lederakkords verwendet werden, finde ich v.a. Wacholder(-teeröl), Birke(-nteer), Moschus, Styrax, Myrte, Labdanum, Bibergeil und Zibet. Daneben verschiedenste Synthetik.
Ich habe keine Ahnung, was für dieses Parfüm letztlich verwendet wurde, aber wenn man mir direkt die Liste dieser typischen Ingredienzen anstatt der Lederassoziation vorgelegt hätte, ich hätte vermutlich einfach zustimmend genickt.

Fazit nach mehreren Testläufen:
Für mich bleibt dieser Duft deutlich mehr in der harzigen als in der ledrigen Ecke, mit einer sehr schönen Balance zwischen Kühle und Wärme. Ich nehme Leder wahr, aber das Bild aufrecht zu halten erfordert tatsächlich eher kognitive Anstrengung. Wenn ich Leder möchte, das direkt "da" ist, brauche ich wohl etwas anderes.
Unabhängig davon ist Oro 1920 ein absolut interessanter Duft, der mir unterwegs eine Menge Unterhaltung geboten hat und für den ich sicherlich passende Tage und Stimmungen finden würde, um ihn zu tragen.

Vielen Dank fürs Lesen und vielen Dank an Bejot für die Testmöglichkeit! :)
6 Antworten
ElfeLotta vor 7 Monaten 4 2
7
Sillage
8
Haltbarkeit
9.5
Duft
Warme Frische und saftig-grünes Trockenholz - und Rose
Die Story: Exkursionstag Salzburger Parfümerien

Die völlig überladenen Nasen hatten nun zwei Tage Zeit, sich durch die Entwicklung diverser auf Armen und Hälsen verteilten Düfte zu schnuppern, Entscheidungen wurden gefällt, hinterfragt, überworfen und dann doch festgehalten, und schließlich stehen wir wieder bei unserer Lieblingsverkäuferin im Laden, die allerdings gerade noch einen jungen Herrn samt Entourage aus Mama und Freundin bedient.
Was solls, die Nasen können ja wieder nach dem letzten Spaziergang, dann machen wir doch gleich selbst noch ein bisschen weiter…

Ich überlege gerade, ob es sinnvoll ist, bei 28 Grad und Sonnenschein, sich schon mal nach einem Duft für die kühlere Jahreszeit umzuschauen, da zupft der Elfengatte einen Flakon aus dem Regal, sprüht beherzt und schiebt mir den Arm unter die Nase. „Riech mal. Den find ich gut.“
Oha…! Keine Ahnung, was das ist, aber… Ohhh, der kriegt mich…
Hundekopf? Äh… Soll mir das was sagen? Ich find jetzt nicht, dass das nach Hund riecht.
Ich stöbere weiter – Amber hier, Iris da… Autsch! Vom Reinigungsmittel in die Nase gebissen! – Schnell was zum Erholen… Wo ist mein Mann und sein Arm?
Yum! Der wird ja immer besser.
Jegliche analytisch-olfaktorischen Fähigkeiten, die ich zeitweise besitze, haben sich inzwischen verabschiedet und ich versuche gar nicht erst, hier irgendwas zu identifizieren.
Darf ich mich bitte einfach reinlegen?

Wir gehen mit zwei anderen Düften nach Hause – quasi zum Preis dieses einen. Der Duke begleitet uns nur am Arm meines Mannes, während ich mich auf der anderen Seite unterhake und immer mal wieder rüber grapsche.

Als ich am nächsten Morgen noch die Reste des Herzogs auf dem Arm neben mir erschnuppere, werde ich beinah schwach und überlege ernsthaft, die Abfahrt zu verschieben, bis die Parfümerie öffnet und ich ihn noch erwerben kann. Oder zumindest nochmal testen. Bei uns zu Hause in der Provinz sind diese Fläschchen eher nicht zu finden … also, soll heißen … gar nicht.

Zum Glück gibt’s da ja etwas, das nennt sich Souk. So hat es immerhin eine Abfüllung bis zu uns nach Hause geschafft. Und bei dem Tempo, mit dem sie zur Neige geht, seh ich’s schon kommen: Irgendwann kommen wir auf den ganzen Hund.

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Der Duft: Warme Frische? Jawohl, das geht.

