Inedito

Inedito

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1 - 5 von 6
Inedito vor 2 Monaten 7 8
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Haltbarkeit
6
Duft
Mogelpackung des Jahres?
Einige Worte vorab: Meine Probe von Anticonformiste ist durch das von Parfumo organisierte Gewinnspiel zu mir gekommen. Es war das erste Mal, dass ich bei einer Verlosung hier gewonnen habe, entsprechend überrascht und dankbar war ich, als ich heute in meinen Briefkasten geschaut habe. Ich gehe gleichwohl nicht davon aus, in den weiteren Genuss des exklusiven Duftpakets zu kommen, selbst wenn meine Rezension hier ein paar Pokale mehr als üblich erhalten sollte.

Denn: Mir gefällt der Duft nicht. Ich halte ihn fast eher für einen Anwärter im diesjährigen Rennen um die Mogelpackung des Jahres. Vielleicht handelt es sich hierbei aber auch einfach um enttäuschte Erwartungen.

Die Duftnoten lesen sich schonmal nicht unbedingt außergewöhnlich, aber das muss nichts heißen. Vielleicht handelt es sich ja um einen Aquaten, der aneckt, frisch ist, aber ironisch. Eben irgendwie nonkonform eben. Pustekuchen.

Das Opening ist enttäuschend, denn es erinnert mich an all die Düfte, die gerne von Jünglingen in Sportumkleiden großflächig als Duschersatz eingesetzt werden. Womöglich wie ein Duft von Alberto Morillas selbst, nur für eine andere Marke, die bei Müller und Douglas steht und nicht wie Mizensir bei Breuninger. So viel getestet habe ich noch gar nicht von Mizensir, im Vorübergehen allerdings den Eindruck bekommen, es mit ganz soliden Parfüms zu tun zu haben.

Na jedenfalls: Veilchen und Pfeffer sind eindeutig zu erkennen, auf der Haut sogar noch mehr das Pfefferminzöl. Nach einem großzügigen Auftritt weichen diese Noten allerdings in den Hintergrund zurück und es kommt immer mehr Calone durch. Ich finde Aquaten nicht prinzipiell schlecht oder synthetisch oder zu gewöhnlich. Daher hier die Hoffnung, es mit einem irgendwie anderen Aquaten, einem Antikonformisten zu tun zu haben. Aber nein, das Calone ist ein bekanntes, das immer stärker zu werden scheint und den Duft immer kälter werden lässt.

Mehr denn je erinnere ich mich an die Umkleide der Sporthalle aus meinen Schulzeiten. Schön war’s da nicht. Blau, grau, kalt. Ob es die nicht besonders wärmenden Erinnerungen daran sind oder der Duft selbst, kann ich nicht sagen, aber je stärker das Calone in den Vordergrund rückt, desto komischer wird mir.

Vielleicht haben wir es also doch irgendwie mit einem nonkonformen Duft zu tun, einem Spion der in der Masse untergeht, unerkannt, und doch nicht unbedingt aufmerksamkeitshaschend gefallen will. Immerhin kann ich die Duftnoten eindeutig herausriechen, nicht so wie bei manchen gepanschten Wässerchen. Dennoch: gefallen tun sie mir nicht.

Eine Enttäuschung also. Der Name ist toll, sollte dann aber auch mehr sein als nur leeres Gewäsch. „Letters to a young contrarian“ von Christopher Hitchens etwa hält was es verspricht. Das Buch ist Leitfaden für jene, die den Status quo in Frage stellen und unabhängig, kritische denken wollen, geschrieben von einem wahren Antikonformisten, der gegen den Zeitgeist und vermeintlich Unsagbares anschrieb. Hippies in Madrid, New Mexiko, fallen mir da auch ein, die noch heute so leben als gäbe es das, was das Feuilleton Spätkapitalismus nennt, gar nicht.

Der Werbeflyer schreibt, der Duft sei von New York inspiriert. Ich schätze, ich kann mir eine Reise dorthin sparen.
8 Antworten
Inedito vor 2 Monaten 3 2
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Haltbarkeit
8
Duft
Ein buntes Weiß
So so, hier haben wir es also mit einer Safarijacke zu tun. Wenn ich mir das Werbefoto und den Inhalt des recht geradlinigen Flakons anschaue, habe ich eigentlich nur eine Assoziation: BEIGE.

