Fluxit

Fluxit

Rezensionen
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61 - 64 von 64
Fluxit vor 8 Jahren 10 3
4
Sillage
6
Haltbarkeit
5
Duft
Luftiger Flugbegleiter mit Waldstart
"Ephemera" ist das spannende Projekt von Unsound, Geräusche synästhetisch in Parfüms umzuwandeln. Geza Schön nahm dafür an Installationen in New York, Krakau und Norwegen teil, um die Laute olfaktorisch in seiner Phantasie und schließlich in durchsichtige Flaschen einzuschließen. Wer den "Drone"-Sound nicht kennt, denke an ein durchgehend vibrierendes Didgeridoo oder einen monoton erklingenden Dudelsack, da beide harmonische, sich schnell wiederholende Noten generieren und diese vergleichsweise lange aufrechterhalten können. In der Installation wurde wohlgemerkt elektronische Musik eingesetzt, die der Verpackung als Code zum digitalen Download beiliegt - eine tolle Idee! Wer etwas im Internet stöbert, kann den Sound als etwa zweiminütige Probe ebenfalls entdecken.

An dieser Stelle entschuldige ich mich für nachfolgende Assoziationen, denn bevor ich den Hintergrund dieses Parfums nachgeschlagen habe, hatte ich nur die Flugdrohne im Kopf. Und weil der Duft, einmal mit dem Gedanken eingebrannt, dieser für mich besser entspricht als experimentellen Lauten aus dem Computer, begleite ich seine Entwicklung lieber aus der geflogenen Perspektive.

Völlig unerwartet startet die Drone im Wald: Nach einem säuerlichen Moment muss ich sofort an das Latschenkiefer-Badegel denken, das mir als Kind häufig ins Wannenwasser getropft wurde und es in Sekunden knatschiggrün färbte. Sowohl Farbe als auch Geruch treffen für die erste halbe Minute der Kopfnote zu. Die Säure mag von der Limette kommen, die ich aber nicht als zitrisch wahrnehme, ja, nicht einmal als Frucht identifizieren kann. Da rieche ich eher ein mildes Kratzen von nassem Eisen.
Auch die nächste Assoziation erreicht mich unerwartet: Eine Zahnarztpraxis?! Definitiv Aldehyde, die flüchtig desinfizierende Flüssigkeiten mit der Pseudofrische stählerner Instrumente im tannengrünen Hintergrund verbinden. Trocken frisch, klinisch.
Die letzte Station meines ferngesteuerten Fluggerätes ist unklarer definiert, eine Landung am Rande des Freibades. Verblichen salzig aquatische Noten, synthetische Fäden auf der blassblaugrünen, industriellen Dronenplatine aus Vetiver.
Manche der Noten kann ich gar nicht wahrnehmen (Patchouli) oder kenne ich nicht (Hedion). Den luftigen Akkord unterstelle ich dagegen dem kompletten Verlauf. Besonders schön finde ich Drone trotz seiner eigenwillig frischen Lebendigkeit nicht, nicht an mir, nicht an anderen. Die Umsetzung des Themas - naja, also meiner fälschlichen Interpretation des Themas ;) - halte ich allerdings für interessant und gelungen! Auch den wissenschaftlich-urbanen Flakon finde ich ansprechend, alle drei aus der Reihe.

Mein Begleiter umschwirrt mich mit einer Sillage von unter einem Meter, nach 8-9 Stunden ist er im wahrsten Sinne des Wortes verflogen, wenn ich nicht gerade mit der Nase an meiner Haut tiefgehende Suchmanöver starte. Zusammen mit der Ausrichtung des Duftes ist Drone damit kein lauter Militärbrummer, sondern ein taktvoller (Flug-)Begleiter, der Mann (besser als Frau) in der wärmeren Hälfte des Jahres ins Büro oder zu luftigen Freizeitaktivitäten begleiten möchte.
3 Antworten
Fluxit vor 8 Jahren 9 1
7
Sillage
9
Haltbarkeit
5
Duft
Weichspüler
"Mr. Guerlain, welch ein Geniestreich! Einen Duft, der Wäsche schlechter riechen lässt als ohne, das ist eine mutige und völlig neue Erfindung!"
So oder so ähnlich könnte ein Fan "Eau de Cashmere" preisen, wenn er nur die ersten 30 Sekunden Kopfnote mitbekommen hatte. Denn dort erscheint nach pudrigsüßen Sekunden ein muffiger, grüner Duft, dessen Säure nichts auf einem Stoff zu suchen hat. Als ungeduldiger Tester wollte ich die Probe schon gedanklich wie physisch zur Nee-Liste bzw. -Kiste legen, als die Duftnoten plötzlich nur noch hautnah wahrzunehmen waren. Interessant - ein Wäscheduft, den man nur erahnt?
Aber dann erscheint die Basis, die sich nach Minute Drei konstant und ausdauernd hält: Schmeichelwarm, weichsauber, schön. Die Kuschelreaktion meiner Vorschreiberin konnte ich nahtlos nachvollziehen. Dies war nicht nur ein Wäscheduft, sondern ließ mich auch in meiner Haut wohlig zurück! Kein Schlüpferauszieher, selbst des Pullis würde man sich wohl selber entledigen müssen, aber dann durchaus eine "Schatz, ich hab deinen Pulli behalten, der roch so gut nach dir"-SMS wert. Kein Gourmand-Territorium, aber dennoch lecker.

