19.01.2014 - 11:18 Uhr
DuftDoktor
19 Rezensionen
DuftDoktor
Top Rezension
20
Voilà, das Petitgrain als Solist!
1.) Auf der Suche nach dem Duft von Petitgrain:
In zahlreichen zitrischen, grünen und würzigen Parfüms spielt Petitgrain mit. Da es dort fast immer leise im Hintergrund mitwirkt, ist uns der Duft von reinem Petitgrain meist unzugänglich. So keimt natürlich Hoffnung auf, wenn ein Duft mit dem Namen "Le Petit Grain" (LPG) die Bühne betritt.
2.) Riecht LPG ausschließlich nach Petitgrain?
Oh Schreck, laut Programmheft (Duftpyramide) tummeln sich im Orchestergraben noch viele weitere Instrumente. Wie soll man da Petitgrain herausriechen?
Keine Panik, als Parfüm- und Parfumo-Fans lassen wir uns nicht ins Boxhorn jagen. Gehen wir die Sache ruhig und analytisch an:
-) Lassen sich andere Instrumente (der Kopfnote) herausriechen? - Nein.
-) Könnte es sein, dass die Kopfnoten eng verwoben sind? - Nein, sehr unwahrscheinlich.
-) Findet in den ersten 30 Minuten nach dem Aufsprühen eine Duftentwicklung statt? - Nein, nicht in nennenswertem Umfang.
=> Höchstwahrscheinlich riecht das Parfüm (zumindest während der ersten Stunde) so gut wie ausschließlich nach Petitgrain. Eine Kopfnote verschwindet nicht und ist daher gar nie vorhanden gewesen. Das heißt, die anderen Spieler sitzen nur brav neben dem Petitgrain und schauen andächtig zu.
3.) Aufgeblähte Duftpyramide:
Mag sein, dass von den erwähnten übrigen Duftnoten tatsächlich jeweils ein paar Tröpfchen eingeflossen sind. Eine Fehlinformation möchte ich dem Hersteller nicht unterstellen. Nichtsdestotrotz soll die füllige Duftpyramide meiner Ansicht nach darüber hinwegtäuschen, dass es sich um einen monothematischen und zudem simpel gestrickten Duft handelt. Zwar deutet der Duftname bereits darauf hin, jedoch wollte man offenbar nicht zu der schwach besetzten Duftpyramide stehen. Das war Angst vor der eigenen Courage.
4.) Beschreibung des Dufts, d.h. des Petitgrains:
Petitgrain wird aus dem "Grünzeug" des Bitterorangen-Baums dampfdestilliert, also aus den Zweigen, Blättern, Blüten und unreifen (grünen) Früchten. Und das riecht man. Das heißt, Petitgrain duftet hölzern, trocken, grün, etwas bitter, leicht zitrisch und kein bisschen säuerlich, saftig oder fruchtig.
Mit Zitronengras oder Zitronenbaum könnte man Petitgrain verwechseln, wobei es bitterer ist. Von den gängigen Duftnoten besitzt meiner Ansicht nach Eisenkraut (Zitronenverbene) den geringsten Duftabstand zu Petitgrain. Jenes riecht allerdings krautiger, metallischer, stechender und fruchtiger.
5.) Bester Duft von Miller Harris:
Die Parfumo-Gemeinde hat diesen Duft von allen Miller-Harris-Düften am zweitbesten bewertet, und zwar momentan mit 81 % (bei 9 abgegebenen Stimmen). Diese Einschätzung teile ich weitgehend, würde allerdings gerne nur 75 % vergeben. (Am besten kommt momentan "La Fumée Arabie" mit 82 % bei 10 Stimmen weg.)
Miller Harris hat für mich einen roten Faden. Alle Düfte dieses Londoner Hauses haben eine gewisse Rohheit, Strohigkeit, Trockenheit und Stechendheit gemein. Typisch britisch ist das nicht.
Und es gefällt mir auch nicht. Bestenfalls kann man den Düften einen extravaganten, mutigen Stil nicht absprechen. Das Problem bei wenig gefälligen, exaltierten Düften ist allerdings: Wer möchte so riechen? Zum Schnuppern in einer Parfümerie ist das okay, aber stundenlang möchte ich so eine Duftwolke nicht um mich haben. Folglich habe ich mir auch nur diesen einen Miller-Harris-Duft zugelegt.
