Jella

Jella

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11 - 15 von 34
Jella vor 12 Jahren 22 11
7.5
Flakon
7.5
Sillage
10
Haltbarkeit
2
Duft
Einmal Volltanken bitte
Machen wir es kurz. Kurz und schmerzlos. Eine Rose. In der Tat. Bei diesem Malle ist eine komplette Rose mit Strunk und Stiel, mit Dornen und Wurzeln, denen noch der eine oder andere Erdklumpen anhaftet, im Flakon gelandet. Das allein könnte durchaus spannend sein. Wäre da nicht eine Dunstglocke über all dem. Sie ist es, die mir das Wort "Kunstwerk" bei "Une Rose" als durchaus doppeldeutig interpretierbar erscheinen lässt.

Möglich, dass es sich bei dieser hochgelobten Kreation tatsächlich um ein olfaktorisches Kunstwerk handelt. Ich hingegen nehme eindeutig ein Kunst-Werk wahr. Eine Kunstrose also. Denn wenn ich eines von einem Parfüm erwarte, dann nicht, dass es mich gedanklich ad hoc an eine Tankstelle versetzt. Stellt sich die Frage, ob ich geneigt bin, ausgerechnet "einmal Volltanken bitte" zu denken, weil "ISO-E-SUPER" in der Herznote angegeben ist. Was sich jedoch nicht wegdiskutieren lässt, ist die ausgeprägt petrochemische Note dieses teuren Stöffchens. Womit wir wieder an der Tankstelle gelandet wären.

Möglich, dass auf Städter "Une Rose" anders wirken mag als auf ein Landei wie mich. Denn wenn in meinem Dunstkreis mal was stinkt, dann ist es Pferdemist oder ein Güllewagen, der auf den Feldern seine Bahnen zieht. Folglich ist meine Nase an Natur pur gewöhnt, und reagiert entsprechend empfindlich, wenn es um Stoffe geht, die eigentlich mit einem Warnhinweis gekennzeichnet sein sollten. Dennoch war ich war tapfer, habe volle zwölf Stunden durchgehalten. Aber dann war Schluss mit Lustig. Die Kunstrose sollte endlich Wasser und Seife weichen. Doch Pustekuchen, so einfach wie erhofft klappte das ganz und gar nicht. Ein zweiter Waschgang und neue Klamotten waren nötig, um die Chemiekeule von meiner Haut zu vertreiben. Zumindest eine extreme Haltbarkeit kann ich diesem Duft also reinen Herzens attestieren.
11 Antworten
Jella vor 12 Jahren 24 9
7.5
Flakon
7.5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
8
Duft
Ausgereifte Rosenpersönlichkeit
Dieser Duft erzählt keine Geschichte. Vielmehr scheint er dazu geeignet, selbst Duftgeschichte zu schreiben. "Rose Barbare" ist im besten Sinn monothematisch. Hier findet sich kein störendes Beiwerk, nichts blümeliges, sondern ausschließlich ein wahrhaft raumfüllender Rosenduft. Dessen unglaubliche Projektion erscheint zwar in unterschiedlichen Facetten, bleibt sich dabei jedoch absolut treu. Ihre Dornen zeigt diese Rose nur im ersten Moment ihres beeindruckend langen Duftlebens. Beinahe so, als wolle sie ihre unangefochtene Eigenständigkeit im Duftgarten des herrschaftlichen Hauses Guerlain demonstrieren. Wer sich von dem schroffen ersten Eindruck nicht abschrecken lässt, dem gewährt dieses edle Gewächs einen tiefen Einblick in sein eigentliches Ich.

Wir haben es hier mit einer ausgereiften Rosenpersönlichkeit von androgynen Schönheit zu tun. Als habe sie sich genau dazu durchgelitten, zeigt Rose Barbare nach einem kurzen stechenden Auftakt zunächst ihre verletzliche Seite. Sie wandelt sich in ein weiches Geschöpf, das sich von zart-fruchtigen Pfirsichnoten flankieren lässt. Ihre starken Wurzeln und eine Prise fast herber Würze geben ihr den nötigen Halt, um dabei nicht in süßliche oder gar verspielte Untiefen abzudriften. Von einem kaum wahrnehmbaren Hauch Patchouli geerdet und genährt, entfaltet die Puristin mit der ihr eigenen Ruhe ihre volle Pracht. Aus der leuchtenden Wildrose wird so nach und nach eine betörende Solistin. Tiefrot, samtig, voll und schmeichelnd, würdevoll und stark. Laut und aufdringlich zu sein überlässt sie nur zu gerne ihren unter Glas herangezogenen Stiefschwestern aus dem Blumenladen um die Ecke.

