Landlady

Landlady

Rezensionen
Landlady vor 9 Jahren 11 5
7.5
Flakon
7.5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
9
Duft
"Russisches Roulette oder Der Außenseiter"
"Verehrter Freund,

ohne Umschweife gestehe ich, dass ich Ihrer Familie bislang alles andere als wohl gesonnen war – glich doch jedwede Begegnung mit einem Davidoff in der Vergangenheit Russischem Roulette und ließ mich mit Blessuren und unschönen Eindrücken zurück, die abzuschütteln mir immer noch einige Mühe bereiten....

Zutiefst beschämt musste ich nun erkennen, dass allein Eure Herkunft gepaart mit den nahezu traumatischen Duftduellen mit verschiedenen Mitgliedern Ihrer Familie mich kürzlich beinahe zu einem vorschnellen Urteil verleitet hätten, was Eure Wenigkeit anbelangt:

Während meines jüngsten Zusammenstoßes mit Ihrem reformulierten Großonkel Zino – welchen ich noch immer in sehr lebhafter Erinnerung habe – entdeckte ich SIE.
Durch den betäubenden Duftnebel Ihres Ahnen lediglich shilouettenhaft wahrnehmbar standen Sie einfach nur da, lässig an die Regalwand gelehnt. Ein stiller Beobachter der Szenerie - zurückhaltend und ohne das geringste Anzeichen von Allüren.

Sogleich wurde ich der kultivierten, unvergleichlichen Eleganz Ihrer Erscheinung gewahr – und so konnte ich nicht umhin, mich Ihrer Herkunft zu vergewissern – in der Hoffnung, ich möge mich mit meiner Vermutung geirrt haben und müsse mich nicht erneut in Lebensgefahr begeben!

Hatte mich bereits Ihre Ausstrahlung sofort in den Bann gezogen, ließ mich Ihr Name – aller Abstammung zum Trotze - nun erst recht aufhorchen:
LEATHER BLEND! Ich begann zu begreifen, dass ich es bei Ihnen womöglich mit einem Außenseiter zu tun hatte und - wider aller Vernunft und mir der Gefahr bewusst, die diese Begegnung in sich barg - musste ich Sie einfach kennenlernen!

Und meine still gehegter Wunsch ging in Erfüllung: Ich blieb nicht nur körperlich unversehrt, sondern mochte Sie - kaum dass Sie mir in die Nase gestiegen waren!
Lieber Freund, Sie sind für mich die ganz große Ausnahmeerscheinung unter den Davidoffs und dafür danke ich Ihnen von ganzem Herzen!
Obwohl wir uns noch nicht sehr lange kennen, fühle ich mich Ihnen bereits zutiefst verbunden und freue mich auf viele weitere wohlriechende Stunden mit Ihnen.

Hochachtungsvoll
Ihre Landlady"


Dieser Spross der Davidoff-Familie, der 2014 dank Christophe Raynauld (mit dessen Kreationen ich bislang nicht viel anfangen konnte) das Licht der Welt erblickte, will so gar nicht zu meinen Dufterfahrungen mit dieser Marke passen!
Diverse Testungen – insbesondere der Herrendüfte - verliefen bislang stets dramatisch bis enttäuschend und ließen mich irgendwann automatisch einen großen Bogen um dieses Label machen.

Umso mehr erscheint mir Leather Blend nach meinen bisherigen Erfahrungen wie eine Art Experiment des Hauses Davidoff mit dem potentiellen Ziel, im allgemeinen Hype um die Lederdüfte einen neuen Kundenstamm am Markt zu bedienen.
Erstaunlicherweise ist es verhältnismäßig schwierig, ihn sogar in einer Metropole wie Düsseldorf in den Regalen von Parfümerien oder Warenhäusern zwecks Testung zu Gesicht zu bekommen – wie ich im Nachhinein feststellen konnte.

Leather Blend hält nicht viel von dramatischen Auftritten. Vielmehr hat man es hier mit einem weltgewandten, gradlinigen Gentleman mit guten Manieren zu tun, der im dezentledrig-pfeffrigen Auftakt eine gewisse Verruchtheit hinter der glatten Fassade erkennen lässt und man stets ein wenig im Unklaren darüber bleibt, was sich dahinter verbergen mag. Genau das macht ihn für mich so ausgespochen interessant.

