Kovex

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11 - 15 von 29
Kovex vor 4 Jahren 57 36
7
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
9.5
Duft
Schubladendenken - Endstation
Ich mag schwierige Düfte. Düfte, die das breite Spektrum der Empfindungen die sie auslösen nicht gleich Preis geben wollen. Düfte die man sich erarbeiten muss. Die von Mal zu Mal neue Facetten zeigen, zwischen den Polen changieren und herausfordern. Die mir zuzurufen scheinen: ich offenbare meine Qualitäten erst, wenn Du mich besser kennengelernt hast. Gemeinsam ist diesen Parfüms bei mir meist das Unbekannte, noch nie zuvor Gerochene. Dabei ist die Spannbreite des ersten Eindrucks enorm groß. So löst nicht jeder dieser Düfte unbedingt das Verlangen aus, ihn ein zweites Mal testen zu wollen.

Tambour Sacré startet ganz anders als die angegebenen Kopfnoten es vermuten lassen. Da ich Düfte gerne in Farben kategorisiere, spiegelt der Inhalt des Flakons bzw. dessen Farbe genau das wider was ich rieche: Braun, hier bitter, sperrig und völlig ungewohnt. Das Schubladen-Denken endet hier bereits, denn mir fällt keine Duftnote ein, die verantworten könnte, was ich rieche. Was bei den ersten Tests möglicherweise noch verstörend wirkte, entpuppt sich nach mehrmaligen Tragen zu dem Verlangen es immer wieder haben zu wollen und erinnert mich an Situationen im Leben, die man nicht sehen möchte, nicht erleben möchte und dennoch fasziniert immer wieder hinstarren muss, obwohl man es nicht will.

Ich verstehe, wenn der Duft zunächst abschreckend auf den einen oder anderen wirkt. Der Ekelreflex ist schließlich im limbischen System unseres Gehirns angelegt. Dort wo auch Emotionen und Triebe verarbeitet werden. Dort wo uns Düfte berühren oder anwidern können. Ist der Geruch mit einer Erinnerung verknüpft, kann dies schnell zu einer nicht mehr neutralen Empfindung führen, die den Versuch einer objektiven Beurteilung des Duftes entgegen wirkt. Tambour Sacré jedoch wirkt so neu auf mich, dass ich mich völlig unbeeinflusst auf ihn einlassen kann.

Das Bittere verläuft ganz sacht und behutsam im Laufe der ersten halben Stunde und gibt den Raum frei für eine hellbraune ungesüßte Mokka-Note die den Duft in den nächsten Stunden bestimmen wird. Hier differenziere ich klar zwischen dunklem schwarzen Kaffee und dieser ungezuckerten Mokka-Note hier, die den bitteren Beginn gekonnt in sich aufnimmt, abrundet und geschmeidiger macht. Vergleiche zu anderen authentischen Kaffee-Düften wie zum Beispiel Awake von Akro oder Mancera´s Aoud Café bieten sich hier kaum an, denn während die vorgenannten eher an Lebensmittel, um genau zu sein, an gezuckerten Instant-Kaffee erinnern, entzieht sich Tambour Sacré dieser Kategorisierung und möchte mit natürlich wirkendenden, aber nicht all zu präsenten Kaffeearomen punkten, die jenseits der Assoziation zu einem Heißgetränk liegen.

Dies mag auch der Tuberose geschuldet sein, die hier allenfalls in homöopathischer Dosierung in Erscheinung tritt und dem Duft mehr Tiefe und Volumen verleiht. Eine leichte Fleischigkeit, der aber die typischen blumigen Noten der Tuberose entzogen wurden, steuert ein wenig Animalik bei, welche dem Duft zusätzliche Spannung verleiht. Hier ist sie dann auch wieder: die Faszination des Unbekannten, das Verlangen diese neuen Dufteindrücke zu verarbeiten, einzusortieren, in Schubladen zu stecken. Aber es mag nicht gelingen, Tambour Sacré passt in keine Schublade.

Im Laufe der nächsten Stunden wird es sukzessive gefälliger, wärmer und milder. Eine winzige Prise Zimt und eine allenfalls angedeutete Süße schleichen sich kaum merklich ein. Helle trockene Hölzer, angedeutet nur, denn das Aroma der ebenfalls hell gerösteten Kaffeebohnen bleibt für mich über lange Zeit erhalten.