Tja, und dann hab ich es verbockt. Fasziniert von seiner Anfangsmetamorphose mit der überraschenden Duftlücke hab ich das Kaschmirwasser überdosiert. Nach 15h+ grinst mich trotz mehrfacher Handwäsche mit hartnäckiger Permanenz ein rosa synthetischer Weichspüler an, dessen Sillage ausreicht, um mich tagesübergreifend an meinen Dimensionierungsfehler zu erinnern. Um dem Review gerecht zu werden, habe ich - höchst widerwillig - eine geringe Menge neu aufgetragen, um mich an meinen positiven Ersteindruck zu erinnern. Doch es geht nicht, einmal die Schwelle überschritten, ist dieser Duft für mich passé. Von den ursprünglich 8 Punkten stufe ich auf 5 herunter und würde am liebsten 1 geben. Doch Guerlain kann nichts für meine Dummheit, für einen Weichspülerpullover halte ich diesen Duft weiterhin geeignet. Und das sage ich als jemand, der keinen Weichspüler benutzt und nach dieser Erfahrung auch nie mehr einen verwenden möchte ;)
1 Antwort
Fluxit vor 8 Jahren 8 2
5
Sillage
6
Haltbarkeit
7.5
Duft
Herbe Rhabarberstudie
Rhabarber stand anfangs nicht auf meiner Wunschduftliste. Zum einen, weil Wurzeln jetzt nicht meine große Traumparfumidee sind, zum anderen weil Rhabarber es ohnehin nur seltene Male im Jahr schafft, sich bei mir als Kompott oder Kuchen getarnt bemerkbar zu machen. Dabei bin ich als Kind manchmal sogar in den Keller gegangen und habe mir von den grünroten Stangen 1-2 cm abgeschnitten, um dann über Stunden hinweg einzelne Fasern aus dem herrlich sauren Stück zu ziehen. Aber gut, ich schäl auch Orangen, bis sie sich fast hautlos und prallnackt ergeben. Übrigens eine herrliche Aktivität, wenn man im Büro in langweiligen Telefonkonferenzen steckt.

Kürzlich habe ich dann "Flash Back" getestet und war tatsächlich geflasht: Was für eine saftig frische, süßsauere Rhabarberstange mich daraus anlachte trieb mir die Spucke in den Mund und ein Lachen - nicht Lächeln, sondern ich war wirklich grundamüsiert - auf die Lippen! Wurde mir im Verlauf leider zu weich und feminin, dennoch gefällt mir der Duft weiterhin wirklich gut.

"Study 17" dagegen verläuft trotz ähnlichem Themas ganz anders: Statt in der Kopfnote zu erfrischen, überrascht mich krautiges Gewächs. Das ist Rhabarber zwar auch, aber zu Beginn zeigt sich vor allem der Estragon (glaube ich - für mich geht das eher zur Petersilie) und etwas Geranie, die eine mir nicht ganz genehme Präsenz zeigen. Ein zu grüner, sperriger Auftakt, ja ok, blumig, aber das ist mir zu viel Balkongestrüpp. Nach wenigen Minuten gräbt sich der Rhabarber dann hervor; und zwar 100% unverfälscht! Das ist weder verzuckertes Kompott noch Kuchen mit Streuselgarnitur, sondern ein ehrliches Knöterichgewächs, das sich zufrieden schmucklos ins Zentrum stellt und über die nächsten Stunden seine Mitbegleiter souverän in die Erde verweist. Die anderen fruchtigen Zutaten nehme ich nur als Statisten wahr, gerade genug, um dem Rharbarber mitzuteilen, dass er nicht alleine auf der Bühne steht - aber das weiß so ein bodenständiges Stangenbündel ja bereits so.

Sillage ist mit geschätzem halben Meter gemäßigt, dankbarerweise, ein Gewächshaus möchte ich innerhalb des Hauses nicht aufziehen. Also, vielleicht doch! Aber dann lieber mit Minze & Co, die ich hier leider nicht ausmachen kann.
Haltbarkeit schafft es knapp über den Bürotag - kann man durchaus dort tragen, Komplimente gibt's allerdings dafür wohl nicht - während dem die trockene Säure stetig abbaut und einem weicheren Basiston weicht.