6.) Nutzen als Anschauungsobjekt und Layering-Ingredienz:
LPG riecht ganz gut, aber nicht spektakulär. Verwendung findet es bei mir jedoch kaum als Parfüm, sondern hauptsächlich als Anschauungsobjekt für den Duft von Petitgrain.
Außerdem kann ich mir vorstellen, es zum Layern zu verwenden. Dabei bieten sich Kompositionen an, denen noch eine leicht holzige und minimal zitrische Note gut zu Gesicht stünde. Dafür kommen mir spontan krautig-grüne und blumig-frische Düfte in den Sinn.
Im Grunde genommen könnte LPG mit fast jedem Duft kombiniert werden. Im schlechtesten Fall stört das Petitgrain nicht, häufig dürfte es schlichtweg untergehen und manchmal könnte es dem Duft eine kleine, elegante Wendung verleihen. Hier tut sich ein weites Experimentierfeld auf, viel Vergnügen!
7.) Fazit und Empfehlung:
LPG riecht ungewohnt, interessant und lässt einen das Petitgrain in fast reiner Form erkunden. Gerochen haben sollte man den Duft unbedingt.
Von einem Blindkauf rate ich ab, dafür ist der Duft zu wenig gefällig und (als Monotheme) nicht rund genug. Ob sich ein Kauf lohnt oder nicht doch eine Abfüllung genügt, sollte reiflich überlegt werden.
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Nachtrag (am 20.01.2014):
Zu diesem Duft existieren auch andere Auffassungen, wonach die angegebenen Kopf-Duftnoten durchaus herauszuriechen seien.
Auf jeden wirken Düfte unterschiedlich. Vielleicht ist meine Nase noch nicht geübt genug oder mein Unterbewusstsein blendet das grün-würzige Kopfnoten-Potpourri aus, weil es sich so über den Petitgrain-Dufteindruck freut.
Jedenfalls dürfte sich zumindest nach einigen Minuten recht gut erkennen lassen, wie Petitgrain riecht. Ob dann noch ein gewisser Twist in LPG vorhanden ist und wie stark dieser in der Duftwahrnehmung zu gewichten ist, wird jeder etwas anders beurteilen.
In zahlreichen zitrischen, grünen und würzigen Parfüms spielt Petitgrain mit. Da es dort fast immer leise im Hintergrund mitwirkt, ist uns der Duft von reinem Petitgrain meist unzugänglich. So keimt natürlich Hoffnung auf, wenn ein Duft mit dem Namen "Le Petit Grain" (LPG) die Bühne betritt.
2.) Riecht LPG ausschließlich nach Petitgrain?
Oh Schreck, laut Programmheft (Duftpyramide) tummeln sich im Orchestergraben noch viele weitere Instrumente. Wie soll man da Petitgrain herausriechen?
Keine Panik, als Parfüm- und Parfumo-Fans lassen wir uns nicht ins Boxhorn jagen. Gehen wir die Sache ruhig und analytisch an:
-) Lassen sich andere Instrumente (der Kopfnote) herausriechen? - Nein.
-) Könnte es sein, dass die Kopfnoten eng verwoben sind? - Nein, sehr unwahrscheinlich.
-) Findet in den ersten 30 Minuten nach dem Aufsprühen eine Duftentwicklung statt? - Nein, nicht in nennenswertem Umfang.
=> Höchstwahrscheinlich riecht das Parfüm (zumindest während der ersten Stunde) so gut wie ausschließlich nach Petitgrain. Eine Kopfnote verschwindet nicht und ist daher gar nie vorhanden gewesen. Das heißt, die anderen Spieler sitzen nur brav neben dem Petitgrain und schauen andächtig zu.
3.) Aufgeblähte Duftpyramide:
Mag sein, dass von den erwähnten übrigen Duftnoten tatsächlich jeweils ein paar Tröpfchen eingeflossen sind. Eine Fehlinformation möchte ich dem Hersteller nicht unterstellen. Nichtsdestotrotz soll die füllige Duftpyramide meiner Ansicht nach darüber hinwegtäuschen, dass es sich um einen monothematischen und zudem simpel gestrickten Duft handelt. Zwar deutet der Duftname bereits darauf hin, jedoch wollte man offenbar nicht zu der schwach besetzten Duftpyramide stehen. Das war Angst vor der eigenen Courage.