Ich hasse Beige. Nun, ehrlicherweise habe ich nichts gegen die Farbe an sich und mich suchen auch keine grausamen Kindheitserinnerungen heim ... gemobbt und den Kopf in ein Schulklo voll beiger Flüssigkeit getunkt ... Leider sehe ich aber immer zwei Sorten Menschen vor meinem geistigen Auge, wenn mir diese eigentlich recht zurückhaltend elegante Farbe unterkommt. Beide sind deutsch und geben mir ein ungutes Gefühl. Ich habe wohl Angst, mich irgendwann in ihnen wiederzuerkennen.

Da wären zum einen die Ü70-Menschen, die vom kleinsten Windstoß offene Wunden bekommen ("ES ZIEHT!"). Ist natürlich nicht schön, aber dennoch bleibt für mich unverständlich, wieso man sich ab einem gewissen Alter gleich ganz in Pflasterfarben einkleidet. Immerhin fällt so das neuste Hansaplast nicht auf. Von Sandalen bis zum Anglerhut komplett bebeigte Senioren sind mir trotzdem ein ästhetisches Dorn im Auge. Iris Apfel ist da schon eher mein Vorbild.

Zum anderen fällt mir sofort die Sorte von deutschen Touristen ein, die sich in ihrem Südafrika-Urlaub darüber wundern, wieso in Kapstadt die Leute nicht auf Löwen zur Arbeit reiten. Selbstverständlich trägt man da die beige Outdoor-Funktionskleidung mit Schuhen von Jack Wolfskin auch im trendigen Hipster-Café in De Waterkant - Safarijacke inklusive.

Mit diesen zwei Albträumen hat dieser Duft absolut gar nichts zu tun und das beglückt mich. Statt einer beigen Safarijacke rieche ich ein weißes Hemd, so weiß, dass es fast schon in den Augen wehtut. Getragen wird es von einem gutaussehenden, kultivierten Mann (wie war das noch gleich mit sich selbst wiedererkennen?), der womöglich tatsächlich gerade von einer Safari kommt. Oder von der Arbeit. Oder von einem Shopping-Trip. Nun sitzt er aber frisch gewaschen, beduftet und mit strahlendem Hemd gemütlich an einem Pool eines wunderschönen Weinguts im Westkap. Die haben ja öfter Übernachtungsmöglichkeiten, gehobene Gastronomie und phänomenale Ausblicke auf das Grün, Blau, Beige der atemberaubenden Landschaft. Und Pools. Da geht man aber nicht rein, weil in der Nähe sitzen und Weißwein schlürfen viel mehr "sophisticated" aussieht.

Und so riecht für mich "Le Vestiaire - Saharienne (2015) | Yves Saint Laurent"! Sehr weiß und doch irgendwie bunt. Sehr grün-zitrisch-frisch, auch wenn die initiale Explosion nur ein paar Minuten andauert. Sehr schnell wird der Duft hautnah, am Pool geht langsam die Sonne unter. Zu solchen Zeiten trägt man keine lauten, langen Düfte, denn bald zieht man sich zum Abendessen mit guten Freunden zurück. Man kommt sich näher, redet gedämpft. "Le Vestiaire - Saharienne (2015) | Yves Saint Laurent" hält sich ebenso zurück und wirkt gepflegt.

Dann ist Nacht und es wird kalt. Ab ins Bett, Licht aus, Duft aus. War nett, auch wenn es nur ein kurzes Vergnügen war.
2 Antworten
Inedito vor 4 Monaten 6 2
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Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
8.5
Duft
Gesucht, gefunden
Meine Duftsammlung ist eigentlich recht sommerlich zitruslastig, etwas grün, manchmal herb. Ich mag gern klassische Colognes und alles was eine gediegene Frische vermittelt. Lyn Harris scheint mir zu gefallen, schroffe Klippen in Portugal mit Blick aufs Meer, klare Luft.

Einen Duft für die kältere Jahreszeit zu finden, hat sich daher als ein kleines Unterfangen erwiesen. Weggefährten, die letztlich doch weiterziehen mussten, waren u.a. "Dior Homme Intense (2011) | Dior", fast schon klassisch, aber mir am Ende doch irgendwie zu anstrengend, "Vanagloria | Laboratorio Olfattivo", Liebe auf den ersten Blick, aber nur für ein paar Monate und "Iris Malikhân | Maison Crivelli". Letzterer war recht ähnlich zu Dior, etwas weniger rauh, aber nach einiger Zeit durch die sirupartige Hartnäckigkeit fast ähnlich anstrengend.

