Leimbacher
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vor 5 Jahren - 01.04.2019
4 22

Divergent - Testreihe

Ich bin zwar etwas spät auf der Party, aber besser als nie... nun sind mir auch ein paar Divergent-Proben unter die Nase gefallen und hier sind meine (sehr positiven und interessanten) Eindrücke.

In Blogform, da die Düfte ja (noch) nicht offiziell gelistet sind bzw. sich teilweise noch in der Entwicklung befinden. Ich hoffe aber inständig, dass sie es bald auf den Markt schaffen, da sie wirklich herausstechen und sicher nicht floppen würden!

Vielen Dank an Tomaya für die Testmöglichkeit!

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<fruityver<

Milli Knallili

Was für ein irres Ding! Eine fruchtig-likörige Explosion auf einer Decke

von milchigem Vetiver? Das klingt nicht nur faszinierend, das ist es

auch. Sicher nicht ohne Nervphasen und "Puh. Anstrengend!"-Gedanken,

aber Durchhalten lohnt sich hier.

"Fruityver" fängt chaotisch-kraftvoll an, voller Tatendrang in alle

Richtungen. Milchige Vanille trifft auf mandelige Früchte, sehr saftig

und brockig. Da muss man schon mit Slumberhouse oder Nasomatto

vergleichen, um die Potenz annähernd zu treffen. Divergent-Düfte

scheinen keine halben Sachen zu machen. Toll. Und die Namen sind

kreativ, cool, süß und bleiben im Kopf. Mit dem Duft ist das nicht

anders.

Als ob "Pulp" ein uneheliches Baby mit Guerlains Vetiver Extreme gemacht hat. Kernig und kompetent, da weiß einer, was er tut, ohne

Risiken und Nebenwirkungen zu scheuen oder beim Apotheker zu erfragen.

Ich wiederhole mich: gut so! Etwas mehr Vetiver hätte ich vielleicht

erwartet, etwas tragbarer und vorzeigbarer bei "Normalos" hätte er sein

können.. aber wer braucht die schon ;-). Schnappt man zu Beginn noch mit

dem Atem, ringt man im Verlauf immer mehr mit seiner Faszination und

Begeisterung. Ein gelungenes Experiment. Wenn ich ihn noch eine Woche

trage, ist er vielleicht ein Favorit... Wer weiß. Selbst wenn ich nicht

immer 2-3 Stunden habe, um ihn "runter zu kühlen".

Flakon: leider nur Proben in der Hand. Aber die Bilder die ich von den Flakons auf YouTube gesehen habe, sehen solide aus. (60%)

Sillage: kein Duft, um ihn im Büro zu testen/tragen... Omnipotent.

Haltbarkeit: knackige 9 Stunden. Oft genug länger. Im Non-Stop-Modus.

Fazit: ein satter Schwinger voller Power und Ideen, dickgedruckt und

fühlbar, texturreich und Bilder sprechend. Nicht immer elegant, aber

immer eine Nummer für sich. Da wird man auf die Divergent-Reihe sehr

neugierig. Alles. Außer gewöhnlich. (70%)

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<aufheller>

Sonnenfinsternis

Dieser strahlende Vertreter aus der Divergent-Reihe hat meine Stimmung

wirklich aufgehellt und seinem Namen alle Ehre gemacht... Dabei ist der

Duft alles andere als ausschliesslich "hell". Fast könnte man den Namen

etwas ironisch deuten...

"Aufheller" startet bitter-zitrisch, wie eine Bergamotte aus Wachs.

Griffig und extrem plastisch. Diese bleibende Dreidimensionalität ist

ganz klar ein Zeichen der Divergents und gefällt mir ausgesprochen gut.

Solche nach vorne gehenden Parfums, durchaus mit "Eiern", riecht man

selten in der Duftwelt, egal ob Nische oder Designer. Im sommerlichen

Genre noch seltener. Dabei verleitet natürlich auch nur der Name

"Aufheller" überhaupt in die Kategorie Mai bis August zu stecken. Ein

sehr erwachsener, schattiger Erfrischer. Das gehen meine Mundwinkel

hoch. Als ob Nimm2 auf Bienenwachs trifft, wie wenn es auf einmal aus

der Sonne regnet. Außergewöhnlich und mit nichts zu vergleichen. Was

allgemein ein Werbeslogan der Divergents sein könnte. "Aufheller" ist

auf meiner Haut eher ein Abdunkler - aber ein hervorragender, spezieller

Duft voller Charakter, Tiefe und Finesse. Harsch und soft in einem.

Weich und wach, süß und maskulin. Faszinierend und mehrere Tests wert.

Ölig, pur, fühlbar. Unverdünnt und ein Original. Divergents Echte.

Patch, Vanille, Zimt - alle zart aber ganz klar den Himmel zuziehend.

Ein reinigender Sommerschauer.

Sillage (70%) & Haltbarkeit (80%): dicht, dick, aber nie überpowernd. 9 Stunden. Eher noch mehr.

Fazit: kein ausgelutschtes Bonbon sondern ein wachsiger

Zitruserfrischer, dunkel und hell zugleich. Ein "Sommerduft" wie kein

anderer. Mehr als solide. Gibt nichts auf ausgetretene Pfade.

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<metamorph>

Mit Schirm, Charme und Melone. Viel Melone.

"metamorph" ist ein meloniger Lederduft. Klingt schräg? Riecht es auch.

Vor allem zu Beginn wirkt der Duft sehr gewöhnungsbedürftig, anders,

fast überladen und überfordernd. Doch mit der Zeit erkennt man Konzept

und Sinn und Dynamik. Dann legt sich alles und das leicht kakophone,

synthetisch-kotzige Puzzle setzt sich überraschend soft zusammen.

Erstaunlich. Durchdacht. Clever. Bunt.

