MarieValerie

Noch vor zwei Wochen habe ich Rimbaud mit einer 9 bewertet und ein Statement verfasst. Zwischenzeitlich ist die Abfüllung leer, ein Flakon eingezogen und ich bin zum Entschluss gekommen, dass weder die Zahl noch ein paar wenige Worte diesem grandiosen Duft gerecht werden.

Bestimmt erinnern sich viele von euch an diese eine Lehrperson, deren nähere Erklärungen ihr um jeden Preis vermeiden wolltet. Nicht, weil ihr sie nicht mochtet oder die Erklärungen nicht nötig gehabt hättet. Einfach nur, weil sie in der Pause gerne Kaffee trank und sich dazu genüsslich eine Kippe gönnte. Die wohltuende Pause sei allen von Herzen gegönnt - nur leider erweckt dieses ungeheure Duftgemisch, welches diese Lehrpersonen danach aus ihren Mundhöhlen verströmten, in mir bis heute das pure Grauen.

Als Lehrerin von hochpubertären Jugendlichen habe ich aufgrund dieser unvergesslichen Riecherfahrung sehr konkrete Vorstellungen, wie mein Duft wirken soll. Ich möchte nämlich nicht, dass sie meine Erklärungen meiden. Auf keinen Fall darf mein Parfüm das Klassenzimmer füllen (das erledigen die Teenies schon mit ihren überdosierten Bodysprays). Es darf nicht parfümig, laut, kitschig, nervig, stechend, quirlig oder aufdringlich sein. Ich möchte, dass die Jugendlichen nur einen angenehmen, dezenten, ruhigen, gepflegten und warmen Duft wahrnehmen, wenn ich mich zu ihnen beuge. Nur ganz subtil, vielleicht sogar unterbewusst. Aber dennoch so, dass er in positiver Erinnerung bleibt. Genau diese Kriterien erfüllt Rimbaud und ich bin mir jetzt schon sicher, dass mich viele Jugendliche mit diesem Duft in Verbindung bringen werden. Mich berührt er damit jedenfalls.



Rimbaud startet mit einem traumhaft authentischen und natürlichen Lavendel. Er riecht genau wie das reine Lavendelöl, welches auf meinem Nachttisch steht. Ich liebe diese Natürlichkeit und bin bei den ersten Tests etwas enttäuscht, dass der Lavendel nach einer halben Stunde schon wieder verflogen ist. Mittlerweile kann ich ihn aber den ganzen Duftverlauf über ganz dezent im Hintergrund wahrnehmen. Das erfüllt meinen Wunsch, im Klassenzimmer einen ruhigen Duft zu tragen, ausgezeichnet.

Nach einer halben Stunde übernimmt die mir bekannte und sehr geschätzte "Celinade" die Führung. Wie in "Black Tie | Celine" und "Dans Paris | Celine" fühle ich mich auch bei Rimbaud einfach unglaublich wohl mit dieser zarten, sanften, zurückhaltenden, edlen und gepflegten Vanille. Zeitgleich nehme ich nun auch den Weizen wahr. Er ist schwierig in Worte zu fassen. Aber er verleiht dem Duft dieses gewisse Etwas und ich empfinde ihn als angenehm weich und warm. Auch die Irisbutter trägt zur Erfüllung meiner Wünsche bei.
Neroli erkennt meine Nase hingegen nicht.
Der Duft bleibt nun einige Stunden so, bis er sich über die Vanille sanft davonschleicht.
Er ist so hautnah (noch leiser als "Black Tie | Celine" und "Dans Paris | Celine"), dass ich ein paar Anläufe gebraucht habe, um ihn länger als zwei Stunden wahrzunehmen. Zwischenzeitlich kann ich ihn tatsächlich den ganzen Tag riechen und darauf freue ich mich jeden Morgen.

Eine Herstellerprobe dieser Abendgarderobe kam mit einer Bestellung in der Parfümerie bei mir an und ich hatte davor noch nie etwas davon gehört. Perfekt also für einen Blindtest. Ich mag diese Challenges, bei denen ich bewusst unvoreingenommen versuche, alle Noten zu erraten (Betonung auf den Versuch...). Hier also kein lyrischer, aber hoffentlich hilfreicher Erfahrungsbericht:

Beim Aufsprühen nehme ich sofort und stark die Bergamotte wahr und bin mir kurz darauf auch sicher, dass Pfeffer seine Finger im Spiel hat. Ob der nun rosa oder schwarz ist? Keine Ahnung, aber er ist klar erkennbar. Auch Patchouli ist direkt sehr präsent, aber darauf bin ich auch eher hypersensibel. Freesie oder irgendeine Blume hingegen nehme ich nicht ansatzweise wahr. Die Bergamotte wird bald süßlich und ich überlege, ob es vielleicht doch eher Mandarine ist. Im Nachhinein klar die roten Beeren.

