FrauDingens

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31 - 35 von 39
FrauDingens vor 12 Jahren 22 4
7.5
Flakon
5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
8
Duft
Les Fleurs du Mal
Paris - erst schnell ins Palais Royal und dann habe ich in dieser kleinen Brasserie ewig gewartet. Ich wurde versetzt, von meinem eigenen Mann. Was blieb mir anderes übrig, als über le Cimetière du Père-Lachaise zu bummeln. Ein trüber Tag, feucht kalt. Der Frühling weit entfernt.
Und konnte ich ahnen, dass ich den Duft zu diesem Tag gerade gekauft hatte?

Ich selber bin es,
der mein Herz aussaugt.
Bin einer dieser Großen, ganz Verlorenen,
zum ewigen Gelächter Auserkorenen.
Von denen keiner mehr zum Lächeln taugt.

An diese Zeilen von Charles Baudelaire musste ich denken, als ich so schlenderte, achtlos einen Spritzer De Profundis auf mein Handgelenk gab und schließlich inne hielt, vor einem Grab. Frisch umfing mich Chrysantheme, gerade so, als hätte eben jemand einen Strauss in der Nähe abgelegt. Tröstend vertraut umhüllten mich die Veilchen, während noch eine Ahnung Weihrauch in der Luft lag von der letzten Messe. Frisch ja, kalt nein, aber kontemplativ.

Dieser Duft braucht einen Tag, keinen Anlass. Er geht nicht leicht in die Nase, er ist nicht gefügig, aber das ist das Leben auch nicht. Vor allem aber nimmt sich der Duft mehr von mir, als er sollte, er saugt mich aus und fordert alles. Er ist wie die bleiche Hand, die aus der frischen Erde greift.
Morbid.
4 Antworten
FrauDingens vor 12 Jahren 17 8
7.5
Flakon
10
Sillage
10
Haltbarkeit
7
Duft
Schwarzer Witwer
Gestern waren mein Mann und ich aus. Auf einer Vernissage. Salatherzen und ein grausiger Riesling-Sekt, erstaunte Menschen vor Kunst. Und während wir noch so schlenderten, blieb ein Mann mittleren Alters vor mir stehen. Fast sofort umfing mich Black Orchid. Ausweglos brannte es sich in die Innenwände meiner Nase.
Was ich denn hätte, raunte mein Mann mir zu, ihm würde ja auch nicht alles hier gefallen, aber ich könne doch wenigstens lächeln.
Riech! befahl ich ihm.
Und zu allem Übel drehte sich der Mann um und entpuppte sich als alter Schulfreund meines Mannes. Ich wurde mehrere Minuten von einem Schwall Patchouli eingenebelt, der es mir schwer machte, mich überhaupt an meinen Namen zu erinnern und den Anlass meines Hierseins.
Nach einer sandelholzigen Ylang-Ylang Keule, konnte ich mich kaum noch auf den Beinen halten. Endlich jawarschön - wirsehenunsbestimmtbaldwieder usw.
Im Gehen flüsterte mir mein Mann zu: Fandest du nicht, dass er etwas streng roch?

Oh ja, Black Orchid ist kein Duft für den goldrandbebrillten Krankenkassenangestellten mittleren Alters, in einem Vorort mit drei Kindern.

Immer wenn ich ihn rieche, denke ich an Porsche, Raymond Chandler und eine Walther PPK.
Ob ich das alles gut finde, weiß ich nicht. Zu manchen Männern passt dieser Duft.
Zu den meisten eher nicht.
8 Antworten
FrauDingens vor 12 Jahren 9 6
7.5
Flakon
2.5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
9
Duft
Sommer auf Cape Cod
Ein langer Sommer geht zu Ende und die Bettwäsche flattert auf der Leine zwischen den beiden Apfelbäumen. Es ist Zeit, das Sommerhaus winterfest zu machen - die Meereswinde auszusperren, den Kampf gegen Salz und Verfall zu fechten. Weiße Laken werfen wir über empfindliche Möbel. Wir verabschieden einen Sommer, der gewesen ist und nächstes Jahr zurückkommt.
Die Luft ist schon herbstlich und ich sehe Äpfel an den Bäumen reifen.
Einmal noch die Nase in die ägyptische Baumwolle der Bettwäsche - dann wartet eine lange Autofahrt, die Schule, die Stadt, ein verschneiter Winter.

Diese Duft ist sorglos in seiner Frische und er ist der Süden, den ich als Kind nur aus den Erzählungen, Büchern und Filmen kannte. Mandarinenbäume und flirrende Hitze, über endlosen Baumwollfeldern.
Antebellum, Plantagen, Kutschen, Krinolinen.

Es gibt Tage, an denen brauche ich diesen Duft so dringend, wie es Tage gibt, an denen ich Zimt-Muffins und Sweet Potato Casserole brauche.
Und dann umfängt mich Sea Island Cotton nach dem Aufsprühen sanft und geschmeidig, umhüllt mich wie frisch gewaschene Bettwäsche und doch, ich kann ihn immer riechen, nur die erste Note verfliegt. Zurück bleiben meine Kindheit und die Sommer auf Cape Cod.
6 Antworten
FrauDingens vor 12 Jahren 7 1
5
Flakon
5
Sillage
5
Haltbarkeit
1
Duft
Belangloser Stoff
Dieser Duft ist jedenfalls kein Stoff, aus dem meine Träume sind.
Und dabei mag ich doch eigentlich die Düfte von Lauder. Dieser hier muss adoptiert sein. Ein kleiner Duft -Unfall, den jemand unter einem beliebigen Namen auf dem Markt geworfen hat. Hier, du kleiner Duft, flieg!

Und das tut er auch - er verfliegt, ohne etwas zu hinterlassen, ohne Gruß, ohne Körper, ohne Seele. Dabei war die Landung gar nicht schlecht - etwas holperig-holzig zwar und unentschieden würzig mit der Hoffnung auf eine "Frische". Und dann schnuppert meine Nase ins Leere. Es bleibt nichts, keine Himbeere, kein Luftakkord, nur ein wenig Patchouli und das ist auch zu viel.

Leider belanglos. Leider.
1 Antwort
FrauDingens vor 12 Jahren 7 9
10
Haltbarkeit
1
Duft
Stumpfe Beharrlichkeit
Die 90er waren Trésor. Warum, das habe ich nie verstanden. Genau wie Kuschelrock-Compilations, Schulterpolster und aufgeplatzte, mühselig glattgeföhnte Dauerwellen auf dem Kopf.

Trésor ist von allem zuviel. Zu süß, zu schwer, zu aufdringlich, zu haftend - einmal aufgesprüht, übersteht er auch die Dusche am Abend. Erschreckend. Ein Duft, den man nicht mehr aus der Nase bekommt. Pfirsich, Veilchen, Vanille - eine Mischung wie ein sahniger, süßer Cocktail, blonde Löckchen, Apfelbäckchen. Und ganz gewollt elegant. Schauderhaft.

Trésor kann man nicht ignorieren. Das macht es ja so schwer. Glücklicherweise riecht man ihn dieser Tage selten. Aber dank seiner stumpfen Beharrlichkeit könnte er in zehn Jahren super-retro sein, quasi shabby-chic, trendy und wie schon nach seinem Erscheinen: eine Spur zu billig und Frauen dazu verleiten, zu viel aufzutragen.

Aber es hat auch sein Gutes: da weiß man, woran man ist.
9 Antworten
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