01.11.2016 - 10:25 Uhr
Yatagan
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Yatagan
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61
Variationen - oder: von unscheinbaren großen Würfen
Unkommentierte Düfte No. 87
Ich liebe Vetiver-Düfte, lasse keinen beim Test aus und doch gibt es in diesem Segment ein Problem: Vetiver-Düfte zeigen nur wenig Varianz. Vetiver (inzwischen im Allgemeinen in Form von Vetiverylacetat) ist so dominant, dass es durchschlägt, und zwar gründlich. Das zeigt in gewisser Weise auch die Namensgebung: Fast alle Vetiver-Vertreter heißen so, wie sie riechen: Vetiver / Vetyver etc. Encre Noire war da eine rühmliche Ausnahme.
Zwar lässt sich so manche Nuance erzeugen, aber der letzte große Wurf im Bereich der Vetiver-Düfte war die postmoderne Ausprägung im Stile des Encre Noire von Lalique und seinen Nachfolgern. Besonders gelungen erschien mir auch die überaus dezente Dosierung in Timbuktu, wo Vetiver nur als Ahnung durchs Bild weht, bei Unkenntnis der Inhaltsstoffe aber oft gar nicht erkannt wird. Schön ist auch die leider viel zu selten versuchte Kombination mit warmen Duftstoffen (z.B. als Vetiver Oriental bei Serge Lutens mit Labdanum und Schokolade, ähnlich Mona di Orios Vetyver oder beim grandiosen Micallef Akowa mit einem kräftigen Schuss Patchouli). Das war es aber dann auch schon. Wenn man bedenkt, dass die Geschichte der Vetiver-Düfte (mit Vetiver als leitendem Duftstoff) seit den 50er-Jahren währt (Eau de Vetiver pour Monsieur / Vetiver von Carven - 1957, dann Guerlain), dann ist das eigentlich eine magere Ausbeute. Das hindert mich nicht daran, jede noch so geringe Varianz zu testen, zu lieben und wenn nötig zu feiern, aber es bleibt doch dabei, dass die meisten Vetiver-Düfte sich ähneln und in eines der o.g. Schemata eingeordnet werden können. Vor allem die Carven- bzw. Guerlain-Variante dominiert bis heute den Markt.
Umso mehr macht der neue Vetiver Insolent von Miller Harris Freude. Da findet sich eine warme, fast orientalische Komponente (was schon mal gut ist), die sicherlich durch die Süße der Tonkabohne (und vielleicht auch die Wärme des Amber) erzeugt wird. Tonka gehört nicht gerade zu meinen Lieblingsduftstoffen, da es mir meist zu süß und zu penetrant daher kommt, aber in Kombination mit Vetiver ist das gerade richtig, denn die beiden wuchtigen Duftnoten tarieren sich gegenseitig aus und erzeugen eine gelungene Balance. Auch die pfeffrigen und harzigen Komponenten, die hier von Anfang an spürbar sind, finden sich nicht allzu häufig in Vetiver-Kompositionen und sorgen für ein neues, spannendes Gefühl beim Tragen des Duftes.
Das scheint mir überhaupt das Geheimnis eines guten Vetiver-Duftes zu sein: Will man nicht nur die erdig-grüne Puristik des Vetivergrases (bzw. natürlich des Vetiverylacetats), dann benötigt man einen Antagonisten, der dem grünen, erdigen, fast muffigen Duft eine warme, weiche, süße Komponente entgegensetzt.
In ähnlicher Weise gelang dies bei postmodernen Varianten der Vetiver-Düfte (Encre Noire, Sycomore etc.), bei denen statt der süß-warmen Basis eine holzige-würzige gewählt wurde. Auch hier entsteht ein Gegenpol, der den Duft jedoch nicht warm ausbalanciert, sondern eine fast schon kühl-metallische Aura als Gegensatz zum erdig-feuchten Vetiver schafft.
Miller Harris hat hier einen unscheinbar erscheinenden großen Wurf gelandet, der alle Mühen wert ist, an diesen Duft zu gelangen. Leider ist Miller Harris auf dem deutschen Markt kaum noch präsent, was einst anders war, und daher nicht ganz leicht zu bekommen. Es bleibt zu hoffen, dass sich das mit den jüngsten, gelungenen Düften wieder ändert.