Insgesamt bringt der Duft für mich auf ganz wunderbare Weise Gegensätze zusammen, von denen ich bisher gar nicht wusste, dass ich sie gerne zusammengebracht hätte. Dabei erlebe ich ihn weder in einer langweiligen Mitte, noch in sich beißenden Kontrasten: Wärme und Frische; hell-saftiges Grün mit einem Hauch von trockenem Puder; die Noten eines gestandenen Herrn Gentleman, die ich gleichzeitig einem Jungspund aufsprühen könnte, oder sie als Frau selbst gern trage. Und diese verschiedenen konträren Aspekte folgen hier nicht aufeinander, sie sind gleichzeitig da.

Überhaupt nehme ich keine große Entwicklung bei dem Duft wahr. (Was mir sehr recht ist, denn ich möchte keinen seiner Anteile so wirklich hergeben.) Nach dem intensiveren und würzig-frischen Auftakt wird es etwas gedämpfter. Von Beginn an ist etwas wohlig Warmes dabei, was im Verlauf vielleicht ein bisschen zunimmt, während eine grüne, zitrisch anmutende Frische bis zuletzt erhalten bleibt. Wenn man will, kann man da so einiges hinein assoziieren, was vermutlich zu der ganzen Gin-Idee passt. (Ich bin ja eher der Whisky-Typ und da kann man immerhin eine Menge hinein assoziieren!) Mal denke ich Küchengewürze – Koriander? Kräuter der Provence? – mal denke ich warm-feuchte Frühlingsblätter, mal vielleicht tatsächlich Pfeffer, mal schon fast fruchtig - und im Kern: Wacholder. --schmacht--

Wacholder scheint eine der Duftnoten zu sein, die bei mir durch die Nase direkt ins Stammhirn gehen und dort alles lahmlegen, was gerade meint, mir das Leben schwer machen zu müssen.
Vetiver ist da eher ein anderes Kaliber, dem ich oft mit Skepsis begegne. Was mich daran aber doch immer wieder anzieht, ist diese grüne, zitrusartige Frische, die es oft mitbringt und das holzige Etwas. Beim Portrait des Dukes steigen schon sehr bald dezent holzige, Lemongras-artige Noten aus dem Untergrund, die ich am ehesten dem Vetiver zuschreiben würde. Und so schön hat meine Nase sie bisher noch nie erlebt.

Wie bitte? Rose? Ach, ja, richtig. Ja, die ist auch da. Objektiv betrachtet wohl auch nicht zu knapp. (Wie gesagt: Wacholder. Legt bei mir erstmal alles andere lahm und katapultiert mich sonst wo hin.) Aber ja: Rose. Daher kommt vermutlich meine Puder-Assoziation. Sie gibt dem Ganzen einen trockeneren Hauch, vielleicht auch in Gemeinschaftsarbeit mit dem Vetiver. Erinnert mich tatsächlich eher an ein noch schwach duftendes und schon leicht angetrocknetes Rosenblatt, das ich vom Rasen auflese, als an Rosenwasser oder Seife.

Als Basis rieche im am Sprühkopf tatsächlich am markantesten die Rose; auf der Haut bleibt am Ende das schönste mir bisher begegnete Vetiver als letztes zurück.

Leichte Unterschiede in den Nuancen nehme ich wahr, wenn ich den Duft auf meiner Haut und auf der meines Mannes vergleiche. Mal ein bisschen schwerer und wärmer, mal ein Hauch mehr Süße… Insgesamt aber fast identisch.

Die Projektion ist zumindest am Anfang recht ordentlich. Wenn ich in die Wohnung komme, weiß ich es sofort, wenn mein Mann sich eine Stunde zuvor einen einzigen Sprüher gegönnt hat. (Ja, die kleine Abfüllung ist hart umkämpft…!) Danach wird er eher hautnah, fällt dadurch weniger auf, hält sich aber durchaus solide: Ein Sprüher rechts und einer links an meinem Hals und meine Nase erwischt ihn bis 8 Stunden später noch hin und wieder, aber er bleibt insgesamt schon im Hintergrund. Auf der Haut ist dann nach ca. 10 Stunden Schluss.

