Josch

Josch

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26 - 30 von 31
Josch vor 10 Jahren 16 1
7.5
Flakon
5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
9
Duft
Dunkelgrünes Ambra-Balsam
Ein klassischer "Beifang" beim Erwerb einer Abfüllung "Jicky" - aus Neugierde mitgekauft, ohne jemals etwas vom Parfumeur oder dem Parfum selbst gehört zu haben, ohne mir allzu viel davon zu versprechen, weil mir die meisten Orientalen oft zu süß und überwürzt sind.

Aber - um es vorweg zu nehmen: für mich ist Soir de Marrakech ein echter Knaller. Es gibt viele hochwertige 100% Parfums aus den edelsten Bestandteilen, chemisch nachbearbeitet und auf vergoldeten Tabletts präsentiert, aber kaum eines hat mir ZUDEM den Eindruck von so viel natürlicher Schönheit vermittelt wie dieses. Vielleicht hat da wirklich jemand aus dem Bauch heraus etwas erschaffen, das er schon viele Jahrzehnte als Gefühl in sich getragen hat - ohne großes marketingorientiertes Kalkül, dafür mit den besten und reinsten natürlichen Bestandteilen, die er in seiner Welt zur Verfügung hatte. Ein schöner Gedanke. Und dann wäre es ein echtes und seltenes Juwel.

Genug des Pathos: Soir de Marrakech ist ein Amber-Duft. Wie es viele gibt. Aber er ist auch ganz anders. Ähnlich wie Alambar von Laboratorio Olfattivo, das ich gleichzeitig kennengelernt habe, ist es ein weicher und warmer Amber, der allerdings mit etwas schwüler Jasmin-Süße beginnt.

Sobald sich der Jasmin nach etwa einer halben Stunde etwas gelegt hat, kommt das für mich große Plus: ein balsamisch-herber Anteil, den ich nicht in der Liste der Bestandteile ausmachen kann. Warum auch immer: ich rieche dunkelgrünes Harz von Koniferen, die ja, soweit ich weiss, in Marroko nicht wirklich etwas verloren haben. Zu diesem Herbharzigen mischt sich eine Spur frischer Minze, die ebenfalls nirgends aufgelistet ist - wobei man die Minze nicht "wörtlich" riecht, sondern einem eher "der Eindruck von Minze" und damit der Sauberkeit eines Dampfbads vermittelt wird. So als würde einem die natürliche Luftbewegung einen kaum greifbaren Hauch davon zuwehen - so wenig und diffus, dass man nie genau weiss, ob es wirklich so ist oder es sich nur um eine Sinnestäuschung handelt.

Harz und Minze ergeben zusammen einen kühlen, frisch-herben Gegenpol zu der Weichheit und der trockenen Wärme des Amber, was das Parfum zu allen Jahreszeiten tragbar macht. Dabei ist Soir de Marrakech kein Leichtgewicht - es hat durchaus Volumen und Gewicht, wirkt aber durch seine sehr natürliche Anmutung nie opulent oder schwer.

Vom Duftverlauf her ist Soir de Marrakech ein Standbild - eine große Wandlung wird man vergebens suchen. Was aber auch gar nicht nötig ist, da es auf diesem Standbild so viele schöne Elemente zu entdecken gibt, dass ich eine Veränderung eher als störend empfinden würde.
1 Antwort
Josch vor 10 Jahren 17 8
10
Flakon
5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
7
Duft
Schlafanzug
Drei mal Amber - im Kopf, im Herz und in der Basis, und ansonsten eine sehr übersichtliche Zutatenliste? Klingt nach Einfach-Gestrickt. Ist es ja irgendwie auch. Aber wahrscheinlich sehr schwierig zu machen, wenn man ein richtig gutes Ergebnis erreichen möchte - wie beim Kochen: Je weniger Bestandteile man verwendet, umso hochwertiger muss jeder einzelne Bestandteil sein und sehr sorgfältig eingesetzt und auf die wenigen anderen abgestimmt sein. Weil sich am Schluss nichts mit einer Prise hiervon und einem Schuss davon übertünchen und ausgleichen lässt.