Doch wer nun einen Draufgänger hinter diesem Duft vermutet, der irrt:
Mit der Attitüde eines eher metrosexuellen Typs, eines modernen Dandys mit einer Vorliebe für cremeweiße Lederhandschuhe und noblen Zwirn ist Leather Blend vielmehr ein treuer Gefährte, auf den man sich stets verlassen kann, ein echter Frauenversteher - in der warmwürzigen Herznote, in der für mich Amber und herbsüße Rose dominieren, geerdet und ausgeglichen.

In seiner unaufdringlichen Art mit guter – und für mich völlig ausreichender - Haltbarkeit weiß er zudem genau, wann es Zeit ist zu gehen.
Wenn die Herznote verklungen ist, liegt in der sanften, schon fast cremigen Basis, aus der ich weiterhin Rose, ein klein wenig Leder und eine schwach-grüne Komponente (Papyrus?) herausrieche, stets so etwas wie ein Versprechen – das Versprechen eines Freundes, der auch weiterhin durch Dick und Dünn mit dir gehen wird, wenn sich die Tür hinter ihm geschlossen hat.

Leather Blend würde ich aufgrund seiner unaufdringlichen Sillage nicht für einem bestimmten Anlass empfehlen wollen – vielmehr sollte und kann man ihn tragen, wenn einem danach ist - man wird mit diesem Duft sicherlich nicht anecken!

Leather Blend ist ein Duft für diejenigen, die holzig-blumige Ledernoten auf ihrer Haut lieben, ohne gleich nach frisch gegerbtem Leder riechen zu wollen - für MICH bislang einer der besten Lederdüfte, die ich kenne!
5 Antworten
Landlady vor 9 Jahren 20 7
7.5
Flakon
7.5
Sillage
10
Haltbarkeit
10
Duft
Quantensprung in die Toskana - ein Duft, der die Seele berührt
Es war einer dieser Urlaubstage, an die man keine großen Erwartungen stellt und von denen man sich wünscht, dass die Zeit ratz fatz verfliegen möge ...

(Moment mal: Die ZEIT? Existiert ZEIT überhaupt? Stimmt es, dass die NASA fieberhaft an der Entwicklung einer ZEITMASCHINE arbeitet? Wurde die Frage der PARALLELUNIVERSEN mittlerweile endlich mal geklärt ;) ? Fragen über Fragen ... )

An jenem Tag regnete es in Strömen, eine dichte, dunkle Wolkendecke hing über dem beschaulichen, holländischen Zeeland und das herannahende Gewitter hatte die sonst so taffe, nun wie Espenlaub zitternde Hündin unter den Wohnzimmertisch gejagt. Unser Ferienhaus, das am Tag zuvor noch kühler Schattenspender gewesen war, verwandelte sich in eine klamme, kalte Höhle. Auf der Suche nach ein wenig Geborgenheit schnappte ich mir meinen Ferragamo, kuschelte mich in eine dicke Decke und machte es mir mit meiner Lektüre auf der Couch so gemütlich wie eben möglich ...

Ich erwachte vom Duft der weichen, kupferroten Würze eines betagten Whiskys, der verführerisch neben mir auf dem italienischen Terracottatisch leuchtete. Während ich sein Aroma tief in mich einsog, bemerkte ich das Feuer, das im Kamin prasselte und mich fürsorglich wärmte. Die helle, zweiflügelige Terrassentür des toskanischen Landhauses war weit geöffnet und gab den Blick auf den prächtigen Garten frei. Ich trat ins Freie und inhalierte den Geruch feuchter, kühler Erde, die einem frisch bepflanzten Beet entströmte.
Goldene Sonnenstrahlen spielten mit meinem Haar, kitzelten meine Nase, als ich meinen Streifzug begann, der mich nach etwa 30 Gehminuten zu einem alten, nahe gelegenen Olivenhain führte.
Betört vom süßlich-erdigen Aroma, welches die untergehende Sonne der rotleuchtenden Erde entlockte, ließ ich mich nieder und sank geborgen – eingehüllt vom Duft der Terra Rossa in einen tiefen Schlummer ...

