Mercuro

Havanna, 17.40 Uhr, die Sonne neigt sich gen Horizont.
Dolores Corazon hat vor wenigen Minuten ihre Arbeit in der Zigarrenmanufaktur beendet und wie jeden Tag schlendert sie am Malecon nach Hause Richtung Innenstadt, die Sonne im Nacken, die Gischt des anbrandenden Meeres sprüht kühlend auf ihre Haut.
Dank ihrer geschickten Finger ist sie eine der Besten unter den Zigarrendrehern und –dreherinnen, der Duft des hochwertigen Tabaks hat sich in ihrer Haut und den Haaren festgesetzt.
Im Gegensatz zu ihren männlichen Kollegen, wo sich nach der Arbeit in den schwül-heißen Hallen der feine Tabakduft mit deren Schweiß und den selbst gerauchten Zigaretten zu einem doch sehr aufdringlich-würzig-starken Geruch vermischt der nach einer Dusche ruft, verbindet sich bei ihr der Tabakduft mit ihrem zarten Eigengeruch zu einem wunderbaren körperlichen Duft, welcher in der untergehenden Sonne zu strahlen scheint und sie mit einer sexy Aura umgibt.
Wie auf Cuba üblich wird ihr Gang entsprechend durch anerkennende Pfiffe der Jungs begleitet, sie lächelt in sich hinein und denkt sich ihren Teil.

Ja, so ist „Habana“, es erzählt von der fernen Karibik, fein, zart und sexy.

Ein Zufallsfund, und was für einer.
Letztens in Granada beim schlendern bei „Patio“ vorbeigelaufen.
Schöne Boutique (die einzige von denen überhaupt plus onlineshop) und kleines angeschlossenes Parfum-Museum.
Eine Französin und ein Franzose aus Grasse haben sich in Granada niedergelassen und hier ihre eigene Parfumentwicklung und -produktion hochgezogen.
Laut Produktbeschreibungen kommen nur Ingredienzen natürlichen Ursprungs zum Einsatz.
Nach ausgiebigem Testen durften „Habana“ und „Vetiver“ mit nach Hause.
Ich vergebe für beide Düfte je die „10“.

Der Vetiver erinnerte mich vor Ort an Chanels Sycomore, ein direkter Vergleich zuhause zeigt schon Unterschiede, doch geht es in die gleiche Richtung, der Patio ist jedoch strahlender und ausdauernder (mein Sycomore ist jedoch schon etwas älter).
Denke der Weihrauch und der leichte Pfeffer geben hier diese strahlende Präsenz.
Es gibt von anderen Marken Vetiverdüfte in Kombination mit „wärmeren“ Bestandteilen, die sagen mir gar nicht zu, das ist für mich nicht stimmig, da driftet der Vetiver gerne ins muffige ab. Hier jedoch stimmt alles. Ein Erlebnis.
Strahlend, klar, harmonisch und hochinteressant in der Entwicklung mit sehr angenehmer Projektion und Haltbarkeit. Der Vetiver stets präsent ohne allzu spitz aufzutreten, wunderbar eingebunden in die sonstigen Ingredienzen. Hätte ich doch nur die 100ml genommen…
Kommt Ihr nach Granada, schaut bei Patio vorbei. Auch die anderen Düfte lohnen einen Test.

P.S. Die neuen Flakons sind übrigens schöner als der hier abgebildete.

Gestern beim verkaufsoffenen-Sonntag-Bummeln durch die Lafayettes wurde mir von einer Merchandisingdame ein Pröbchen von diesem Duft in die Hand gedrückt mit dem ausdrücklichen Hinweis, er sei NUR in den Lafayettes zu erhalten. Meine Erwartung war einerseits entsprechend hoch, wobei der Gedanke, dass nun auch ein Klassikstar auf den Ich-habe-meinen-eigenen-Promiduft-Zug aufspringt, mich skeptisch sein liess.
Heute früh – was kann man bei der Pyramide schon verkehrt machen - kam der Duft aufs frisch geduschte Handgelenk.