Der Flakon ist jenes schlichte und gängige Modell, welches von vielen kleineren Nischen-Marken verwendet wird und sich lediglich durch den Deckel unterscheidet. Ein schönes Detail ist die Umverpackung aus zwei Iroko-Holz-Schalen, welches recht selten ist und nur im tropischen Teil Afrikas, unter anderem in Äthiopien zu finden ist (der Hersteller versichert, dass es ausschließlich aus recyceltem Holz hergestellt wurde).

Tambour Sacré – die heiligen Trommeln Äthiopiens sind es auch, die uns Cristiano Canali mit seinem Duft näher bringen will. Ein Land voller fremdartiger Gerüche von Gewürzen und Hölzern, deren Rauch sich von dem hiesigen Duft verbrannten Holzes unterscheidet, Nuancen hinzufügt, die Sinneseindrücke neu justiert.

Wer hätte gedacht, dass sich Tambour Sacré zunehmend versöhnlicher zeigt, und nach vielen Stunden noch gut wahrnehmbar auch eine sinnliche Seite offenbart, die aber immer noch etwas Andersartiges in sich trägt, als würde man das Bett mit einem fremden Menschen teilen.

Das ist aufregend, wenngleich es schon wieder gelüstet nachzusprühen, um diese herrlich bitteren ersten Minuten zu genießen. Nein, Tambour Sacré ist nicht einfach und in eine meiner Schubladen passt es schon mal gar nicht. Was bleibt, ist die Faszination des Unbekannten und das Wissen darum einen Duft gefunden zu haben, der jenseits des gängigen Duftgeschmacks liegt.

36 Antworten
Kovex vor 4 Jahren 55 38
8
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
10
Duft
Die Seele berührend
Chypre-Düfte und ich, das war schon immer ein schwieriges Thema. Erst als ich mich näher mit dem Thema befasste und mir bewusst wurde, was einen Chypre ausmacht, wurde mir klar, dass bereits in meiner Kindheit die Samen für eine unbewusste Antipathie gesät wurden. Selbstverständlich wusste ich als Kind damals nicht, dass es die Chypre-Düfte waren, die ich an meiner Mutter nicht leiden mochte.

Der Geruch von Holz war mir sowieso schon immer lieber als der Duft von Blüten. Chypre verbinde ich auch heute noch oftmals mit kühl-blumig, abweisend, unnahbar, streng, distanziert, und so weiter. Die Liste der negativ besetzten Attribute wäre größer als die der Positiven. Es waren Düfte wie Chypre Palatin, Maai oder der wunderbare Cosmic von Solange Azagury-Partridge, die mir aufzeigten, dass andere Instrumente in der Lage sind, eine andere Musik zu spielen.

Schon zu Beginn zeigt Chyprette die typische Handschrift Annette Neuffers. Die von ihr so häufig verwendete Bitterorange ist zunächst die einzige Note die ich isoliert wahrnehmen kann. Wie meist bei ihren Düften ist die Textur so engmaschig verwoben, so fließend ineinander übergehend, dass einzelne Duftnoten kaum auszumachen sind. Ein Pinselstreich Orientalisches, das vielen ihrer Düfte gemein ist, verrät auch hier, wer am Werk war.

Sogleich zerfließt Chyprette in eine dunkelgrüne, ins Braune changierende wärmende Decke aus balsamisch-holzigen Noten, die das Chypre-Thema dennoch mit einer sanften Strenge kenntlich macht. Diesen Part schiebe ich gerne dem Eichenmoos in die Schuhe und meine auch den Tabak deutlich wahrzunehmen. Hier aber kein süßlicher Pfeifentabak, sondern die aromatisch-würzigen, ja fast sogar bitteren, fermentierten Tabakblätter wie sie für Zigarren verwendet werden. Zu meinem Entzücken sind die Vorgenannten alle in der Lage, einen möglicherweise entstehenden Eindruck von Blumigkeit oder gar Süße Einhalt zu gebieten.

Es ist ein warm-weicher, balsamisch-würziger Strom Melancholie der in Chyprette schwingt. Wie das zärtliche Streichen der Rosshaare eines Cello-Bogens über die Saite, verharrt man in stiller Nachdenklichkeit ob der anrührenden Tonart Moll, die Chyprette anschlägt.

Dieser Duft löst bei mir eine Welle der Behaglichkeit aus, die unendlich weit von dem entfernt ist, was ich oben über meine Assoziationen zu Chypres schrieb. Chyprette ist nicht abweisend oder distanziert, ganz im Gegenteil. Als ich den Duft das erste mal roch, konnte ich gar nicht glauben, wie tief ein Parfüm die Seele berühren kann. Fast hätte ich vor Schönheit geweint.

