FrauDingens

FrauDingens

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1 - 5 von 39
FrauDingens vor 12 Jahren 35 13
7.5
Flakon
5
Sillage
5
Haltbarkeit
7
Duft
Die Puderdose
Die Metro spuckte mich am Porte de Versailles aus und ich folgte den Massen zum Flohmarkt am Pont de Vanves. Um mich herum wogte das Leben. Ich fühlte mich teilhaftig und trotzdem wohltuend allein.

Vor einem der Tische blieb ich stehen. Alles für die Dame!, pries der Verkäufer sein Angebot an und forderte mich auf, näher zu treten, mir alles anzusehen. Ich besah also eher gedankenlos silberne Jugendstil Haarbürsten, blinde kleine Spiegel, abenteuerliche Kristallflakons - leere und auch volle, kleine Kosmetik-Pompadours und so viele Puderdosen. Eine nahm ich hoch. Kühl und silbrig füllte sie meine Hand. Belle Époque, Mademoiselle, für sie ein Sonderpreis, nur 40 Euro! Ach was, 30, auf die Hand und sie gehört ihnen!

Ich drehte vorsichtig den Deckel ab. Feiner Puderstaub in der Quaste. Marzipan verflog. Vanille? Tropische Pracht vor meinen Augen. Blütenmeere bis zum Horizont. Pudrig, süßlich, sanft.
Tröstlicher trockener Hauch. Schweißperlen auf meiner Stirn und eine weiche Quaste, die alles ungeschehen macht, aus ihren flauschigen Fädchen rieselt Reinheit, wie kleine Schnipsel unbeschriebener Blätter. Der Duft so zeitlos schön wie Seidenstrümpfe auf weicher Haut.

Ich handelte nicht, ich kaufte die Dose, die auch noch meine Initialen trägt. Und dachte immer, ich würde einmal ein Parfum finden, das so riecht, wie diese Puderdose.

Mit Poudre de Riz hat jemand meine stille Hoffnung erfüllt.
13 Antworten
FrauDingens vor 12 Jahren 15 7
5
Flakon
2.5
Sillage
5
Haltbarkeit
8
Duft
My Beautiful Laundrette
Meine erste Wohnung hatte keine Waschmaschine und keinen Trockner.
Und so kam es, dass ich zweimal die Woche zwei Blocks die Strasse hinunter in den Laundromat pilgerte. Die getragene Wäsche in einer großen Reisetasche, zusammen mit einem guten Buch. Mein Leben entbehrte in dieser Zeit, durch den beruflichen Alltag, nicht einer gewissen Regelmäßigkeit, vor allem, was die Besuche im Laundromat angingen.

Jedes mal wenn ich die Eingangstür öffnete, umfing mich dieser Duft frisch gewaschener Wäsche, Waschpulver, Weichspüler, Fleckentferner. Die glitzernden Reihen der Waschmaschinen und Trockner. Zitronige Sauberkeit. Gebohnertes Linoleum auf dem Boden. Spiegelnde Schieben, in die abenddunkle schwarze Stadt. Das war meine Zeit. Manchmal war ich zu müde, um zu lesen. Dann saß ich vor der Trommel, beobachtete wie die Farben durcheinander gewirbelt wurden, genoss die Stille und gab mich ganz dem starrenden Nichtstun hin. Ab und an führte ich leise Smalltalk mit anderen Wartenden. Chlorbleiche liegt in der Luft. Die Zeit verging für mich nie zu langsam oder zu schnell.

Dieses Parfum möchte ich auch nicht tragen, aber es ist eine schöne Erinnerung an die Zeit, in der ich mich zum ersten mal so richtig und ganz und gar erwachsen fühlte.

Mein wunderbarer Waschsalon - so riecht dieser Duft. Ein wenig seifig, Zitrone, Bohnerwachs und Waschmittel.
7 Antworten
FrauDingens vor 12 Jahren 33 8
7.5
Flakon
7.5
Sillage
10
Haltbarkeit
8
Duft
Was machen sie, wenn sie nicht schlafen können?
Mein Beruf ist es, schneller zu sprechen, als ich denken kann. Manchmal verhängnisvoll. Wenn das Gehirn von einem Duft auf die Reise geschickt wird. Ein Duft, so voll und mundig, dass er mir meine Konzentration raubt. Durchdringend, ohne mich zu belästigen. Ich muss es wissen, was trägt sie?
Etwas von Guerlain kann es nicht sein. Yves Saint Laurent? Vielleicht. Nein, ich kann mich nicht erinnern, es jemals gerochen zu haben.

Wie war der letzte Satz? Egal. Unwichtig. Ich mache eine Pause, sehe mich um. Niemand scheint etwas von mir zu erwarten. Beruhigendes Gewühl in Aktenmappen. Alle sehen auf den Tisch.

Ich mustere verstohlen die Frau, von der dieser Duft ausstrahlt, sie umgibt, wie ein feiner Schal, der im Wind weht. Ja, pudrig ist er, dieser Duft. Iris? Nein, eher Jasmin. Vielleicht eine Spur Bergamotte, aber nicht betont frisch, Orange und da ist noch etwas, das ungreifbar für mich bleibt. Holzig, würzig, aber nicht tief. Parfums MDCI Paris?
Die Frau, sie sieht müde aus. Aus ihrem Chignon haben sich über den Tag einzelne Strähnen gelöst, auf ihrer Stirn einige Schweißperlen. Aber ich kann dies nur erkennen, weil ich mit Mühe über den Duft hinweg sehe. Denn Ihr Parfum tröstet über das zerknitterte Kostüm hinweg. An ihrer Bluse hat sich der oberste Knopf gelöst. Mehr Dekolleté als dem Anlass entsprechend, aber sie ist versunken in des Blatt Papier vor ihr, ohne Bezug zu ihrem Körper. Dior, sicher ist dieser Duft von Dior.

