Lovis

Vor sehr langer Zeit - so scheint es rückblickend - wurde ich aufgefordert, demnächst einen Kommentar zu diesem Duft zu verfassen. 'Demnächst' ist ein weiter Begriff, und Zeit ist relativ - mal scheint es, als hätten wir endlos Zeit, mal rast sie dahin, mal vergeht ein halbes Jahr wie im Flug, dann wieder ist bereits ein einziger Tag zu lang.
Wir wünschen uns den Blick in die Zukunft, und gleichzeitig fürchten wir ihn, wenn der Blick zurück zu schmerzhaft ist, wenn wir uns fühlen, als ginge es im Hier und Jetzt nicht weiter, obwohl wir doch wissen: Weiter geht es immer.

Dieser Duft hat keinen wirklichen Namen bekommen, und man kann sich fragen, ob das nötig gewesen wäre:

Namen sind Schall und Rauch. Namen sind austauschbar, ersetzbar, nur Worte.
Und doch messen wir ihnen großen Wert bei.

Ein Name kann Flügel verleihen, Schmerz bereiten und Trost spenden, eine Botschaft in sich tragen, die kein Anderer versteht.

Er kann einzigartig sein, auch wenn Viele ihn tragen, manch einen Namen trägt man nur für einen einzigen Menschen, und das macht ihn besonders und reizvoll.

Namen können eine Bedeutung haben, Frage und Antwort zugleich sein, Hoffnung und Zweifel wecken.

Ein Name bleibt in Erinnerung, kann Zeit und Raum überwinden und Erinnerungen bewahren, die verbinden, schöne und traurige, kann das Schweigen durchbrechen oder umgehen oder Erkennungszeichen sein, und weil er all dies ist und kann und noch viel mehr, ist es manchmal egal, ob er kitschig oder fehl am Platze ist, ob er im richtigen Moment genannt wird oder ob es womöglich töricht ist ihn zu benutzen, um Gefühle auszudrücken.

Manchmal fällt er nur zufällig. Vielleicht aber gibt es wirklich keine Zufälle.

Le Parfum hat keinen Namen, und doch den einzig richtigen. Würzig und herb, sanft und weich, harmonisch und kantig, laut und leise, erotisch und vertraut, fordernd und schmeichelnd, bittersüß und tröstlich.

Das Parfum.

Als ich "Smart" von Andrea Maack zum ersten Mal testete, war es sofort um mich geschehen, und ich war überzeugt, es würde sehr lange dauern, bis ein anderer Duft mein Herz derart im Sturm erobern könnte.

Bis ich nur einen Tag später "Sharp" kennenlernte. Eher nebenbei sprühte ich ihn auf meine Haut und vergaß sofort, was ich eigentlich gerade tun wollte.

Viele Menschen lächeln milde spöttelnd, wenn man von "Liebe auf den ersten Blick" spricht. Es sei ihnen verziehen, denn sie wissen es wahrscheinlich nicht besser.
Dieser eine Moment blendet alles andere aus, raubt dir den Atem und verwandelt die Welt um dich herum in ein verzerrtes Standbild, unerwartet und doch wie selbstverständlich fühlst du dich wie in einen Traum versetzt und gleichzeitig so wach wie nie zuvor, als würdest du zum ersten Mal klar sehen, was du bisher nicht einmal erhofft hast.

"Sharp" fordert im ersten Augenblick meine volle Aufmerksamkeit, lässt meinen Puls rasen und die Knie weich werden. Der herbe, etwas stechende Auftakt fesselt sofort und lässt keine Ablenkung zu. Gleichzeitig trägt er schon im Hintergrund die sanfte, süße Kraft, die mir die beruhigende Gewissheit gibt, dieser atemberaubende, ganz besondere Moment ist erst der Anfang einer langen Geschichte. Warm und zärtlich schmiegt er sich an, als wären Haut und Duft eins, 'Engelshaut' duftet wohl auch dann betörend, wenn man nur von Zeit zu Zeit ein Engel ist.

"Sharp" ist ein sinnlicher, kraftvoller Duft, hell und freundlich und doch mit aufregenden dunklen Tiefen.
Und mein neuer Heiliger Gral.

Nachdem mein heutiger Kurztrip an die Nordseeküste mehr oder weniger in's Wasser gefallen war - das Meer hatte sich rar gemacht und die Sonne gleich mitgenommen, dafür gab's reichlich Wasser von oben und einen netten kleinen Hagelschauer noch dazu - fand ich die Idee recht reizvoll, eingekuschelt in eine warme Decke nach Sonnenmilch und Sommertag zu duften.

Als kleine Entschädigung sozusagen, wo ich doch am Strand eher eine dicke Mütze hätte gebrauchen können. Urlaubsfeeling für zu Hause, ganz ohne orkanartige Böen und glitschigen Seetang.