Ich brauche irgendwann auch Luft zum Atmen. Subtilität ist mir bei Parfums wichtiger als Megahaltbarkeit und Sillage. Zumal ich aufgespritzte Lippen mit fett Makeup und Riesenwimpern auch nicht unbedingt als zeitlos schön oder ästhetisch bezeichnen würde.

Da mir das Gros der gebräuchlichen Winterdüfte also zu heftig ist, war mein Duftgenuss in letzter Zeit stark verkümmert, von ein paar Nerolispritzern zur Erinnerung an wärmere Tage mal abgesehen. Bis ich irgendwann in einer kleinen Parfümerie in einem kleinen Städtchen auf diesen Duft hier aufmerksam wurde. Zuerst ein Lederakkord, der ganz unisex weder auf besonders kernig macht, noch allzu cremig daherkommt. Und der auch recht bald abklingt, was ich gut finde, da er mich sonst wohl nerven würde. Stattdessen kommt mehr und mehr eine angenehm zurückhaltende Vanille hervor, die nicht so süß ist wie manch andere. Umrahmt wird alles von einem zitirischen Schleier, der in seiner Seidigkeit an "Opsis | Diptyque" erinnert.

Für mich ist das ein idealer Winterduft. Wärmend, nie zu süß, mit einer Haltbarkeit, die den Tag lang hält, am Ende sehr hautnah wird und so mich und andere nie erschlägt. Die Kombination aus Leder und Vanille mit Bergamotte ergibt für mich zwar keinen Tintenakkord, aber einen interessanten Twist, der das Parfum abrundet und meine Suche vorerst beendet. Bis ein neuer Winterduft sich bei mir vorstellt.
2 Antworten
Inedito vor 1 Jahr 9
10
Flakon
6
Sillage
7
Haltbarkeit
8.5
Duft
Im Vorgarten des Monsieur L.
Von den vielen Düften, die meiner Nase in den letzten Jahren untergekommen sind, hat die Mehrheit Reaktionen nach folgendem Muster ausgelöst:

„Ein XYZ-Duft, grausam!“

„Ein XYZ-Duft, langweilig.“

„Ein XYZ-Duft, interessant, aber nicht meins.“

Wirklich einzigartige Reaktionen, denen ich ein wenig hinterherrenne, kann ich an einer kriegsversehrten Hand abzählen, sie hat nämlich nur drei Finger. In chronologischer Reihenfolge:

"Grey Vetiver (Eau de Parfum) | Tom Ford": Wow, das ist DER Duft. Der, den ich irgendwann irgendwo an irgendwem gerochen habe und unglaublich gut fand. Hier ist er, ich will ihn haben.

"Ganymede (Eau de Parfum) | Marc-Antoine Barrois": Sofort hin und weg. Vom ersten Sprüher überzeugt und fasziniert. Für immer mit einem tollen Urlaub verbunden. Mein erstes Duft-Kompliment von einer wildfremden Person.

Und schließlich …

… "Reptile | Celine": Der riecht wie Herr L.!

Herr L. war mein Nachbar in meiner Geburtsstadt und ein Mann, den ich fast nur zu Gesicht bekam, wenn dieser in der Eingangstür seines Reihenhauses stand und rauchte. Ob er wie Reptile roch, kann ich also nicht wissen, so nah kamen wir uns nicht. Vermutlich eher wie Nightclubbing, Celines Tabak-Duft.

Wenn wir uns sahen, im Vorgarten, tauschten wir ein paar nette Worte, ein Hallo, nicht viel mehr, wir wussten wohl beide Besseres mit unserer Zeit anzufangen. Lange Gespräche blieben also dankenswerterweise aus. Wieso aber denke ich an diesen mittlerweile verstorbenen Menschen, wenn ich Celines Reptile rieche? Ich weiß es selbst nicht so genau und kann mich nur an Interpretationen versuchen.

Duft wie Mensch wirken für mich unglaublich elegant, erwachsen, mit einer gewissen Distanz zum vermeintlich bedeutsamen Klein-Klein des Alltags. Wie fast alle Düfte von Celine ist Reptile ein eher zurückhaltender Duft, wer hier des Namens wegen also „Beastmode“ erwartet, wird enttäuscht. Diese subtile, aber durchaus maskuline Eleganz ähnelt auf abstrakter Weise Düften wie "Pour Monsieur (Eau de Toilette) / A Gentleman's Cologne / For Men | Chanel" und passt einfach wunderbar zu dem Bild, das ich mir von meinem Nachbar male. Ein Anwalt mit Vorliebe für Tennis und die schönen Dinge, mit einem Ferienhaus in Italien und einer Frau, der gerne das Wort überlassen wird.