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Fazit: Eine Duftkomposition, die mich auf vielen Ebenen abholt und begeistert. Wäre er nur etwas energischer in seinem Auftreten und er würde wohl schon jetzt einziehen, der Charmeur. So wird es vermutlich passieren, wenn mir ein Schnäppchen begegnet.
2 Antworten
ElfeLotta vor 2 Jahren 3 2
8
Flakon
6
Sillage
8
Haltbarkeit
7
Duft
tropisch angehauchte Blumeninsel
Hier ist ja noch gar nichts zu diesem Duft vorhanden! Da lasse ich mich doch mal ein wenig ausführlicher drüber aus. Für die Zusammenfassung bitte ein paar Meter nach unten scrollen. ;)

Auftakt:
Jenseits dessen, was der Name offensichtlich erwarten lässt, habe ich mich dem Duft erstmal nur mit der Nase genähert. Ganz zu Beginn lockt in einem blumigen Mix auch etwas zweifellos Fruchtiges... lässt mich an Maracuja denken, vielleicht auch süße Mandarine, jedenfalls nichts typisch (herb-säuerlich) Zitrisches, das es in mein Bewusstsein schaffen würde. [Okay, wenn ich später Aprikose, Birne, Mandarine und Pfirsich lese, könnte ich dem durchaus zustimmen. Da mag auch gut und gerne schon Osmanthus beteiligt sein.] Wie dem auch sei: nichts sticht klar hervor; es bleibt Teil einer tropisch angehauchten Gesamtmischung.
Wie ich inzwischen festgestellt habe, stehe ich durchaus auf pfeffrige Eröffnungen. Hier hätte ich's allerdings nicht erraten und war entsprechend überrascht, als ich später in die Duftnoten schaute.

Entwicklung:
Innerhalb von Minuten wehen sich bereits unnachgiebig (Weiß-)Blüten nach vorne - an manchen Tagen eher sanft, an anderen mit einem Knall. Hui, lieber nicht zu nah ran: Jasmin läuft mal wieder Gefahr mich zu überwältigen; eine halbe Armlänge Abstand schafft da Abhilfe und es duftet angenehm blumig-frisch um meine Nase.
Was zeitweise etwas wuchtig anmuten mag, flacht nach 20-30 Minuten ab zu einer weicheren Mischung aus Blüten, die ordentlich schwer sein könnten, es aber in diesem Fall nicht sind. Alles wird weicher, anziehender. Der Duft hat etwas Cremiges, ohne dass es zu süß oder klebrig wird, vielleicht auch etwas ganz leicht Pudriges, ohne trocken zu wirken. [Rose und Veilchen sind hier die Überraschungen in den gelisteten Duftnoten und um die Iris zu erwischen muss ich schon genau im richtigen Moment an der richtigen Stelle schnuppern... Die anderen Blüten kann ich hier eher verorten. Ich möchte ja immer noch von jeder mal einen Vertreter in natura nebeneinander stellen und dann ein paar Stunden mit dem Parfum auf meinem Arm davor sitzen und vergleichen... Sollte ich das jemals schaffen, wird das Ergebnis hier ergänzt.]

Basis:
Schließlich kommt er langsam: ein dunkler Hauch unter den hellen Blütenblättern. Erdig? Patchouli? Eine Ahnung von ... hm ... ambriertem Moschus?
Was als Basis nach 12 h noch auf der Haut ist, ist weich und schmeichelnd, nicht zu schwer, nicht zu süß... Ein bisschen Moschus, ein bisschen kühler Amber, ein klein bisschen Süße [das wird wohl die Vanille sein], und irgendwie noch ein Rest von "Grün"... [Vetiver?] Einzelne Komponenten fallen mir hier äußerst schwer herauszufiltern. Ist aber auch gar nicht so schlimm, denn das Gesamtwerk passt.

Haltbarkeit und Sillage:
Bei mir ist die Projektion v.a. bei warmen Temperaturen am Anfang ziemlich stark, beruhigt sich aber nach der ersten Stunde und bleibt nach einer weiteren in eher körpernahen Grenzen. Haltbarkeit auf der Haut bei mir ca. 10-12 Stunden. In den Haaren hängt die Basis auch nach am nächsten Morgen nach 24 h noch.

Zum Flakon:
Da ist kein Blasebalg dran wie auf dem offiziellen Parfumo-Bild - zumindest nicht bei der 75 ml Version. ABER: Der Sprühnebel ist ein Traum von Feinheit und er fächert so weit aus, dass man locker 4 Handgelenke parallel besprühen könnte. Wer gerne mal seine oder ihre langen Haare durch einen einzigen Sprühstoß schwingt, ist hiermit perfekt bedient. Kein Deckel, dafür ein hübscher kleiner Stopperring, der beim Transport versehentliches Sprühen verhindert.