Warm ist dieser Duft nicht, kein noch so kleiner Sonnenstrahl bricht hier durch die schwere Wolkendecke, aber ein Hauch von Sonnenmilch schwingt schon mit. Vermischt mit Desinfektionsmittel und Putzwasser, scharf und stechend, etwas herb.

Also leider keine cremige Erinnerung an schöne Stunden am heißen Sandstrand, sondern eher die Illusion einer frisch geputzten, hygienisch reinen Umkleidekabine im Freibad (wobei: Gibt es sowas überhaupt?).

Im Vergleich zu einigen anderen Demeterdüften sehr intensiv, aber von ähnlich kurzer Haltbarkeit.

Fensterputzen gehört ja nicht unbedingt zu meinen Lieblingsbeschäftigungen, generell tendieren meine Qualitäten als fleißige Hausfrau eher gegen Null.

Da das hier mit anfänglicher Begeisterung geplante "Wanderpaket gut duftender Haushaltshelfer (m)" sich mangels Beteiligung Freiwilliger leider als Flop herausgestellt hatte, muss ich ja nun leider doch wieder selbst putzen, auch die Fenster. *
Mit "Clean Windows" lässt sich immerhin olfaktorisch die Zeit bis zur nächsten Putzwut gut überbrücken: Wenn meine Fenster schon nicht frisch geputzt aussehen, mit diesem Duft riechen sie immerhin streifenfrei sauber.

Nach dem stechend zitronen-frisch-geputzten Auftakt macht sich tatsächlich eine angenehme Blumigkeit breit, passend zur riesigen Auswahl an nach "Bergwiese" "Frühlingbrise" oder "Aprilfrische" duftenden Wasch- und Putzmitteln, die der Handel so zu bieten hat.

Die Blümchen sind recht kurzlebig und machen Platz für eine leicht muffig-dumpfe Duftnote, der ich noch nicht so ganz auf die Schliche gekommen bin. Ich meine mich aber zu erinnern, dass früher die Seifenblasenflüssigkeit diesen Geruch hatte, wenn sich der erste Zitronenspüliduft verflüchtigt hatte.
Hmm. Vielleicht sollte ich zur Sicherheit noch eine Nase voll nehmen. Ohne Nachputzen.


Tragbar ist der Duft durchaus, er ist aber äußerst flüchtig. Nach 30-45 Minuten sollte man spätestens fertig sein mit dem Putzen, sonst muss man unbeduftet weitermachen.



*Aussagekräftige Bewerbungen, gerne mit Bild/Video bitte an folgende Adresse: http://www.parfumo.de/Benutzer/Lovis.

Wenn man diesen Flakon aus einiger Entfernung - oder gegebenenfalls ohne Brille - betrachtet, sieht er erstmal nackt aus. Die hautfarbene Corsage (mal im Ernst, wer trägt denn sowas? Schwarz wäre heiß, evt. noch tiefrot, aber hautfarben??) ruft bei mir nicht gerade Bilder hemmungsloser Leidenschaft hervor, eventuell wäre da der Herrenflakon geeigneter.
Nacktheit an sich ist ja auch nicht gleich ein Garant für lustvollen Hormonüberschuss - nun gut, das ist natürlich auch stark von der nackten Person abhängig, manchmal ist verhüllende Kleidung ja auch ein Segen.

Ich gebe aber zu, als ich meine Abfüllung das erste Mal in der Hand hielt, war ich dennoch etwas aufgeregt, rechnete ich doch mit einem besonders verführerischen, auffällig erotischen Duft.
Nun, an Nacktheit denke ich auch, wenn ich Classique trage.
Aber aus ganz anderen Gründen.

Die leicht bekleidete Dame ist, wie man unschwer erkennen kann, noch nicht oft in der Sonne gewesen, ihre Haut ziert ein zartes Rosa, kein noch so kleiner Hauch von Sommerbräune ist zu sehen. Damit sie auch in Zukunft so zart rosig aussieht, zieht sie sich aus und cremt sich ein, mit der besonders gut duftenden Sonnenmilch, schön gründlich und nicht zu sparsam, man weiß ja, wie wichtig das ist. In der Sommerhitze umgibt sie ein süßer, pudriger Duft, der zugleich sanft und intensiv ist. Ein interessantes Wechselspiel aus warmen und herberen, kühlen Noten. Ist das der Grund für die Assoziationen von Verruchtheit und Provokation? Ein Wechselbad der Gefühle, ausgelöst durch lockende Süße und arrogant-abweisende Kühle?

Ich fühle mich lediglich an einen schönen Strand versetzt, mit einem angenehm süßen Dufthauch umgeben, sanfter Wind auf meiner verschwitzten Haut, entspannt und träge.
Vielleicht muss frau zu diesem Duft am Strand eine rosa Corsage tragen statt eines schlichten Bikinis. Sonst bleibt es soft.