Toll finde ich diese finale Version von "peitschenschlag", den ich

leider nie in der Nase hatte, zwar selbst dann nicht, wenn er sich

gesetzt hat. Auch nach einigen Testtagen nicht. Doch das sollte absolut

keinen abschrecken. Er ist nicht MEINS. Völlig subjektiv. Aber als

Parfum, von seiner Qualität und Kreativität, kann ich nur den Hut

ziehen. So etwas, habe ich noch nie gerochen. Nichtmal im Ansatz. Sein

Name spricht Bände. Eine sehr wilde, wabernde und bewegliche Frucht. Und

Melone riecht man ja eh super selten in Düften. Derart unverfälscht und

aggressiv erst recht nicht. "metamorph" ist eine Herausforderung, die

Zeit braucht. Geduld ist gefragt. Doch die kann sich auszahlen. Er

erinnert an frisches, beiges Leder, auf das man einen Melonenmix

ausgepresst hat. Mit einer verzierenden Gurke obendrauf, wie bei einem

Cocktail. Hip und hä?! . Und alles etwas gegoren und faulig. Etwas

"Pulp", etwas pfui, viel Wow. Ein Duft, den ich respektiere, bewundere

in Teilen sogar, den ich mir aber nicht kaufen würde. Bin kein Freund,

sondern eher Fan von ihm. Schade, aber nur ehrlich. Vielleicht in ein

paar Jahren nochmal. Charakterstark und sein ganz eigenes Tierchen. Mit

eigenartigen Pläsierchen.

Sillage (80%) & Haltbarkeit: (80%): hier ist Aufpassen angesagt.

Kann schnell zu viel werden und der Umwelt übel aufstoßen. Dem Träger

natürlich auch. Macht kraftvoll auf sich aufmerksam. 8 Stunden lang,

mindestens.

Fazit: ein Exot und sicher nicht jedermanns Sache. Interessant und

wieder mal alles, nur nicht beliebig. Ich mag Melone in Düften scheinbar

eher nicht... Aber dennoch: Testtipp für alle. Denn:

Horizonterweiterung ist sicher!

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<im tiefen wald>

Der Waldschrat

"<im tiefen wald>" verspricht nicht zu viel. Es ist vielleicht die

originalste Nachbildung eines (deutschen) Mischwaldes in einem Parfum.

Ever. Nicht mehr. Aber verdammt nochmal auch nicht weniger. Eine

Errungenschaft.

"im tiefen wald" ist ein Duft für alle Hundebesitzerinnen und

Wanderlustige, für Aragorn und Baumbart, für In-Pfützen-Springer und

Naturburschen, für Allwettertrotzerinnen und Blattläuse, für Aussteiger

und In-sich-Geher, für Hippies und für Trekkies, für Hippster und für

Wikinger. Ein Wahnsinnsduft, man kann es nicht anders sagen. Natur und

Wald nicht nur riechbar, sondern fast fühlbar, anfassbar, greifbar,

begreifbar. Ein Tipp für den Herbst und ein Tipp für jeden

Stadtmenschen, der mal wieder zum Kern der Sache vordringen will. Wild

und ungezähmt, natürlich und kräftig, klar und deutlich.

Sillage (70%) & Haltbarkeit (70%): von seiner Art auffälliger als

von seiner Intensität. Dennoch nicht zu unterschätzen. 7-9 Stunden.

Fazit: waldiger wird's nicht. Plastisch, detailliert, raffiniert, grün,

moosig, feucht, holzig. Sogar Pilze meine ich mir einzubilden. Wie ein

Spaziergang mit dem Hund durch Gestrüpp, Matsch und Moos. Beherzt und

originalgetreu. Konzeptduft - und dennoch tragbar!

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<ein lächelndes Biest>

Wenn ich weine, wie ein Schweine

Und nun zur Hauptattraktion... zumindest für meinen Geschmack. Denn

<ein lächelndes Biest> ist mein Favorit aus der Divergent-Reihe.

Mit Abstand und von Anfang an. Das war mir sofort klar, als ich ihn das

erste Mal auf der Haut hatte. Warum liegt er mir so? Und das, obwohl die

Jahreszeit und Temperaturen gerade kaum unpassender sein könnten?

<ein lächelndes Biest> vereint gourmandige Kakaotöne mit einer

animalischen Stinkigkeit, wie man es nur ganz selten am Parfumhimmel

aufschnappt. Das mag nicht jeder, das ist vielen zu viel. Ein schwer zu

zähmendes Zibetbiest, dass einen aber, sobald man Freundschaft mit ihm

geschlossen hat, nicht mehr verlässt. Und man würde es nicht anders

wollen. Moschus, Zibet, Schweißgies, Urinales steht vielen Leckereien

gegenüber. Wachs, Honig, Schokolade, Amber. Das erinnert an die

heftigeren Kompositionen von MFK oder allgemein polarisierende Parfums

wie Kouros oder Oud Isphahan.

Als ob man einen luxuriösen Dixieklo mitten in Charlies

Schokoladenfabrik gebaut hätte. Pervers und perplex machend. Und trotz

all dem Anspruch und Knall, dem Dreck und dem Pfui, den Eiern und den

Körperflüssigkeiten, ist diese Grinsekatze irgendwie zahm und tragbar.

Seltsam. Aber nehme ich gerne. Dezent dosiert immer noch eine Wucht.

Stinkige Kalorienbombe. Kein Duft für Memmen.

Haltbarkeit (90%): sehr ergiebig, sehr anhänglich. Darf er. 11 Stunden.

Sillage (80%): eher für den späten Herbst als für den frühen Frühling... er hat Wumms!

Fazit: mein Lieblingsdivergent. Wenn Gourmand auf Animalic trifft. Waghalsig toll!

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