Das mit uns fing ganz anders an, als die üblichen Liebesgeschichten. Bei uns beiden war es eher so eine Art spontaner One-Sprüh-Stand.
Ich hatte dich online kennengelernt, auf einer dieser kostenlosen Dating-Seiten. In einem duftgefüllten, bedufteten engen Gang, irgendwo in den Weiten der digitalen Sphäre, hatte dich jemand teilen wollen. So wusste ich von Anfang an, dass ich nicht dein einziger war und auch nicht bleiben würde. Es hat mir nichts ausgemacht.
Wahrscheinlich war es dein stolzer gläserner Intrecciato-Körper und dein blassgrünes, im Licht leicht leuchtendes Blut, das meine Aufmerksamkeit auf sich zog. Ja, ich fand dich einfach schön. Und dann war da noch dein wunderschöner Name mit diesem wunderschönen Nachnamen. Quadrifoglio, (vierblättriges) Kleeblatt.
Wir plauderten ein wenig und ich fragte dich, was dich denn so ausmache und worauf du stehen würdest. Kaum hatte ich meine Fragen gestellt, kam in mir die Angst auf, ich könnte allzu forsch gewesen sein und dich verschreckt haben. Du warst ein wenig geheimnisvoll, schweigsam, aber ich erfuhr ein bisschen was über dich. Dass du Halbitalienerin seist, aus einem Park in der Nähe von Vicenza, aber auch dass du ein Tattoo unter der Fußsohle hättest. Du hast dich verrenkt und es mir gezeigt: „Made in Spain“ lautete sein Text. In einem unbeobachteten Moment parfumote ich und erfuhr, dass dein französischer Papa (alleinerziehend?) Aurélien Guichard heißt und recht viele Kinder hat, von denen ich teilweise schon vorher gehört hatte (Sole di Positano, Chinatown und Eros). Vielleicht nicht die allerbeste Familie, aber hey, es ging mir ja nur um dich!
Und sogar die „Vogue“ hat schon einen Artikel über deine Familie veröffentlicht, genauer gesagt deine Brüder und Schwestern und deinen Papa. Und auch du wirst erwähnt: „(E)in grün-pudriges Stimulans (…). Prädikat: Suchtfaktor!“ Das ist mal eine Ansage!
Ich war fasziniert. Meine Erwartung: Ein paar Stunden grün-cremiges dolce far niente verleben und vielleicht, wenn es passt, eine Freundschaft plus Sprüh. Die verduften dann ja meist nach ein paar Tagen, Wochen oder Monaten wieder.
So willigte ich schließlich ein, dich gleich am ersten Abend mit zu mir nach Hause zu nehmen. Tja, und was soll ich sagen? Es wurde ein fantastischer Abend.
Ich empfing dich an der Wohnungstür und du begrüßtest mich mit einer gleichsam festen wie sanften Umarmung. Du rochst zurückhaltend frisch, sauber, als habest du dein Haar und dein Haupt mit einem Bergamottenshampoo gewaschen. Aber da war noch etwas anderes. Mmh, grüne Würzigkeit, leicht herb, bitter, aber nicht unangenehm, als habest du vor unserem Date noch einige Blätter Basilikum gekaut, weil du irgendwo gelesen hast, dass das Mundgeruch vorbeugt. Ich fand das gut und bat dich ins Herz meiner Wohnung.
Im Wohnzimmer auf der bequemen Couch fielst du mir schnell an den Hals und ich wollte dich umgehend auf Händen und Armen tragen. Ich weiß heute nicht mehr, ob es ein Samstag oder Sonntag gewesen ist, aber irgendwie verbinde ich diese langen, wohligen Stunden mit einer katholischen Messe: Das mit uns hatte sofort etwas Getragenes, ohne dass ich unser erstes Treffen im Nachhinein beweihräuchern möchte.
Es war einfach, was es war. Ich verliebte mich sogleich in deine Eleganz und Zurückhaltung, aber auch in deine Ausdauer, die man am besten dadurch bemerkt, dass man dir Aufmerksamkeit schenkt, wie das ja auch mit vielen anderen Dingen des Lebens ist.
„Gib mir noch mehr Basilikum“, sagte ich, und du gabst.
Glücklich lagen wir einander in den Armen. Du hast sanft gelächelt. Wir haben über Belangloses geplaudert und ich erfuhr, dass dir Geld leider nicht ganz unwichtig ist (was ich dir in meiner aufkeimenden Verliebtheit aber verzieh).
Und dann kam da schließlich diese Frage auf: „Hat das mit uns beiden eigentlich eine Basis?“ Uff, schon so früh derartige Grundsatzfragen, dachte ich mir, schob es auf deine Jugend, und antwortete in meiner wohligen Benommenheit vielleicht ein wenig kryptisch: „Es war von Anfang an wunderschön mit dir; sei, wie du bist; du brauchst keine andere Rolle spielen.“ Das hast du verstanden, meine grüne Frühlingsliebe.
Leider warst du schnell ausgepumpt. Obwohl du ja so eine Ausdauer hast. 5 ml fand ich leider etwas dürftig.
„Ich schwinde“, riefst du, und ich bekam Angst. „You lookfantastic!“ rief ich verzweifelt, und wusste nicht, warum ich nicht besser „Che ne dici di far colazione insieme domani?“ gefragt hatte. Sei’s drum. Du erzähltest mir, dass da noch andere an dir interessiert seien, Männer, aber auch Frauen, Geschlecht relativ egal, und dass du nicht monogam seist, ob ich damit ein Problem habe. Und ich sagte: „Bi? Pan? Wie wundervoll! Ich zwar nicht, aber ich bin nicht eifersüchtig. Auch ich lebe und sprühe nach dem Motto: ,Andere Flakons haben auch dufte Töchter!‘ Du bist nicht die einzige in meinem Leben, und auch nicht meine einzige Liebe.“
Du sahst mich entzückt an und fragtest: „Also sind wir jetzt offiziell zusammen?“
Ich nahm dich in die Arme und sagte, ohne lange zu überlegen, noch ganz verzaubert von den letzten sechs, sieben, acht Stunden: „Ja! Ja! – Nur im Falle einer Hochzeit solltest du vielleicht besser deinen Nachnamen wechseln.“
PS: Habt Nachsicht, mein Erstling :)