All Ihr Klassikbegeisterten, denen Lang Lang ein Begriff ist oder gar schon live erlebt haben und nun ebenfalls ein olfaktorisches Feuerwerk vom Meister erwarten, bitte setzen, für standing ovations besteht kein Anlass.
Was uns hier um die Nase säuselt ist weder Bruckner noch Tchaikovsky, das ist Fahrstuhlmusik.
Es wird nicht mehr geboten als was die Pyramide hergibt, schon –zig mal gerochen, es pendelt zwischen Lacoste Original, Lalique White und Konsorten.
Nicht schlecht, tut keinem weh und nicht innovativ. Frisch, leicht würzig, etwas oldschool.
Sillage und Haltbarkeit sind wie meistens bei dieser Duftgattung im Mittelfeld.
Das ganze Exklusiv-Getue ist jedenfalls unbegründet und keine Reise nach Berlin wert. Berlin natürlich schon.
Und das Geld ist für ein Konzert in der Philharmonie sicher besser angelegt.

Dieser Duft ist mir ein Mysterium.
Ich trage die Probe nun das dritte Mal und komme nicht weiter.
Mag ich ihn nun oder nicht?
Selten hat mich ein Duft auf solche Art und Weise fasziniert. Mich angezogen und doch Distanz gewahrt, womit ich nicht recht umzugehen weiß.
Ich bin kein großer Duftanalytiker, aber hier bin ich gänzlich verloren. Was ist das? Der Geruch von sonnendurchglühtem Sand? Trockene Kräuter am Straßenrand vermischt mit Reifenabrieb?
LAdDm hat etwas von einem Menschen, der einem etwas unsympathisch ist und doch sexy genug, um ihn attraktiv zu finden.
Diese Dissonanz macht mich ganz kirre.
Ist es vielleicht genau diese unergründliche Symbiose, die Tauer vorschwebte?

Solche Menschen erträgt man nicht immer, aber wenn man ihnen begegnet, ist es äußerst erregend.
Ich weiß noch nicht, wohin es führt.
Nachtrag 16.10.14: Nein, es wird keine Liasson, dafür bleibt er mir doch zu fremd, wenn auch faszinierend.

Als ich diesen Duft unter der Nase hatte, fingen alle Glocken an zu klingen.
Der Auftakt ist grandios, blitzartig fängt das Kopfkino an zu laufen, dem kann man sich kaum entziehen.
Eine wahre Duftorgie flirrt um einen herum, Gewürze in enormer Intensität, unglaublich.
Es riecht nach Weihnachtsbäckerei und Pflaumenmus und Opas Pfeife, ein wirklich wunderbarer, saftiger und aromatischer Duft, er hat etwas klebrig-nostalgisches, das an alte Disney-Märchenfilme erinnert, an Schneewittchen im lebkuchenhaften schiefen Häuschen der 7 Zwerge.
Wer mag das nicht, so 1-2 mal im Jahr zur Winterzeit.

Die Dame bei Kobberger hatte mir den Duft auf ein Papiertuch gesprüht, ich legte es zuhause ins Schlafzimmer und bald roch der ganze Raum. Noch heute, Wochen später, strömt der Duft aus der Schublade, wo das Tuch lag. Als Raumduft wunderbar. Und doch möchte ich nicht so riechen.

Als Körperduft ist er mir zu laut und auch zu plump. Ich bin keine Glühwein- oder Kräuterbonbonbude auf dem Weihnachtsmarkt, und das schreit er recht forsch stundenlang um sich herum.

In dieser Preisklase erwarte ich etwas subtileres, leiser und feiner gewebt wäre TV fur mich tragbar, das ist mir in dieser Form allerdings zu grob, so lecker es auch riecht.

Tom Ford als Meister des eleganten Raffinements - hier herrscht allerdings Landhaushausmode.