Fazit:
Wenn ich Lust habe auf blumige Frische, ohne dass es zitrisch oder aquatisch werden soll, oder auf weich, ohne dass es schwer werden soll, auf süßlich, ohne dass ich in die gourmandige Richtung gehen will, dann passt Lily mir hervorragend.
Ich mag ihn übrigens an der frischen Luft deutlich lieber als in geschlossenen Räumen. (Aber das, was im Zimmer noch in der Luft hängt, wenn ich 9 Stunden später wieder nach Hause komme, ist ganz wunderbar zart und belebend.)

Und sonst?
Im Laden auf Madeira, wo ich das Parfüm letztlich erstanden habe, wurde dieser Duft von der Verkäuferin beworben als der aktuelle (Herbst 2021) Bestseller von O Boticário. Von den diversen Tests die ich dort im Laden auf Papier und Haut aufgesprüht und dann über Stunden mit mir herum getragen habe, gefiel dieser mir tatsächlich am besten. Ein schöner, blumiger Duft, passend zur Blumeninsel, auf der er mich dann in den zwei Wochen Urlaub wiederholt erfreut hat. Also bin ich vermutlich auch ein bisschen voreingenommen, weil ich mit ihm die wohlverdiente Erholung nach einem Jahr harter Arbeit verbinde. ;)
2 Antworten
ElfeLotta vor 2 Jahren 7 3
7
Sillage
8
Haltbarkeit
9
Duft
Weißes Strahlen im Amberland
Mir ist durchaus bewusst, dass ich hier über Ambre Noir schreibe und dass „noir“ aus dem Französischen übersetzt „schwarz“ bedeutet. Mich hat‘s auch ziemlich aus der Kalten erwischt, als alle Bilder in meinem Kopf plötzlich weiß wurden, aber der Reihe nach...

Die Eröffnung dieses Duftes ist sowieso eher bunt. Es süßelt und früchtelt auf einem weichen Bett dahin, dass ich ganz wuschig werde. Diese Mélange verflüchtigt sich alsbald und mit Myrrhe als Vasall tritt Amber unaufhaltsam in den Vordergrund. Dunkel-weich und silbrig-kühl, irgendwie erhaben, aber nie pompös. Und er bringt es im gesamten Verlauf fertig, sich nicht von süßer Schwere übermannen zu lassen, behält seinen kühlen Kopf und wächst und thront, während er von fern-labdanischen Klängen, seifig hauchendem Sandel, und süßer Vanille umworben wird. Nichts bringt ihn ins Wanken. Außer...

Ich drehe mich nur kurz mal um – und finde mich unvermittelt vor hohen, weiß-strahlenden, elegant geschwundenen Gebilden von solcher Größe und Klarheit wieder, dass ich mich verdutzt frage, wo das Hoheitsgebiet des Amber hin sein mag, in dem ich eben noch stand.
Aber als ich ein Stück zur Seite trete, ergibt alles seinen Sinn: Die Moschuskönigin ist erschienen und sie erstrahlt buchstäblich beim Anblick des kühl-dunklen Amberkönigs. Welch ein Glück, so unverhofft zwischen diese beiden geraten zu sein!

Als die Sonne zu sinken beginnt, wird es langsam dunkler und gedämpft, das Strahlen verglimmt zu einem Schimmern, die Kühle wird wärmer, und die beiden werden süßer miteinander… Aber dann verziehen sie sich auch in ihre Gemächer und lassen sich nicht weiter von mir belästigen. Nur einen Hauch von vanilliger Süße lassen sie mir zurück, der mich bis in meine Träume begleitet.

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Kann ich mir erklären, warum es mich hier so erwischt hat? Nicht wirklich.
Bei mir hält der Duft gut, schafft locker den Tag bis zum Abend, und projiziert stundenlang in ausreichendem Maße, dass ich mich niemals wirklich fragen muss, wo sein Hoheitsgebiet plötzlich abgeblieben ist. ;) Gleichzeitig hab ich endlich einen Amberduft (mit ordentlich Amber) erwischt, den ich selbst bei anbahnenden Kopfschmerzen oder flauem Magen noch tragen kann, ohne dass mich Süße oder Schwere überrollen.
Da kann ich nicht anders als das Knie zu beugen.
3 Antworten
ElfeLotta vor 2 Jahren 5 3
7
Sillage
8
Haltbarkeit
9
Duft
Gestandene Eleganz mit Potential für viele weitere schöne Erinnerungen
Mit Lovely Memories habe ich mich mal an einem Halb-Blind-Test versucht, ohne zuvor die Angaben der Duftnoten gelesen zu haben, nachdem die bewussten Erinnerungen daran schon seit einer Weile verflogen waren. Das hat mir einen Tag lang sehr viel Freude bereitet und ich teile das Ergebnis hier mal. :)
[In eckigen Klammern: die späteren Anmerkungen, nachdem ich mir die Duftnoten angeschaut habe.]