Im Vergleich zu Düften, die sich in der Echse-gese (hihi) von Haltbarkeit und Sillage ergehen, wirkt Reptile für manche vielleicht langweilig. Für mich hat das etwas angenehm Abgeklärtes: Wen kümmern schon solche Kleinigkeiten, worum es geht ist Schönheit. Davon hat Reptile genug!
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Inedito vor 2 Jahren 7 2
10
Flakon
8
Sillage
8
Haltbarkeit
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Duft
Der bessere Dior Homme Sport
Eigentlich mag ich es ja nicht, Äpfel mit Birnen zu vergleichen, das eine Parfum als eine bessere Version des anderen zu beschreiben. Irgendwie hat ja alles so seine Eigenheiten und Berechtigung - oder wie alle anderen eben keine, weil Luxusquatsch.

Dennoch will ich hier auf "Dior Homme Sport (2021) | Dior" zu sprechen kommen, der ja der letzte Dior-Duft von François Demachy ist und daher ein paar Hoffnungen bei mir geweckt hat. Wenn schon kein Opus magnum, dann doch als ultimum eine tolle frische Version von "Dior Homme Intense (2011) | Dior", die im Gedächtnis bleibt. Lange vor Parfumo habe ich DHI bei Karstadt gerochen und war fasziniert, wie anders dieser Duft für mich damals roch, so nach Papier (...), ich war beeindruckt. Heute mag ich den Duft immer noch, auch wenn mir mittlerweile einige andere, wirklich beeindruckende Düfte unter die Nase gekommen sind.
Sport-Versionen gefallen mir auch, sei es bei Chanels Allure oder dem bei vielen wohl nicht sehr beliebten L'Homme Ideale-Aquaten. Manchmal muss es einfach frisch sein und wenn dann die viel beschworene DNA eines großen Duftbruders mit von der Partie ist, perfekt. Der letzte Demachy war das leider ganz und gar nicht. Meiner Nase nach nur Ambroxan und Duschwasser, von der Pudrigkeit keine Spur.

Was mich zu Neon Garden bringt. Ich habe das Discovery Set bestellt, um meine ambivalenten Hoffnungen bezüglich der neuen Parfums von Dries van Noten zu überprüfen. Die schönsten Flakons, die ich seit langem gesehen habe. Unglaublich toll anzusehen. Einerseits will man, dass die Düfte der visuellen Schönheit olfaktorisch entsprechen, andererseits wäre es bei dem Preis der Düfte auch nicht schlecht, wenn sie einfach nur schön anzugucken wären, aber miserabel riechen würden. Dann könnte man sich die 220€ - 240€ ja sparen.
Nun, Neon Garden entspricht für mich genau dem Flakon. Meiner Meinung nach zwar nicht der hübscheste und interessanteste der zehn Düfte, aber allemal ein toller, solider frischer Iris-Duft. Die Noten riechen sich ganz genauso raus wie angegeben, eine Mischung aus Minze und Iris, im Hintergrund eine leichte (und angenehme) Synthie-Note. Das Neon muss ja irgendwo herkommen. Bei der Haltbarkeit gibt es auch nichts zu meckern, ich dufte mindestens sechs Stunden nach Minziris, am Ende natürlich etwas hautnaher. Für mich eine ideale Haltbarkeit, morgens einsprühen, abends hat man wieder Muse für etwas kuschligere Zuhause-Düfte.

Und deshalb ist Neon Garden genau das, was ich mir von einem sportlich-frischen DHI-Flanker gewünscht hatte. Ein pudriger Iris-Duft, minus der mitunter schweren Süße, dafür plus viel Frische. Die liefern die zwei Sorten Minze, das Ambroxan tut sein Übriges. Ob das mehr als 200€ wert ist, kann jeder für sich beantworten, sollte mein Portemonnaie dies irgendwann erlauben, würde ich mir Neon Garden kaufen. Auch um ihn immer wieder anzuschauen, so hübsch wie der Flakon ist.
2 Antworten
1 - 5 von 6