Als Parfum ist mir der Duft zu herb, bin kein Gartenmensch. Ich finde ihn auch nicht direkt schön, dafür aber gut gemacht. Berechtigt Unisex. Wer auf natürlichen Rhabarber steht und süße Düfte anderen überlässt, sollte in diese Studie ruhig mal reinschnuppern.
2 Antworten
Fluxit vor 8 Jahren 17 2
8
Sillage
8
Haltbarkeit
9
Duft
Date mit Vanille & Süßholz
Kürzlich bin ich mit einem Date durch unser gemütliches Städchen flaniert. Wir hatten zufällig über Parfums gesprochen, mein explodiertes Interesse an Düften ist nämlich erst wenige Wochen alt und sie hatte einen ausgeprägteren Hintergrund. Als analytischer Mensch bin ich bereits Stunden, Tage, durch die (toll schnellen) Datenbanken Parfumos gereist und habe mich von Duftpyramide zu Duftpyramide gehangelt, aber als die ersten Proben eintrudelten, musste ich eingestehen, dass a) Ich viele Inhaltsttoffe gar nicht erkenne und b) auch eine 100% verheißungsvolle Kombination alles andere als aufregend riechen kann, oder aber hingegen so aufregend, dass man sie schnell wieder loswerden möchte ;)
Wir kamen zu dem Schluss, dass wir gemeinsam in einer gute Parfümerie ein paar Favoriten testen und gleich vom anderen bewerten lassen könnten. Quasi ein erster "Kann-ich-dich-riechen"-Check oder zumindest ein kurzer Einblick in den Geschmack seines Gegenübers. Notfalls etwas, was die Stille bricht, man weiß ja nie.
Direkt vorweg: Meinem Date gefiel Un bois vanille nicht. Zu süß. Ich hab dem nicht widersprochen, weniger der guten Atmosphäre willens, sondern weil sie Recht hatte; er IST süß, jahrmarktmandelklebrigsüß. Trotzdem zog es meine Nase immer wieder zum Handgelenk, das die Verkäuferin - zu meinem Grausen, denn ich dosiere Düfte äußerst vorsichtig - mit drei kräftigen Wolken mehr als glänzend benetzt hatte.
Zeitraffer: Stadttour, Kuchen, Tschüss Date, im Regen nach Hause. Am nächsten Morgen legte ich zum Testen den winzigen Spritzer einer Hermès-Probe auf, die mich auf Anhieb enttäuschte. Bei der Ankunft im Büro fällt mich dann aber plötzlich eine weiche Vanillelakritzkatze an, die ihren dicken Pelz mit einem "NIMM MICH, ICH DUFTE FANTASTISCH, STREICHEL MICH!" direkt in meine Nase reibt und mich nahezu in Panik Parfumo aufrufen lässt, um begeistert den Inhalt des als Reinfall vernommenens Un Jardin sur le Nil zu durchforsten ... bis mir aufging, dass ich an der "falschen" Seite roch. Da hatte ich am Morgen gar nicht gesprüht. Und mir dämmerte, dass mein Jackenärmel heimlich am Serge Lutens gesoffen und ihn mir wieder auf's Gelenk geleckt hatte. Kurz entschuldigte ich mich gedanklich bei der großzügig sprühenden Ladenbedienung und jetzt steht er vor mir, mein erster Flakon hier, durch freundlichen Kontakt - aber hier sind ja alle irgendwie freundlich! ;) - im Souk erstanden.

Wie also ist der Duft? Was ich zu erkennen glaube, ist ein feinherbes, nicht direkt säuerliches Süßholz, das von entspannter Vanille in ein leicht bitteres, rauchiges Bienenwachsbett gelegt wird. Hätte ich es ohne Pyramide feststellen können? Ich glaube nicht. Wie erwähnt, ist er ausgesprochen süß, aber eben nicht nur. Es gibt genügend Elemente, die ihm zusätzlich Tiefe und leichte Spannung geben. Ja, zusätzlich, sie nehmen dem Duft nicht seinen zuckrigen Charakter, sondern ergänzen ihn. Dennoch oder vielleicht gerade deswegen Unisex, ich empfinde Un bois vanille weder als weiblich noch männlich; ein Arbeitsduft ist er aber nicht. Dazu kommt, dass er genug Atem für mindestens einen langen Tag hat und die Sillage meinem Büronachbarn durchaus in der Nase kitzeln kann, ach was, der Duft legt sich ihm direkt schnurrend mit auf den Schreibtisch. Ein kleiner Sprüher ist genug, für mich und meine Umwelt.

Zum Flakon wollte ich eigentlich gar nichts schreiben, aber beim Auspacken war ich dann doch entzückter als erwartet: Meiner hat nämlich nicht wie auf dem Foto einen runden Deckel, sondern einen zylindrischen, sieht man auch unten auf manchen Fotos, hatte ich vorher gar nicht gesehen. Das passt für mich viel besser zu dem schlank-eleganten Fläschchen, das mit subtiler Farbgebung und schönen Serifen-Fonts einen noblen Eindruck auf mich macht. Mit einer Nummer bewerte ich Verpackungen trotzdem nicht.

Aus dem Date ist übrigens nichts geworden. Aber mein Un bois vanille ist ohnehin süßer ;)

---- Nachtrag Anfang 2017 -----
Nach fast einem Jahr Parfumo ist Un Bois Vanille mir zu süß und vor allem zu heftig, draußen trage ich ihn gar nicht mehr. Aber gelegentlich zur Hause in die Luft gesprüht, erfreut mich die nach wie vor schmusige Begleitung weiterhin sehr. Schnurrrr!
2 Antworten
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