Endlich. Stimmen werden laut, Geraschel, Griffe zu Taschen, die am Boden stehen, Stühlerücken. Im Aufstehen treffen sich unsere Blicke, unprofessionell. Und ich weiß, sie fühlt sich angesehen, als Mensch, nicht als Worte aus ihrem Mund. Tonkabohne, ja, das ist es!
Sie lächelt und fragt: Was machen Sie, wenn Sie nicht schlafen können?
Ich bleibe wach, antworte ich. Schlaf kann man nicht erzwingen. Er ist ein Geschenk.
Sie nickt.
Madame, was tragen sie für ein Parfum? Die Worte purzeln aus meinem Mund, ein wenig atemlos, zusammenhanglos, aber ich muss es wissen, ganz gleich, was sie dann von mir denkt. Ich sehe sie nie wieder.

Poudre von Maison des Rêves, sagt sie, denn ich liebe Orangen.
Und ich bleibe noch so stehen, während sie schon längst gegangen ist, halte die Augen geschlossen und atme die Orangen ein.
8 Antworten
FrauDingens vor 12 Jahren 10 3
5
Flakon
5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
6
Duft
and miles to go before I sleep
Zu meinem Ur(einige ur noch dazu)-Großvater hätte dieser Duft sehr gut gepasst. Er war ein bodenständiger Mann. Ein Mann, der von seiner Hände Arbeit lebte, oben in Vermont. Kurz vor seinem Tod war seine Schaffarm eine der größten in diesem Gebiet und das Weideland erstreckte sich vom Connecticut River bis in die Berge. Dabei hatte er klein angefangen, als er mit seiner Frau ein paar Merino-Wollschafe kaufte und die Zucht im Frühjahr begann. Der Auftakt zu diesem Duft.

Frisch und kühl, ein wenig zitrisch. Ein bisschen aufregend, wie es die erste Schur wohl gewesen sein muss.
Es folgt ein herber Sommer, mit grünen Kräutern im moosigen Schatten, für den Schafskäse. Erdige Töne künden von einem frühen Herbst. Eine Kühle behält dieser Duft am Ende. Sie wird frostig, wie der harsche Winter in den Bergen, wie der Schnee in den ausgedehnten Wäldern. Rauchig fast. Das Feuer aus dem Kamin der anfänglich noch kargen Behausung.

Würziger, schneebedeckter Wald. Hier und da knackt das Holz unter den Schneelasten. Vielleicht durchstreifte mein Vorfahr den Forst zu Fuß, eher wird er wohl aber zu Pferd nach verirrten Schafen im dunklen Gehölz gesucht haben. Vielleicht mochte er, wie ich auch, den Wald im Winter. Still und die wenigen Tannen duftend zwischen schwarzem Geäst. In der Dämmerung die Vorfreude auf ein Feuer, warme Hände. Ein Schaf noch aufgestöbert. Herausgetrieben. Und durch kühlen, unberührten Schnee. Noch ein bisschen bleiben. Stille.

... but I have promises to keep and miles to go before I sleep. And miles to go before I sleep.
Robert Frost.

Vielleicht mag ich diesen Duft lieber, als ich sollte. Er ist nicht wirklich ausgefallen, aber eben einfach bodenständig.
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FrauDingens vor 12 Jahren 18 6
5
Flakon
5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
7
Duft
MAOAM
Wenn meine Mutter von ihrem Verwandtenbesuch in Deutschland zurückkehrte, hatte sie den Koffer voller seltsamer und fremder Geschenke. Weihnachtsstollen, Dominosteine, Lebkuchen, Mandelprinten und von mir besonders begehrt: MAOAM. Das quietschsüße Kaubonbon.

Lange habe ich, weil meine Mutter meist im im späten Herbst flog und kurz vor Weihnachten zurückkehrte, MAOAM für etwas gehalten, das in Deutschland nur zu Weihnachten verzehrt wird. Es wanderte mit den anderen Sachen auf Süßigkeitenteller, die zum unter den geschmückten Tannenbaum gestellt wurden. Meine Geschwister stritten sich um Schokolade und Vanillekipferl, ich wartete, bis der Platz frei war, griff mir den Großteil der MAOAMs und verschwand damit auf die kleine Couch im Arbeitszimmer meines Vater.
Süßlich, fruchtig wehte mir der Inhalt dieser kleinen Spezialität entgegen und ich aß davon, bis mir schlecht wurde und stellte mir vor, dass in diesem Augenblick - Zeitverschiebung gab es in meinem kleinen Köpfchen damals nicht - Tausende von deutschen Kindern, es mir gleich taten.

Es ist noch gar nicht lange her, da bekam ich ein Pröbchen Perla in der Parfumerie zu meinem Einkauf. Einen Sprühstoß später, war ich in meinem Weihnachtshimmel. Pures MAOAM schlug mir entgegen, Süße, Frucht und noch mehr Süße. Ich schwelgte in Erinnerungen. Ein Spritzer Zitrone, Ein Hauch Erdbeere und vor allem diese klebrige Süße. Allein mit MAOAM.

Nein, ich kaufe mir diesen Duft nicht. Ich möchte nicht selbst riechen, wie ein MAOAM. Aber es tut gut zu wissen, dass es diesen Duft gibt.
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