Bedenken hinsichtlich des Preises wurden charmant aber bestimmt bei Seite gewischt. Mit einem geheimnisvollen Mona-Lisa-Lächeln zog Chyprette an all meinen Lieblingen vorüber, wissend um ihre inneren Qualitäten aber auf plakativen Ausdruck nicht angewiesen. Eigentlich müsste ich all meine 10er Bewertungen nach unten korrigieren, aber lassen wir das und einigen uns auf „Primus inter pares“ – der Erste unter den Gleichen. Ein Ausnahmeduft.
38 Antworten
Kovex vor 4 Jahren 28 19
10
Flakon
8
Sillage
8
Haltbarkeit
9
Duft
Am Ende wird alles gut
Die ursprüngliche Version von Bat aus dem Jahr 2015 war seinerzeit mein erster Duft den ich von Zoologist testete. Der Eindruck, den er hinterließ war ein bleibender. Ich war fasziniert von der perfekt getroffenen thematischen Umsetzung der fliegenden Höhlenbewohner in einem Duft. Gleichwohl ein erster Tragetest von meiner Frau mit der Frage quittiert wurde, welcher Gruft ich denn entstiegen sei. Und ich muss eingestehen: so genial ich ihn fand, so schwierig tragbar fand ich ihn auch.

Nun haben ja schon einige Düfte von Zoologist eine Überarbeitung erfahren, wie z.B. Beaver oder auch Panda. Und natürlich sind die Befürchtungen der Fans immer groß, dass eben jenes Besondere das einen Duft ausmacht, mit seiner Reformulierung verloren geht.

Während der überaus sympathische Markeninhaber Victor Wong sich das Feedback seiner Kundschaft zu Herzen nahm und Beaver wie auch Panda zugunsten der Gefälligkeit und Tragbarkeit überarbeitete, lässt sich nicht von der Hand weisen, dass auch ein Idealist wie er am Ende des Tages Geld verdienen muss, um seine Geschäfte am Laufen zu halten. Bat hatte eine große Fangemeinde und es gab keinen Anlass den Duft zu verändern.

Bei der Überarbeitung von Bat waren die Gründe jedoch anders gelagert. Soweit ich in Erfahrung bringen konnte, liegen die Rechte an den Düften bei den jeweiligen Parfümeuren, die ihre Kreationen in zeitlich begrenzter Lizenzierung durch die Marke Zoologist vertreiben. Als es um die Lizenzverlängerung bei Bat 2015 ging, wollte die verantwortliche Parfümeurin Dr. Ellen Covey jedoch deutlich höhere Gebühren für die Verlängerung der Lizenz von Bat erzielen. Victor Wong lehnte dies ab, da eine für ihn angemessene Preisgestaltung nicht mehr möglich schien. Er suchte also nach anderen Möglichkeiten, den erfolgreichen Bat weiterhin vertreiben zu können.

Mit Prin Lomros hat Victor Wong einen aus meiner Sicht genialen Parfümeur gewonnen, der innovative Wege geht, kreativ und mutig zugleich ist.

Bat 2020 startet mit einer kräftigen und fülligen fruchtigen Note. Das zarte unsüße Grün der Feige harmoniert auf fantastische Weise mit dem süß-sauren Aroma der Guave und der exotischen Fruchtigkeit der Passionsfrucht, wobei ich mir nicht anmaße diese Noten blind hätte erkennen zu können.

Begleitet wird diese durchaus gefällige Fruchtigkeit durch wohlriechend aromatisch-erdige Noten. Hier finden sich durchaus Parallelen zur alten Version, nur dass das Ganze hier wesentlich geschmeidiger, harmonischer und gefälliger wirkt. Während Bat
2015 noch konsequent das Thema umzusetzen versuchte, setzt die neue Version auf mehr Tragbarkeit. Ist das nun schlimm oder verwerflich? Keineswegs, denn ich kann mich für die neue Komposition gleichermaßen begeistern.

Die anfängliche Fruchtigkeit bleibt zwar in Ansätzen erhalten, hinzu gesellen sich im weiteren Verlauf aber sehr natürlich wirkende mineralische Noten. Man hat das Gefühl den gesamten Mikrokosmos einer Handvoll aromatisierter, leicht süßlicher Erde zu schnuppern. Für einen naturverbundenen Menschen wie mich eine Offenbarung.

Eine gewisse Animalik ist vielen Düften von Zoologist gemein. Teilweise auf die Spitze des Erträglichen getrieben, sorgt sie bei Bat für das gewisse Etwas, das dem Duft zusätzliche Spannung verleiht. Alle Noten sind aber so feinsinnig verwoben, dass sich kein urinös-schmuddeliges Bild einstellen mag.