4.) Beschreibung des Dufts, d.h. des Petitgrains:
Petitgrain wird aus dem "Grünzeug" des Bitterorangen-Baums dampfdestilliert, also aus den Zweigen, Blättern, Blüten und unreifen (grünen) Früchten. Und das riecht man. Das heißt, Petitgrain duftet hölzern, trocken, grün, etwas bitter, leicht zitrisch und kein bisschen säuerlich, saftig oder fruchtig.
Mit Zitronengras oder Zitronenbaum könnte man Petitgrain verwechseln, wobei es bitterer ist. Von den gängigen Duftnoten besitzt meiner Ansicht nach Eisenkraut (Zitronenverbene) den geringsten Duftabstand zu Petitgrain. Jenes riecht allerdings krautiger, metallischer, stechender und fruchtiger.
5.) Bester Duft von Miller Harris:
Die Parfumo-Gemeinde hat diesen Duft von allen Miller-Harris-Düften am zweitbesten bewertet, und zwar momentan mit 81 % (bei 9 abgegebenen Stimmen). Diese Einschätzung teile ich weitgehend, würde allerdings gerne nur 75 % vergeben. (Am besten kommt momentan "La Fumée Arabie" mit 82 % bei 10 Stimmen weg.)
Miller Harris hat für mich einen roten Faden. Alle Düfte dieses Londoner Hauses haben eine gewisse Rohheit, Strohigkeit, Trockenheit und Stechendheit gemein. Typisch britisch ist das nicht.
Und es gefällt mir auch nicht. Bestenfalls kann man den Düften einen extravaganten, mutigen Stil nicht absprechen. Das Problem bei wenig gefälligen, exaltierten Düften ist allerdings: Wer möchte so riechen? Zum Schnuppern in einer Parfümerie ist das okay, aber stundenlang möchte ich so eine Duftwolke nicht um mich haben. Folglich habe ich mir auch nur diesen einen Miller-Harris-Duft zugelegt.
6.) Nutzen als Anschauungsobjekt und Layering-Ingredienz:
LPG riecht ganz gut, aber nicht spektakulär. Verwendung findet es bei mir jedoch kaum als Parfüm, sondern hauptsächlich als Anschauungsobjekt für den Duft von Petitgrain.
Außerdem kann ich mir vorstellen, es zum Layern zu verwenden. Dabei bieten sich Kompositionen an, denen noch eine leicht holzige und minimal zitrische Note gut zu Gesicht stünde. Dafür kommen mir spontan krautig-grüne und blumig-frische Düfte in den Sinn.
Im Grunde genommen könnte LPG mit fast jedem Duft kombiniert werden. Im schlechtesten Fall stört das Petitgrain nicht, häufig dürfte es schlichtweg untergehen und manchmal könnte es dem Duft eine kleine, elegante Wendung verleihen. Hier tut sich ein weites Experimentierfeld auf, viel Vergnügen!
7.) Fazit und Empfehlung:
LPG riecht ungewohnt, interessant und lässt einen das Petitgrain in fast reiner Form erkunden. Gerochen haben sollte man den Duft unbedingt.
Von einem Blindkauf rate ich ab, dafür ist der Duft zu wenig gefällig und (als Monotheme) nicht rund genug. Ob sich ein Kauf lohnt oder nicht doch eine Abfüllung genügt, sollte reiflich überlegt werden.
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Nachtrag (am 20.01.2014):
Zu diesem Duft existieren auch andere Auffassungen, wonach die angegebenen Kopf-Duftnoten durchaus herauszuriechen seien.
Auf jeden wirken Düfte unterschiedlich. Vielleicht ist meine Nase noch nicht geübt genug oder mein Unterbewusstsein blendet das grün-würzige Kopfnoten-Potpourri aus, weil es sich so über den Petitgrain-Dufteindruck freut.
Jedenfalls dürfte sich zumindest nach einigen Minuten recht gut erkennen lassen, wie Petitgrain riecht. Ob dann noch ein gewisser Twist in LPG vorhanden ist und wie stark dieser in der Duftwahrnehmung zu gewichten ist, wird jeder etwas anders beurteilen.
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