Ich versuche, die Herznoten zu entziffern, aber ich sehe nur Wald vor mir. Etwas Holziges oder Harziges, vielleicht Eichenmoos? Oder ein Süßgras? Später beim Lesen der Noten schäme ich mich ein wenig, dass ich die Iris nicht erkannt habe. Aber nach Seerose (keine Ahnung, wie die riecht, aber wohl irgendwie blumig) und Veilchen roch mein Arm definitiv nicht.

In der Basis erkenne ich Moschus und etwas gourmandig Süßes. Ich weiß, dass es nicht Vanille ist, kann es aber nicht genauer definieren.

Zusammengefasst ist dieser Duft bei mir zu keiner Zeit blumig, sondern würzig, süß, pudrig und grün. Ob das auch so wäre, wenn ich die Pyramide gekannt hätte? Man weiß es nicht. Auf jeden Fall ist er besonders.

Ich finde ihn gut gemacht, aber solch auffällige Abendkleider sind nicht meins.

Als bekennende Liebhaberin von schweren Gourmands habe ich es dufttechnisch im Sommer nicht einfach. Meine ganzen Vanille- und Schokowummser möchte ich meinem Umfeld in der warmen Jahreszeit nun wirklich nicht zumuten, aber ich mag einfach keine andere Duftrichtung so gerne. So suche ich schon lange nach einem Sommerduft, der mich vom Hocker haut. Ein paar wenige gefallen mir ganz gut und sie durften einziehen, aber wunschlos glücklich war ich bislang mit meinem Sommersortiment noch nicht.

Mit Cruz del Sur II hat die Suche nun ein Ende. Er schafft die bislang unmöglich erscheinende, stabile Brücke zwischen einem schweren Wintergourmand und einem frischen Sommerduft. Damit hat er mich mitten ins Herz getroffen.

Der schon öfters genannte Mango-Apfel-Milchshake ist fluffig und cremig auf meiner Haut. Ich bilde mir ein, Vanille rauszuriechen. Aber das liegt wahrscheinlich daran, dass mein Hirn einen für mich so leckeren Duft automatisch mit Vanille assoziiert. Ananas rieche ich nicht heraus, aber das spielt keine Rolle, fruchtig ist der Shake trotzdem. Er ist sehr süß und unglaublich dicht, ohne dabei das Bild einer Weihnachtsbäckerei hervorzurufen. Eher eine Eisdiele in den Tropen.
Die Basis ist holzig, cremig und warm, aber nicht schwer.

Cruz del Sur II ist präsent, aber nie aufdringlich oder laut.

Dieser Duft, das bin ich. Sogar mein Mann hat lobende Worte für ihn übrig, und er teilt meine Duftliebe nicht im Geringsten. Und so habe ich heute ganz ohne schlechtes Gewissen einen ganzen Flakon bestellt.

Wer ein leichtes, spritziges Parfüm für warme Tage sucht, ist hier wahrscheinlich eher falsch. Aber ich hoffe, dass vielleicht irgendwo noch eine andere Naschkatze dank Cruz del Sur II zu ihrem perfekten Sommerduft findet.

Dieser Duft wird von Rosen dominiert, das ist kein Geheimnis. Eigentlich mag ich Rosen in Düften gar nicht. An mir zu grell, zu kitschig, zu künstlich. Dennoch hatte ich eine seltsame weibliche Intuition, ich müsste eine Probe von Intense Cafe bestellen. Volltreffer! Was für eine samtige, saftige, einfach umwerfende, tiefrote Rose. Sie harmoniert perfekt mit der Vanille, die ihr Weichheit verleiht und wird wunderbar durch Moschus in eine leichte Pudrigkeit geleitet.

Nun aber zum Kaffee. Der macht den Duft meiner Meinung nach zu einem Meisterwerk. Auch ich rieche ihn nur im Auftakt an meinem Hals. Danach bleibt nur noch dieser herrliche Rosencocktail auf meiner Haut. Und doch ist der Kaffee für mich omnipräsent. Immer wieder steigt mir dieser frisch gebrühte Espresso in die Nase. Aber nicht so, als käme er von einem Parfüm, geschweige denn von meinem eigenen. Wüsste ich es nicht, käme ich nie auf diese absurde Idee. Nein, es duftet so, als würde mein Nachbar nebenan auf der Terrasse im 20-Minuten-Takt eine Tasse aus seiner Siebträgermaschine lassen.

Diese Kombi aus dem, was ich auf meiner Haut rieche und dem, was anscheinend aus der Umgebung kommt, macht den Duft für mich einzigartig und besonders. Ich liebe ihn und finde den Namen durchaus passend.