Flaconesse
duftende Gedanken
vor 5 Jahren - 04.01.2019
22 39

Ein andächtiger Rückblick auf 2018 oder wie ich einmal am Shopping-Detox scheiterte

1. Shopping-Detox, ein waghalsiges Experiment

Zugegebenermaßen bereitet es mir sehr großen Spaß, das ganze Wochenende damit zu verbringen, jede Parfüm-Auktion, die bei Ebay ausläuft, zu überwachen und abzuwägen, ob ein Kauf lohnenswert wäre. Jäger und Sammler eben. Auch checke ich in regelmäßigem Abstand alle mir bekannten Online-Parfümerien und vergleiche die Angebote. Dann entschwinde ich zum Testmarathon zu Douglas, Müller und Konsorten, um die Wunschliste, die sowieso schon aus allen Nähten platzt (128 bei Parfumo, weitere 313 gespeichert in meiner allumfassenden Excelliste, Dublikate nicht ausgeschlossen) zu füttern.“Mir gefällt, was Du da mit den kleinen Fläschchen machst“ bestärkt mich mein Freund und ich kaufe munter weiter. Mein Portemonnaie fängt langsam an zu gähnen und meine innere Lebenszeituhr zeigt mir einen Vogel. Ich habe keine Ahnung, wie viele Parfüms es auf dieser Erde zu erwerben gibt, vermutlich über 100.000 und mein Ziel war es, mindestens eine Probe eines jeden Duftes zu besitzen, aber so langsam muss ich kanalisieren, statt wahllos zu kaufen. Sucht Probleme? Mit mehr Zeit und Geld ließe sich alles regeln, da bin ich mir sicher. Den Job kündigen erhöht zwar den Zeitfaktor, schlägt sich aber alsbald negativ auf das Finanzielle nieder und umgekehrt, ein Teufelskreis.

Man könnte sich erstmal auf eine Marke beschränken, kommt mir zuerst in den Sinn oder auf ausgewählte Duftnoten, zumindest die passende Jahreszeit...

Ich bin mir unschlüssig und nehme mir vor, meine Sammlung, die sich zwischenzeitlich, alphabetisch geordnet nach Markennamen versteht sich, in Pappkartons befindet zu inventarisieren, fotografieren und umzuordnen. Ein schier unmögliches Unterfangen, da, sein wir mal ehrlich, jede Woche rund 20 neue Proben, Flakon und Miniaturen hinzukommen. Ich ertrinke gerade in der Organisation und bin unendlich unglücklich darüber, kaum noch Zeit für das Wesentliche zu haben, was mir daran so unglaublichen Spaß macht: zu Testen, referieren, rezensieren und Flacon zu streicheln.

Wie heißt dieses Detox, bei dem man aufhört zu shoppen und sich wieder auf das Vorhandene konzentriert? Name ist auch egal, ich versuche es einfach mal für sagen wir 4, 3 oder ja ok ganz realistisch 2 Wochen. Aber erstmal schnell das Paket von Douglas beim Nachbarn abholen ;)


2. Shopping-Detox, der Tag danach:

Am ersten Abend, nachdem das Shopping-Detox beschlossene Sache war, fiel es mir erstaunlich leicht, die Suche nach der günstigsten Flasche Innocent, welches am Vortag aufgrund seiner herrlich-andersartigen Frische der eindeutige Sieger des Testmarathons bei Müller war, aufzugeben und sie stattdessen nur auf der Wunschliste als „dringend!!“ einzutragen. Dann bekam ich eine Benachrichtigung von Kleiderkreisel, dass die beobachteten Miniaturen Jil Sander Style Essence und Chanel les exclusif Misia im Preis gesenkt wurden. Ich schluckte kurz, fragte die Besitzerin des beäugten Chanels, ob der Duft noch in Ordnung sei, was sie promp bejahrte. Ich schluckte noch einmal und klickte die Seite weg. Zeitgleich ging eine Mail des englischen Ebay Verkäufers ein, der mir mitteilte, dass das lang ersehnte Kiehl's Aromatic Mist Patchouli & Fresh Rose zwar gerade out of stock ist, angeblich aber demnächst wieder lieferbar und ein Versand nach Germany kein Problem wäre. Ich schluckte zweimal. Für dieses Parfüm würde ich jederzeit ohne zu zögern das Experiment abbrechen, denn es ist mein Kryptonit (die perfekte Rose und so). Ich hoffe, dass die restliche Woche gut verläuft und es zu keinen weiteren Zwischenfällen kommt. Aufgrund des bombastisch, sonnigen Wetters, werde ich mich wohl am kommenden Wochenende auch gut ohne (Online)Shopping beschäftigt halten können und wenn's dunkel wird, muss ich die Excelliste auf den neusten Stand bringen...