Als ich die Augen aufschlug blickte ich in das vom Feuerschein des Kamins in Kupfer getauchte Gesicht meines Landlords, der mit zwei Gläsern und einer Flasche Rotwein vor mir stand.

Die Wolkendecke über Zeeland hatte sich jetzt vollständig aufgelöst – ich konnte gerade noch einen Blick auf den sich rasch entfernenden Lichtschweif am Himmel erhaschen ;) , bevor wir uns mit unserer Flasche Colli di Luni auf den Weg zum Strand machten, um die untergehende Sonne zu verabschieden und uns ein paar Sternschnuppen um die Ohren fliegen zu lassen ...

Fazit:
Dieser Duft ist einfach unglaublich! Für mich ist er der Inbegriff von Geborgenheit und Erdung.
Bei der ersten Testung in einer Aachener Privatparfümerie hatte ich mich sofort in Terra Rossa verliebt.
Seine Sillage ist stark bis sehr stark (jedoch nicht aufdringlich), seine Entwicklung sehr facettenreich und die Ingredienzien sind in jeder Entwicklungsphase sehr gut nachzuvollziehen:
In der relativ kurzweiligen Kopfnote nehme ich zugleich holzige, frische und eine leicht alkoholische Note wahr – einen guten, alten Whisky eben, würzig aber dennoch rund und weich.
Die Herznote mit Patchouli und Labdanum erinnert mich an frische, umgegrabene Erde – ohne, dass jedoch der Patchouliakkord muffig oder moderig in Erscheinung treten würde.
Amber und Benzoe in der Basisnote hinterlassen einen süßlichen, holzig-erdigen Eindruck und wirken beruhigend und hüllen ein – und das bei einer Haltbarkeit von bis zu 12 Stunden!

Auf eine bestimmt Jahreszeit lege ich Terra Rossa jedoch nicht fest: Für mich ist er ein Allrounder, der die Seele zu wärmen oder das erhitzte Gemüt abzukühlen vermag. Ein Seelentröster in jeglicher Hinsicht: Ob "Hunger", "Pippi" oder "kalt" – mit Terra Rossa ist alles nur halb so schlimm!
In mir wächst zunehmend der Wunsch, eines Tages in diesem Teufelszeug zu "baden" ;) - und da gibt es nur eine einzige Alternative zur Abfüllung ( Danke, liebe Angua! :) ):

Mindestens ein Flacon muss her und zwar schnell! :)

P.S.: http://www.parfumo.de/Benutzer/Landlady/Bild/66376
7 Antworten
Landlady vor 9 Jahren 21 3
7.5
Flakon
7.5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
9
Duft
Der ungezähmte Schöne
...ihre Reiterstiefel muten an wie aus einer anderen Zeit, die Gerte noch in der Hand steht sie da, streicht sich elegant die rote Mähne aus dem Gesicht, ihre Wangen vom Ausritt noch gerötet ...
Die kleine Schramme auf ihrem makellosen Porzellangesicht steht ihr gut, erzählt von Abwegen in schroffes, herbstliches Unterholz, von dampfenden Pferdeleibern und ungezähmter Lebenslust ...

Kaum, dass Cuir d´Ange meine Haut berührt, läuft dieser oder ein ähnlicher Film bei mir ab. Doch allen ist etwas gemein: das Konzept der ungezähmten, herben Schönheit

Nein, Cuir d´Ange möchte nicht lieblich anmuten, ist nicht besonders gefällig und war schon gar keine Liebe auf den ersten Blick....
Während des Besuchs eines Hermès-Shops sprach der freundliche Mitarbeiter gar eine subtile Warnung vor diesem Duft aus, seine Strenge sei nichts für jedermans Geschmack. Und so blieb es an diesem Tag ausschließlich beim Schnuppern auf dem Testbändchen und einem höflichen Naserümpfen ...
Zwischenzeitlich wieder neugierig geworden, schlug ich jedoch alle Warnungen in den Wind und gab Cuir d´Ange bei nächster Gelegenheit eine Chance auf meiner Haut. Eine dramatische Begegnung mit Folgen: Wenn eine gewisse Hass-Liebe auch nicht von der Hand zu weisen ist, pflegen wir seither eine leidenschaftliche Affaire mit sporadischen Begegnungen. Selbstverständlich mit Zustimmung von meinem Landlord - jedoch, mich in Rücksicht übend, in dessen Abwesenheit: Cuir d´Anges ist für ihn das berühmte rote Tuch, könnte man fast sagen - und ich kann es nicht ertragen, jemanden leiden zu sehen... ;)

