Fla2021

Ich habe mit großem Interesse gesehen das es einen neuen Kerosene Duft zu entdecken gibt und konnte mir dank eines netten Parfumos direkt eine 3ml Abfüllung besorgen.

Der Duft wurde aus dem Briefkasten geholt und dann erstmal bis zum Abend stehen gelassen. Später am Tag: zwei Sprüher davon auf den Duftstreifen.

Auf das was dann kam war ich nicht gefasst.

Der Ersteindruck war Kaffee, dunkler, kräftiger Kaffee. Dann cremige süße, Waffeln mit Ahornsirup. Im Endeffekt hat mein Badezimmer wie irgendein hipper Kaffeeladen gerochen. Bis dahin war noch alles gut.

Irgendwann im weiteren Verlauf des Abends kam dieser Maggikraut-Vibe auf und das tatsächlich ausschließlich auf dem Duftstreifen bzw. auf der Badezimmerablage. Meine Hand riecht nach hippen Kaffeehaus und mein Bad als hätte dort jemand eine 500g Dose Instantbrühe ausgekippt. Holy Shit!

Jetzt kommt die übertrieben starke Haltbarkeit und Sillage mit ins Spiel. Followed kann da locker mit "Megamare | Orto Parisi" konkurrieren. Der Duft hat mich den kompletten Abend verfolgt, in der Küche, Kaffeehaus und Maggi Kraut. Auf der Couch, Kaffeehaus und Maggikraut, im Bett Kaffeehaus und Maggikraut. Und dabei war der Teststreifen schon längst entsorgt. Es hat fasziniert, dann genervt und irgendwann dann einfach nur überfordert. Den ganzen nächsten Tag ging das so. Ab dem zweiten wurde es dann besser und nun bin ich erstmal ein paar Tage unterwegs und schreibe diese Rezension während ich im ICE sitze.

Followed ist definitiv ein faszinierender Gourmand. Er ist klebrig, er ist laut, er ist warm. Und die auf der Haut war er ein extrem guter Kaffeeduft. Ich kann absolut nachvollziehen was John Pegg mit dem Duft erreichen wollte. Das hat er geschafft. Das Maggikraut killt das Erlebnis aber für mich. Er ist sicher kein Blindbuy und sollte erstmal getestet werden. Followed ist auch der erste Duft den ich nochmal gesondert verpackt habe damit mit dem auch wirklich nichts schief geht und er ausläuft oder so.

Ich hab jetzt noch drei Stunden Fahrt vor mir und hab festgestellt, dass wenn jemand mit einem Kaffee an mir vorbei läuft, ich latent damit rechne das gleich noch die Magginote dazu kommt. Ich fühle mich irgendwie verfolgt.

Unweit von Bremerhaven gibt es einen kleinen Kutterhafen der immer einen speziellen Platz in meinem Herzen haben wird. An einem bewölkten Tag liegen dort ein paar Krabbenkutter, am Kai findet sich allerlei hölzernes Zubehör wie Planken, Fischereizubehör oder auch alte Fender. All dies mit einer feinen Salzkruste von getrockneter Gischt überzogen. Ein kleiner Kutter fährt mit rauchendem Dieselaggregat Richtung offene See. Heute ist Niedrigwasser, an der Hafeneinfahrt liegen algenbewachsene Steine trocken und verströmen den typischen Geruch der kühlen Meere. An all dies erinnert mich Oud Minerale, doch dazu nun mehr.

Im Opening nehme ich ein medizinisches Oud wahr. Außerdem Algen und etwas Salz. Dazu kommt eine Prise Pfeffer. Der Duft startet dunkel, er startet kühl und er wird es auch bleiben.

Im weiteren Verlauf treten die medizinischen Akkorde des Ouds in den Hintergrund und es bleibt ein schönes, rauchiges Holz. Der Pfeffer ist nun verschwunden. Der Seetang und die salzigen, mineralischen Akkorde treten in den Vordergrund und bleiben auch bis zum Ende sehr präsent. Diese tragen die verbrannten, rauchigen Holznoten im gesamten restlichen Verlauf. Genau dies fasziniert mich so am Oud Minerale: wie diese gegensätzlichen Elemente sich zu etwas Einzigartigen vereinen.

Die Haltbarkeit und Silage sind für meine Zwecke mehr als ausreichend. Wenn ich den Duft am Abend trage, dann kann ich ihn am nächsten morgen noch hautnah am Handgelenk wahrnehmen. In den ersten Stunden ist die Silage ok, danach wird sie nur im direkten Umfeld wahrgenommen. Oud Minerale ist sicher kein "Beastmode", will er auch nicht und vor allem brauch er es auch nicht um zu überzeugen.

Schade das dieser tolle Private Blend Duft eingestellt wurde. Ich konnte jetzt zwei Abfüllungen der Resort Collection testen und es ist zwar dieselbe DNA, aber dieser will mehr gefallen und ist deutlich weicher und runder wie die ursprüngliche Version. Wahrscheinlich ist er nun massenkompatibler.

Abschließend bleibt zu sagen: an Oud Minerale mag ich das dunkle, unangepasste aber extrem authentische. Für mich wird er immer einer der authentischsten maritimen Aquaten bleiben. Sei es nun der Geruch wenn man in der Bretagne auf irgendwelchen von der Gischt umspülten Felsen herumklettert und mit der Spinnrute versucht einen Wolfsbarsch zu fangen, oder eben nur der Geruch vom kleinen Kutterhafen irgendwo an der Nordsee. Oud Minerale verkörpert für mich genau das.