Tag 2 und 3:

Zum Glück war das Wochenende wirklich sonnig, sodass ich viel auf der Terrasse machen und mich ablenken konnte. Da wir keine ausgeh-technischen Pläne und ich somit Zeit hatte aufzuräumen, habe ich doch tatsächlich meine lieblos in Pappkartons gestopfte Parfümsammlung in eine andere Kommode eingeräumt, erstmal nur A-F und noch ist es auch nicht perfekt, aber sortierter als vorher (mehr dazu ein anderes mal). Ich checkte gestern, als ich doch wieder zwischenzeitlich am Laptop versackt war, den Ebayshop des gespeicherten englischen Verkäufers auf die Verfügbarkeit des heiß ersehnten, perfekten Patchouli-Röschens, gab nochmal „Kiehl's“ als Suchwort sowohl hier, als auch bei Kleiderkreisel ein und war gleichermaßen erleichtert, als auch beunruhigt, keine adäquaten Treffer zu finden. Nachdem ich nach erfolgreicher Körperreinigung (der Gartendreck musste weg, ich sammelte rund 40 Buchsbaumzünsler von eben jenem befallenen Gewächs ab), das unfassbar erfrischende Seaside cooling Bodyspray benutzte, verfiel ich jedoch wieder in das übliche Schema zurück und packte meine Wunsch- und Beobachtungslisten mit dem korrespondierendem Parfüm voll, um gleich danach reumütig die Internetseiten zu schließen und lieber ein seichtes Unterhaltungsprogramm einzuschalten. Weiter so!

Tag 4:

Ich nehm's gleich vorweg: MISSION FAILED! Tagsüber hatte ich mir tatsächlich keine Gedanken übers Geld Ausgeben gemacht, zuhause erzählte ich dann meinem Freund von der mir erstmal so furchtbar gewieft vorkommenden Idee, den Duft meiner Träume und Wünsche (eben jene perfekte Patchouli-Rose) einfach nachzubauen. Er hatte mir zum Geburtstag einen Gutschein geschenkt, um in Grasse, welches wir in unserem Sommerurlaub bereisen wollen, bei einer ortsansässigen Parfumfabrik einen Duft selbst zu kreieren und reagierte zu meiner Verwunderung jetzt sehr verhalten: „Nicht, dass Du am Ende enttäuscht bist, wenn es nicht so wird, wie Du dachtest“ und „Warum überlegst Du Dir nicht etwas ganz Eigenes?“ waren seine Agumente und ja nach einer durchschlafenen Nacht kann ich seine Bedenken wirklich nachvollziehen: Ich bin seit längerem auf der Suche nach der perfekten Rose. In den letzten 2 Jahren beispielsweise gab es keine Schönere für mich als die im Stella Eau de Toilette nur dieses Jahr kommt sie mir so wahnsinnig künstlich und metallisch vor. Meine Nase sehnt sich nach etwas harmonisch runderem und natürlicherem, so wie etwa in Miss Charming von Juliette Has a Gun, obwohl sich beide Düft zugegebenermaßen stark ähneln. Was also, wenn das heiß ersehnte Patch-Röslein doch nicht die Erfüllung bringt und meine Nase sie als wunderbarer abgespeichert hat, als sie tatsächlich ist? Ich werde es demnächst herausfinden, denn das Probenpaket von Ebay mit eben jener Phiole ist bereits unterwegs zu mir. Ich habe es ganz heimlich gesucht und in Form eines Kiehl's Proben-Paketes gefunden, wie in Trance einen neuen, immer noch überteuerten Preis vorgeschlagen, der sogleich akzeptiert wurde. Innerlich war ich zerrissen, einerseits freute ich mich über meine Beute und die lange herbeigesehnte Parfümprobe des heiligen Rosenduftes, andererseits fühlte ich mich Detox-unwürdig, retoxiert sozusagen.

Vielleicht probiere ich das Ganze Experiment noch einmal im Herbst aus, bloß nicht im Sommer, da fliege ich nach London :)

22 Antworten

Weitere Artikel von Flaconesse