Als erstes rieche ich fruchtige Blüte mit etwas fern Würzigem. Die kurz aufblitzende Sorge vor einem Blüten- (sprich: Jasmin-) Overload, verflüchtigt sich nach wenigen Sekunden. Ist da Pfeffer in der Kopfnote? Das Würzige könnte auch Herbheit von Zitrus sein [jep: Bergamotte passt], aber irgendwas bringt da auch Kühle in die fruchtige [Mandarine, das ist es!] Wärme. Dann denke ich an Holz. Etwas klopft an meiner Erinnerungstür, so als müsste mir jeden Moment einfallen, welche Note das ist... Tut's aber nicht.
Jedenfalls enthält die Kopfnote schon mal nichts Unangenehmes, wofür's von mir einen dicken Pluspunkt gibt. Kopfnoten hauen mich sonst gerne mal um. :)

10 Minuten später: Oh, Leder! Jetzt ist die würzige Note von pfeffrig über holzig nach ledrig gedriftet - zumindest in meiner Vorstellung... Aber für die muss ich schon ziemlich nah ran mit der Nase. [Ich habe keine Ahnung was es war. Kann das schon durchschimmernder Vetiver gewesen sein?] Aus der Ferne bleibt's eher bei bei was dezent Fruchtigem, dezent Blumigem, dezent Süßem. [Oh, da ist ja einiges an Blüten drin - aber bei mir sticht erstmal nichts heraus. Es ergibt einfach irgendwie eine schöne Mischung.] Wenn das Süße gerade mal mehr durchkommt, denke ich an süße Vanille - aber auch dezent. [Hm, ob sich da auch schon was aus der Basis meldet?]
Die erste Viertelstunde lang ist irgendwie ganz schön Bewegung drin...

Nach 45 Minuten erscheint's mir etwas pudriger, etwas trockener, pulvriger. [Oha, ja, da ist Iris drin.] Meine Wahrnehmung springt jetzt nicht mehr so viel hin und her und der Duft bleibt sich eher ähnlich, wenn ich immer mal wieder dran schnuppere.

Es wird immer warm-weicher, ohne wirklich schwer zu werden. Ein sanfter, unaufdringlicher Moschus macht sich schließlich breit und Vanille finde ich auch wieder, ohne dass sie mir zu viel wird. Nach 6 Stunden ist es immer noch gut wahrnehmbar und bewegt sich von seiner schmeichelnden Basis nicht mehr weg. Sie hat was Kuscheliges und bleibt dabei doch irgendwie elegant - auch noch nach 10 Stunden. Und da ist es tatsächlich wieder: Dieses ferne Gefühl, dass ich hier an etwas erinnert werde, aber ich bekomme es nicht zu greifen...

Fazit:
Insgesamt deuten sich die einzelnen Noten bei mir nur an und kommen wenig klar durch, stattdessen ergeben sie ein sehr schönes Gesamtbild.
Ein kleines Mädchen erblickt völlig unverhofft eine edle Dame, die es mit ihrer Eleganz zunächst ziemlich einschüchtert. Doch nachdem die Dame der Kleinen beinahe schon verschwörerisch im Näherkommen all die wunderbaren Kostbarkeiten zeigt, die sich in den Obstkörben und Blumenvasen des Salons finden, werden die beiden zu einem unzertrennlichen Gespann. Und am Ende des Tages kann das kleine Mädchen selig an die Seite der Dame gekuschelt einschlafen, träumend von Wäldern aus Blumen und Kleidern aus Seide. Einfach schön. :)

P.S.: An dieser Stelle noch mal ein ganz dickes Dankeschön an Parfumo für die tolle Verlosung - einfach großartig, was ihr alles möglich macht!
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