Des Einen Leid ist des Anderen Freud:
Beim ersten, scheuen Annäherungsversuch lässt dieser großartige Duft zwar ein wenig Nähe zu, um sich im nächsten Augenblick jedoch wie ein ungezähmtes Wildpferd aufzubäumen.
In dieser Phase ist die Ledernote sehr präsent, schon fast etwas beißend (und ich bringe zugegebenermaßen Anflüge von Verständnis für meinen Liebsten auf).
Ich lasse es jedoch geschehen, tue alles dafür, Cuir d´Anges Zutrauen zu gewinnen.

Haben Cuir d´Ange und ich uns erst einmal etwa eine Stündchen aneinander gewöhnt, lässt seine Wildheit ein wenig nach – ruhiger, weitaus zutraulicher als zuvor geht der Duft eine nähere Verbindung mit meiner Haut ein, fast wärmend schmiegt es sich an, jedoch weiterhin instinktiv auf der Hut.
In dieser Phase spielen sich Moschus und Heliotrop in den Vordergrund und verdrängen die Ledernote an den Rand der Bühne.

Nachdem wir nunmehr gute zwei Stunden miteinander verbracht haben, ist uns beiden klar:
Dies ist der Beginn einer wunderbaren Liebe!
In ausgewogenem Zusammenspiel streicheln nun alle Ingredienzien dieses wundersamen Wässerchens in trauter Harmonie gleichberechtigt meine Haut, keine Note drängt sich in den Vordergrund. Es hat mich erwischt!

Cuir d´Ange inspiriert mich, bringt mich auf Trab – allerdings, muss ich wirklich Lust darauf haben, sonst kann dieser Duft mir gar schon ein wenig anstrengend werden, da er viel Aufmerksamkeit einfordert. Deshalb ist Cuir d´Ange für mich nichts für jeden Tag. Die nicht ganz so starke Sillage und weniger lange Haltbarkeit stören mich aus diesem Grund auch weniger.
Jedes Mal aufs Neue lässt mich Cuir d´Ange mit einer gewissen Ambivalenz zurück, wenn es sich wieder verflüchtigt hat .... aber gleichzeitig mit einer ungeduldigen Vorfreude auf unser nächstes tête-à-tête ... :)
3 Antworten
Landlady vor 9 Jahren 9 2
7.5
Flakon
7.5
Sillage
5
Haltbarkeit
7
Duft
Frühlingsliebe: der erste Kuss
Die Mittagssonne des lichten Maitages entfaltet ihre ganze Kraft, wonnespendend liebkosen ihre Strahlen das üppige Blütenmeer des Kirschbaumes ...
Die Liebende reckt sich ihr entgegen, ergibt sich wehrlos in der warmen Süße des ersten, schüchternen Kusses ...

Keine Dramatik, keine Fanfare spielenden Putten bei aufreißender Wolkendecke, nein – vielmehr ein sanfter, anregender Flirt, der die Sinne aus dem Winterschlaf erweckt.

Eingehüllt in einen hauchzarten Schleier aus Licht und Blüten verharren die Liebenden in zärtlicher Umarmung ... und als die Abendstunde den Moment des Abschieds offenbart, ist der erste Kuss einzig Erinnerung.
Was jedoch bleibt, ist die Sehnsucht nach dem nächsten Tag ...
Sayonara


Fazit:
In der Kopfnote empfinde ich Hanami von Annayaké eher als süß und ein wenig schwer.
In der pudrigen Herznote offenbart sich im Kirschblütenakkord seine ganze Sanftheit wie ein umschmeichelnder, roséfarbener Schleier.
Die leicht holzige Basisnote scheint mir nicht mehr als ein Hauch - innerhalb weniger Stunden erreicht und kaum noch wahrnehmbar.
Trotz – oder gerade wegen - seiner mittelmäßigen Haltbarkeit kann ich von diesem Duft jedoch nicht genug bekommen.

Wirklich ein Jammer, dass Hanami nicht mehr produziert wird.
2 Antworten