Bei Alambar ist das gut gelungen: Nach den ersten, leicht krautigen Sekunden ist deutlich die frische Bergamotte und der dunkle Kakao präsent. Als Bild habe ich vor mir, wie ich als Kind, frisch geduscht und schon in den warmen Schlafanzug gepackt, noch eine halbe Stunde fernsehen darf, bevor es ab ins Bett geht – in der Nase eine Mischung aus frischer Sauberkeit vom eben absolvierten Bad und der heissen Schokolade, die ich, schon erwartungsvoll vor dem Fernseher sitzend, in einer großen Tasse vor mir habe.

Der frische Anteil der Bergamotte verliert sich nach etwa einer viertel Stunde und der Duft wird zunehmend trockener, wärmer, glatter. Er erhält eine samtene, pudrige Weichheit, die nur wenig Süße aufweist und ein sauberes, wohliges Gefühl vermittelt – sehr natürlich, etwas erdig und sehr "rein" im positiven Sinne. Insofern passt die Farbe von Alambar sehr gut zum Duftcharakter: wie uralte, rotbraune Terracottafliesen, die die Hitze eines sonnigen, heissen Tages gespeichert haben und diese am kühler werdenden Abend angenehm wärmend abstrahlen.

Einen Duftverlauf im eigentlichen Sinne kann ich anschliessend nicht wahrnehmen - vermisse ihn aber auch nicht. Vanille und Zimt kann ich nicht ausmachen und sind wohl nur in einem Maße beigegeben, das das Ambra etwas stützen und ihm etwas mehr Körper verleihen soll, ohne aber sichtbar in den Vordergrund zu treten. Der Duft bleibt eher konstant und schaukelt sich über 6-8 Stunden in eine weiterhin unsüße, trockene, dabei immer weicher werdende Wärme.

Insofern hält die Duftpyramide, was sie verspricht: Alambar ist eine tolle One-Man-Show ohne Firlefanz und mit klarem Schwerpunkt, nicht nur für Ambra-Liebhaber, sondern für alle, die warme, saubere Wohlfühldüfte ohne Zuckerguss mögen - und somit für alle bekennenden Warmduscher, Schattenparker und Duschgel-Anwärmer :) Empfehlung!
8 Antworten
Josch vor 10 Jahren 11 4
7.5
Flakon
5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
6
Duft
Pierce Brosnan?
– den kenn ich doch?

Ja, 007 lässt grüßen. Und was hat das mit Itasca zu tun? Nichts. Eigentlich. Irgendwie.

Ich habe "Itasca" vor kurzem blind ersteigert. Grund dafür waren viele positive Bewertungen, die ich gelesen habe und die mich neugierig gemacht haben. Er ist gut. Irgendwie.

Ein bisschen Holz, ein bisschen Gewürze, ein bisschen Vetiver, ein bisschen süß, ein bisschen herb - von nichts zuviel. Von nichts zuwenig. Für jeden was dabei. Einer, bei dem man nichts falsch machen kann.

Der Duft blieb trotzdem / eben deshalb hinter meinen Erwartungen zurück. Suggeriert alleine schon der bedeutungsschwangere Name und die kubistische Aufmachung des Flakons ein polarisierendes, mutiges, kantiges Parfum, das man mag oder auch nicht, so ist der Inhalt für mich eher eine fein abgestimmte und gut gelungene Mixtur aus allem, was möglichst vielen gefallen soll. Ein etwas zu blankpolierter und aerodynamischer Gentleman und Schönling ohne Pickel – für meinen Geschmack zu sehr in alle Richtungen gefällig, zu augenfällig auf "größter gemeinsamer Nenner" ausgelegt und dadurch - bei aller Schönheit - etwas langweilig. Womit wir wieder bei Pierce Brosnan wären.
4 Antworten
Josch vor 10 Jahren 24 8
10
Flakon
7.5
Sillage
10
Haltbarkeit
8
Duft
Der Baum der Vergänglichkeit
Ficus Sycomorus, die Pharaofeige – wenn man ein bisschen rumrecherchiert, kann man lesen, dass die Sycomore im Alten Ägypten beheimatet war, wo sie zu den mächtigsten und weit ausladendsten Bäumen gehörte. Aus ihrem dicken Stamm von fast unverweslichem Holz wurden die Mumiensärge geschnitzt. Sie hat eine ungewöhnlich hohe und sehr breite Krone mit essbaren Feigenfrüchten, die aber nie so süß waren wie die der normalen Essfeige. Ihre Rinde ist stockfleckig, der Stamm knorzig und gedrungen und verzweigt sich schon in Kopfhöhe in mächtige Äste. In der Mythologie ragt die Sycomore mitten in einem Urgewässer auf, stützt den Himmel und garantiert damit die Erhaltung der Schöpfung.

