Heidi
Heidis Blog
vor 2 Jahren - 05.06.2022
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A Milano oder ein bisschen Trost in schweren Zeiten

Frühjahr 2021 – wir befinden uns noch im Lockdown und bei vielen Menschen macht sich große Resignation breit. Mein Mann und ich kommen gut durch die Zeit. Wir sind dankbar, dass Niemand aus der Familie ernsthaft erkrankt war und machen aus der verordneten Auszeit das Beste. Wir haben mehr Zeit für schöne Bücher, anstatt Fitnessstudio gehen wir im Wald laufen und anstatt Freunde treffen oder Familienfeiern machen wir es uns zu Hause gemütlich. Mit dem Enkelkind genießen wir einen Abend beim „Wohnwagendinner“ und verbringen trotz Corona glückliche Tage.

An dem Tag, als mein Mann von einer Routineuntersuchung nach Hause kommt und sagt: „Der Arzt hat glaube ich was gefunden – ich muss zu weiteren Untersuchungen in die Klinik“ – da ziehen erste dunkle Wolken auf. Nach kurzer Zeit ist klar – mein Mann hat Krebs, eine aggressive Form . Ich kann das erst nicht glauben. Mein Mann – mein Fels in der Brandung, soll krank sein? Er, der noch nie ernsthaft krank war und noch nie im Krankenhaus und dem noch nicht einmal die Gelenke schmerzen, obwohl er bald 60 wird – er soll schwer krank sein??? Ich komme gar nicht damit klar, muss ständig weinen – und dabei möchte ich doch gerade jetzt stark sein und meinem Mann zur Seite stehen. Nachts kann ich nicht schlafen und selbst auf der Arbeit breche ich in Tränen aus, obwohl ich mich doch normalerweise immer so gut im Griff habe.

Schnell merke ich, dass ich professionelle Hilfe brauche. Ich muss für meinen Mann da sein, möchte ihm die starke Schulter bieten, die er jetzt braucht, denn die nun kommende Zeit der Behandlungen wird nicht einfach werden. Einen Psychologen möchte ich nicht aufsuchen – ich habe Angst, dass er in meiner Kindheit nach der Ursache für meine jetzige Fassungslosigkeit sucht. Ich habe Glück und finde einen Hypnosetherapeuten – einen jungen Mann, der mir auf Anhieb sympathisch ist und bereits das erste Gespräch mit ihm tut gut. Bei der ersten Hypnosesitzung schickt er mich an einen Ort, wo es mir gut geht. Es ist ein Ort am Meer, mit weißem Sand, noch warm von der Abendsonne – ich stehe dort, lasse mir den warmen Wind um die Ohren wehen und stehe mit den Füßen im Wasser – höre das Meer rauschen – und kann das erste Mal nach Wochen wieder entspannen.

Drei Sitzungen reichen und ich habe zu meiner alten Stärke zurückgefunden. Ich bin in der Lage, mich selbst an diesen schönen Ort zu bringen, wenn ich nicht schlafen kann oder wenn die Sorgen um meinen Mann mich erdrücken. Dann schließe ich die Augen, reise in Gedanken ans Meer und kann entspannen. Ich bin sehr dankbar, dass ich nun in der Lage bin, meinem Mann beizustehen. Die Behandlungen sind schmerzhaft und kräftezehrend – wir stehen das gemeinsam durch und stellen uns Beide der Herausforderung. Am letzten Tag der Bestrahlung fahren wir zusammen zur Praxis und danach zum Flughafen – es geht für 2 Wochen nach Gran Canaria. Der Arzt hat grünes Licht gegeben und wir freuen uns auf den Urlaub.

Und dann bin ich auf einmal dort, wo ich in Gedanken so oft war. Die Sonne schickt die letzten Strahlen an den Strand und da stehe ich, mit den Füßen im Wasser, schaue auf’s Meer und bin glücklich. Die letzten Wochen waren nicht einfach, aber ich bin so dankbar dafür, dass mein Mann die Behandlungen besser als gedacht überstanden hat und seine Werte erstaunlich gut sind. Dankbar auch für die Hilfe und den Zuspruch, den wir in der ganzen Zeit bekommen haben. Es ist so schön, wenn so viele liebe Menschen ihre Hilfe anbieten oder mit kleinen Geschenken einfach zeigen, dass sie in Gedanken bei uns sind. Und es zeigte sich mal wieder, dass man auf die Familie zählen kann – dass jeder mit ganzem Herzen mitgehofft, mitgefühlt und mitgelitten hat. Das hilft!

Wir verbrachten viele wunderschöne Stunden am Strand und das tat so gut. Wieder zu Hause , überlegte ich, welcher Duft wohl zu diesen schönen Momenten passen würde.

Zuerst probierte ich den Duft Acqua di Sale von Profumum Roma – der Duft riecht tatsächlich nach sehr salzigem Meerwasser und Algen – war mir aber zu intensiv. Ich dachte, der Duft Calar del Sole von ArteOlfatto könnte passen – aber die Mischung aus Zitrone und Creme erinnert mich eher an Sonnenmilch und passte nicht ganz ins Bild. Ich war mir sicher, dass ich mit Wood Sage & Sea Salt von Jo Malone den richtigen Duft gefunden habe – ein Duft, der nach Meersalz und Salbei riecht und wenn ich die Augen schließe, dann kann ich mir vorstellen, ich bin am Meer. Aber leider ist der Duft bei mir verschwunden, bevor ich ihn genießen kann.

Ich dachte schon, dass es wahrscheinlich keinen Duft gibt, der meinen Vorstellungen entspricht. Und dann trudelt da die Duftpost mit der kleinen Abfüllung A Milano von Armani ein und trifft mitten ins Herz. Ich habe nicht damit gerechnet, dass dieser Duft alles mitbringt, was ich gesucht habe – ein bisschen zitrisch, harzig, lavendelig – so roch es nicht am Meer. Aber mit diesem Duft fühle ich mich so wohl wie in dem Moment am Strand, spätestens in dem Moment, als die Iris dazukommt. Moschus gibt dem Duft etwas Weiches. Der Hauch Lavendel beruhigt mein Gemüt, lässt mich aufatmen, wo vorher noch innere Angespanntheit war und eine große Ruhe macht sich in mir breit. Ach wie schön ist der Duft – leider unerschwinglich. Ich werde meine kleine Abfüllung wie einen Schatz hüten und aufsprühen, wenn ich ein wenig Trost brauche oder wenn ich mich selbst ein wenig verwöhnen möchte.

Aktualisiert am 05.06.2022 - 12:04 Uhr
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