Auch ich war skeptisch, ob ein würdiger Nachfolger die alte Version ersetzen kann und wurde eines Besseren belehrt. Und Prin Lomros? Den werde ich im Auge behalten, dankbar dafür, dass Victor Wong ihn ins Boot geholt hat und es nicht bei diesem einen Projekt geblieben ist. Bat hat es direkt auf meine Wunschliste geschafft.

Und für alle die der 2015er Version von Bat trotzdem hinter her trauern, gibt es zum Schluss noch die gute Nachricht: es gibt ihn noch.
Ich hatte zwar noch keine Gelegenheit ihn zu testen, aber die Marke Olympic Orchids Artisan Perfumes hat den Duft unter dem Namen Night Flyer neu aufgelegt. Verantwortliche Parfümeurin – wie sollte es anders sein: Dr. Ellen Covey.









19 Antworten
Kovex vor 4 Jahren 24 18
4
Flakon
7
Sillage
7
Haltbarkeit
7.5
Duft
Aromatherapie
Florascent ist ein deutsches Unternehmen mit Sitz in Karlsruhe. Neben der Parfümerie bieten sie auch einige Produkte im Bereich der Aromatherapie an. Therapiesprays mit Namen wie „Headache Master“ oder „Never Sleepless“ lassen mich erst mal schmunzeln aber wer sich mal mit der Wirkungsweise von bestimmten Gerüchen auf unsere Seele beschäftigt hat, wird vielleicht auch den ebenfalls angebotenen Chakrendüften etwas abgewinnen können.

Der erste Duft von Florascent, den ich getestet habe war Nuoro. Schaue ich mir meine Notizen von damals an, ist da von Sauna-Aufguss die Rede. Angenehm zu riechen aber als Duft? Natürlich dauerte es nicht lange bis ich auf Quarzazate stieß und sowohl die Duftnoten wie auch die wenigen Statements zu dem Duft ließen mich aufhorchen: Weihrauch (ich liebe das Zeug), Nadelholz, Harze und das Ganze in einem grünen Gewand. Das kann nur gut sein.

Ich bin ja eigentlich kein Blindkäufer, aber das Risiko bei einem 30ml-Flakon erschien mir überschaubar. Wobei die Bezeichnung Flakon sehr schmeichlerisch ist. Sprechen wir lieber von einem Glasbehältnis mit Zerstäuber. Wer eine ansprechende Haptik sucht, ist hier falsch.

Quarzazate startet scharf und grün. Mir kommt sofort Kampfer in den Sinn, begleitet von einem frischen, harzigen und ätherischen Nadelholz. Die Kombination aus Minze, die vermutlich meine Kampfer Assoziation verursacht hat und dem Piment, welches für eine ordentlich pfeffrige Schärfe sorgt, lässt tatsächlich Gedanken an eine Aromatherapie aufkommen. Die Nase ist jedenfalls erst mal frei.

Weihrauch ist hier weder rauchig, noch kommen Gedanken an Gebetsstätten auf. Vielmehr tut er hier in gewohnter Weise seinen Dienst, indem das Ganze auf eine aufgelockerte und luftige Ebene gehoben wird, ein wenig Transparenz in den Duft bringt.

Ouarzazate ist die Hauptstadt der gleichnamigen Provinz im Süden Marokkos. Florascent bewirbt den Duft mit einem Spaziergang in der kühlen Medina (nordafrikanische Begriff für die Altstadt) von Ouarzazate. Sogleich erscheinen Bilder von Städten aus Lehmbauten mit Fenstern in Schießschartengröße, malerisch gelegen inmitten des Hohen Atlas- und Antiatlas-Gebirges. Vereinzelt ein paar Palmen. Die letzten grünen Oasen, bevor die Sahara alles im Sand verschlingt.

Das blöde ist nur, Quarzazate ist für mein Empfinden überhaupt kein orientalischer Duft und Assoziationen an die lebhaften Märkte Marokkos mit all ihren ungewohnten Dufteindrücken mögen so gar nicht aufkommen. Es bleibt in erster Linie (blass-)grün, harzig-nadelholzig. Die Minze sorgt erstaunlich lange für einen frischen Einschlag der den Duft für nahezu jede Jahreszeit tragbar macht.

Ich mag den Duft, wenngleich sich nach mehrmaligen Tragen Ernüchterung breit macht. Die Aromatherapie- und Sauna-Gedanken sind auch bei diesem Duft nicht von der Hand zu weisen. Das macht ihn im Alltag vielleicht etwas sperrig.