Wäre Rose Barbare eine musikalische Komposition, könnte ich sie mir sehr gut als den Boléro von Ravel vorstellen. Hätte Rose Barbare eine Stimme, würde ich sie mit der von Marla Glen vergleichen wollen. Da dieser Duft aus sich heraus leuchtet, kombiniere ich ihn gern mit einem schnörkellosen schwarzen Outfit. Vom Stil her halte ich Avantgardistisches zu diesem Guerlain für deutlich besser geeignet als Romantisches. Wie Rose Barbare sollte auch das gleichzeitige Tragen von Schmuck wohl dosiert sein. Schnell könnte sonst ein überladener Gesamteindruck entstehen. Für kleine Mädchen scheint mir dieser opulente Rosenduft ungeeignet. Für starke Frauen und mutige Männer hingegen ist dieser Soliflor eine echte Sensation.
9 Antworten
Jella vor 12 Jahren 27 8
10
Flakon
5
Sillage
5
Haltbarkeit
10
Duft
Mein kleiner Prinz
"Wenn du bei Nacht den Himmel anschaust, wird es dir sein, als lachten alle Sterne, weil ich auf einem von ihnen wohne, weil ich auf einem von ihnen lache."
Dieser Satz ist einer der berühmtesten aus der lebensklugen und zugleich wehmütigen 1943 erschienenen Erzählung "Der kleine Prinz" von Antoine de Saint-Exupery. Ihm zu Ehren schuf Jacques Guerlain bereits 1933 "Vol de Nuit". Ob nicht nur das kleine Kerlchen vom fernen Asteroiden, sondern auch Saint-Exupery den Freitod wählte, ist bis heute nicht völlig geklärt. Belegt jedoch ist, dass der französische Schriftsteller und Pilot unter schweren Depressionen litt. Ohne düster zu wirken, spiegelt "Vol de Nuit" diese Seite des unvergessenen Literaten perfekt. Wie er liebe auch ich es des Nachts zu den Sternen aufzuschauen. So habe ich nicht den Flug durch die Nacht, sondern das Bild eines funkelnden Sternenhimmels vor Augen, wenn ich Vol de Nuit trage.

Klar wie der Himmel und frisch wie die Nachtluft umgibt mich dieser Guerlain Klassiker im Auftakt. Würzige und holzige Noten sind die großen Sternbilder, an denen zart pudrige Schleierwolken vorbeiziehen. Der Duft von Blüten leuchtet auf - und verglüht wie herabsausende Sternschnuppen. Und über all diesem Zauber thront ein voller orientalischer Chypre-Mond. Diese Nacht soll nie vergehen. Weil das ein unerfüllbarer Wunsch ist, trösten und wärmen mich Anklänge von kuscheliger Vanille mit den ersten Strahlen der aufgehenden Sonne.

Angemerkt sei, dass bei dem Eau de Toilette der Sonnenaufgang merklich früher als bei dem deutlich samtigeren Extrait beginnt. Mir beschert Vol de Nuit nur einen einzigen Albtraum: den eines leeren Flakons bei eventueller Ebbe auf meinem Konto.

Wer die ganze Fülle des kleinen Prinzen in seiner ganzen Tiefsinnigkeit erfassen möchte, sollte dieses märchenhaft anmutende Werk nicht einfach nebenbei lesen. Und wer Vol de Nuit in seiner ganzen Tiefe begreifen will, dem empfehle ich ruhigere Zeiten und nicht die Hektik des Alltags dafür auszuwählen. Das "dem" im vorangegangenen Satz habe ich bewusst gewählt, denn obwohl dieser himmlische Guerlain als Damenduft lanciert wird, halte ich ihn durchaus auch für die Herren der Schöpfung geeignet.
8 Antworten
Jella vor 12 Jahren 30 14
7.5
Flakon
5
Sillage
2.5
Haltbarkeit
1
Duft
Spezialbehandlung im SM-Studio
Auf ihrem Nachttisch steht ein lila Gen-Frosch mit Gummikappe auf dem Kopf. Eingelegt für die Ewigkeit in einem schlichten Zylinderglas. Auch sonst kann Hedwig, ihres Zeichens Laborantin, kaum von ihrem Job lassen. Ihre Kolleginnen kennen die Frau mit dem strengen Knoten im Haar nur als die überaus engagierte Mittvierzigerin im weißen Kittel. Doch Hedwig hütet ein kleines Geheimnis: Nach Feierabend schlüpft sie in hautenge Latexklamotten, setzt sich die schwarze Maske auf, und greift zur Gerte. Der Duft, den sie dann trägt, verbindet die zwei Welten in denen sie lebt perfekt. Es ist SM La Rose!