Vor diesem Hintergrund ist der Name nicht schlecht gewählt – er passt zum Inhalt. Sperrig. Eigen. Ambivalent. Es ist kein ausschliesslich heiteres, vetiverfrisches, hell-herbes oder frühlingshaft-lichtdurchdrungenes Parfum, das einem hier entgegen weht, auch wenn es diese Anteile zweifelsohne beinhaltet. Es ist von Anfang bis Ende ein "Sowohl-als-auch" und hat als Gegenpol immer auch etwas morbides und düsteres an sich. Unübersehbar - und das muss man wollen.

Sycomore startet mit frisch-ledrigren Noten, die man durchaus als freundlich und nadelholzig-harzig-natürlich interpretieren kann, und entwickelt sich über viele Stunden in eine moosig-herbe Richtung. Aber auch hier rieche ich nicht nur einfach weiches Moos, auf dem man es sich unbekümmert gemütlich machen könnte, sondern Moos als oberflächlich sichtbarem Teil von darunter verborgenem, vermodertem Holz, das als eigentliche Energiequelle unsichtbar unter der Erde liegt: Der olfaktorisch erhobene Zeigefinger, dass der Anfang bereits das Ende beinhaltet.

Vielleicht schreckt meine Beschreibung mehr ab, als dass sie neugierig macht. Das möchte ich eigentlich gar nicht. Ich mag Sycomore nämlich ausgesprochen gerne und möchte es unbedingt weiter empfehlen – es hat Tiefgang, es ist aussergewöhnlich, es hat Charakter – und es kann Geschichten erzählen. Aber man muss es ab können.

Ein hervorragendes Bild ist der Januskopf in LUidENTITYs Beschreibung: Ich denke, dass Sycomore – je nach Tagesform – einem gerne den Spiegel vorhält, so dass er an einem Tag hell-harzig-vetiverig-freundlich, an einem anderen Tag düster-morbide-modrig wirkt. Was aber nicht nur am Sycomore selbst liegt. Und das macht meiner Meinung nach ein wirklich großes Parfum aus.

Sycomore ist für mich eines der Parfums, die man nicht auflegt, um in eine Rolle zu schlüpfen, sondern die man trägt, weil es den eigenen Charakter, die momentane Stimmung unterstreicht. Die Bandbreite der Interpretationen ist so groß wie die der eigenen Tagesform - von heiter bis wolkig bis dunkelgrau.

Konzipiert wurde er eigentlich für die Damenwelt - und obschon dieselbe oft irritiert darauf zu reagieren scheint: Ich glaube nicht, dass Sycomore die Geschlechter spaltet, sondern eher die Charaktere – und somit eindeutig für alle ist.
8 Antworten
Josch vor 10 Jahren 11 6
7.5
Flakon
7.5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
5
Duft
Mann ist der Dickmann
"Endlich mal was anderes!" – dachte ich, als ich das Dior Homme Intense das erste Mal getestet habe. Es hat sich vor der endlosen Reihe der markig-markanten Herrendüfte angenehm abgehoben, war "etwas Neues" und deshalb interessant: Es war weich, es war pudrig und süß, es hatte eine deutliche Präsenz und mit der dominanten Iris-Birnen-Komposition eine mir neue Duftrichtung, die ich mochte. Und so habe ich mir nach einigem Hin-und-Her-Überlegen und dem direkten Vergleich mit dem EDT einen Flakon gekauft – vom Intense, und natürlich gleich den großen mit 100 ml: Wenn schon, denn schon.

Es ging etwa 2 Monate gut, in denen ich das Intense zwar sparsam, aber gerne aufgesprüht habe. Dann erschien mir der Duft immer weniger passend für mich: was ich anfangs als "schön pudrig und süß" empfunden habe, wurde mir an mir selbst "zu dick und klebrig". Die zuerst geschätzte Präsenz empfand ich immer öfter als Wolke, die ich vor mir herschiebe, die dominante Iris-Birne auf Dauer eindimensional.

Der Flakon wurde wieder verkauft – noch zu 99% voll. Inzwischen mag ich ab und zu das EDT ganz gerne, das mit seinem präsenteren Anteil an herbem Lavendel und frischem Vetiver deutlich eleganter, vielschichtiger, schlanker und mir angenehmer ist. Es bleibt also in der Familie.
6 Antworten
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