Denn eines ist Quarzazate ganz gewiss: markant und einprägsam. Somit könnte er bei häufigem und regelmäßigem Gebrauch unfreiwillig zu einem Signaturduft werden. Vielleicht nicht für Dich, definitiv aber für Dein Umfeld.
18 Antworten
Kovex vor 5 Jahren 26 17
6
Sillage
7
Haltbarkeit
8.5
Duft
Oranzo, der Kühle
Sylvaine Delacourte war über 15 Jahre als VIP-Kundenberaterin bei Guerlain tätig und konnte insbesondere beim Kreieren von kundenspezifischen persönlichen Parfüms reichlich Erfahrung sammeln, die sie fortan lieber in eigene Kollektionen einbringen wollte. Sie machte sich hierbei ihre Begabung zu nutze, auch durch die Auswahl der Rohstoffe, bestimmte Merkmale einzelner Duftnoten heraus zu arbeiten, eine andere Facette hervorzuheben oder gar den ganzen Charakter eines Geruchs zu verändern.

Nachdem sie sich bereits den Duftnoten Moschus und Vanille mit jeweils 5 Düften gewidmet hatte, ist nun die Orange Blossom Collection erschienen bei der sich alles um die Orangenblüte dreht. Ich muss gestehen, dass mir das Vermarktungskonzept gleich mehrere Düfte mit sich überschneidenden Duftnoten herauszubringen ein augenzwinkerndes Lächeln ins Gesicht treibt. Anfangs dachte ich, dass Sylvaine sich aus den 200 Versuchen ein Parfüm zu entwickeln (so viele Versuche benötigt sie laut eigener Aussage), letztlich nicht entscheiden konnte, welches das beste ist. Also gleich die 5 besten genommen und alle gemeinsam herausgebracht. Soll doch der Kunde entscheiden. Aber ich denke, das würde ihrem Anspruch nicht gerecht werden.

Da ihre Probensets im Vergleich zu vielen anderen Marken sehr günstig sind, macht man sicher nichts verkehrt, sich ihrer Herangehensweise zu nähern und die feinen Unterschiede nach-zu-riechen.

Aus der Orange Blossom Collection hat mir Oranzo am besten gefallen, Möglicherweise liegt es daran, dass sich die Orangenblüte hier von ihrer unsüßen und unblumigen Seite zeigt und für mich außerdem der maskulinste Duft aus der Reihe ist. Wobei ich mir durchaus bewusst bin, dass auch viele Damen Gefallen an diesem Duft finden könnten.

Oranzo beginnt frisch-würzig, die zitrischen Noten - allen voran Bitterorange - spielen sich nicht allzu sehr in den Vordergrund und werden schon bald von leichtem Jasmin und hauchzarter Orangenblüte begleitet. Jeglicher Süße beraubt, vermag auch die Orangenblüte keine fruchtigen oder weicheren Akzente zu setzen. Vielmehr übernehmen holzige und grüne Noten, die sicherlich auf das Mastix zurück zu führen sind. Das Mastixharz aus den Stämmen der wilden Pistazie gewonnen, verströmt einen fast schon ätherisch-grünes, leicht bitteres Aroma das mich an frisch geschälte Baumstämme erinnert. Zugleich erzeugt es ein erfrischendes und belebendes Gefühl, das Oranzo direkt auf die Merkliste für Sommerdüfte katapultiert.

Im weiteren Verlauf gesellt sich „Sauber“-Moschus hinzu, begleitet von einer trockenen Pudrigkeit, aber auch diese will von Süße nichts wissen und belässt Oranzo in seiner – ja, man könnte es ihm vorwerfen – gradlinigen , wandlungsunwilligen leicht bitter-grünen Holzigkeit. Aber es gibt ja Leute die so was mögen. Ich zum Beispiel.

Oranzo ist aus der Reihe sicher nicht das Aushängeschild für das Thema Orangenblüte, denn tatsächlich ist sie hier im Vergleich zu den anderen 4 Düften für mich am wenigsten wahrzunehmen. Dennoch ist Oranzo ein unkomplizierter, erfrischender Sauberduft, der aber keineswegs weichgespült ist.

Das Konzept mit der thematischen Auseinandersetzung einzelner Duftstoffe gefällt mir mittlerweile richtig gut. Die anderen 4 aus der Reihe riechen nämlich gänzlich anders. Und so begibt man sich auf die Spurensuche nach der Orangenblüte und entdeckt dabei, dass da noch viel mehr dahinter ist.
17 Antworten
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