Flaconesse
duftende Gedanken
vor 5 Jahren - 20.01.2019
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Bin ich ein Bond-Girl?

Letztes Jahr um diese Zeit machte ich meinen ersten Ausflug in die (Mainstream) Nische und das kam so:

Mein parfümbegeisterter Kollege, nennen wir ihn Mister X, bringt gerne das ein oder andere Duftwässerchen aus seiner Sammlung zum Testriechen oder weiterverkaufen mit. So auch New York for all von Bond No.9. Mutig verpasste ich meinem Handgelenk einen großzügigen Sprühstoß. Viel zu viele süße Aromen überforderten gleich darauf mein Näschen, "Gib dem Ganzen etwas Zeit" ermutigte mich X, die Zuckerplörre nicht direkt wieder abzuwaschen. Es ist ja auch eine tolle und teure Marke, dachte ich, da muss doch irgendwas Gutes dran sein.... Ich versuchte den Duft tatsächlich etwas Zeit und Raum zu geben, um sich zu entwickeln. Mit jeder Bewegung allerdings machten sich erneut ein paar kleine Duftmoleküle auf den Weg zu meiner Nase und meine Abneigung wuchs, sodass ich zu folgenden Eindruck notierte:

Gut gemeint könnte man sagen, es ist süß, es ist rauchig, es ist opulent oder eben einfach eine Spur zuviel von Allem und mir drängt sich folgende Szenerie auf:

Ein Choco-Moccacino ist in den Matsch gefallen und ein Penner hat im Großstadtmief ne Zigarre hinterher geworfen. Es fehlt nur noch ein Hauch von Hasch, die beißende Urinnote der nächsten Straßenecke und das olfaktorische Big-City-Mash-up wäre komplett. In diesem Film will ich kein Bond-Girl sein! Auch wenn es als unisex deklariert und unglaublich süß ist, riecht es mir dennoch zu männlich, aber nicht nach sexy Börsenmakler, es geht eher in die ungewaschen und unrasierte Richtung.

Am nächsten Tag gab es 2 weitere Bond's zum Testen aus Mr.X's unendlicher Sammlung:

Astor Place und I love New York for Mothers.

Erstes hat direkt mein Herz erobert. Alleine schon dieser wunderschön bunt schillernde, hochwertige Flakon, wäre ein Glanzstück für jede Sammlung! Aufgesprüht umfing mich eine zart-blumige Weichspülernote, aber nicht wie diese alles durchdringenden billigen Duftstoffe, nein es ist eine raffinierte Komposition aus Mandarine, Veilchenblatt und Freesien mit moschusartiger Untermalung, der mir sogar in der Basis gut gefällt. Oft glänzen Düfte dieser Kategorie lediglich in den ersten 15 Minuten der Kopfnote und lassen in der Basis ein hohles, nichtssagendes Irgendwas zurück. Nicht so hier, denn zu jeder Phase gefällt mir der Duft.

Zu der Muttertags-Special-Edition von I love New York kann ich sagen, dass ich ein zwiespältiges Gefühl habe. Der Duft ist per se nicht schlecht, man kann ihn sogar als gelungen bezeichen, dennoch gibt es Vergleichbares günstiger zu finden, vielleicht sogar in der Drogerie. Auch hier hatte ich gleich eine passende Szene im Kopf: Eine überschminke 16-Jährige kommt aus dem Bad und hat das Parfüm ihrer Mutter aufgetragen: moschusgeschwängerte Fruchtbombe, eher pink als rosa.

Bin ich jetzt ein Bond-Girl?

Nun, alle drei getesteten Düfte sind ganz vorne mit dabei, wenn es um Haltbarkeit und Sillage geht, hier stimmt wirklich das Preis-Leistungsverhältnis. Auch machen die Flakons einen hochwertigen Eindruck und liegen gut in der Hand, obwohl ich die Form, diesen angedeuteten Stern, bis vor kurzem noch potthässlich fand, bin ich einigermaßen versöhnt. Aber mir zulegen und verwenden würde ich tatsächlich nur Astor Place.

Der kleine Ausflug in die Nische war sehr interessant und inspirierend, weil ich bis dato nur das Standard-Sortiment der Drogerien und Parfümerien kannte. Wenn die Zeit gekommen ist, will ich mich intensiver mit der Marke Bond No.9 beschäftigen. Andere Nischenmarken habe ich bereits für mich entdeckt und die Reise geht immer weiter.

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