Ich liebe Vetiver-Düfte, lasse keinen beim Test aus und doch gibt es in diesem Segment ein Problem: Vetiver-Düfte zeigen nur wenig Varianz. Vetiver (inzwischen im Allgemeinen in Form von Vetiverylacetat) ist so dominant, dass es durchschlägt, und zwar gründlich. Das zeigt in gewisser Weise auch die Namensgebung: Fast alle Vetiver-Vertreter heißen so, wie sie riechen: Vetiver / Vetyver etc. Encre Noire war da eine rühmliche Ausnahme.
Zwar lässt sich so manche Nuance erzeugen, aber der letzte große Wurf im Bereich der Vetiver-Düfte war die postmoderne Ausprägung im Stile des Encre Noire von Lalique und seinen Nachfolgern. Besonders gelungen erschien mir auch die überaus dezente Dosierung in Timbuktu, wo Vetiver nur als Ahnung durchs Bild weht, bei Unkenntnis der Inhaltsstoffe aber oft gar nicht erkannt wird. Schön ist auch die leider viel zu selten versuchte Kombination mit warmen Duftstoffen (z.B. als Vetiver Oriental bei Serge Lutens mit Labdanum und Schokolade, ähnlich Mona di Orios Vetyver oder beim grandiosen Micallef Akowa mit einem kräftigen Schuss Patchouli). Das war es aber dann auch schon. Wenn man bedenkt, dass die Geschichte der Vetiver-Düfte (mit Vetiver als leitendem Duftstoff) seit den 50er-Jahren währt (Eau de Vetiver pour Monsieur / Vetiver von Carven - 1957, dann Guerlain), dann ist das eigentlich eine magere Ausbeute. Das hindert mich nicht daran, jede noch so geringe Varianz zu testen, zu lieben und wenn nötig zu feiern, aber es bleibt doch dabei, dass die meisten Vetiver-Düfte sich ähneln und in eines der o.g. Schemata eingeordnet werden können. Vor allem die Carven- bzw. Guerlain-Variante dominiert bis heute den Markt.
Umso mehr macht der neue Vetiver Insolent von Miller Harris Freude. Da findet sich eine warme, fast orientalische Komponente (was schon mal gut ist), die sicherlich durch die Süße der Tonkabohne (und vielleicht auch die Wärme des Amber) erzeugt wird. Tonka gehört nicht gerade zu meinen Lieblingsduftstoffen, da es mir meist zu süß und zu penetrant daher kommt, aber in Kombination mit Vetiver ist das gerade richtig, denn die beiden wuchtigen Duftnoten tarieren sich gegenseitig aus und erzeugen eine gelungene Balance. Auch die pfeffrigen und harzigen Komponenten, die hier von Anfang an spürbar sind, finden sich nicht allzu häufig in Vetiver-Kompositionen und sorgen für ein neues, spannendes Gefühl beim Tragen des Duftes.
Das scheint mir überhaupt das Geheimnis eines guten Vetiver-Duftes zu sein: Will man nicht nur die erdig-grüne Puristik des Vetivergrases (bzw. natürlich des Vetiverylacetats), dann benötigt man einen Antagonisten, der dem grünen, erdigen, fast muffigen Duft eine warme, weiche, süße Komponente entgegensetzt.
In ähnlicher Weise gelang dies bei postmodernen Varianten der Vetiver-Düfte (Encre Noire, Sycomore etc.), bei denen statt der süß-warmen Basis eine holzige-würzige gewählt wurde. Auch hier entsteht ein Gegenpol, der den Duft jedoch nicht warm ausbalanciert, sondern eine fast schon kühl-metallische Aura als Gegensatz zum erdig-feuchten Vetiver schafft.
Miller Harris hat hier einen unscheinbar erscheinenden großen Wurf gelandet, der alle Mühen wert ist, an diesen Duft zu gelangen. Leider ist Miller Harris auf dem deutschen Markt kaum noch präsent, was einst anders war, und daher nicht ganz leicht zu bekommen. Es bleibt zu hoffen, dass sich das mit den jüngsten, gelungenen Düften wieder ändert.
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