Hedwigs Kunden ahnen nicht, dass neben den gängigen Folterwerkzeugen und verbalen Erniedrigungen auch noch eine Spezialbehandlung in Form einer olfaktorische Tortour auf sie wartet. Doch kaum sehen sie sich ihrer Zuchtmeisterin gefesselt gegenüber, ist es aus mit dem betörenden Duft der wilden Rose. Jetzt zeigen Hedwig und ihre dem Flakon entstiegene SM-Begleiterin so richtig was sie drauf haben. Während sich die Domina mit Morgenstern und Gerte auslebt, ist "La Rose" für das Brennen in den Augen und den stechenden Schmerz in der Nase zuständig. Das Duo verfehlt seine Wirkung, die vom Hause Serge Lutens mit absoluter Treffsicherheit als "disconcerting, arousing, and irritable" beschrieben wird, nicht. "Bitte, schieb mir die Gewürznelken in den *ZENSUR*, fleht der sich in gebückter Haltung unter Schmerzen windende und schwitzende Typ auf dem Boden. Doch wäre Hedwig Domina geworden, wenn sie diesem lächerlichen Gebettel nachgeben würde? Oh nein! Ganz sicher nicht!! Leiden soll er - dafür hat er schließlich gut gezahlt! Dornenbewährte Holz-Toys gleiten durch Hedwigs geschickte Hand und "La Rose" leistet dazu das Ihrige mit derben Kunststoffnoten. Gute zwei Stunden soll die Qual dauern, denn in Hedwigs Studio gibt es was für´s Geld. Dann erst wird der Gepeinigte wieder an die frische Luft entlassen. Nicht, ohne dass sein geschundener Körper mit Honig bestrichen wurde. Denn der wirkt bekanntlich entzündungshemmend.
14 Antworten
Jella vor 12 Jahren 19 9
7.5
Flakon
7.5
Sillage
10
Haltbarkeit
1
Duft
Zwei Minuten ziehen lassen und kräftig süßen
Alles, was Herr Wasser für diesen Aufguss an Zutaten benötigt, gibt es in jedem Teeladen. Und zwar in der Ecke, in der die aromatisierten Sorten stehen. Die, die aussehen wie Tee, allerdings weder so riechen, noch nach dem ursprünglichen Naturprodukt schmecken. Alles ist so schön künstlich hier: Kirsch-Marzipan, kandierte Mandel, Vanille in großen Blechdosen. Von jedem ne Schippe, dazu noch eine Ladung roter Früchtetee - zusammen aufgebrüht, zwei Minuten ziehen lassen, kräftig süßen - fertig ist "La petite Robe noire".


Der aufwändig gestaltete Flyer, mit dem Guerlain seine Stammkunden in diesen Tagen versorgt, gibt vor, dass sich Thierry Wasser unsterblich in seine neue Kreation verliebt habe. Das darf er. Geschmäcker sind ja bekanntlich verschieden. Aber mit den von mir sonst so geschätzten Düften des Traditionshauses Guerlain kann ich dieses Machwerk absolut nicht verbinden. "Wer mir begegnet - wird mich nie vergessen" heißt es in dem offiziellen Werbeslogan. Den texte ich aus gegebenem Anlass mal kurz in " Wer mir begegnet - kann mich getrost vergessen" um. Auch plädiere ich dafür, in dem Folgesatz "Ich bin absolut unentbehrlich und gänzlich unwiderstehlich" die beiden Vorsilben "un" zu streichen. Als "elegant und überaus glamourös" wird das kleine Schwarze angepriesen. Ich hingegen empfinde nur seine Haltbarkeit als beachtlich, und verzichte gerne auf die beim Kauf eines Flakons in Aussicht gestellte Zugabe einer Miniatur.
9 Antworten
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